ADB:Häse, Georg Friedrich

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Artikel „Häse, Georg Friedrich“ von Karl Blasendorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 728–730, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:H%C3%A4se,_Georg_Friedrich&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 00:38 Uhr UTC)
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Häse: Georg Friedrich H. ward am 10. Januar 1763 zu Birkholz bei Dramburg geboren. Sein Vater, ein durch die Drangsale des siebenjährigen Krieges verarmter Pächter, verließ nach dem bald darauf erfolgten Tode seiner Frau diesen Ort und verdiente sich als Inspector auf adlichen Gütern seinen Unterhalt. Der Knabe besuchte anfangs die Dorfschule und mußte die freie Zeit zum Viehhüten verwenden, später kam er auf die Stadtschule zu Dramburg, wo er trotz vieler Entbehrungen so viel lernte, daß er mit 15 Jahren als Schreiber bei einem Justizbeamten eintreten konnte. Eigener Fleiß bildete ihn weiter. 1780 ward er dann, als man das landschaftliche Kreditinstitut in Pommern zu errichten im Begriffe stand, von dem zum Landschaftsdirector ausersehenen Herrn v. Borcke in Bernsdorf als Schreiber mit einem Gehalt von 50 Thalern und freier Station angestellt und 1781 als Kanzlist der Landschaft vereidigt; bald darauf ward er Landschaftssecretär und erhielt 100 Thaler Gehalt. In dieser Stellung eignete er sich eine genaue Geschäftskenntniß und eine durch umfassende Lectüre und guten Umgang geförderte wissenschaftliche und gesellschaftliche Bildung an. 1784 ging er in gleicher Eigenschaft zu dem Nachfolger des Herrn v. Borcke, Herrn v. Bonin nach Elvershagen; dieser schenkte ihm sein volles Vertrauen und gab ihm auf seinem Gute Gelegenheit, sich eine gründliche Kenntniß der Landwirthschaft anzueignen. Hier machte er auch die Bekanntschaft des Rittmeisters a. D. v. Blücher (des späteren Feldmarschalls), welcher 1777 das benachbarte Gut Groß-Raddow gekauft hatte und durch das Vertrauen seiner Standesgenossen zum Landschaftsdeputirten gewählt ward. Von der freundschaftlichen Art ihres Verkehrs legen zwei noch erhaltene eigenhändige Briefe Blücher’s an H. aus den J. 1787 und 1799 Zeugniß ab. – Als 1789 das Gehalt Häse’s auf 300 Thaler gestiegen war, verheirathete er sich mit der Tochter des verstorbenen Stargarder Predigers Sperling, siedelte aber erst 1792 von Elvershagen nach Stargard über, als ihm dort noch das Amt des Kreiseinnehmers übertragen ward. Doch war das Gesammtgehalt von 498 Thalern nicht hinreichend, um den Unterhalt der Familie sicher zu stellen, die Schulden mehrten sich. Da kam H. auf den Gedanken, durch den Erwerb eines Gutes eine Veränderung seiner Lage herbeizuführen; sein großer Kredit und seine genaue Kenntniß der landwirthschaftlichen Verhältnisse würden, so hoffte er, die fehlenden Geldmittel ersetzen. So erwarb er 1797 das Gut Ganskow bei Colberg für 24 900 Thaler und ließ es zuerst durch einen Vetter verwalten, da er seine Stellung bei der Landschaft noch behielt, Johannis 1799 gab er auch diese auf und übernahm die Bewirthschaftung des Gutes selbst. Den Ertrag desselben zu mehren, scheute er weder Kosten noch Mühe. So ließ er schon 1797 aus der Lausitz 152 spanische Böcke und Schafe kommen, führte dann Mergelung und stärkeren Kleebau ein und dehnte den Kartoffelbau derartig aus, daß er den Spottnamen „Kartoffelhäse“ erhielt. Auch führte er das Impfen der Schafe ein, sorgte eifrig für die Verbreitung der Kuhpockenimpfung und hob aus freien Stücken die Erbunterthänigkeit seiner Bauern auf. Seine Muße benutzte er zu schriftstellerischen Arbeiten, die theils besonderen Broschüren, theils in den Thaer’schen Annalen erschienen. Von ersteren sind zu nennen: „Versuch über das Steigen der Preise der Güter“; „Ueber die Nothwendigkeit und Nützlichkeit eines Kreditsystems für die Besitzer bürgerlicher Grundstücke“, „Der