ADB:Frisius, Johannes
Zwingli’s Bemühungen reformirten Schulanstalten von Zürich und wird hernach als einer der drei ersten Stipendiaten der an der alten Schola Carolina in Zürich errichteten theologischen Lehranstalt genannt; noch im J. 1530 scheint er dieses Stipendium genossen zu haben. Um diese Zeit wurde er mit dem um 11 Jahre jüngeren Conrad Gesner bekannt und befreundet. Die beiden Freunde erhielten im Anfang des J. 1533, um sich außerhalb Zürich’s weiter auszubilden, ein Reisestipendium; sie sollten vorzüglich nach Frankreich gehen. Am 25. Februar 1533 sind sie bei Myconius in Basel; von hier gingen sie nach Paris und dann nach Bourges, wo sie jedoch bald Mangel litten, da es dort viel theurer war, als sie gedacht hatten. Nach wenigen Monaten kehrte F. nach Paris zurück, wohin Gesner, der in Bourges durch Unterrichten sich einen längeren Aufenthalt ermöglicht hatte, ihm im J. 1534 folgte. Als Gesner theils aus Geldmangel, theils weil er nicht mehr Zeuge der grausamen Verfolgung der Evangelischen in Paris sein wollte, am 9. Dec. 1534 abreiste, mußte F. zurückbleiben. Ihn hinderten, wie Gesner aus Straßburg am 27. Dec. 1534 an Bullinger schrieb, eine Geschwulst und Fieberanfälle am Reisen, „sodann aber hat er auch in der französischen Sprache beträchtliche Fortschritte gemacht, die für ihn verloren wären, wenn er nicht noch eine Zeitlang in Paris bleiben könnte. Auch hat er weniger Geld ausgegeben als ich“. Im J. 1535 oder 1536 wurde F. Professor der lateinischen und griechischen Sprache in Basel; und im J. 1537 oder 1538 wurde er als Rector der Schola Carolina, des Gymnasiums, nach Zürich zurückgerufen. In dieser Stellung blieb er bis zu seinem Tode, befreundet vor allem mit Gesner, der seit dem Frühjahr 1541 auch wieder in Zürich war, aber auch mit Bullinger, Pellicanus (seinem Schwager) [106] und andere Gleichgesinnten, deren gemeinsames Streben darauf gerichtet war durch Beförderung gründlicher Gelehrsamkeit den reformirten Gemeinden tüchtige Lehrer für Kirche und Schule zu verschaffen. F. scheint nach seiner dortigen Anstellung Zürich nur noch einmal auf längere Zeit verlassen zu haben: im J. 1545 finden wir ihn mit mehreren angesehenen Jünglingen, unter denen sich z. B. Georg Grebel befand, auf einer Reise durch das nördliche Italien; er kam nach Mailand, Pavia, Ferrara, Bologna und Venedig; der Zweck der Reise ist ohne Frage ein wissenschaftlicher gewesen. In Venedig muß er sich längere Zeit aufgehalten haben, da er dort hebräische Studien trieb; hier erwarb er außer kostbaren hebräischen Büchern auch eine Anzahl griechischer Manuscripte, die größtentheils noch nicht gedruckt waren. Für Gesner brachte er von dort die Handschrift der Melissa des Antonius und der Sentenzen des Maximus mit, die dieser dann im J. 1546 bei Froschauer in Zürich mit den schon früher gedruckten Centurien des Maximus Confessor veröffentlichte; F. selbst gab im Anschluß an diese Ausgabe die Schriften der griechischen Apologeten Theophilus und Tatian, die er auch handschriftlich in Venedig erhalten hatte, zum ersten Male heraus, so daß diese beiden Schriften die Seiten 244–291 des gewöhnlich nur unter Gesner’s Namen bekannten Buches einnehmen. Besonders berühmt ist F. durch seine lateinisch-deutschen Wörterbücher geworden; in der Ausarbeitung eines solchen war ihm zwar Dasypodius (vgl. Bd. IV, S. 763) vorausgegangen, aber die Fries’schen Arbeiten haben sich länger in Gebrauch erhalten. Zuerst gab er mit Petrus Colinus im J. 1541 unter Benutzung des stephanischen Thesaurus ein „Dictionarium latino-germanicum“ heraus, aus welchem im J. 1548 ein Dictionariolum (lateinisch-deutsch-französisch) als Auszug erschien; hernach gab er allein im J. 1556 sein sogen. großes Lexicon (auch dictionarium von ihm genannt) heraus, in welchem namentlich die lateinischen Redensarten deutsch erklärt werden; neben diesem Werke erschien schon im J. 1554 „Novum dictionariolum puerorum“, ein kleineres für die Anfänger berechnetes lateinisch-deutsches Wörterbuch, das als