ADB:Ludolf

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Artikel „Ludolf, Erzbischof von Magdeburg“ von Karl Janicke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 385–387, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludolf&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 22:43 Uhr UTC)
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Ludolf, Erzbischof von Magdeburg, 1192–1205, stammte aus Kroppenstedt im Halberstädtischen und war von niedriger Herkunft. Seine erste Bildung erhielt er in Halberstadt, besuchte dann die hohe Schule in Paris, wo er sich zwanzig Jahre aufhielt, kehrte darauf nach Deutschland zurück und wurde Scholasticus, später, im Anfange der achtziger Jahre, Decan des Magdeburger Erzstifts. Bereits unter Erzbischof Wichmann wurde L. zu wichtigen Geschäften verwandt, 1186 gehörte er zu den Geistlichen, welche Schreiben der deutschgesinnten Kirchenfürsten und Erzbischof Wichmann’s an den Papst Urban III. überbrachten, um diesen zur Einstellung der offenbaren Ungerechtigkeiten zu ersuchen, die er dem Reiche zugefügt habe. Nach dem am 25. August 1192 erfolgten Tode Wichmann’s wurde L. dessen Nachfolger, das Pallium erhielt er von Papst Cölestin III. und die Weihe vom Bischof zu Halberstadt Pfingsten 1193. Wie Wichmann, so stand auch L. stets auf Seite der Hohenstaufen, deren treueste Stütze er im östlichen Deutschland war. Die Urkunden Heinrichs VI. zeigen ihn mehrfach in der Nähe dieses Kaisers, auch auf den Reichstagen zu Gelnhausen (October 1195) und Würzburg (März 1196) war er zugegen. Wenige Jahre nach seiner Wahl fällt ein in der Geschichte des Erzstifts Magdeburg wichtiges Ereigniß. Auf feierliche Weise übertragen die Markgrafen von Brandenburg Otto II. und sein Bruder Albrecht (November 1196) alle ihre Güter, welche sie in der Mark und in anderen Grafschaften haben, die zu ihrer Mark gehören, der Kirche zu Magdeburg, eine Schenkung, die im Juli des folgenden Jahres von Kaiser Heinrich VI. bestätigt wurde. Das Motiv dieser Schenkung lag ohne Zweifel in der Festsetzung, daß diese Güter in Zukunft nicht nur auf die männlichen, sondern auch auf die weiblichen Nachkommen beider Brüder übergehen sollten. Wie der Kaiser die Erblichkeit des Kaiserthums unabhängig von der Wahl der Fürsten machen wollte, ebenso wollte er die unbeschränkte Erblichkeit der Lehen einführen. Als nach dem Tode Kaiser Heinrichs VI. (28. Septbr. 1197) der Kampf zwischen Hohenstaufen und Welfen um die Herrschaft im Reiche von Neuem entbrannte, griff L. in die allgemeinen Reichsangelegenheiten kräftiger ein. Nachdem Herzog Philipp von Schwaben den Entschluß gefaßt statt seines Neffen sich selbst zum Könige wählen zu lassen, und sich deshalb am 15. Febr. 1198 nach Nordhausen begeben hatte, war es Erzbischof L., der ihm mit besonderem Eifer entgegenkam und mit anderen sächsischen Fürsten einen Wahlaufruf für ihn erließ. Diesem Wahlaufruf entsprechend, versammelte sich Anfang März eine große Anzahl geistlicher und weltlicher Fürsten zu Erfurt und Arnstadt behufs einer Vorwahl. Am 8. März wurde Philipp in der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen feierlich zum Könige gewählt, Erzbischof L. gab ihm zuerst seine Stimme. Diese Wahl entsprach nicht den Wünschen Papst Innocenz III., und ein Schreiben desselben an Erzbischof L. vom 31. Mai 1198, in welchem er diesen auffordert, den Herzog Philipp zu veranlassen, daß er das dem König Richard von England vom verstorbenen Kaiser und vom Herzog von Oesterreich abgepreßte Lösegeld zurückerstatte, zeigt, nach welcher Richtung hin die päpstliche Politik gravitirte. Im Beginn des folgenden Jahres fand zu Nürnberg ein großer Hoftag statt, auf dem die zahlreich versammelten geistlichen und weltlichen Fürsten, unter ihnen auch L., wie wir aus einem, aus Speyer den 28. Mai an Innocenz III. gerichteten Schreiben dieser Fürsten ersehen, sich entschieden für Philipp erklären. Inzwischen hatte die Gegenpartei Herzog Otto, den Sohn Heinrich des Löwen, zum Könige gewählt (9. Juni 1198). Diese Doppelwahl war der Ausgangspunkt eines langen und hartnäckigen Kampfes zwischen beiden Fürsten, in den auch der Erzbischof L. durch seine Parteistellung hineingezogen wurde. Zu Ende des Jahres 1199 neigte sich der Sieg auf die Seite des Hohenstaufen. Das Weihnachtsfest [386] dieses Jahres wurde von König Philipp inmitten einer glänzenden Versammlung zu Magdeburg feierlich begangen. Noch während des Magdeburger Hoftages fiel Otto’s Bruder, Pfalzgraf Heinrich, in das Erzstift ein und verbrannte Calbe; aber dieser Einfall wurde durch die Zerstörung Helmstädts und Warbergs gerächt. Im folgenden Jahre errang Otto einige