ADB:Gregor V.

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Artikel „Gregor V.“ von Theodor Lindner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 626–627, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gregor_V.&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 07:55 Uhr UTC)
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Gregor V., der erste deutsche Papst, geb. etwa 970, gest. im Februar 999, hieß ursprünglich Brun, und war der Sohn des Herzogs Otto von Kärnthen und Urenkel Kaiser Otto’s des Großen. Früh für den geistlichen Stand bestimmt und wissenschaftlich trefflich vorbereitet wurde er dann in die königliche Capelle aufgenommen, wo er unter der Leitung des berühmten Erzbischofs Willigis von Mainz sich heranbildete. Er begleitete Otto III., als dieser im Frühjahr 996 seinen ersten Römerzug antrat, nach Italien. Schon in Pavia erfuhr man, daß Papst Johann XV. gestorben sei, und in Ravenna erschienen Gesandte des römischen Adels vor dem Könige, welche aus seiner Hand einen neuen Papst begehrten. Alsbald bestimmte Otto dazu seinen Vetter, mit dem er innig befreundet war, und sandte ihn in Begleitung des Willigis und des Bischofs Hildibald von Worms nach Rom. Dort bereitwillig aufgenommen, bestieg Brun am 8. Mai 996 den apostolischen Stuhl und nannte sich fortan Gregor V. in Erinnerung an Gregor den Großen. Seine erste Handlung von Wichtigkeit war die Kaiserkrönung Otto’s III. am 21. Mai. So trugen nun zwei Glieder der deutschen Herrscherfamilie, mit demselben idealen Streben erfüllt, die beiden höchsten Würden der Christenheit. – Johannes Crescentius, welcher die letzten Jahre in Rom nach Gutdünken geschaltet hatte, erhielt auf des Papstes Bitten Verzeihung und durfte in Rom bleiben. Aber diese Milde trug schlimme Früchte. Denn kaum war das deutsche Heer über die Alpen zurückgekehrt, als im Herbste ein Aufstand in Rom ausbrach, vor welchem Gregor, zudem verhaßt durch seine Strenge, „nackt und bloß“ flüchten mußte. Wieder herrschte Crescentius in Rom, selbst einen Gegenpapst Johannes stellte er auf. Das ganze Jahr 997 weilte G. in Oberitalien, mit kirchlichen Angelegenheiten beschäftigt, bis Otto zu Weihnachten wieder über die Alpen kam und seinen Freund mit bewaffneter Hand nach Rom zurückführte, das keinen Widerstand wagte. Der Gegenpapst wurde verstümmelt und auf Gregors Befehl, trotz der Fürbitte des heiligen Nilus, im schimpflichen Aufzuge durch die Straßen der Stadt geführt; Crescentius wurde auf den Zinnen der nach tapferer Gegenwehr erstürmten Engelsburg enthauptet und seine Leiche an den Galgen gehängt. Ungehindert konnte nun G. in Rom sein hohes Amt ausüben, aber nur ein kurzes Leben war ihm beschieden: schon im Februar 999 (seine Grabschrift nennt den 18., andere Angaben weichen etwas ab) schied er dahin und wurde im Vorhofe der Peterskirche an der Seite Gregors I. beigesetzt. Daß er vergiftet worden sei, wie manche behaupten, ist nicht wahrscheinlich. – Wie seine deutschen Nachfolger auf dem päpstlichen Stuhle faßte G. seine Würde mit aller Tiefe des Gemüthes und Energie des Willens, und voll jugendlichen Feuers, manchmal selbst mit zu großem Ungestüm, ging er daran, die Schäden der Kirche zu heilen und ihre und des Papstthums Autorität, die in den letzten Zeiten namentlich von Frankreich her schwere Anfechtung erlitten, wieder herzustellen und zu erweitern. Seine Freundschaft mit dem Kaiser war ihm dabei förderlich, ohne daß er seine Selbständigkeit beschränken [627] ließ; nur die Ernennung Gerberts zum Erzbischofe von Ravenna hat er wol wider Willen zugeben müssen. Des Papstes Anschauungen begegneten sich mit denen der Cluniacenser, welche eben damals, begünstigt von den deutschen Herrschern, ihre großartige Wirksamkeit mehr und mehr zu entfalten und zu vertiefen begannen. Mit Begeisterung haben sie Gregors Erhebung begrüßt und von ihm reiche Gunst erfahren. Seine Thätigkeit ist eine weit umfassende, von universalen Tendenzen getragene. Die Gewalt des Papstthums sollte überall walten, und wie von ihm die Rechte der Bischöfe beschränkt wurden, so sollten auch die weltlichen Herrscher, wenn es nöthig schien, seinem Ausspruche gehorchen. Mit Entschiedenheit trat er namentlich Frankreich gegenüber auf, indem er die Wiedereinsetzung des Reimser Erzbischofes Arnulf bewirkte, die Bischöfe, welche seiner Vorladung zur Synode nicht gefolgt waren, suspendirte, den König selbst, der eine nicht zu billigende Ehe geschlossen, mit dem Banne bedrohte. Auch der deutschen Kirche zeigte er seine Energie. Gegen den einflußreichen Gisiler von Magdeburg, der früher Bischof von Merseburg aus Eigensucht die Aufhebung dieses Bisthums bewirkt hatte, schritt er ein und erreichte, daß die Wiederherstellung Merseburgs beschlossen wurde. Selbst in der spanischen Mark galt sein Entscheid. Wenn auch die Zeit des Pontificates nur kurz war, so nimmt doch dieser erste Papst rein deutschen Geblütes in der Reihe der römischen Bischöfe eine hervorragende Stellung ein; er hat dem Aufschwunge, welchen das Papstthum im folgenden Jahrhunderte gewann, kräftig vorgearbeitet. Seine Grabschrift preist seine hohe Abkunft, sein strahlendes Aug’ und seine schöne Gestalt, nicht minder seine Milde und Beredtsamkeit. – Die Sage berichtet von ihm, daß er der Schöpfer des deutschen Kurfürstencollegiums gewesen sei, eine Ansicht, welche das spätere Mittelalter theilte und noch neulich W. Wilmanns, wenn auch ohne Erfolg, zu vertheidigen gesucht hat.

R. Baxmann, Die Politik der Päpste von Gregor I. bis auf Gregor VII. II. von Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, I. Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter, III. Höfler, Die deutschen Päpste, I.