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ADB:Hansgirk, Carl Victor Ritter von

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Artikel „Hansgirk, Karl Ritter von“ von Franz Brümmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 766–768, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hansgirk,_Carl_Victor_Ritter_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 18:41 Uhr UTC)
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Hansgirg: Karl Victor Ritter v. H., deutsch-böhmischer Dichter, wurde am 5. August 1823 zu Pilsen in Böhmen geboren. Sein Vater, Gubernialrath und Kreishauptmann, ein philosophischer Kopf und Encyklopädist, und seine Mutter, eine Schwester des berühmten Dichters Karl Egon Ebert, unterstützten die früh hervortretende Neigung des Knaben für Poesie. Dieser hatte in Gitschin, wohin der Vater 1831 versetzt worden war, das Gymnasium besucht und auch absolvirt und bezog 1842 die Universität Prag, an der er nach Beendigung des philosophischen Cursus die Rechte studirte. Hier veröffentlichte er seine ersten lyrischen Dichtungen, theils in dem bekannten Klar’schen Taschenbuche „Libussa“, dem er durch alle Jahrgänge von 1842–1861 treu blieb, theils in der Prager Zeitschrift seines Oheims Rudolf Glaser „Ost und West“. Ebenso besorgte er noch als Student die Herausgabe seiner ersten Gedichtsammlung „Heimathstimmen“ (1844), die der Verherrlichung Gitschins und seiner nächsten Umgebung galt und, wie fast alle nachfolgenden Veröffentlichungen, humanitären oder doch gemeinnützigen Zwecken dienen sollte. In Wien beendete H. seine Studien und trat nach vorzüglich bestandenen Prüfungen im November 1846 als Staatsbeamter in die politische Laufbahn ein. Damals herrschte in Wien trotz der politisch gedrückten Luft ein äußerst reges litterarisches Leben, und der junge Dichter verkehrte gern mit den hervorragendsten Poeten Wiens, mit Hebbel, Stifter, Frankl, J. Rank, Castelli u. a.; aber die Wahl seines Berufes als politischer Beamter entführte ihn bald aus der Hauptstadt und verwies ihn in die kleinen Provinzialstädte. Zuerst kam H. als Conceptspraktikant nach Jungbunzlau in Böhmen, wurde aber schon 1847 wegen Einsendung eines Gedichts in die „Grenzboten“ gemaßregelt und an das Landesgubernium in Prag versetzt. Hier war er bis 1850 nicht nur amtlich, sondern auch als Journalist thätig, schrieb namentlich in den Revolutionsjahren politisch freie, national und religiös versöhnende Leitartikel für die „Bohemia“ und die selbständige Broschüre „Die Physiognomie der Stadt Prag in den März- und Apriltagen des Jahres 1848“. Infolge der Neuorganisirung der politischen Behörden (1850) wurde H. als Conceptsadjunkt an die Bezirkshauptmannschaft in dem kleinen Städtchen Plan bei Marienbad versetzt. Auf seine Wünsche, bei der Landesstelle in Prag verbleiben zu dürfen, ging man nicht ein, da der damalige Besetzungsreferent entschieden bestrebt war, H. von den litterarischen Cirkeln zu isoliren. Nachdem H. dann seit 1852 als Bezirkscommissar in Kaplitz bei Budweis und seit 1854 in Winterberg im Böhmerwalde thätig gewesen, wurde er 1855 zum Bezirksamtsadjunkten in Joachimsthal in Böhmen befördert, wo er sich noch in demselben Jahre sein erstes Heimwesen einrichtete. Die Umgebung [767] dieser Stadt regte ihn zu Natur- und Sittenschilderungen, zu litterarischen Landschaftsmalereien und culturhistorischen Studien an und lenkte seine prosaische Production von dem Felde der historischen Novelle, das er früher cultivirt, mehr der Betrachtung des Volksthums und der Gegenwart zu. Die bedeutendsten Zeitschriften damaliger Zeit brachten Beiträge in dieser Richtung aus der Feder des Dichters. Ende 1857 kam H. als Kreiscommissär nach seiner Vaterstadt Pilsen, wo