ADB:Grauert, Heinrich Wilhelm
Heinrich und Näke, der Philologie zu widmen. 1824 löste er eine akademische Preisfrage „De Aesopo et fabulis Aesopicis“, welche geschätzte Abhandlung 1825 im Druck erschienen ist. Als Niebuhr nach Bonn übersiedelte, hatte er das Glück, mit ihm näher bekannt zu werden und sich sein besonderes Vertrauen zu erwerben, so daß er ihn zum Lehrer seines Sohnes Marcus machte. Durch dessen geschichtliche Vorträge begeistert betrieb G. fortan vorzugsweise geschichtliche Studien. Niebuhr’s Empfehlung verschaffte ihm 1827 eine außerordentliche Professur für Geschichte und die Alterthumswissenschaft an der Akademie zu Münster; 1836 wurde er zum ordentlichen Professor der Geschichte ernannt, setzte aber als solcher auch noch seine beliebten Vorträge über römische Litteraturgeschichte und Antiquitäten fort. Der große Beifall, den er sich als gründlicher und lebendiger Lehrer der Geschichte und als gewandter Darsteller durch sein berühmtes Werk „Christine, Königin von Schweden und ihr Hof (Bonn 1838–42, 2 Bde.) erworben hatte, verschaffte ihm 1850 einen Ruf nach Wien als Professor der Geschichte und Vorstand des neuerrichteten historischen Seminars, aber nur allzubald entriß ihn ein frühzeitiger Tod im schönsten Manneesalter dem größeren Wirkungskreis, der sich ihm in der Kaiserstadt eröffnet hatte. – Grauert’s übrige Schriften sind: Die Abhandlungen in Niebuhr’s Rhein. Museum I. und II. über die homerischen Horizonten, „De mediae Graecorum comoedia natura et forma“, „Ad Marcellini vitam Thucydidis observationes criticae“, 1827 u. 28; die wesentlich verbesserte Ausgabe von „Aristidis declamationes Leptineae“, Bonn 1827; „Historische und philologische Analecten“, Münster 1833, aus welcher Sammlung die treffliche Abhandlung über das Contaminiren der lateinischen Komiker und die Geschichte Athens seit dem Tode Alexanders des Großen bis zur Erneuerung des Achäischen Bundes hervorzuheben ist; „Ueber die Metrik der römischen Epiker“, als Anhang zu Köne, „Ueber die Sprache der römischen Epiker“, Münster 1840. (In dieser geistreichen Abhandlung weist G. nach, daß das altnationale Metrum des saturnischen Verses weit besser als der dactylische Hexameter dem Charakter der lateinischen Sprache entsprochen habe, indem er zugleich auf die Verwandtschaft des saturnischen Verses mit der Langzeile des Nibelungenliedes hinwies.) „De Camensis dissertatio“, Münster 1848. „Die Thronentsagung des Königs Johann Casimir von Polen und die Wahl seines Nachfolgers, Wien 1851.
Grauert: Heinrich Wilhelm G., Geschichtforscher und Philolog, geb. am 25. März 1804 zu Amsterdam von deutschen Eltern, die aus Westphalen stammten, gest. am 10. Januar 1852. Er erhielt seine Vorbildung in Münster, wo ein Onkel von ihm Lehrer des Griechischen war; 1821 bezog er die Universität zu Bonn, um sich, besonderes unter der Leitung von- [604] Denkrede von Wilhelm Esser im Index lectionum in acad. Monasteriensi per menses hibernos a. 1852/53 habendarum.