ADB:Friedrich, Caspar David

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Artikel „Friedrich, Caspar David“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 64–66, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich,_Caspar_David&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 16:35 Uhr UTC)
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Friedrich: Caspar David F., geboren am 5. September 1774 zu Greifswald, gestorben, als Professor an der Kunstakademie zu Dresden, am 7. Mai 1840, zeichnete sich in der Landschaftsmalerei durch eine eigenthümliche, poetisch gefärbte Richtung aus, welche dieser am Schluß des 18. Jahrhunderts [65] meist geistlos und vedutenartig betriebenen Kunst neue Bahnen eröffnete. Die Anlage seines Gemüthes, seine künstlerische und litterarische Bildung, sowie die Wahl seiner Stoffe, welche er malerisch ausführte, wurde durch seine heimatliche Umgebung bestimmt. Abstammend nämlich aus einer alten, von Schlesien wegen ihres evangelischen Bekenntnisses nach Greifswald übersiedelten Familie, welche hier im Betrieb ihres Gewerbes Fleiß und einfache Sitte, Wohlhabenheit und selbständigen Sinn dauernd vereinigte, ging er ebenso in seinem künstlerischen Leben einen einfachen und eigenartigen Weg. Kaum läßt sich auch der Art des Unterrichtes, welchen er bei dem Greifswalder Universitätszeichenlehrer Dr. Johann Gottfried Quistorp (s. d.) erhielt, ein wesentlicher Einfluß auf seine schöpferische Thätigkeit zuschreiben, vielmehr scheinen diese akademischen Lehrjahre, in welchen vorzugsweise architektonische und plastische Zeichnungen geübt und alte Gemälde copirt wurden, nur die Wirkung gehabt zu haben, daß er einerseits in der Folge technisch die Zeichnung über das Colorit stellte, andererseits in der Composition, neben der durch Quistorp’s äußere Lebensstellung bedingten eklektischen Kunstthätigkeit, eine vorwiegend selbständige Richtung annahm. Dagegen war die landschaftliche Umgebung der Vaterstadt, der Anblick des baltischen Meeres, sowie die in Gemeinschaft mit seinem Lehrer Quistorp, einem Jugendfreunde des Dichters Kosegarten, unternommenen Wanderungen durch die Insel Rügen und an den Peeneufern von entscheidender Bedeutung für seine künstlerische Entwicklung. Aus diesen Anschauungen ist eine Reihe von meisterhaften Sepiazeichnungen der rügischen Kreidevorgebirge und anderer Küstengegenden hervorgegangen, unter denen namentlich zu erwähnen sind (im Besitz des Geh. Justizrath Quistorp in Greifswald, eines Neffen des Zeichenlehrers): „Arcona, mit sturmbewegter See“, „Arcona, mit ruhiger See bei Sonnenuntergang“, „Arcona bei Mondschein“, „Stubbenkammer“, „Küste von Mönchgut“, „Ruine von Eldena in doppelter Beleuchtung des Mondes und eines Holzstoßfeuers“. Auch seine künstlerische Weiterbildung in Kopenhagen, sowie seine Reisen in den böhmischen und schlesischen Gebirgen förderten ihn in der poetischen Auffassung der nordischen Landschaft, während seine Studien in Dresden, obgleich dasselbe in der Folge sein beständiger Wohnsitz wurde, wol ohne hervorragenden Einfluß geblieben sind. Mit der bleibenden Wirkung, welche der Ernst der baltischen Meeresufer, das kältere Klima, sowie der entsprechende Charakter der Bewohner auf seine Jugend ausübte, vereinigte sich jedoch später eine andere Geistesrichtung, welche damals ganz Deutschland und die Nachbarländer zu beherrschen anfing. Die romantische Schule, aus welcher so viele Dichter hervorgingen, gewann nämlich in F. und seinem Landsmanne Otto Runge aus Wolgast (geb. 1776, † 1810, s. u.) auch zwei namhafte