Zum Inhalt springen

ADB:Kenckel, Detmar

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kenckel, Detmar“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 601–602, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kenckel,_Detmar&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 05:47 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Kempis (Verweisung)
Nächster>>>
Kennedy, Ildephons
Band 15 (1882), S. 601–602 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Detmar Kenckel in der Wikipedia
Detmar Kenckel in Wikidata
GND-Nummer 119727641
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|15|601|602|Kenckel, Detmar|Karl Ernst Hermann Krause|ADB:Kenckel, Detmar}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119727641}}    

Kenckel: Detmar K. ist als Bürgermeister von Bremen in den Hardenbergischen Wirren und durch sein Ausweichen aus der Stadt nach dem Siege des Calvinismus bekannt geworden. Er stammte aus einer angesehenen Familie Verdens, sein Vater, der Bürgermeister Dietrich, war zugleich Kaufmann, der Großvater, Bürgermeister Detmar, hatte in Rostock studirt. Er selbst, geb. am 9. October 1513, hatte eine ausgezeichnete Erziehung genossen, in Wittenberg studirt und Luther und Melanchthon gehört, dann nach des Vaters Tode 1531 dessen Geschäft neben der Mutter übernommen. Durch seine Heirath mit Anna, der Tochter des Bremer Bürgermeisters Thile van Cleve, kam er 1539 nach Bremen, wo er ein Großhandelsgeschäft namentlich in Wolle, Wachs und Honig, daneben auch einen Kleinverkauf hielt. Seine Verbindungen reichten von Antwerpen bis Pommern, auch weit ins Hinterland. 1555 ward er wider seinen Willen nach seines Schwiegervaters Tode Bürgermeister. Schon 1553 sandte ihn der Rath mit Lübecker, Hamburger, Kölner und Danziger Rathsherrn zur blutigen Maria nach England, wo er eine Erneuerung der hansischen Stahlhofprivilegien erwirkte. 1554 vertrug er die Stadt mit Heinrich dem Jüngern von Braunschweig von den Wurster und Schmalkaldischen Kriegen her und erlangte am 6. December für den letzteren Krieg die Gnade Kaiser Karls V. für Bremen ohne Opfer. 1559 regelte er mit Hamburg die Kornausfuhr von der Unterelbe, und auf dem Hansetage in Lübeck mit dem Deutschmeister von Livland, Gotthart Kettler, die Verhältnisse der Bremischen Komthurei. Als 1560 der Bremer Religionsstreit zwischen Hardenberg und den Stadtpredigern durch Tilemann Heshusius zur ärgsten Verbitterung gedieh, hatte K., der die „Wittenborgisken Scriften“ selber kannte, zunächst in melanchthonischer Weise einen Mittelweg gesucht; vertrat aber, als dieser verworfen war, mit eiserner Energie den strengsten lutherischen Standpunkt. Als daher nach dem Braunschweiger Kreistage vom 8. Februar 1561 Hardenberg als Sakramentirer am 18. die Stadt hatte verlassen müssen, brach am 19. Januar 1562 der Aufstand, an dessen Spitze der Bürgermeister Daniel van Büren stand, gegen den starr lutherischen Theil des Rathes und namentlich gegen K. los, der am 24. März mit anderen Rathsgliedern aus der Stadt wich, zunächst zum Hofe des Erzbischofs Georg nach Verden, von dort Michaelis nach Oldenburg. Hier nahm K., hochgeehrt vom Grafen Anton, seinen Wohnsitz und führte nachdrücklich die Sache des alten Raths. Er brachte Bremen aus der Hanse, erschien im Auftrage jenes 1566 auf dem Reichstage zu Augsburg und verhandelte persönlich mit Maximilian II., der indessen die Sache gütlich durch Kurfürst August von Sachsen zum Austrag zu bringen suchte. Obwol die Bürgerschaft sich aus Furcht vor Kenckel’s Rückkehr heftig sträubte, gelang der Vergleich doch am 25. Februar 1568 zu Verden, worauf K. nach Bremen zurückkehrte und still seiner Familie und seinem Geschäfte lebte, das seine tüchtige „leve Anne Fruwe“ während seines „Exils“ tapfer und treu verwaltet hatte. Am 19. Februar 1584 starb er. Von scharfem Kopf, eisernem Willen, freundlichen und humanen Umgangs selbst mit seinen Gegnern war er [602] wegen seiner Geschäftskenntniß, seiner großen Verbindungen und seiner scharfen Feder bei der feindlichen Partei gefürchtet; streng religiös, gewissenhaft bis zum Opfer seiner eigenen Persönlichkeit, an Luther’s strenger Lehre mit Liebe und aus Ueberzeugung festhaltend, führte er den Streit gegen den Durchbruch der reformirten Lehre in Bremen rücksichtslos vor Kaiser und Reich und in ausgehenden Druckschriften. Erst neuerdings ist klar geworden, daß ihm persönlich das Verketzern der Pastoren keine Freude war, bis dahin galt er für den ärgsten Hetzer, namentlich nach seinem „Gespräche vom Bremischen Lärmen“, das 1562 in Oldenburg erschien und später fortgesetzt wurde. Er hat ein für seine Biographie wichtiges Hausbuch hinterlassen und der noch vorhandene Rest seines höchst interessanten Geschäfts- und Familienbriefwechsels zeigt eine klassische Beherrschung seiner niederdeutschen Muttersprache und ist eine wichtige Fundgrube für die Geschichte des häuslichen Lebens und der damaligen Erziehung. Der im Briefwechsel oft genannte, dem gelehrten Stande gewidmete, in Rostock wesentlich durch Nathan Chytraeus gebildete Sohn Tilemann K., geb. am 17. Decbr. 1543, inscribirt in Rostock 1562, nachher in Leipzig, den Niederlanden, Paris, wurde vermuthlich vom Herzoge Johann von Holstein 1576 zur Hülfe für seinen Kanzler Georg Beyer angestellt, am 19. April 1581 wurde er Rathssecretär in Lübeck, † in Regensburg oder Wien 1582.

Dr. H. Smidt, Aus Detmar Kenckel’s Nachlaß, im Bremischen Jahrbuch VII, ibid. IV. (Pratje), Herzogth. Bremen und Verden VI, 23–36. Allg. d. Biogr. III, 582 f.; X, 558 f. Rotermund.