ADB:Loeffelholz von Colberg, Thomas
Wilhelm L. (s. d.) aus dessen zweiter Ehe und jüngerer Stiefbruder des Johann L. (s. d.) – hatte schon als Knabe Neigung zu ritterlichen Uebungen, und da nachgeborene Patriziersöhne Nürnbergs, wenn sie sich nicht dem geistlichen Stande widmeten, häufig fremder Herren Dienste nahmen, so finden wir auch L. im Heere der Baiernherzoge Georg und Christoph, welche Kaiser Friedrich und dessen Sohne Maximilian nach Ungarn zuzogen, als dieser den durch Mathias’ Tod erledigten Königsthron zu erobern suchte. In diesem Feldzuge nahm L. als 18jähriger Jüngling am 19. November 1490 an der Erstürmung von Stuhlweißenburg Theil. 1497 focht er für den Grafen von Zimmern gegen Hugo v. Werdenberg und schloß sich im folgenden Jahre 1498 mit seinem jüngsten Bruder Christoph dem Zuge an, welchen Herzog Heinrich von Sachsen frommer Sitte gemäß nach dem heiligen Lande unternahm. Beide Brüder kehrten als Ritter vom heiligen Grabe und des St. Katharinenordens zurück, L. kam nun an den Kurhof zu Heidelberg, wo er als tapferer Kämpe und kecker Stecher gerne gesehen war. Die Chronik erzählt, daß ihm Pfalzgraf Philipp 1498 bei einem Turnier in Heidelberg „vor Allen den Preis durch seiner Gnaden Frauenzimmer eigene Person zugebracht habe.“ Auf des Markgrafen Philipp zu Baden Hochzeit, am 3. Januar 1503, rannte er siegreich mit Eberhard Torrer v. Eyrasburg und kurz darauf gewann er am Montag nach Lichtmeß bei einem glänzenden Gesellenstechen zu Nürnberg das Beste. Auch bei anderen Gelegenheiten war [97] es L. gelungen im ritterlichen Wettkampfe den Gegner sattelräumig zu machen und ein Kleinod zu erobern; allein seine Erfolge, besonders jener zu Baden, erweckten ihm Neider, darunter befand sich Graf Ludwig von Löwenstein, Herr zu Scharfeneck, der üble Nachrede über ihn verbreitete. Der also Verleumdete wandte sich klagend an Herzog Albrecht von Baiern, der ihm nach geleistetem Reinigungseide unter Siegel des fürstlichen Hofgerichtes zu München, am Erichtag nach Quasimodogeniti 1504, den Urtheilsbrief ausfertigen ließ, „wonach er von männiglich des Bezüchts frei und unschuldig gehalten werden sollte“. Dieser Vorgang verleidete ihm den Aufenthalt am Pfälzer Hofe, mit dem Graf Löwenstein nahe verwandt war, und er trat noch in demselben Jahre (1504) in die Dienste des Herzogs Albrecht IV. von Baiern-München, mit welchem Fürstenhause er schon früher in persönlicher Beziehung gestanden war. – Hier fand er bald schwere Kriegsarbeit in Fülle. Zwischen Ruprecht von der Pfalz und Albrecht von Baiern-München war wegen des Erbe Georgs des Reichen im April 1504 der unselige Landshuter Erbfolgekrieg ausgebrochen und Ruprecht hatte schon festen Fuß im gegnerischen Lande gefaßt. An Stelle des Grafen Georg von Helfenstein zum Pfleger und Hauptmann von Abensberg ernannt, war L. zunächst bedacht, die Stadt zu befestigen, um sie vor dem andringenden Feinde zu schützen; zugleich warb er ein einheimisches Söldnerheer und half und ordnete allenthalben mit Rath und That. Durch kecke Ausfälle und muthige Streifzüge fügte der kühne Führer dem Feinde manchen Schaden zu. Mit List nahm er am 1. Juli 1504 denen von Ebran das Schloß Wildenberg und setzte dessen Besitzer, Herrn Ulrich Domherrn v. Freising, gefangen. Vereint mit dem Neustadter Pfleger Zenger schlug er den 10. September 1504 einen Haufen plündernder Böhmen bei Siebenburg und führte manch andere Kriegsthat aus; bisweilen selbst Beutezüge, wie sie eben nach damaliger Kriegführung üblich waren, so bei Aigelsbuch am 20. Januar 1505. Doch vereinnahmte er nach den erhaltenen Aufschreibungen die verhängten Brandschatzungen in den amtlichen Rechnungen. Der gefürchtete Kriegsmann machte sich indessen namentlich durch jene Beutezüge manchen Landadeligen zum Feinde. – Angestiftet von diesen überfielen ihn am 4. Juni 1505 verkleidet etliche Helfenstein’sche Knechte und mißhandelten ihn auf lebensgefährliche Weise. Aus Dankbarkeit für Rettung aus Todesgefahr stiftete er 1505 zu Abensberg „die Bruderschaft unserer lieben Frauen in