Vertreter für die bildende Kunst. Während Runge ihre Ziele auf verschiedenen Bahnen verfolgte, beschränkte sich F., sei es durch natürliche Anlage und eine trübe Jugenderfahrung, sei es durch die Begeisterung für Ossian und verwandte Schriftsteller, sei es durch einsames Leben und einfache Vermögensverhältnisse bedingt, auf das Gebiet der Landschaft, in welcher er die eigene Stimmung in so eigenthümlich tiefen und ergreifenden Bildern wiederzuspiegeln wußte, daß jeder, der seine Schöpfungen betrachtet von einem gleichartigen Gefühle erfaßt werden muß. In ähnlicher Weise, wie wir dies an den Meisterwerken Ruisdael’s bewundern, tritt auch bei der Mehrzahl von Friedrich’s Landschaften, welche einsame Gegenden der Ebene und des Meeres, oder des Gebirges und Waldes, bald in Mondscheinbeleuchtung oder in trübem Tageslichte, bald im Schnee des Winters oder Morgennebel des Herbstes darstellen, in der Regel eine ernste Resignation oder sanfte Wehmuth hervor, eine Stimmung und Auffassung, mit welcher sein persönliches Leben – [66] wie es uns in Kügelgens Jugenderinnerungen geschildert ist – in seiner Zurückgezogenheit, in seiner einsamen, schmucklosen Werkstatt, in seinem ernsten schweigsamen Wesen, das nur dem vertrauten Freunde oder der harmlosen Kinderseele sich erschließt, im vollsten Einklange steht. Als besonders hervorragend und eigenthümlich sind unter seinen Werken, außer den schon genannten Sepiazeichnungen, vielen in Sammlungen zerstreuten Aquarellen, einigen Radirungen und Gemälden im Besitz der Familie in Greifswald, zu nennen: „Drei Eichbäume neben einem schneebedeckten Hünengrabe“ (früher im Besitz des Professor Schildener in Greifswald), „Kiefernbaum im Schnee“ (von Kügelgen erwähnt), „Felsen mit einem Kreuz im Morgennebel“, „Der Mönch am Meeresstrande“, „Capelle im Winter“, „Die Abtei im Eichenwalde in Abendbeleuchtung“ (in Berlin), „Schiff zwischen Eisschollen“, „Der Morgen“ (in Dresden); eine Reihe anderer Werke ist in Parthey’s Deutschem Bildersaal I. S. 759 Nr. 1–24, II. S. 847 Nr. 1–6 angeführt. – Als in späteren Lebensjahren seine Kräfte unter dem Einflusse des Alters abnahmen und das schon früher weniger gepflegte Colorit immer grauer und nebelhafter wurde, trat der Zeitgeschmack, welcher sich von der Romantik abwendete und sich für blendende Farben begeisterte, mit Friedrich’s Richtung in Widerspruch, und den früher gespendeten überschwänglichen Lobsprüchen folgte unverdienter, herber Tadel. Die Kritik hat sich jedoch zu erinnern, daß F. nicht als Colorist zu beurtheilen ist. Was er als Landschaftszeichner, namentlich in seinen rügischen Sepiabildern schuf, hat in Composition und Ausführung einen bleibenden Werth, umsomehr, als es einer überwiegend realistischen Richtung der Gegenwart als wohlthätiges Gegengewicht zu dienen vermag. Sein in Dresden lebender Sohn Adolph F. hat sich, gleich seinem Vater, der Landschaft und daneben der Thierstaffage gewidmet; auch sein Enkel Harald F. besucht die Malerakademie in Dresden.

Schildener, Akademische Zeitschrift, II. 1, 1826, S. 67; II. 2, 1828, S. 40–44. Kügelgen, Jugenderinnerungen eines alten Mannes, 4. Aufl., 1871, S. 113 ff., 136 ff., 247. Kugler, Kl. Schriften, III. 293. Parthey, Deutscher Bildersaal. Jahresbericht der Ges. f. Pomm. Gesch., XXXIV. S. 49. Balt. Stud. XXII. 2. Porträt C. D. Friedrichs, gemalt von Bähr, lith. von A. Friedrich. Die Künstlerlexika enthalten meist unrichtige Angaben; namentlich berichten sie (in Folge einer Verwechselung von Arcona auf Rügen mit Ancona in Italien) irrthümlich, daß er in Italien ausgebildet sei.