Kartoffelbau in Hinterpommern oder Beiträge zu der Behauptung, daß viele hinterpommersche Landgüter durch die jetzige Dreifelderwirthschaft [729] sehr schlecht genutzt werden“ (1804). In dem letztern Buche fanden sich bereits Hindeutungen auf den Nutzen der Aufhebung der Unterthänigkeit und der Naturaldienste, sowie auf die Wichtigkeit der Gemeinheitstheilung und der Aufhebung des Lehnsnexus, was großes Aufsehen erregte. Aehnlicher Art waren die Abhandlungen in den Thaer’schen Annalen. So lieferte er darin 1806 außer einem Erndteberichte einen Aufsatz „Ueber die Verarbeitung der Kartoffeln zu Stärkemehl“ und 1811 einen anderen, welcher die Verwerthung der Kartoffeln zum Brodbacken und Branntweinbrennen empfahl. Durch diese schriftstellerische Thätigkeit ward H. mit vielen angesehenen Personen bekannt, so mit dem Staatsrath Thaer in Mögelin, dem Domherrn v. Rochow in Rekahn, dem Staatsrath Sack, Herrn v. Bülow (Cummerow); ja die märkisch-ökonomische Gesellschaft zu Potsdam erkannte seine Verdienste durch seine Ernennung zum Ehrenmitgliede an. Indeß die rastlose Thätigkeit Häse’s hatte den erhofften Erfolg nicht; zur nachhaltigen, gewinnbringenden Ausnutzung aller Versuche fehlten doch die ausreichenden Mittel. Allein selbst Mißerfolge spornten ihn zu weiterer Thätigkeit. Als der unglückliche Krieg von 1806 und namentlich die Belagerung von Colberg den Wohlstand Hinterpommerns vernichtet hatte, betrieb H. mit Glück die Stiftung der ökonomischen Gesellschaft zu Cöslin und widmete dem in Colberg gestifteten Zweigverein des Tugendbundes erst als Mitglied und später als Vorsitzender sein reges Interesse. Allein die Nachwehen des Krieges waren fast noch schlimmer, als der Krieg selbst und zwangen H., Ende 1810 sein Gut dem Hauptgläubiger zu überlassen. Gedrückt von einer Schuldenlast von 10 200 Thalern, verließ er mit wenigen Thalern in der Tasche den Schauplatz seiner Thätigkeit in der Hoffnung, in Berlin eine Anstellung zu finden oder eine Domäne in Pacht zu erhalten. Allein die dahin gehenden Bemühungen waren vergeblich. Da fügte es das Schicksal, daß er, bevor er von Berlin abreiste, bei Herrn v. Bülow (Cummerow) mit dem einflußreichen Staatsrathe Scharnweber bekannt und von demselben dem Staatskanzler Hardenberg empfohlen ward. Von diesem ward er bald darauf (Januar 1811) zum Mitgliede der damals zusammentretenden Immediat-Oekonomie-Commission ernannt, welcher die Entwürfe der Gemeinheitstheilungs-Ordnung und des Edicts über die bäuerlichen Verhältnisse zur Begutachtung vorgelegt wurden; in dieser Versammlung war er als Secretär thätig und manche seiner schriftlich eingereichten Vorschläge fanden allgemeinen Beifall, so daß einige Bestimmungen des Landeskultur-Edicts vom 14. September 1811 darauf beruhen. Als im März 1811 die Versammlung geschlossen ward, ward H. vom Staatskanzler als Hilfsarbeiter im Ministerium zurückbehalten; er hatte unter der Direction von Scharnweber namentlich solche Gegenstände zu bearbeiten, welche die Umgestaltung der bäuerlichen Verhältnisse betrafen. Hier verfaßte er auch eine kleine Schrift „An meine Mitbürger über die Kulturedicte“, welche für Rechnung des Staates gedruckt und vertheilt ward. Am 19. October 1811 erfolgte seine Ernennung zum Regierungsrath bei dem Landesökonomie-Collegium für Pommern und Obercommissarius zur Regelung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse daselbst, doch noch vor Schluß des Jahres rief ihn eine Weisung des Staatskanzlers wieder nach Berlin in seine frühere Stellung. Erst als der Krieg mit Frankreich ausgebrochen war, erhielt er den Befehl, auf seinen Posten nach Stargard zurückzukehren. Noch ehe er denselben ausgeführt hatte, traf ihn ein harter Schlag. Sein ältester Sohn Georg, bei der Vermögenscommission zu Stargard angestellt, hatte sich, dem Aufrufe des Königs folgend, dem in Rußland erprobten Füsilierbataillon des 