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ADB:Kleist, Franz Alexander von

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Artikel „Kleist, Franz Alexander von“ von Felix Bamberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 121–122, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kleist,_Franz_Alexander_von&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 20:48 Uhr UTC)
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Band 16 (1882), S. 121–122 (Quelle).
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Kleist: Franz Alexander v. K. wurde am 24. December 1769 zu Potsdam geboren. Sein Vater war der preußische Generallieutenant Franz Kasimir v. K., seine Mutter, gleichfalls aus Kleist’schem Geschlechte, hatte ihre nähere Abstammung in dem Hause Zützen. Nach neueren Forschungen sollen die drei Dichter Ewald Christian, Franz Alexander und Heinrich v. K. zu Anfang des 15. Jahrhunderts einen gemeinsamen Stammvater gehabt haben und Franz Alexander soll dem später entstandenen Hause Muttrin angehören, während Christian Ewald von dem Hause Damen und Heinrich von dem Hause Schmenzin abstammten (vgl. auch u. S. 150). K. wurde bis zu seinem neunten Jahre von seiner Großmutter, der Wittwe eines Obersten v. Kleist auf Zützen, erzogen und kam dann zu seinen Eltern nach Potsdam und später nach Magdeburg. Im J. 1785 trat er als Fähnrich bei dem preußischen Infanterieregimente des Herzogs von Braunschweig ein und machte den Feldzug von 1789 mit. Es ist sehr bemerkenswerth, daß gleichzeitig zwei Sprossen dieser vorzugsweise dem Militärstande gewidmeten Familien, Dank ihrer eigenthümlichen Artung, demselben entfremdet wurden; so daß K., ähnlich wie Heinrich v. K., unmittelbar nach diesem Feldzuge die Armee verließ und sich der Litteratur widmete. Nachdem er bis 1791 in Göttingen studirt hatte, wurde er unter dem Minister v. Herzberg Legationsrath, vermählte sich mit Albertine v. Jung und trat schon im darauffolgenden Jahre aus dem Staatsdienst. Auch diese Aehnlichkeit mit dem Verfahren Heinrichs v. K. verdient bemerkt zu werden. Wenn die zarte Körperbeschaffenheit Kleist’s auch dazu beigetragen haben mag, ihm das Landleben wünschenswerth zu machen, so geht aus dem Gehalte seiner Werke doch deutlich hervor, daß ganz wie bei Heinrich v. K. Unabhängigkeitstrieb und Hang zum Reingeistigen mitwirkten, ihn dem Soldatenstande entsagen zu lassen. Nachdem er das Gut Frankenhagen bei Frankfurt a/O. gekauft und wieder verkauft hatte, ließ er sich auf Ringenwalde bei Neudamm in der Neumark nieder, wurde daselbst Landrath und starb, sein frühes Ende ahnend, noch nicht 28 Jahre alt am 8. August 1797.

