ADB:Gunther (Bischof von Bamberg)

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Artikel „Gunther, Bischof von Bamberg“ von Harry Breßlau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 137–139, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gunther_(Bischof_von_Bamberg)&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 09:03 Uhr UTC)
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Gunther, Bischof von Bamberg, † am 23. Juli 1065, aus einer angesehenen, edlen und reichbegüterten, wahrscheinlich in der Mark Oesterreich angesessenen Familie stammend, empfing seine Bildung in der Bamberger Schule, die sich gleich nach der Begründung des Bisthums durch Heinrich II. des besten Rufes erfreute, und gehörte später als Canonicus dem Bamberger Domcapitel an. Bei Heinrich III. muß er in großer Gunst gestanden haben. Im J. 1054 wurde er von demselben zum Vorsteher der italienischen Kanzleiabtheilung ernannt; in ziemlich vielen Urkunden des Kaisers wird er als Fürbitter erwähnt; vom Februar bis November 1055, vor dem zweiten Zuge Heinrichs nach Italien und während desselben, fungirte er als Königsbote und Vorsitzender im Hofgericht; und als eine Belohnung für die geleistete Dienste ist die Urkunde vom 20. November 1055 anzusehen, durch welche ihn Heinrich mit einem Gute in der Mark Oesterreich beschenkte. Schon in Bamberg, wo der nachmalige Erzbischof Anno von Köln eine Zeit lang die Stiftsschule leitete, und später in der Kanzlei war G. mit diesem einflußreichen und mächtigen Manne bekannt geworden. Als nun Heinrich III. 1056 gestorben war – G. soll in diesem Jahre eine merkwürdige Vision gehabt haben, welche man auf den so schnell danach erfolgenden Tod des Kaisers und vieler Fürsten deutete – behielt G. auch unter der Regentschaft der Kaiserin Agnes sein Kanzleramt bei, wurde aber schon Ostern 1057, wie man mit Recht vermuthet hat, auf die Verwendung Anno’s zum Nachfolger des am 14. Februar verstorbenen Bischofs Adalbert von Bamberg ernannt. Von dem Eifer, den er in seinem neuen Amte entfaltete, zeugen die Acten einer Synode, die G. am 13. April 1059 (1058?) zu Bamberg abhielt; aufs energischste nahm er den Kampf gegen die in seiner Diöcese noch vorhandenen Reste des Heidenthums, wie sie sich namentlich unter den slavischen Bewohnern derselben, den sogen. Main- und Rednitzwenden erhalten hatten, auf, indem er gegen die Ehen in verbotenen Verwandtschaftsgraden und gegen die Verweigerung des Zehnten streng einschritt. Ebenso entschieden wahrte er die Rechte seiner Kirche gegen die Ansprüche Würzburgs auf den Zehnten von gewissen, Bamberg gehörigen Novalländereien. Bei diesem Streben, Güter und Rechte seines Bisthums zu behaupten und zu mehren, gerieth der streitbare Bischof dann freilich in mancherlei Händel. Mit den benachbarten Grafen Hermann, dem Gründer des Klosters Banz, und Gozwin von Höchstädt an der Aisch wurde er aus uns unbekannter Veranlassung in eine erbitterte Fehde verwickelt, in Folge deren das Bisthum durch vielfache Räubereien und Gewaltthaten heimgesucht wurde, und auch mit der Kaiserin-Regentin stand er nicht lange in gutem Einvernehmen. In den ersten Jahren seiner bischöflichen Waltung zwar erwirkte er von der mit derlei Gunstbezeugungen so [138] freigebigen Agnes zahlreiche Schenkungs- oder Bestätigungsurkunden; beachtenswerth erscheint dabei namentlich der Werth, den G. auf die Hebung des Handels und Verkehrs in den seinem Bisthum gehörigen Städten legte, wovon die Erwerbung des Markt-, Münz- und Zollrechtes für Hersbruck an der Pegnitz (1057), Villach in Kärnthen (1060) und Fürth (1062) Zeugniß ablegte. Bald aber gerieth er in einen ernsten Conflikt mit der Kaiserin, dessen Ursache wol nicht allein die Weigerung derselben, der Bamberger Kirche gewisse ihr entzogene Güter zurückzuerstatten gewesen ist, sondern die mit der allgemeinen, namentlich auch von Anno getheilten Mißstimmung gegen das vormundschaftliche Regiment der Agnes und ihres Günstlings