1. pommerschen Infanterieregiments als freiwilliger Jäger angeschlossen, er fiel am 2. April bei Lüneburg. Die Anzeige dieses Trauerfalls, welche der Vater unmittelbar unter dem Eindrucke des herben Verlustes (9. April) in der [730] Vossischen Zeitung erließ, spiegelt so treu den opferwilligen Sinn des preußischen Volkes in jenen Tagen der Erhebung wieder, daß sie von Freytag in den Bildern aus der deutschen Vergangenheit (IV. 441) wörtlich aufgenommen ist. „Unser Sohn Georg“ – so lautet sie – „wurde am 2. April in seinem zwei und zwanzigsten Jahre in dem ewig denkwürdigen Gefecht zu Lüneburg von einer Kugel getroffen. Als freiwilliger Jäger im leichten Bataillon des ersten pommerschen Regiments focht er nach dem Zeugniß seines braven Chefs, des Herrn Major v. Borcke, nahe bei diesem mit Muth und Entschlossenheit und starb so den Tod für Vaterland, Nationalehre und unsern geliebten König. Ein so schneller Verlust ist hart, aber es ist tröstend, daß auch wir einen Sohn geben konnten für den großen heiligen Zweck. Wir fühlen tief die Nothwendigkeit solcher Opfer.“ Nach Stargard zurückgekehrt, wandte H. sich mit voller Hingebung seinem neuen Berufe zu. Trotz der Anfeindung der großen Grundbesitzer, welche sich durch die neuen Landeskulturgesetze in ihren Interessen geschädigt glaubten, war er rastlos bemüht, die Bewohner der Provinz von den Vortheilen derselben zu überzeugen und möglichst viele Separationen zum Abschlusse zu bringen. Durch Unterweisung bildete er sich brauchbare Commissarien heran, überwachte die Arbeiten derselben durch häufige Revisionsreisen und führte selbst einige schwierige Gemeinheitstheilungen, wie die in der Stadt Stargard glücklich durch. Auch seine schriftstellerische Thätigkeit setzte er fort. Zur Behandlung von Fragen der praktischen Landwirthschaft kehrte er nun freilich nicht mehr zurück (er hatte sie 1812 mit einem Buche, das den Titel: „Ueber mein Glaubensbekenntniß über Ackerbausysteme und über den Staatsrath Thaer“ führte und von Thaer selbst in den Annalen beifällig besprochen war, abgeschlossen); jetzt kam es ihm darauf an, das Verständniß für die neuen staatlichen Anordnungen in Betreff des Grundbesitzes zu fördern. So verfaßte er 1816: „Schreiben an die Wohll. Bürgerschaft der pommerschen Stadt Stargard betreffend die Theilung der Gemeinweide und die bessere Benutzung des Ackers und 1820 „Ansichten über die höhere oder geringere als die Normalentschädigung nach dem Edict vom 14. Septbr. 1811 und die Declaration vom 29. Mai 1816, die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse betreffend“. Außerdem schrieb er Beiträge für die von Haken seit 1820 herausgegebenen „Pommerschen Provinzialblätter“. Der erste Band enthält von ihm: „Ueber die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse“, der zweite: „Abgerissene Bemerkungen über Verschwendung in landschaftlicher Hinsicht“, der dritte: „Ueber die nothwendigen Abänderungen bei dem Kreditsystem, besonders über Abschätzungsgrundsätze in Pommern“. Auch arbeitete er an einem größeren statistischen Werk über Pommern, doch blieb es ebenso unvollendet, wie die Denkwürdigkeiten seines Lebens, welche er im Alter niederzuschreiben begann. 1840 schied H. mit dem Charakter eines Geheimen Regierungsraths und voller Pension aus dem Staatsdienste. Die letzten Jahre seines Lebens flossen ruhig dahin; er durfte sich der sichtlichen Erfolge seines Wirkens freuen. Am 2. Juni 1843 starb er; ein einfaches Kreuz bezeichnet seine Ruhestätte.

Vgl. das Bruchstück der Selbstbiographie, bis 1789 reichend. Die dasselbe ergänzenden Aufzeichnungen des vor einigen Jahren verstorbenen Sohnes, ehemaligen Predigers zu Abtshagen bei Rügenwalde. Eine Anzahl von Anzeigen Häse’s in der Pommerschen Zeitung von 1797–1811. Die beiden Briefe Blücher’s (in meinem Besitze befindlich); der von 1799 veröffentlicht „Im neuen Reich“ 1873, II. 327 ff.