der alten Kapelle bei den Carmeliten“, welche erst 1836 aufhörte, und im Langhause der Kirche einen gemalten Altar, der 1647 erneuert wurde. – Als durch den Kölner Friedensschluß (Juli 1505) der Erbfolgestreit sein Ende erreicht hatte, klagten die Herren v. Ebran auf Herausgabe von Wildenberg. Laut Schiedspruches Herzogs Albrecht mußte L. das Schloß gegen Ersatz von 500 fl. rheinisch wieder abtreten, erhielt dagegen vom Herzog am 24. Januar 1507 das viergadige Schloß Neuen-Colberg bei Alt-Oetting nebst namhaften Zubehörungen „zu einem recht Eigen eingeräumt“. Der also Beschenkte fügte seinem angebornen Namen den des Schlosses bei, was in der Folge von allen Gliedern des Geschlechtes geschah. Die Familie L. hatte schon frühzeitig in den Fürstbisthümern Bamberg und Würzburg ausgedehnten, theils freieigenen, theils lehenbaren Grundbesitz, welchen sie später durch Erwerbung von Häusern, Landgütern und Dorfschaften, wie Gibitzenhof, Heroldsbach, Oberlindelbach u. A. erheblich mehrten. Die Leitung und Verwaltung dieser zahlreichen und großen Liegenschaften, welche überdies nach fränkischem Adelsbrauche im Condominatsbesitze geblieben waren, erheischten öftere Besprechungen der Familienglieder, und so treffen wir 1505 und in den folgenden Jahren aus solchen Anlässen den „Hauptmann Thoman“ (wie er in den Urkunden jener Zeit heißt) [98] häufig in seine Vaterstadt. – Obwol das Patriziat in den Reichsstädten factisch eine mit werthvollen Vorrechten ausgestattete Adelsstellung einnahm, legte es in der Zeit, in welcher unser Thomas lebte, großes Gewicht darauf, mit dem Landadel auch äußerlich gleich gestellt zu sein und daher Adelstitel zu führen. Aus diesem Grunde mögen Thomas und seine ganze Sippe hocherfreut gewesen sein, als Kaiser Maximilian mit Brief vom 2. August 1513 dem Ersteren sein alt-adelig Herkommen bestätigte und zugleich dessen Wappen mit dem des erloschenen baierischen Rittergeschlechtes der Judmänner von Affeking (einem Schrägbalken in Silber, belegt mit drei Judenhütlein) verehrte wegen der „angenehmen, getreuen und nützlichen Dienste, welche jener dem Kaiser, Reiche und weiland Herzog Albrecht von Bayern lange Zeit williglich und unverdrießentlich gethan und erzeiget hat.“ Diese kaiserliche Bestätigung und Wappenverbesserung erstreckte sich zugleich auf alle Namens- und Wappengenossen des Begnadigten. 1517 bekleidete L. für kurze Zeit das Pflegamt zu Ingolstadt, denn noch in demselben Jahre berief ihn ein Bestandbrief des Herzogs Wilhelm als Pfleger nach Braunau unter der Auflage „mit vier (in besonderen Fällen mit drei weiteren) gerüsteten Pferden dienstlich gehorsam und gewärtig zu sein.“ 1523 wurde er von den baierischen Herzogen Wilhelm und Ludwig an den Reichstag nach Regensburg entsandt, dort übergab er mit dem herzoglichen Rechtsanwalte und Reichskammergerichtsprocurator v. Schnappenheim ein mehrere Beschwerdenpunkte umfassendes Recusationsinstrument seines Herrn d. dto. Landshut 5. Mai 1523 gegen das gesammte reichskammergerichtliche Collegium, welche Beschwerdeschrift schon im folgenden Jahre (1524) eine Visitation dieses Gerichtshofes zur Folge hatte. Um diese Zeit war der Bauernaufstand in Schwaben ausgebrochen und näherte sich am Lech der baierischen Grenze, zu deren Schutze L. ein kleines Reiterfähnlein bei Friedberg befehligte, das später nach Rein verlegt wurde. Nach einem siegreichen Scharmützel bei Kleinkitzighofen zwang er die Aufständischen zu einem Vertrage unter denselben Bedingungen, wie sie den Allgäuischen gewährt wurden. Auch an Niederwerfung des Aufruhrs im Salzburgischen betheiligte sich L. Herzog Ludwig war mit Georg v. Frundsberg, Thomas L. und 8000 Mann zu Roß und zu Fuß dorthin gezogen; doch kam es nur zu kleinen Gefechten und wurde ein entscheidender Schlag vermieden. Unser Kriegsmann blieb für seine Person von der Reformation unberührt; er sah es daher ungerne, daß man die großen Vermächtnisse, welche seine Familie[WS 1] namentlich den Augustinern zugewandt hatte, zu Gunsten einer großen milden Stiftung einzog und that