ADB:Hedwig (Äbtissin von Quedlinburg)

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Artikel „Hedwig, Aebtissin von Quedlinburg“ von Karl Janicke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 227–229, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hedwig_(%C3%84btissin_von_Quedlinburg)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 22:47 Uhr UTC)
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Hedwig, Aebtissin von Quedlinburg, Tochter des Kurfürsten Friedrich II. des Sanftmüthigen von Sachsen, geboren den 31. October 1445. Bereits in sehr jugendlichem Alter Canonissin des Stiftes Quedlinburg, wurde sie nach dem Tode der Aebtissin Anna, obwol noch nicht dreizehn Jahr alt, zu deren [228] Nachfolgerin gewählt, welche Wahl auch Papst Calixt II. unter dem 22. April 1458 unter der Bedingung bestätigte, daß sie erst nach erreichtem zwanzigsten Lebensjahre die volle weltliche und geistliche Regierung ihres Stiftes antreten, bis dahin aber dieselbe unter dem Beistande ihres Vaters und einer Canonissin des Capitels führen solle. Nach Ablauf dieser Zeit wurde sie vom Kaiser Friedrich III. am 23. Juni 1465 mit den Regalien belehnt und ihr gestattet, den Lehnseid in die Hände ihres Bruders, des Kurfürsten Ernst von Sachsen, abzulegen. Bereits zu Lebzeiten ihres Vaters waren Zwistigkeiten mancherlei Art zwischen dem Stifte und der Stadt Quedlinburg ausgebrochen, die sich allmählich verschärften, namentlich seitdem das Verhältniß des benachbarten Bischofs von Halberstadt zur Aebtissin sich immer feindseliger gestaltete. Während auf der einen Seite die Interessen der Stadt Quedlinburg, welche nach größerer Unabhängigkeit vom Stifte strebte, und die des Bischofs von Halberstadt, welcher seine vermeintlichen Rechte auf Groß-Ditfurth und die Vogtei über die Stadt Quedlinburg sich nicht nehmen lassen wollte, gegen die Aebtissin zusammengingen, fand die Aebtissin andererseits an ihren Brüdern Ernst und Albrecht mit Rath und That Unterstützung. Beide suchten nicht nur ihren Oheim, den Landgrafen Wilhelm von Thüringen, sondern auch den Kaiser für ihre Schwester zu gewinnen. Nicht ohne Erfolg, denn im Sommer 1475 erging vom Kaiser an Bischof Gebhard der Befehl, binnen fünfzehn Tagen seinen Rechten auf Groß-Ditfurth und die Vogtei und das Gericht in der Stadt Quedlinburg zu Gunsten der Aebtissin H. zu entsagen. Der Bischof appellirte gegen diesen Befehl. Die Ereignisse drängten immer mehr und mehr zu einer Entscheidung durch das Schwert. Die Stadt Quedlinburg sah sich nach neuen Bundesgenossen um. Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Lüneburg nahm am 26. August 1475 auf zehn Jahre die Stadt in seinen Schutz: würde die Stadt überfallen, so verspricht er sie zu entsetzen, wogegen die Stadt ihm jährlich 50 rheinische Gulden zusagt. Vergebens versuchen die Herzöge Ernst und Albrecht, den Herzog Heinrich zu bewegen, von diesem Bündnisse zurückzutreten. Ebenso erfolglos sind die Bemühungen, durch einen Schiedsspruch, den man Herzog Wilhelm dem Aelteren von Braunschweig-Lüneburg überträgt, den Conflict beizulegen. Vergebens ist auch der kaiserliche Befehl an Bischof Gebhard von Halberstadt, sich jeder Eingriffe in die Güter und Gerechtsame des Stifts Quedlinburg zu enthalten und die gegen seinen früheren Befehl erhobene Appellation binnen vierzehn Tagen zurückzunehmen. Auch das Eintreten Markgraf Johanns von Brandenburg zu Gunsten des Bischofs Gebhard ist nicht im Stande, dem kriegerischen Ausgange des Conflictes vorzubeugen. Eine ansehnliche Mannschaft der sächsischen Herzöge brach gegen Quedlinburg auf, bemächtigte sich in den letzten Tagen des Juli 1477 zunächst der Burg, dann auch der Stadt Quedlinburg, ohne auf sehr erheblichen Widerstand zu stoßen. Am 9. August unterzeichnete die Stadt einen Vertrag, der ihre Selbständigkeit in wesentlichen Stücken schmälerte. Sie verpflichtete sich nach erlangter Verzeihung der Aebtissin H. wegen ihres Aufstandes dieser ihre Privilegien- und Bündnißbriefe auszuliefern, ohne deren Einwilligung keine neuen Bündnisse einzugehen, jährlich an sie eine bestimmte Summe zum Verbauen an der Burg zu zahlen, keine neuen Willküren ohne Zustimmung der Aebtissin zu machen, die Rathswahlen von ihr bestätigen zu lassen, ohne ihren Willen keine Ausbesserung der Stadtbefestigungen vorzunehmen, keinen städtischen Hauptmann zu ernennen und ihr Erbhuldigung zu thun. Damit war auch der Widerstand des Bischofs von Halberstadt gebrochen. Tags darauf söhnt er sich mit den Herzögen Ernst und Albrecht aus und verpflichtet sich dieselben durch Zahlung von 750 Gulden jährlich zu entschädigen. Bürgschaft dafür übernahmen Domcapitel und Ritterschaft des Stifts, sowie die [229] Städte Halberstadt, Quedlinburg und Aschersleben. Und zwei Tage später entsagt er allen Ansprüchen auf die Vogtei, Gerichte und Gerechtigkeiten in der Stadt Quedlinburg und dem Dorfe Groß-Ditfurth. Aus Dankbarkeit für die ihr gewährte Unterstützung belehnte die Aebtissin am 16. März 1479 ihre Brüder mit der Schutzherrschaft über das Stift Quedlinburg, die bei der Theilung der sächsischen Länder Herzog Albrecht zufiel und nach dessen Tode an seinen Sohn Georg kam. Neue Zwistigkeiten brachen aus, denn die sächsische Schutzherrschaft war nicht weniger drückend als die frühere Halberstädter. Außerdem suchte Erzbischof Ernst von Magdeburg, der zugleich Bischof von Halberstadt war, das Verlorene wieder zu gewinnen, und Papst Julius II. trat in diesem Streite auf die Seite Halberstadts gegen Quedlinburg, indem er der Aebtissin gebot, auf die Vogtei bei Strafe des Bannes zu verzichten. Mitten in diesen Streitigkeiten starb H., Juni 1511.

v. Erath, Cod. diplomaticus Quedlinburgensis, S. 784 ff. Janicke, Urkundenbuch der Stadt Quedlinburg, Bd. I. S. 458 ff.; Bd. II. S. 1–105 u. S. 258 ff. Fritsch, Gesch. von Quedlinburg, I. 202 ff. v. Langenn, Herzog Albrecht der Beherzte, S. 118–122.