einen Anhang auch ein deutsch-lateinisches enthält. Diese beiden Werke sind oft wieder gedruckt; von dem kleineren erschien noch im J. 1719 auch zu Zürich eine von Joh. Casp. Suicer verbesserte Auflage, und diese ist vielleicht noch nicht die letzte; „der große und der kleine Fries“ waren lange Zeit, was für uns in unserer Jugend „der große und der kleine Scheller“ gewesen sind. Auch durch andere Schriften beförderte F. das Studium der lateinischen Sprache. Besonders nennenswerth sind ferner eine größere und eine kürzere Schrift zur Einleitung in die Musik („Musicae isagoge“, in den Jahren 1552 und 1554 erschienen); die kleinere enthält als Beigabe vierstimmige Compositionen für horazische Oden. Von ihm selbst kennen wir ein deutsches Gedicht „Ein nüw geistlich lied von einem Gottsförchtigen vnnd lustlichen wyb“, eine Bearbeitung des letzten Capitels der salomonischen Sprüche in 13 achtzeiligen Versen, welches zuerst anonym um das J. 1540 in einem Einzeldruck zu Zürich bei Augustin Frieß, vielleicht seinem Bruder oder doch Verwandten, erschien und hernach noch bei seinen Lebzeiten unter Nennung seines Namens im Züricher Gesangbuch vom J. 1560, ebenso nach seinem Tode in dem v. J. 1570 abgedruckt ist. Unter seinen weiteren Arbeiten werden besonders hervorgehoben Uebersetzungen einiger dogmatisch wichtiger Abschnitte aus Bullinger’s Commentaren zu den Evangelien aus dem Lateinischen in’s Deutsche. Auch an den vielfachen Versuchen, die zu seiner Zeit in Zürich gemacht wurden, die lateinische und die deutsche Bibelübersetzung zu verbessern, hat er sich betheiligt; er soll die poetischen und prophetischen Bücher des Alten Testamentes in’s Lateinische übersetzt haben und auch bei der Verbesserung der deutschen (Züricher) Bibelübersetzung thätig gewesen sein; genaueres, namentlich was von [107] seinen Arbeiten etwa in die gedruckten Uebersetzungen aufgenommen ist, scheint sich nicht mehr ermitteln zu lassen. Sigismund Galenius widmete ihm im J. 1549 die Ausgabe der sieben Bücher griechischer Epigramme, die er mit der Erklärung des Johannes Brodäus bei Froben in Basel drucken ließ; aus der Art, wie er von F. spricht, geht hervor, daß dieser in Zürich damals in verdientem Ansehen stand und selbst außerhalb Deutschlands berühmt war. Um so auffälliger ist es, daß F. selbst sich in seiner Stellung wenigstens zeitweilig recht unglücklich gefühlt hat; in seinem größeren Lexicon (in der Ausgabe von 1556, S. 1281) findet sich in dem Artikel Schola, wo er den Ausdruck schola se sustentare erklärt, eine Stelle, in welcher er bitterlich über das Elend klagt, das ihn betroffen habe zumal durch schwer zu ertragende Undankbarkeit seiner Schüler. Er starb im J. 1564 oder 1565 (nach Jöcher am 28. Juni 1565), wahrscheinlich auch an der Pest, die damals in Zürich viele Opfer forderte, welcher nicht lange nach ihm am 13. Dec. 1565 auch sein Freund Gesner erlag. Beide sind nebeneinander im Kreuzgange des großen Münster zu Zürich begraben. Seine Schwester, Anna F., war an seinen Lehrer und väterlichen Freund Conrad Kürsner Pellicanus verheirathet und starb im J. 1536. Zwei Söhne unseres F. zeichneten sich als Gelehrte aus; Johann, der in Marburg promovirt hatte, soll Nachfolger seines Vaters geworden und im J. 1611 zu Zürich gestorben sein, und Johann Jacob (s. u.). Beide werden mitunter in biographischen und bibliographischen Angaben untereinander und mit ihrem Vater verwechselt. –
Frisius: Johannes F., ursprünglich Hans Fries oder Friesz genannt, reformirter Theologe und Schulmann, wurde im J. 1505 zu Greifensee im Canton Zürich geboren. Er gehörte zu den ersten Schülern der durch- Genügende Nachrichten über Johannes Fries, den Vater (und auch die Söhne) sind, wie es scheint, noch nirgends zusammengestellt. Zu vgl. sind Moreri u. Jöcher; dann besonders J. H. Hottinger, Schola Tigurinorum Carolina, Zürich 1664; Fétis, Biogr. univ. des musiciens, 2. éd., T. 3, Paris 1862; Rudolph, Die Buchdruckerfamilie Froschauer, Zürich 1869; Wackernagel, Kirchenlied, 3. Bd.