ADB:Kleinhans, Josef

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Artikel „Kleinhans, Joseph“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 104–105, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kleinhans,_Josef&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 15:08 Uhr UTC)
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Kleinhans: Joseph K., ein blinder Bildhauer, geb. am 24. Sept. 1774 zu Nauders (Tirol). Sohn eines Bäckermeisters, verlor er, fünf Jahre alt, durch die Blattern das Augenlicht. Das in ihm liegende Talent machte sich zuerst bemerklich, als er siebenjährig, wahrscheinlich zum Ersatz eines zerbrochenen Spielzeuges, mit seinem Taschenmesser ein Pferdchen zu schnitzen begann. Einzig nur durch den Tastsinn seiner Finger geleitet und geführt, lieferte er, immer ein Stück Zirbenholz bearbeitend, allerlei Spielzeug, Pferde, Reiter, Schafe und Hirten, so daß seine Umgebung auf dieses wunderbare Talent aufmerksam wurde. Nun unterwies ihn erst der Tischlermeister Johann Brugg in Nauders und gab Werkzeuge in die Hand des Blinden, womit der zwölfjährige Knabe nach einiger Zeit im Stande war ein dritthalb Fuß hohes Crucifix zu schnitzen. Er hatte einzig mit Hülfe seines außerordentlich feinen Tastsinnes den Begriff in sein Inneres aufgenommen und vollendete klar und rein, was er nur im Geiste sehen konnte. Nach drei Jahren besuchte er auf vierzehn Tage einen Schnitzler in Fendels bei Ried (im Oberinnthale), welcher ihn mit mehreren Modellen beschenkte, die K. nun mit Geschick und Eifer copirte. Erst im Alter von 22 Jahren gelangte er zu dem bekannten Bildhauer Franz Nißl nach Fügen, der ihn schnell förderte, so daß K. im Stande war, auch andere Vorstellungen, wie Heiligenstatuen und Büsten zu copiren; er bedurfte dazu nur ein kleines Modell, welches er dann in beliebiger Größe in einer Weise nachbildete, die einem sehenden Künstler Ehre gemacht hätte. Nach seiner Rückkehr in die Heimath lebte er nur der Kunst, in welcher K. eine Trösterin und eine Existenzquelle gefunden hatte. Auch für Musik und Orgelspiel zeigte er hohe Begabung, nebenbei kamen sogar Verse zum Vorschein. Nach dem Tode seiner Eltern erwachte in ihm die Reiselust, der blinde Mann durchwanderte Tirol, Oesterreich, Baiern, die Schweiz, überall die Proben seiner Kunstfertigkeit zeigend, darunter [105] auch ein vier Fuß hohes Crucifix, an welchem durch einfachen Mechanismus der Gekreuzigte das Haupt neigte. Endlich setzte er sich in Nauders zur Ruhe, wo er in stiller Frömmigkeit schaffend, am 9. Juli 1853, im 79. Lebensjahre entschlief. Seine vielen Werke finden sich allenthalben in Kirchen und Klöstern. Eine dritthalb Fuß hohe knieende Statue des heil. Karl Borromäus fertigte K. für den Bischof von Brixen, einen David nach Chur, ein Crucifix mit Maria und Johannes in Lebensgröße nach Tartsch. Eine Büste des Kaiser Franz II. und eine des Andreas Hofer befinden sich nebst anderen Erzeugnissen dieses merkwürdigen Mannes im Ferdinandeum zu Innsbruck.

Vgl. Tiroler Almanach f. 1803. S. 255. Nagler 1839. VII, 50. Wurzbach, Lex. 1864. XII, 62. von Normann in Lang’s Sonntagsblatt, München 1867. S. 362 ff.