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ADB:Lenz, Christian David

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Artikel „Lenz, Christian David“ von Joseph Girgensohn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 270–271, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lenz,_Christian_David&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 07:04 Uhr UTC)
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Lenz: Christian David L., Generalsuperintendent von Livland, Vater des Dichters Jacob L., wurde am 26. December 1720 zu Köslin als Sohn eines Kupferschmiedes geboren. In seinem 15. Jahre bezog er die Universität zu Halle, wo er, da seine Eltern mittellos waren, sich kümmerlich als Lehrer am dortigen Waisenhause und durch Privatunterricht forthelfen mußte. Im J. 1740 kam er als Hauslehrer nach Livland, wurde 1742 Pastor zu Serben, 1749 zu Seßwegen, 1757 Propst des zweiten Wendenschen Kreises, 1759 Pastor der deutschen Gemeinde zu Dorpat, zugleich Beisitzer des Stadtconsistoriums und Aufseher der Stadtschule. Im J. 1779 erwählte ihn der Landtag zum Generalsuperintendenten und geistlichen Vorsitzer des Oberconsistoriums, welche Aemter er bis zu seinem am 14. August 1798 erfolgten Tode bekleidete. Im elterlichen Hause zu ernster Frömmigkeit erzogen, wurde er als Student der Theologie auf der Universität ein eifriger Anhänger des Spener’schen Pietismus. Auch den herrnhuterischen Erweckungslehren hat er damals nicht fern gestanden. In seinen späteren Jahren näherte er sich mehr dem neu erstarkten Orthodoxismus und bewährte sich sein Leben lang als unermüdlichen Streiter im Kampf gegen die Anhänger des Rationalismus oder, wie man damals sagte, der Neologie. Als Pastor in Seßwegen trat er auch den herrnhuterischen Extravaganzen entgegen, namentlich veranlaßte ihn der berufene „XII. Liederanhang“ des Grafen Zinzendorf zu einem größeren polemischen Werke, das den Titel trug: „Gedanken über die Worte Pauli 1. Cor. 1, V. 18 von der ungleichen Aufnahme des Worts vom Kreutz. Zwey Theile nebst einer starken und für unsere Zeiten sehr nöthig geachteten Vorrede, worinnen die Kreutz-Theologie der so genannten Herrenhüter vornemlich aus ihrem XII. Lieder-Anhang und dessen drey Zugaben unpartheyisch und genau geprüft wird“ (1750, 177 S. Vorrede, 1008 S. Text etc.). In der Vorrede (S. 15) sagt er, daß durch seine Schrift „ein gewisses Vorurtheil in Ansehung der Herrenhüter wegfallen wird, worinn sehr viele stecken, da sie meynen, ob gleich die Herrenhüter in vielen Stücken der christlichen Lehre Irrthümer [271] hegten, so lehrten sie doch noch von Christi Kreutz, Blut und Wunden selbst richtig. Ich bins selbst, der dieses gewiß sehr lange von ihnen geglaubt und eben daher gedacht, es würde sich vielleicht mit dem übrigen auch noch geben. Allein da mir nicht allein diese Hoffnung fehl geschlagen, sondern mir auch der XII. Anhang nebst seinen Zugaben und die Homilien des Herrn Grafen über die Wundenlitaney die Augen geöffnet: so habe ich … gesehen, wie sie … gefährliche Irrthümer hegen“. Trotz alledem steht L. am Abend seines Lebens doch wieder in den engsten Beziehungen zu der Brüdergemeinde. Freilich hatte unterdessen Spangenberg reformirend auf die Lehre und das Gemeindeleben der Herrnhuter eingewirkt. Mit Spangenberg selbst, aber auch mit anderen Brüdern führte L. eine Correspondenz, die uns in den Buchholtz’schen Sammlungen auf der Riga’schen Stadtbibliothek zum großen Theil aufbewahrt ist und uns bezeugt, daß der Verkehr mit den Herrnhutern ein überaus inniger war. Uebrigens erklärte L. auch in einem officiellen Rescript an den livländischen Generalgouverneur vom 23. Juni 1781, daß Spangenberg’s „Idea fidei fratrum, bloß die Stellen im Articul von der christlichen Kirche ausgenommen, so ihre besondere Gemeindeverfassung betreffen, ein so reines biblisches Compendium sei, daß allemal ein orthodoxer evangelisch-lutherischer Professor darüber Dogmatik lesen könne“. Die evangelisch-lutherische Kirche habe mit weit ärgeren Feinden unseres allerheiligsten Glaubens – den Neologen – zu kämpfen. Gegen die letzteren, die Neologen, sucht er auch in seiner Stellung als Generalsuperintendent mit allem Eifer zu wirken. Doch muß er erleben, daß er als Oberhirte der Geistlichkeit von Livland zuletzt in seinem hohen Alter fast allein dastand, als der einzige Orthodoxe unter meist rationalistischen Predigern. Aber auch seine theologischen Gegner ehrten in ihm seine Wahrheitsliebe und Freimüthigkeit, seine Toleranz in Form- und Personenfragen bei aller Wärme für die Sache. Unter seinen zahlreichen Schriften (s. Allg. Schriftstellerlexikon der Prov. Liv-, Esth- und Kurland), die er außer dem oben angeführten Buche verfaßt hat, erlebte die kleine Abhandlung: „Die Stärke des Schriftbeweises für die in unseren Tagen angefochtene Lehre von der Genugthuung Jesu Christi überhaupt kürzlich gezeiget“ (Riga 1780), eigentlich die Vorrede zu J. B. Sczibulsky’s[WS 1] „Widerlegung der Scheingründe etc.“ vier Auflagen und ist auch in das Schwedische übersetzt worden. Unter den homiletischen Werken von L. sei hier einer Postille in lettischer Sprache („Spreddiku-Grahmata etc.“) Erwähnung gethan.

Winkelmann, Bibliotheca Liv. hist. Nr. 10682 ff.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: J. B. S. Sczibalsky’s