Die ungewöhnliche Fruchtbarkeit dieses jetzt ziemlich vergessenen Dichters verdient besondere Beachtung. Er wurde bei seinen Lebzeiten und unmittelbar nach seinem Tode viel gelesen und beurtheilt. Die Allgemeine Litteraturzeitung vom J. 1790 sagt unter Anderem von ihm: „er verräth glückliche Anlagen, eine lebhafte Phantasie und ein warmes Gefühl; seine Verse sind sehr sanft und wohlklingend. Doch sind mit diesen Vorzügen auch wesentliche Mängel verbunden. [122] Der Ton ist fast durchgehend sehr gespannt, der Plan ist nicht sichtbar, die Uebergänge sind nicht genug verschmolzen und der Ausdruck wird oft durch den allzu reichen Schmuck so schielend, daß man den Sinn des Dichters nur mit Mühe und zuweilen gar nicht errathen kann.“ Kleist’s „Glück der Ehe“ ist sogar „ein Meisterstück wohllautender Leerheit“ genannt worden; doch ist sein Talent offenbar nicht zur Reife gelangt und so hat unter Anderem auch Wolfgang Menzel Unrecht, wenn er in seiner „Geschichte der deutschen Dichtkunst“ sagt: „es sei kein Zufall, daß in demselben Jahre, in welchem Ludwig XVI. auf dem Schaffot blutete und der Convent seine Schrecken ausgehen ließ, dieser stille Berliner seinen Zamori dichtete, in welchem alles, was deutsches Gemüth damals an Süßlichkeit und Schwächlichkeit leistete, concentrirt erscheint.“ Daß K. keineswegs ausschließlich dieser Richtung angehört hat, geht unter Anderem aus dem im Maiheft der deutschen Monatsschrift von 1791 veröffentlichten schönen Gedichte „Auf Mirabeau’s Tod“ hervor, in welchem der Zweiundzwanzigjährige als ein begeisterter Sänger der Freiheit und der höchsten geistigen Güter auftritt und eine überraschende Aehnlichkeit mit den späteren Accenten Heinrichs v. K. offenbart. So lautet eine dieser Strophen:

„Sowie im Frühling erst ein Gärtner die Natur
Noch in der Blüthe sieht und blumenleer die Beete,
So sahest Du den Staat in seiner Kindheit nur,
Die Freiheit noch in ihrer Morgenröthe.
Doch nicht umsonst hast Du nach langem Traum
Dein edles Volk zu Männerkraft entboten;
Jetzt sind sie start und lachen der Despoten,
Die schwelgerisch, gestreckt auf weichem Pflaum,
Dann meinen gut die Völker zu regieren,
Wenn Weiber sie zum Thron, zum Himmel Pfaffen führen.“

Kleist’s Schriften sind chronologisch geordnet folgende: „Hohe Aussichten der Liebe“, an Minona, Berlin 1789 und in zweiter Auflage 1790; „Graf Peter der Däne, ein historisches Gemälde“, Berlin 1791; „Ueber die eigenthümliche Vollkommenheit des preußischen Heeres“, Berlin 1791; „Fantasieen auf einer Reise nach Prag“, Dresden und Leipzig 1792; „Zamori, oder die Philosophie der Liebe“, Berlin 1793; „Das Glück der Liebe“, in demselben Jahre, ebendaselbst; „Sappho“, ein dramatisches Gedicht, gleichfalls noch in demselben Jahre in Berlin erschienen und mit einer Biographie der Dichterin, sowie einer Abhandlung über dramatische Dichtkunst versehen; „Ode, Seiner Fürstlichen Durchlaucht Wilhelm Ferdinand regierendem Herzoge von Braunschweig-Wolfenbüttel gewidmet“, Berlin 1794; „Das Glück der Ehe“, ein Seitenstück zum Glück der Liebe, Berlin 1796. Im darauffolgenden Jahre erschienen in Berlin die vermischten Schriften, welche aus 15 theils poetischen, theils prosaischen Stücken bestehen und deren Titel in Jördens’ Lexikon angeführt sind. Ebendaselbst findet man auch die verhältnißmäßig zahlreichen Beiträge Kleist’s in den verschiedenen Zeitschriften der damaligen Epoche. Zu seinen frühesten Arbeiten gehört das im Augustheft des deutschen Mercur von 1789 erschienene „Lob des einzigen Gottes“, ein Gegenstück zu den „Göttern Griechenlands“ von Schiller. In Reutlingen erschienen im J. 1800 die gesammelten kleinen Schriften im Nachdruck.

Vgl. J. G. Meusel’s Lexicon, 7. Bd. K. H. Jördens’ Lexicon, 6. Bd. S. Baur’s kleines historisch-litterarisches Wörterbuch. K. F. A. Guden’s Chronologische Tabellen zur Geschichte der deutschen Sprache und die in der „Gegenwart“ vom 13. Mai 1882 benutzten handschriftlichen Mittheilungen des Pastors H. Kypke an K. Siegen.