kriegerische Erfolge, Philipp vermochte nicht auf seinem Feldzuge, den er nach Sachsen unternahm und auf dem ihn ohne Zweifel L. unterstützte, Braunschweig einzunehmen. Der Papst trat jetzt offen auf die Seite Otto’s und bedrohte die Ungehorsamen, wenigstens unter den Geistlichen, mit allen Kirchenstrafen; gleichzeitig (1. März 1201) forderte er den Erzbischof und seine Suffragane, da die Kirche sich gegen Philipp für König Otto entschieden habe, zur Treue gegen Letzteren auf. Aber L. blieb seiner hohenstaufischen Gesinnung treu. Vergebens berief der päpstliche Legat Guido von Präneste ihn sammt seinen Suffraganen im August nach Corvey, um ihn für die welfische Partei zu gewinnen. Sein Ausbleiben beantwortete der Legat mit dem Bann, der erst im März des folgenden Jahres zurückgenommen wurde. Das Auftreten des Legaten verletzte die Anhänger Philipps und wohl schon auf dem Reichstage zu Bamberg im September dachte man an eine Beschwerdeschrift an den Papst, die denn auch wirklich zu Anfang des J. 1202 diesem übersandt wurde. An der Spitze dieses Protestes steht der Erzbischof L. von Magdeburg. Die Ereignisse der nächsten Zeit gestalteten sich für Otto sehr günstig, der König von Böhmen und der Landgraf von Thüringen traten auf seine Seite. Philipp zog nach Thüringen gegen das vereinigte feindliche Heer, dem er aber in offenem Felde nicht widerstehen konnte. Unter Otto’s eigener Führung rückte das Hauptheer gegen Halle (1203). Die ganze umliegende Gegend wurde verwüstet, und ein so großer Schrecken hatte alle ergriffen, daß die Leute sich nicht einmal in Magdeburg sicher hielten, sondern mit Weib und Kind in die überelbischen Gegenden zogen. Die Erfolge Otto’s benutzte der Cardinal Guido, um den Erzbischof L. zum Aufgeben der Partei Philipps zu bestimmen. Aber die Ueberredungskünste des Legaten scheiterten an L., und als auch Drohungen und Schmähungen nichts fruchteten, excommunicirte er den Erzbischof zum zweiten Male. Das folgende Jahr (1204) brachte, namentlich durch den Abfall des Pfalzgrafen Heinrich von Otto, wieder einen Umschwung zu Gunsten Philipps. Dieser zog mit einem Heere von Schwaben, Ostfranken und Baiern nach Thüringen, und von der andern Seite stießen die Fürsten des Osterlandes, Erzbischof L. mit elfhundert Rittern und viel anderer gewappneter Mannschaft und andere Fürsten mit einem großen Heere zu ihm. Der Landgraf von Thüringen wurde sechs Wochen in Weißensee von dem staufischen Heere belagert. Der Böhmenkönig rückte zwar zum Entsatz heran, trat aber, als er sich von der Stärke des Feindes überzeugt hatte, den Rückzug an (Juli). Aus Dankbarkeit für die ihm von Anfang seiner Erhebung an bewiesene Ergebenheit bewilligte König Philipp seinem treuen Anhänger L., daß alle nach dem Ableben der dem Reiche unterworfenen Bischöfe dem kaiserlichen Fiskus nach altem Herkommen zustehenden Abgaben von den Nachfolgern des Erzbischof und aller seiner Suffragane eingesammelt und zur Deckung der etwa von den Bischöfen hinterlassenen Schulden verwendet werden (22. Septbr.). Erzbischof L., obwol vom päpstlichen Legaten excommunicirt, fuhr dennoch fort, geistliche Funktionen auszuüben. Es war ein Gebot der politischen Klugheit, daß Papst Innocenz nicht mit voller Strenge gegen die staufischgesinnten Bischöfe vorging. Andererseits suchte auch Erzbischof L. durch Unterhändler einen Ausgleich mit Rom. So beauftragte denn Innocenz die Bischöfe von Minden und Verden und den Abt von Werden, den Erzbischof von Magdeburg gegen dessen eidliches Versprechen, sich den Befehlen des päpstlichen Stuhles unterwerfen zu wollen, zu absolviren, [387] zugleich aber auch über die Thatsache der nicht beachteten Excommunicirung weitere Untersuchung anzustellen. Noch vor seinem Tode erhielt er, wie eine chronikalische Notiz meldet, die Absolution. Er starb Mitte August 1205. Seine Theilnahme an den Reichsangelegenheiten ließ die Sorge für sein Erzbisthum nicht zurücktreten, er erwarb Hundisburg und Schraplau, Möckern und Schollehne, von dem Lehensauftrage der brandenburgischen Markgrafen ist bereits oben die Rede gewesen. Auch den kirchlichen Stiftungen seines Sprengels und deren Vermehrung wandte er seinen Eifer zu, er ist der Gründer des Peter-Paulsstifts in Magdeburg, das er reich dotirte.

v. Mülverstedt, Regesta Archiepiscopatus Magdeburgensis, Bd. II, S.1 bis 96; Gesta Archiepiscop. Magdeburg. bei Pertz, Scriptores XIV, S. 417; Magdeburger Schöppenchronik (= Deutsche Städtechroniken, Bd. VII) S. 122 ff.; Gesta episcoporum Halberstad. und Chron. Montis sereni bei Pertz, Scriptores XXI, p. 113 ff. und 164 ff.; Chron. Sanpetrinum in den Geschichtsquellen der Provinz Sachsen I, S. 44 ff.