ADB:Kuhl, Karl August
[319] derselben mit Stipendien unterstützt wurde. Zu seinen Lehrern und Gönnern gehörten namentlich E. Platner und Hebenstreit. 1794 erhielt er nach bestandener Prüfung von der medicinischen Facultät das Baccalaureat, am 11. Februar 1796 wurde er, nachdem er seine Specimina abgelegt, zum Magister und Doctor der Philosophie creirt. Als Amanuensis des älteren Dr. Dähne, eines der geschicktesten praktischen Aerzte der damaligen Zeit, hatte K. im Laufe von vier Jahren die beste Gelegenheit, sich praktisch auszubilden. – Im J. 1800 machte K., mit Unterstützung einiger Gönnerinnen, eine wissenschaftliche Reise nach Kopenhagen und erfreute sich daselbst des Unterrichts von Callisen, Winslow, Tode, Saxtorph u. a., und als im folgenden Jahre, nach der auf der Rhede von Kopenhagen zwischen den Dänen und Engländern stattgehabten Seeschlacht zahlreiche Verwundete in das dortige Friedrichs-Hospital, in die Behandlung von Schumacher und Jacobsen kamen, hatte er Gelegenheit, bei der Behandlung der Verwundeten und bei den Operationen Hülfe zu leisten und bekam dadurch zuerst eine Vorliebe für die Chirurgie. Im J. 1801 nach Leipzig zurückgekehrt, bestand er das Doctorexamen und wurde am 31. Decbr. 1803 mit der Dissertation „De dysenteria“, unter Ludwig’s Vorsitz, zum Dr. med. promovirt, während seine äußeren Verhältnisse sehr dürftige waren. Drei Jahre später jedoch, während welcher K. sich eifrig der ärztlichen Praxis gewidmet hatte, wurde ihm, nach dem Tode seines Schwagers Beyer, durch Erbschaft ein großes Vermögen zu Theil, das ihn von da an aller Sorgen überhob. In demselben Jahre, 1806, vermählte sich K. mit Johanna Friederike Goldhorn, mit der er bis zu seinem Tode in glücklichster, wenn auch kinderloser, Ehe gelebt hat. 1808 ging K. mit derselben nach Wien, um unter des berühmten Beer Leitung in der Augenheilkunde, der er sich zu widmen beschlossen hatte, sich weiter auszubilden. Im folgenden Jahre nach Leipzig zurückgekehrt, führte er mehrere Augen-Operationen mit bestem Erfolge aus, ging aber 1811 von Neuem mit seiner Gattin nach Wien, um bei Beer weitere Studien zu machen. Auf dieser Reise wurde er von einem schweren Typhus befallen und machte bei dieser Gelegenheit die Bekanntschaft des italienischen Chirurgen Pajola, eines älteren Mannes, der sich besonders durch seine glücklichen Steinschnitte hervorgethan und dafür ein neues Verfahren angegeben hatte. Er erwarb sich die Freundschaft dieses Mannes und lernte sein Verfahren von ihm. Nachdem K. selbst später nach dieser Methode operirt hatte, gab er darüber eine kleine Schrift („Lithotomiae Pajolianae expositio“, 1825) heraus. – In der Zeit der Befreiungskriege, von 1812 an, leistete K. als dirigirender Civilarzt in den Militär-Hospitälern den Verwundeten Hülfe, und wurde, als im folgenden Jahre Gehler, Chirurg des Jacobs-Hospitales, in der Blüthe seiner Jahre gestorben war, an seiner Stelle zum chirurgischen Demonstrator bei dem klinischen Institute desselben ernannt, ihm in derselben Zeit auch die Geschäfte eines gerichtlichen Stadtwundarztes übertragen. – Obgleich K., auf der Mittagshöhe des Lebens befindlich, durch seine äußeren Verhältnisse von allen Sorgen frei, bei den Collegen und bei dem Publicum im höchsten Ansehen stehend, wie kein zweiter in der Stadt, sich der Ruhe und Gemächlichkeit hätte hingeben können, trieb ihn doch der Drang, immer mehr sich zu vervollkommnen und fremde Länder mit ihren medicinisch-chirurgischen Einrichtungen kennen zu lernen, zunächst nach London, wohin er im April 1816 abging und wo er während eines