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ADB:Möbius, Paul

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Artikel „Möbius, Paul“ von Max Berbig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 429–430, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%B6bius,_Paul&oldid=- (Version vom 8. November 2024, 04:34 Uhr UTC)
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Möbius: Dr. Paul Hnr. Aug. M., verdienter Schulmann und Schriftsteller, geboren am 31. Mai 1825 in Leipzig, geendet in geistiger Umnachtung am 8. Juni 1889 in Friedrichroda i. Th. Er war der zweite Sohn des Astronomen und Mathematikers Professor A. F. Möbius in Leipzig und dessen Gemahlin Dorothea, geb. Rothe aus Gera. Seine geistig hochveranlagte Mutter hatte das Unglück, wenige Jahre nach seiner Geburt zu erblinden, durch ihr Erzählertalent wußte sie aber ihren Sohn nun um so inniger an sich zu fesseln und auf sein tiefes Gemüth einzuwirken. Den ersten Unterricht empfing dieser in der ersten Bürgerschule und dann in der Nicolaischule zu Leipzig, wo er besonders den Professor Nobbe in sein Herz schloß. Von 1844–1848 studirte er in Leipzig und Berlin Theologie, Philologie und Philosophie und erwarb sich 1847 mit einer Abhandlung über Clemens Alexandrinus die philosophische Doctorwürde. Im J. 1848 wurde er als Lehrer an der Thomasschule in Leipzig angestellt und 1849 ward er zugleich Universitätsvesperprediger. Als 1853 die Buchhändlerlehranstalt ins Leben gerufen wurde, übertrug man M. das Directorat derselben, das er 1865 mit dem der I. Bürgerschule vertauschte. Nach vierjähriger Thätigkeit in dieser Stellung wurde er vom Herzog Ernst II. von Coburg-Gotha zum Seminardirector und Generalschulinspector für das Herzogthum Gotha ernannt und 1872 ward er zum Protephorus des Seminars und zum vortragenden Rath im Staatsministerium befördert. Die rege Thätigkeit, die er in allen ihm übertragenen Aemtern entwickelte, fand dadurch noch Anerkennung, daß ihm 1874 das Sächs. Ernestinische Ritterkreuz II. Cl., 1880 der Titel „Oberschulrath“ und bei seiner Pensionirung am 30. April 1889 das Ritterkreuz I. Cl. verliehen wurde.

Seine Verdienste als Schulmann bestanden weniger in Neuschöpfungen, als in der Anregung, die er seinen Mitarbeitern und Untergebenen durch die [430] Begeisterung gab, welche er für das Schul- und Unterrichtswesen besaß. Besonders als Redner auf Lehrerversammlungen erfreute er sich großer Beliebtheit und ebenso fanden seine Fachschriften eine ungemein beifällige Aufnahme. Letztere, theils theologischen, theils pädagogischen Inhalts, erschienen unter folgenden Titeln: „Der Segen des Gebets“, „Die Forderungen der Gegenwart an die Bildung der Frauen“. „Die Ueberbürdung der Volksschule“, „Theologen oder Seminaristen?“, „Ueber die pädagogische Aufgabe der Individualisirung, namentlich in der Volksschule“, „Inwiefern vermag auch die Volksschule der gegenwärtigen Verwilderung der Jugend entgegen zu treten?“, „Die Pflege des Thierschutzes in der Volksschule“, „Die Pflege des Gemüths in der Volksschule“ u. A. m. Eine Reihe Gelegenheitsreden veröffentlichte M. in seinen „Erinnerungen eines Schulmannes aus den letzten 25 Jahren“, aus denen besonders die Reden bei Gelegenheit der Schiller-, Shakespeare- und Rückertfeier hervorgehoben zu werden verdienen.

Groß ist auch die Zahl der Werke, welche M. auf litterargeschichtlichem und belletristischem Gebiete hervorbrachte. Die Reihe derselben eröffnete eine Uebersetzung und Erklärung der jüdischen Dichtung „Midrasch Ele Eskera“. Der jüdischen Geschichte entnahm er ferner den Stoff zu einem Drama „Bar Kochba“. Sodann verfaßte er die Volksschriften „Ehrhard der Waffenschmied“, „Die Spieler“, „Alpenerzählungen“ u. A. m. Im Verlage von J. J. Weber in Leipzig gab er einen „Katechismus der Litteraturgeschichte“ heraus. Sein litterarisches Steckenpferd war die Räthseldichtung. Unter dem Pseudonym M. Paul veröffentlichte er folgende Räthselsammlungen: „Sphinx“, „Die neue Sphinx“, „Silvula logogryphorum“, „Thüringer Räthsel und Charaden“, „Räthselhafte Erinnerungen an Leipzig“. Sein letztes litterarisches Erzeugniß war „Ein (poetischer) Scheidegruß an Gothas Lehrer“.

Verheirathet war M. seit dem Jahre 1850 mit Julie, Tochter des Prof. der Rechte Marezoll in Leipzig. Von den fünf Kindern, welche aus dieser Ehe hervorgingen, überlebten den Vater nur zwei Söhne, von denen Paul Julius Arzt und Universitätsdocent in Leipzig, Martin Professor der Botanik in Frankfurt a. M. ist.

Vgl. R. Schmeißer, Dr. Paul Möbius als Schulmann und Dichter. Jena 1890. – Brümmer, Lex. dtsch. Dicht. d. 19. Jhs. III, 80.