er bis 1864 in verschiedener Weise thätig war. Der Eisenbahnbau, an dessen administrativem Zustandekommen er als Kreiscommissar betheiligt gewesen war, gab ihm Anlaß zu Abhandlungen über denselben, die er in verschiedenen Blättern durch beschreibende Darstellung verwerthete. Durch seinen Einfluß wurde ferner 1861 zur Stärkung des bedrohten deutschnationalen Elements in Pilsen die deutsche Zeitschrift „Westbahn“ inaugurirt, deren Redaction er bis 1864 führte. Auch seine rein poetische Thätigkeit fand zur Production äußere Anlässe. So wurde er 1858 nach Prag citirt, um für die dortige Bühne zur Radetzkyfeier das Festgedicht zu schreiben, das auch unter allgemeinem Beifall und in Anwesenheit des Kaiserpaares vorgetragen wurde. Gleichzeitig veröffentlichte er seine „Lorbeer- und Eichenblätter. Poetische Festgabe zur Prager Radetzkyfeier“ (2. Aufl. 1859), die einzelne Episoden aus dem Leben des greisen Feldherrn enthalten. Im Jahre 1861 schrieb H. seinen Roman „Begebnisse auf einem böhmischen Grenzschlosse“ (1863), welcher Reminiscenzen von Eindrücken aus dem Böhmerwalde enthielt und eine Reihe von geheimnißvollen Geschichten zusammenfaßte, die sich auf demselben Schlosse zugetragen und stets seine rasch wechselnden Besitzer in tragische Conflicte verwickelt hatten. 1863 schuf H. ein Festspiel „Des Kaisers Gnadenquell“ mit localer Grundlage einer in Pilsen spielenden Begebenheit, und dann auf Dotzauer’s Anregung sein „Liederbuch für Deutsche in Böhmen“, das schon 1865 als „Deutsches Liederbuch für Männergesang“ mit den Compositionen namhafter Tondichter erscheinen konnte. Viele der darin enthaltenen Lieder sind Gemeingut zahlreicher Gesangvereine in Böhmen und Oesterreich geworden. Im Jahre 1864 kam H. als Bezirksvorsteher nach Bergreichenstein im Böhmerwalde, wo er zum Besten des Wiederaufbaues des dortigen Kirchleins seine patriotischen Dichtungen „Kaiserkronen und Schwertlilien“ (1868. 4. Aufl. 1869) herausgab, und 1868 als Bezirkshauptmann nach Joachimsthal, wo er schon einmal gelebt hatte. Während des großen Brandes, der am 31. März 1873 diese alte Bergstadt völlig in Asche legte, hatte er die schwierige Mission der Hülfe und die Leitung der Unterstützungen. In Würdigung seines Verhaltens in dieser Richtung, sowie mit Rücksicht auf seine sonstige humanitäre und litterarische Thätigkeit gestattete der Kaiser von Oesterreich die Uebertragung des Ritterstandes von der Person seines Oheims Karl Egon Ritter von Ebert auf H. An Dichtungen brachte H. noch an die Oeffentlichkeit „Glockenstimmen“ (1871), deren Ertrag die Gemeinde Wiesenthal von ihrer Schuld für drei Kirchenglocken befreien sollte, den Roman „Ich oder Du“ (1871), das Sonettenbuch „Liebe und Leben“ (1873), zur Verschönerung des Friedhofs in Joachimsthal dargeboten, und die epischen Dichtungen in „Orient und Occident“ (1876), von deren Reinertrag sich die alte, einsame Bergstadt Abertham ein Krankenhaus erbauen konnte. „H. ist ein beachtenswerther, wenn auch kein großer Dichter. Am wohlthuendsten berührt in seinen lyrischen Dichtungen der freie Mannesmuth, der kerndeutsche Patriotismus, die Lebens- und Schaffensfreude und in den epischen Dichtungen die Schilderung der Seelenstimmungen und der Naturereignisse.“ Er starb nach kurzer Krankheit an einem gastrischen Fieber am 23. Januar 1877. Seine Gattin Therese, [768] geb. Tobisch, geboren am 28. März 1833 in Budweis, hat sich gleichfalls als Schriftstellerin und besonders als Novellistin bekannt gemacht.

Persönliche Mittheilungen. – Wurzbach’s Biographisches Lexikon, VII. Bd. S. 332. – Karl Leimbach, Die deutschen Dichter der Neuzeit und Gegenwart, III. Bd. S. 205. – E. F. Kastner, Böhmens deutsche Poesie und Kunst. Illustr. Jahrbuch, 6. Jahrg. 1896, S. 1247.