sechsmonatlichen Aufenthaltes sich der besonderen Freundschaft und Unterstützung eines Astley Cooper, eines William Lawrence, eines Benjamin Brodie zu erfreuen hatte. Nachdem er noch 1½ Monate in Paris verweilt, kehrte er mit Beginn des J. 1817 in die Heimath zurück, wurde noch in demselben Jahre zum Professor extraordinarius ernannt und begann vom Wintersemester dieses [320] Jahres an Vorträge und Examinatorien über Chirurgie und Demonstrationen an Lebenden und Todten, ferner über Augenheilkunde mit großem Beifall zu halten. – Im J. 1824 wurde er, nach Ludwig’s Tode, zum Professor ordinarius der Chirurgie in der medicinischen Facultät ernannt, in welcher er sechs Mal das Amt eines Decans versehen hat. Bei seiner Aufnahme in die Facultät (19. Novbr. 1824) vertheidigte K. eine „Diss. de potioribus arteriae aneurysmaticae ligandae methodis praemissis duorum aneurysmatum feliciter sanatorum historiis. Acc. IV tab. aen.“. Er widmete überhaupt während seiner langen klinischen Thätigkeit der Unterbindung großer Arterienstämme seine besondere Aufmerksamkeit, unterband in der Zeit von 1834–37 die Art. anonyma, beide Carotiden, die Art. subclavia, brachte ein Aneurysma der Art. anonyma durch Ligatur der Carotis zur Heilung etc.; über alle diese Ergebnisse hat er in Gelegenheitsschriften Bericht erstattet. Außerdem haben diese kleinen, als Programme oder bei Gelegenheit von Gedächtnißreden verfaßten Schriften (größere liegen von ihm nicht vor), die unter der Bezeichnung „Quaestiones chirurgicae“ bis zu Pars XXX gehen und den gleichen Gegenstand oftmals fortgesetzt behandeln, zum Inhalt: „De prognosi in morbis chirurgicis cautissime sistenda“, „Meditationes de vulneridus selopstariis“, „De idiosyncrasia haemorrhagica“, „De vitiligine ulceroso-serpiginosa integumentorum faciei atque colli“ etc. – Seinem Charakter nach war K. von der vollendetsten Integrität, Wahrhaftigkeit und Bescheidenheit; seine Wohlthätigkeit gegen alle Nothleidende, namentlich gegen arme Studirende, war rühmlich bekannt; er gab stets im Stillen, ohne damit zu prunken. Den Kranken war er ein stets bereiter Helfer, oft auf Kosten seiner eigenen schwachen Gesundheit. Sein Körper war ein schwächlicher; mehrere bedenkliche Katastrophen, die K. während seiner Lebenszeit durchzumachen hatte, hatten nur dazu beigetragen, seine Arbeitsfähigkeit zu beeinträchtigen, namentlich eine Schwäche der rechten Hand, die er von einer rheumatischen Lähmung zurückbehalten hatte. Dennoch war er bis zu seinem Lebensende, das den 21. August 1840 erfolgte, rastlos thätig; noch acht Tage vor demselben hatte er einen Steinschnitt gemacht.
Kuhl: Karl August K., Professor der Chirurgie an der Universität Leipzig, wurde am 31. Juli 1774 zu Baalsdorf, wo sein Vater, M. Friedrich August K., Pfarrer war, geboren. Schon in seinem fünften Jahre verlor K. seinen Vater; jedoch nahm ihn sein Schwager, der Diakonus an der Neukirche zu Leipzig, M. Beyer, zu sich, unterrichtete ihn auf das sorgfältigste und überhäufte ihn mit Wohlthaten aller Art. Von 1787 an besuchte er die Nicolaischule in Leipzig und widmete sich fünf Jahre später, 1792, auf der dortigen Hochschule dem Studium der Arzneiwissenschaft, wobei er von der medicinischen Facultät- Vgl. Neuer Nekrolog der Deutschen, 18. Jahrg. 1840, Thl. II. 1842, S. 898, Nr. 273. – Jo. Chr. Aug. Clarus, Caroli Augusti Kuhlii, etc. etc. Opuscula academica. Praefationis loco praemissa est b. auctoris memoria. Acced. VIII. tabb. Lipsiae 1842 (enthält den von Freundeshand geschriebenen Lebenslauf Kuhl’s und eine Sammlung seiner akademischen Schriften).