Zum Inhalt springen

ADB:Kraepelin, Karl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kräpelin, Karl“ von Carl Friedrich Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 47–48, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kraepelin,_Karl&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 00:09 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Kranzberger, Joseph
Band 17 (1883), S. 47–48 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl Kraepelin (Schauspieler) in der Wikipedia
Karl Kraepelin in Wikidata
GND-Nummer 116377909
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|47|48|Kräpelin, Karl|Carl Friedrich Müller|ADB:Kraepelin, Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116377909}}    

Kräpelin: Karl K., geb. am 5. Octb. 1817 in dem Städtchen Wittenburg in Mecklenburg-Schwerin. Nachdem er sich eine tüchtige Gymnasialbildung angeeignet hatte, vertauschte er auf der Universität Berlin das anfangs beabsichtigte Studium der Theologie mit der Musik und bildete sich unter der Leitung Rungenhagens für den Gesang aus. 1839 wurde er als Opernsänger und Schauspieler am Hoftheater zu Neu-Strelitz engagirt und blieb in dieser Stellung, bis im J. 1848 der Großherzog Georg anläßlich einer Petition seiner Unterthanen die Bühne schließen ließ. Nunmehr sah sich K., der als eine tüchtige, für die Oper, wie für das Schauspiel gleich gut verwendbare Kraft gegolten hatte, bei der Unsicherheit der Bühnenverhältnisse aller Orten dazu genöthigt, als Musiklehrer in Neu-Strelitz eine neue, ungleich bescheidenere Existenz sich zu gründen. Es [48] folgten Jahre schwerer Kämpfe ums Dasein, in denen ihn jedoch der ihm eigene frische Lebensmuth und gemüthvolle Humor nicht verließ, bis durch das Erscheinen der ersten Werke seines großen Landsmannes Fritz Reuter seiner Kunst und seinem Leben eine völlig neue Richtung gegeben wurde. In dem von ihm (1849) mitbegründeten „Sonnabend-Verein in Neu-Strelitz“, der den Zweck verfolgte, „durch Weckung und Anregung des Sinnes für das Gute, Wahre und Schöne zur Entwickelung und Hebung des geistigen und geselligen Lebens unter seinen Mitgliedern beizutragen“, hatte K. an den Festabenden häufig declamatorische Vorträge, Vorlesungen aus Shakespeare und anderen Dichtern mit großem Beifall gehalten; seit dem Erscheinen der „Läuschen un Rimel’s“ (I, 1853. II, 1859) erfreute er nun seine Zuhörer häufig durch den Vortrag des einen oder anderen dieser heiteren anspruchslosen Dichtungen in plattdeutscher Mundart. Am 6. Febr. 1860 wohnte Fr. Reuter einem Festabend in Neu-Strelitz bei; hier lernte der Dichter zuerst seinen geistvollen Rhapsoden kennen und schloß mit ihm den Freundschaftsbund fürs Leben. Der ungetheilte Beifall, den der Vortrag von „Hanne Nüte“ und „Olle Kamellen“ I (1860) auch in weiteren Kreisen seiner Heimath fand, ließ in K. allmälig die Idee reifen, auch an anderen Orten, wo das niederdeutsche Idiom noch gepflegt wird, mit Vorlesungen aus den Werken Fritz Reuter’s öffentlich aufzutreten. In den Weihnachtsferien 1863 kündigte er die erste derartige Vorlesung in Hamburg an, nicht ohne große Besorgniß, ob der Versuch auch wol gelingen würde. Der Erfolg der ersten Abende überstieg indessen weit seine Erwartungen; er mußte in Folge des großen Andranges zu seinen Vorlesungen seine Ferien auf drei Wochen ausdehnen und statt des anfangs beabsichtigten Cyclus von drei Abenden deren 12 veranstalten. Sein zweiter Besuch galt der Universität Rostock (in den Weihnachtsferien 1863/64); auch hier erntete er den reichsten Beifall; erhielt aber nach dem ersten Cyclus von 4 Abenden die Erlaubniß zur Eröffnung einer zweiten von der Polizeidirection nicht wieder, weil seitens der Theaterdirection eine Beschwerde eingegangen war, daß Kräpelin’s Vorlesungen dem Besuch des Theaters zu viel Abbruch thäten. In den Osterferien 1864 war er in Stettin und im Herbst 1864 zum zweiten Male in Hamburg als Reuter-Vorleser thätig; der Erfolg war derartig, daß er sich nunmehr entschloß, dem neugeschaffenen Beruf sich vollständig zu widmen. Seit dem J. 1865 blieb er bis an sein Lebensende als Recitator der hervorragendsten Schriften Fr. Reuter’s unablässig thätig und hat als solcher, wie O. Glagau in seinem verdienstlichen Buch über „Reuter und seine Dichtungen“ (2. Aufl. Berlin 1875) schreibt, „den eigentlichen Ruhm des Dichters begründet“. Ganz Norddeutschland, besonders die Städte an der Ost- und Nordseeküste, wo das Plattdeutsche seine Heimath hat und noch jetzt vielfach gepflegt wird, wurde im Laufe der Zeit in den Bereich seiner eifrigen Propaganda für die Dichtungen seines Landsmannes und Freundes gezogen. In den letzten Jahren seines Lebens wurden auch mitteldeutsche Städte, z. B. Leipzig und Dresden von ihm häufiger besucht, und sein Plan, allmälig auch in Süddeutschland festen Fuß zu gewinnen, würde wol zur Ausführung gebracht sein, wenn nicht der Tod seiner weiteren Wirksamkeit ein Ziel gesetzt hätte. Im November des J. 1881 erkrankte er inmitten seiner Thätigkeit an einem Herzleiden und starb am 8. August 1882 in Potsdam. – Wie K. der erste Reuter-Vorleser war, so ist er auch, verglichen mit später aufgetretenen Concurrenten, unbedenklich als der weitaus genialste, als nahezu vollendeter Künstler auf seinem Gebiete anzusehen.

Vgl. O. Glagau a. a. O. S. 163, und meinen Artikel „Der Reuter-Apostel“ im „Neuen Blatt“, Jahrg. 1877, Nr. 51 u. 52 (wiederabgedruckt im „Salon“, Jahrg. 1880).