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ADB:Heinrich V. von Knoeringen

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Artikel „Heinrich (V.) von Knöringen, Bischof zu Augsburg“ von Anton von Steichele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 451–453, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_V._von_Knoeringen&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 04:15 Uhr UTC)
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Heinrich (V.) von Knöringen, Bischof zu Augsburg, 1598–1646, stammte aus der schwäbischen Adelsfamilie von Knöringen bei Burgau und wurde am 5. Febr. 1570 geboren. Im J. 1586 erhielt er ein Canonicat am Dome zu Augsburg, 1589 bezog er die Universität Ingolstadt, wo Jesuiten seine Lehrer waren. Am 6. October 1598 starb Johann Otto von Gemmingen, Bischof zu Augsburg. Das Domcapitel konnte sich über seinen Nachfolger nicht einigen; endlich nach drei resultatlosen Wahltagen wurde am 29. Novbr. 1598 auf dem Wege des Compromisses der Domherr H. von Knöringen, erst 28 Jahre alt, zum Bischofe von Augsburg ernannt. Am 13. Juni 1599 erhielt er in seiner Kathedralkirche die bischöfliche Consecration. Heinrichs Amtsführung zieht sich durch eine lange Periode der größten religiösen und politischen Wirren im Deutschen Reiche hin; seine Stellung als Bischof und Reichsfürst mußte ihn mit allen wichtigeren Fragen der Zeit in Berührung bringen, und es konnte nicht fehlen, daß der hochbegabte und thatkräftige Mann, der von Eifer für die katholische Sache glühte und die völlige Austilgung des Protestantismus im ganzen Reiche anstrebte, auf manche derselben einen tief greifenden, selbst entscheidenden Einfluß übte. Als H. die Verwaltung des Bisthums Augsburg antrat, fand er die katholische Bevölkerung in demselben sehr gemindert; die Reichsstädte mit ihren Gebieten, das Fürstenthum Pfalz-Neuburg, die Grafschaft Oettingen, die in den Augsburger Sprengel eingreifenden Theile von Wirtemberg und von Brandenburg-Ansbach, endlich die Territorien einiger kleineren Herren hatten sich dem protestantischen Bekenntnisse zugewendet. All’ dieses für die katholische Kirche Verlorene zurückzugewinnen und das katholische Bekenntniß in seinem Bisthume wieder zu alleiniger Geltung zu bringen, erachtete H. als seine Hauptaufgabe; für sie setzte er alles ein und es gelang ihm, dieselbe wenigstens zum großen Theile und auf eine Zeit lang nach seinem Verlangen zu lösen. Schon im J. 1600 erließ er ein scharfes Religionsmandat für die hochstiftlichen Unterthanen, um dieselben beim katholischen Glauben zu erhalten und vor Berührung mit dem Protestantismus zu sichern. Seine weitere Sorge betraf den Unterricht der Jugend und ihre Heranbildung zum geistlichen Stande. Cardinal und Bischof Otto Truchseß hatte im J. 1550 zu Dillingen das Collegium S. Hieronymi mit einer höheren Schule gegründet und diese 1554 zu einer Universität erhoben, an welche er 1564 Lehrer aus der Gesellschaft Jesu berief. Diese Anstalten entbehrten aber noch einer sicheren Dotation; eine solche verschaffte ihnen erst Bischof H. im Vereine mit seinem Domcapitel; auch seinen Klerus gewann er für diese Sache auf einer im J. 1610 zu Augsburg gehaltenen Diöcesansynode. Von 1610–15 baute er für die Universität und die Jesuiten zu Dillingen mit großen Opfern eine prächtige Kirche, welche er am 11. Juni 1617 in Gegenwart benachbarter Fürsten und Bischöfe feierlich consekrirte. Die Gegensätze zwischen Katholiken und Protestanten in Deutschland waren beim Regierungsantritte Heinrichs aufs äußerste gespannt. Im Bereiche des Augsburger Sprengels lag die protestantische Reichsstadt Donauwörth; der bekannte Fahnenstreit zwischen dem Kloster Heilig-Kreuz und dem Stadtrathe von 1606, aus Anlaß dessen sich H. gegen letzteren klagend an den Kaiser wendete, und die [452] Hartnäckigkeit der Donauwörther Bürgerschaft führte endlich dahin, daß die Stadt in die Reichsacht verfiel, welche Herzog Maximilian von Baiern im J. 1607 in der Art vollzog, daß er schließlich dieselbe als Pfand für aufgewendete Executionskosten in eigenen Händen behielt. In Folge dieser Wendung der Dinge wurde der Protestantismus in Donauwörth zurückgedrängt und die Stadt zu Heinrichs größter Genugthuung allmählich zum katholischen Bekenntnisse zurückgeführt. Aber eben Donauwörths Schicksal schreckte die Protestanten auf und drängte sie zu engerem Zusammenschlusse. Es bildete sich am 4. Mai 1608 die sogen. Union protestantischer Fürsten; ihnen gegenüber schlossen die Katholiken am 10. Juli 1609 zur Aufrechthaltung des Katholicismus und der alten Reichsverfassung gleichfalls einen Bund, die katholische Liga. Schöpfer und Haupt derselben war Maximilian von Baiern; unter den katholischen Fürsten, welche dem Bunde beitraten, befand sich auch Bischof H. von Augsburg, ja er war eines der eifrigsten und rührigsten Mitglieder der Liga, so daß er selbst die Ausgaben, welche er von 1609–30 zum Besten des Bundes verwendete, auf anderthalb Millionen Gulden berechnete. Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Neuburg, dessen Fürstenthum zum größeren Theile dem Bisthumssprengel von Augsburg angehörte, war im J. 1614 vom Protestantismus zur katholischen Kirche übergetreten. Am 25. December 1615 erließ der Pfalzgraf ein Edikt, durch welches er seinen Unterthanen gestattete, zur Religion ihrer Väter zurückzukehren; und nun genoß H. die Freude, daß sich in den folgenden Jahren, besonders mit Hülfe der Jesuiten, die Zurückführung der neuburgischen Pfalz zur katholischen Kirche vollzog. Den Jesuiten, seinen Lieblingen, suchte H. überhaupt möglichste Ausbreitung zu verschaffen, und ihrer Thätigkeit bediente er sich vorzugsweise bei seinen Katholisirungsplänen. Dem Kaiser lag er unaufhörlich an, den Protestantismus im Reiche zu unterdrücken und die in protestantischen Händen befindlichen Kirchen, Pfründen und Güter den Katholiken zurückzustellen; er hielt zu diesem Zwecke am kaiserlichen Hofe und beim Reichshofrathe eigene Abgeordnete und Rechtsgelehrte, und verwendete für seine Bestrebungen ungeheuere Summen. Mit kaiserlicher Hülfe gelang es ihm auch wirklich, schon im J. 1626 in ganz oder theilweise protestantischen Reichsstädten, wie Memmingen und Kaufbeuren, den Jesuiten Niederlassungen zu verschaffen; endlich aber erließ unter nicht geringer Einwirkung Heinrichs Kaiser Ferdinand II. das Edikt vom 6. März 1629 (Restitutionsedikt), laut welchem im ganzen Reiche die seit dem Passauer Vertrage von den Protestanten eingezogenen geistlichen Güter den Katholiken zurückgestellt werden sollten. Mit Ausführung dieses Ediktes in Schwaben wurde nun sogleich, und zwar mit aller Strenge, im Bisthume Augsburg der Anfang gemacht. In der Stadt Augsburg selbst, wo Bischof H. noch andere Rechtstitel als das Restitutionsedikt, für sich geltend machte, wurden weitgehende Forderungen gestellt, welche die kaiserl. Commissäre und H. selbst mit Härte durchzusetzen versuchten. Auch die Reichsstädte Kaufbeuren, Aalen, Bopfingen, Giengen erlagen dem Restitutionsedikte, Kempten, Memmingen und Nördlingen wurden von demselben wenigstens berührt. Im wirtembergischen Bisthumstheile, wo der Herzog die eingezogenen Klöster hinauszugeben verweigern wollte, mußte mit gewaffneter Hand vorgegangen werden. Die Verhältnisse änderten sich aber schnell; am 24. April 1632 zog Gustav Adolf in Augsburg ein, von der schwerbedrückten protestantischen Bürgerschaft als ihr Befreier mit Jubel begrüßt; das Restitutionswerk Bischof Heinrichs zerfiel nun mit einem Schlage im ganzen Bisthume, welches in reichem Maße die Gräuel jenes entsetzlichen Krieges zu kosten bekam. H. selbst sah sich genöthigt, sein Schloß in Dillingen zu verlassen und zwei Jahre lang in der Ferne, theils in Füssen, theils zu Imst in Tirol zu weilen. Erst die Schlacht von Nördlingen, [453] 6. Septbr. 1634, in welcher die verbündeten Protestanten den kaiserlichen Waffen erlagen, besserte die Lage der katholischen Stände wieder, bis endlich der westfälische Friede Vieles, was Heinrichs unbändiger Eifer für die katholische Sache gewünscht, erstrebt und erreicht hatte, dauernd anders gestaltete. H. hatte in Folge seiner Betheiligung an der Liga und seiner Opfer für Wiederherstellung der katholischen Religion im ganzen Bisthume auf sein Stift eine Schuldenlast gehäuft, welche er schon im J. 1624 selbst auf 900 000 Goldgulden beziffert; die späteren Restitutionsprocesse und das durch den Krieg herbeigeführte Elend steigerten fortwährend die finanzielle Noth. Zwar boten die ihm überlassenen Einkünfte einiger restituirten Klöster und anderer geistlichen Güter eine beträchtliche Hülfe; aber das durch den Krieg hervorgerufene Elend der Unterthanen erhöhte immer mehr die Noth der bischöflichen Kammer und drohte zuletzt dem Hochstifte mit finanziellem Ruine. In den letzten Jahren seiner Regierung knüpften daher Bischof und Capitel recht gerne die Hoffnung auf bessere Zustände an den Sohn eines einflußreichen und bemittelten Fürstenhauses, der dem Hochstifte Augsburg nahe trat; es war dieses der jugendliche Erzherzog Sigmund Franz von Oesterreich-Tirol, welcher im J. 1641 dem alternden Bischofe als Coadjutor mit dem Rechte der Nachfolge beigegeben wurde. Den Abschluß des Friedens selbst erlebte H. nicht mehr; er starb, 76 Jahre alt, am 25. Juni 1646 zu Dillingen, wo er in der Jesuitenkirche sein Grab erhielt.

Pl. Braun, Gesch. der Bischöfe von Augsburg, Bd. IV, Augsb. 1815, S. 77–292.