aus diesem Grunde nachdrückliche Einsprache. Der noch vorhandene Briefwechsel mit dem Rathe zu Nürnberg und seinen Verwandten gibt Zeugniß für die Festigkeit seines Wesens und für seine Fähigkeit, neben dem Schwerte die Feder zu führen. Die Beschwerden eines vielbewegten Lebens scheinen seine Gesundheit vorzeitig untergraben zu haben. Der sonst so kräftige Mann fing an zu kränkeln und verschied muthmaßlich zu Braunau am 10. Mai 1527. Sein Testament hatte er am 8. Juni 1519 in Ulm errichtet, wo er bei den ihm befreundeten Krafts öfter verweilte. Er wurde in der Stiftskirche zu Altötting in der für ihn zugerichteten Gruft bestattet. An der Wand des Langhauses der Kirche befindet sich noch das Marmorepitaphium mit Inschrift, nahe dabei ein Denkmal, das den Verstorbenen in voller Ritterrüstung über Lebensgröße darstellt. Der dazu schon 1521 gestiftete Altar mit geschnitzter Vorder- und bemalter Rückseite ist gleich dem gemalten Glaswappen und den Todtenschildern verschwunden. Thomas hatte sich 1503 mit Katharina, Tochter des Wilhelm Rummel zu Nürnberg, verehelicht, allein diese Verbindung vermochte nicht, ihm einen glücklichen Hausstand zu begründen. Zu Haupterben hatte er seine Brudersöhne Wilhelm, [99] Mathias und Karl eingesetzt. Ersterer erhielt bei der Theilung das Schloß Colberg mit prachtvoller Rüstkammer und die anderen baierischen Güter; Colberg gelangte, da Wilhelm keinen Sohn hinterließ, durch dessen Tochter Maria an die Familie v. Hauzensberg. Den frommen Sinn des Verstorbenen bekunden die zahlreichen Legate, welche er für milde und wohlthätige Zwecke verordnete; darunter befindet sich ein Legat von 1000 fl. für die Armen von Braunau, welches Legat den Grund zu dem heute noch bestehenden sogenannten „reichen Almosen“ legte. – Die Giltigkeit des Löffelholz’schen Testamentes veranlaßte Streitigkeiten, worüber der gelehrte Freiburger Professor Dr. Ulrich Zasius ein Gutachten abgegeben hat, indem er sich für Aufrechthaltung des letzten Willens ausspricht. – Wol nicht ohne Grund mag L. den Wahlspruch angenommen haben: „Glück macht Neid“; doch fehlte es ihm nie an Freunden, welche seinen biedern, offenen Sinn, seine ungefälschte Frömmigkeit, sein ritterliches Wesen und seine Tapferkeit im Felde hoch schätzten. Ueberdies besaß L. ein militärisches Talent von ungewöhnlichem Grade, indem „zu derselben Zeit, da Frundsberg dem Fußvolke seine Bedeutung verlieh, der Nürnberger Ritter, Thomas L., bereits die baierischen Reiter auf eine Weise tactisch ordnete und führte, welche den Anforderungen der sich neu gestaltenden Kriegführung zu entsprechen begann.“ In der Familie haben sich zwei Oelbildnisse des Thomas L. erhalten; auf dem einen ist er im 45. Lebensjahre (1517) mit Lederjacke, goldner Halskette und Haarhaube dargestellt, nur dieses ist als völlig ächt nachgewiesen. Ein weiteres Bildniß des Genannten auf dem linken Außenflügel des Altars in der Löffelholz’schen Kapelle bei St. Sebald zeigt ihn in der Haarhaube mit Harnisch und Wappenrock. Auch ein Medaillon wurde auf den gefeierten Kriegsmann geprägt; die Vorderseite gibt das Brustbild in Harnisch, die Rückseite das viergetheilte Wappen mit der Umschrift: Glück hat Neid. Anno MDX. Nach diesem Medaillon wurde wahrscheinlich von Leonhard ein Kupferstichporträt gefertigt.
Löffelholz: Thomas L. von Colberg, baierischer Feldhauptmann und Pfleger zu Abensberg, geb. zu Nürnberg am 20. October 1472 – ein Sohn des- Dückker v. Haßlau, Salzb. Chronik, 1666, 4°. – Harpprecht, St.-Arch. des R.-K.-G., Bd. V § 53. – Oefele, rer. boic. scriptores, Thl. II. 456 b, 458 a, 482 b, 484 a, 496 a, 497 b. – v. Löwenthal, Gesch. des Landsh. Erbfolgekrieges, §§ 67, 111. – Titan v. Hefner, Gesch. d. Regier. Albrecht IV. v. Baiern, S. 85, 86. – W. v. Chezy, Die nobeln Passionen etc., Morgenblatt 1837, Nr. 156, S. 623. – Gerstner, Gesch. d. Stadt Ingolstadt, S. 555. – Würdinger, Kriegsgesch. v. Baiern, I. S. 81; II. S. 198. – E. Geist, Oberbaier. Archiv, Bd. XI S. 188–218.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Famlie