Heinrich von Augsburg zusammenhängen muß. G. klagt in einem uns erhaltenen Briefe an den Erzbischof von Köln, daß die Kaiserin in seiner Abwesenheit seinen guten Namen durch unwahre Anschuldigungen antaste und ihm bei seinem letzten Besuche am Hofe die Erlaubniß, seine Unschuld zu erweisen, verweigert habe; endlich im J. 1062 kam es zu offenem Bruch zwischen der Regentin und dem Bischof; mit Feuer und Schwert sollen sie nach einem allerdings aus späterer Zeit stammenden Bericht gegen einander gewüthet haben. Inwieweit diese Fehde auf den Plan Anno’s, das Regiment der Kaiserin zu stürzen, eingewirkt hatte, und inwieweit etwa G. an der Entführung des jungen Heinrich IV. zu Kaiserswerth (Ostern 1062) betheiligt war oder wenigstens darum gewußt hat, läßt sich nicht entscheiden: daß er Vortheile daraus gezogen hat, zeigen die Privilegien, die er sich schon im Juli 1062 von der Reichskanzlei ausstellen ließ. Nachdem G. mit Hülfe eines reichen Bürgers Eberhard und eines Grafen Reinold (von Wolfsberg?) im J. 1063 in dem am rechten Ufer der Rednitz belegenen Theile von Bamberg, der sogen. Teuerstadt, das Collegiatstift von St. Gangolf begründet und dotirt hatte, schloß er sich im Herbst 1064 der Wallfahrt nach dem heiligen Lande an, welche von dem Erzbischof Siegfried von Mainz angeführt wurde; neben dem Drange, die heiligen Stätten zu besuchen, der in jener Zeit so mächtig war und wenige Jahrzehnte später die gewaltige Bewegung der Kreuzzüge hervorrief, mag ihn auch die Unzufriedenheit mit der Entwickelung der Dinge in Deutschland, wo Adalbert von Bremen an Anno’s Stelle die Leitung der Geschäfte übernommen hatte, zum Verlassen der Heimath bewogen haben. Es war die stattlichste aller Pilgerfahrten, welche den Kreuzzügen vorangingen; außer Siegfried und G. nahmen die Bischöfe von Utrecht und Regensburg, dann viele edle Herren, im ganzen 7000 oder nach Anderen gar 13000 Wallfahrer daran Theil. G. selbst wurde auf dem Zuge der Retter seiner Begleiter, als diese noch einige Meilen von Jerusalem von einer Beduinenhorde überfallen wurden; er streckte einen der Anführer der Schaar mit einem Faustschlage nieder, nahm sieben andere mit Hülfe seiner Gefährten gefangen und konnte so die Belagerung durch die Räuber ruhig ertragen, bis der Emir von Ramlah Hülfe brachte. Am 12. April 1065 zogen die Pilger in Jerusalem ein; auf der Rückreise durch Ungarn wurde G. von schwerer Krankheit ergriffen und starb am 23. Juli in Stuhlweißenburg; sein Leichnam wurde nach Bamberg gebracht, wo ihm ein Denkmal errichtet wurde. Das schönste Denkmal dieser Kreuzfahrt aber ist das auf Gunther’s Veranlassung von einem seiner Begleiter, dem Bamberger Scholastiker Ezzo gedichtete Lied von den Wundern Christi, das, obwol nicht in ganz unversehrter Gestalt auf uns gekommen, doch auch so zu den edelsten Blüthen altdeutscher Poesie gehört. – G. ist eine der anziehendsten Erscheinungen unter den deutschen Bischöfen aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Reich und hochgeboren, von wunderbarer Schönheit und Körperkraft, ausgezeichneten, vortrefflich gepflegten Geistesgaben, größter Liebenswürdigkeit im Verkehr, ward er von den meisten seiner Zeitgenossen verehrt, von Allen bewundert. Mehr Kriegsmann als Bischof, [139] hatte er ein lebhaftes Interesse an dem Ruhm der deutschen Heldensage: man erzählte, daß er lieber von Etzel und Amalung und anderen heidnischen Helden der Vorzeit lese als in den Werken des hl. Gregorius und Augustinus; und von seinem Interesse für die deutsche Litteratur zeugt auch sein oben erwähnter Antheil an der Entstehung der Ezzolieder.

Ausführliche Charakteristik bei Lambert zu Hersfeld 1065. Außerdem Ann. Altahenses, Berthold. und andere Annalen, sowie mehrere Briefe und Acten bei Sudendorf, Registrum II. und Jaffé, Bibliotheca V. – Giesebrecht, Kaiserzeit III.; Steindorff, Heinrich III. Bd. I. 357 ff.; Röhricht, Beiträge. zur Gesch. der Kreuzzüge II. 3 ff.; Ussermann, Episc. Bambergens. S. 31 ff.