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ADB:Machtholf, Gottlieb Friedrich

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Artikel „Machtholf, Gottlieb Friedrich“ von Karl Friedrich Ledderhose in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 7–8, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Machtholf,_Gottlieb_Friedrich&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 12:41 Uhr UTC)
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Band 20 (1884), S. 7–8 (Quelle).
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Machtholf: Gottlieb Friedrich M., ein württembergischer Originalmensch, in christlichen Kreisen des Schwabenlandes so gut bekannt, als Flattich. Sein Vater Eberhard Friedrich M. war Pfarrer in dem jetzt badischen Dorfe Sulzfeld, von den Grundherren Göler v. Ravensburg gewählt, seine Mutter Sophie Margaretha, geb. Roos. Am 10. Juni 1735 wurde er in Sulzfeld geboren, † am 2. Januar 1800 in Möttlingen. Schon im zweiten Jahre seines Lebens starb der Vater; dazu hatte die Wittwe den Schmerz, daß ein unredlicher Verwandter sie um ihr kleines Vermögen brachte. Und doch hatte sie mit ihrem seligen Manne den Wunsch, daß der Knabe dereinst Geistlicher würde. Da geschah es, daß der Pfarrer Gmelin von Iptingen sie zur Besorgung seines Hauswesens zu sich nahm. Er sorgte für den Kleinen wie ein Vater und unterrichtete ihn sogar. Und als Gmelin starb, so nahm sich dessen Vikar des Knaben an. Derselbe war sehr streng, aber er wollte eben den Knaben vorwärts bringen. Doch fiel er im Examen für ein niederes Kloster durch. Was nun? Der berühmte Bengel sagte zu der Wittwe: „Es sei wol der Weg ausgegangen, aber es werde noch ein Pfädlein übrig sein.“ Dieses Pfädlein war eine vermögende Tante, die ihn auf ihre Kosten studiren ließ, so daß er schon mit 17 Jahren die Universität Tübingen beziehen konnte. Auch hier nahm sich ein bekannter Mann, Karl Heinrich Rieger, welcher damals Repetent in Tübingen war, des Jünglings an. M. hat uns selber sein Studentenleben geschildert, es ist freilich kein erbauliches Bild. Seiner Mutter bereitete er dadurch schweres Leid. Trotzdem machte er ein gutes Examen. Im Juni 1757 erhielt er vom Pfarrer von Bernloch die Aufforderung, während seiner Abwesenheit die Pfarrei zu versehen. In dieser Gemeinde war gerade eine geistliche Bewegung, der junge Vikar wurde mit hineingezogen. Er bekennt: „Der Herr hat mich allda Vergebung aller meiner Sünden mit Freuden anfangen glauben lernen“. Er trat nun auch in Verbindung mit bekannten Namen, Fricker, Roos, Reuß und Anderen. Namentlich rühmt M. die christliche Förderung, welche er bei dem berühmten Steinhofer, dessen Vikar er wurde, fand. Hierauf diente er drei Jahre als Vikar in Hirsau. Hier lernte er auch seine Frau kennen, eine Johanna Christiana Braun. Ohne all sein Zuthun wurde er am 8. April 1763 zum Pfarrer von Möttlingen, [8] nicht weit von Calw, berufen, und schon am 7. August trat er in den Ehestand. Außer ihm und seiner jungen Frau fühlte sich Niemand glücklicher, als das treue Mutterherz. Und als gar ein Kind nach dem anderen der gesegneten Ehe entsproß, war Freude im Pfarrhause zu Möttlingen, aber über dem vierten Kinde, das bald nach der Geburt starb, ließ die Mutter das Leben schon im Winter 1769. Sein Schmerz war so groß, daß er sich nicht mehr entschließen konnte, eine neue Ehe einzugehen. Er zog die drei Waiselein mit Hülfe seiner Mutter selber auf. – Außer Möttlingen hatte M. noch ein Filial, nämlich Unterhaugstätt, zu besorgen. Hier stand das Schulwesen auf der niedersten Stufe. Nicht einmal ein Lokal für die Schule war vorhanden. Da faßte M., wie Francke im großen Maßstabe, im kleinen den Gedanken, ein Schulhaus zu bauen. Von der Gemeinde verlangte er nichts. Er machte seinen Plan bekannt, bald flossen ihm von vielen Seiten Gaben zu, so daß er „das Bäulein“ rüstig in Angriff nahm, und im J. 1768 konnte schon ein wackerer Schulmeister mit der Jugend das Haus beziehen. Ein Professor Hiller von Tübingen vermachte 1000 Gulden zur Schulbesoldung. Auch in Möttlingen war eine Erweiterung des Schulhauses nöthig. M. machte es, wie im Filial, und es gelang ihm auch hier. Ueberhaupt lebte und webte er ganz für die ihm anvertrauten Seelen. Es kann nicht leicht einen selbstloseren Mann geben. Wenn wir schon Flattich wegen seiner Demuth bewundern, hier war ein Mann, der es in der Demuth noch weiter gebracht hat. Schubert erzählt in seinem „Alten und Neuen“ ergreifende Beispiele von ihm, er nennt ihn den Calwer Boten. Wenn er nach Calw ging, was oft geschah, so frug er bei seinen Möttlingern herum, ob er nichts besorgen könne. So kam er denn gewöhnlich ganz bepackt zurück. Die Besoldung der Pfarrei war gering und doch that er über Vermögen Gutes an Armen und Kranken, das Hemd vom Leibe, das Kopfkissen vom Bett gab er her. Freilich lebte er sehr einfach und seine geringe Kleidung stimmte dazu. Er war ein unscheinbares Männchen, aber seine hohe Stirne und seine großen blauen Augen verriethen den bedeutenden Mann. Wie in seinem Leben, so herrschte auch in seiner Seelsorge, sowie in seinen Predigten die Mildigkeit vor, doch konnte er auch Ernst brauchen. Er erlebte die Freude, daß seine Zeugnisse Eingang fanden. Von Einem wissen wir’s gewiß, von Hoffmann, dem Gründer Kornthal’s, dem Vater des bekannten geistvollen Generalsuperintendenten Wilhelm Hoffmann. Ihm brachte M. in einem Zwergsacke die schweren Quartbände von Luther’s Werken Stunden lang zu Fuß. Oft hat Hoffmann es gerühmt, daß er durch M. auf den rechten Weg gekommen sei. 37 Jahre hielt M. auf der armen Pfarrei aus und wenn ihm auch Aussicht auf eine bessere eröffnet war, so konnte er ordentlich verdrießlich werden und sagte: „Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, so lasset uns begnügen.“ Seine Predigten sind keine Meisterstücke der Beredtsamkeit, aber volksthümlich dringen sie mit einem in die Liebe Christi getauchten Ernste auf die Herzen. Auch liebte er es, in Versen zu reden. Am 2. Januar 1800 starb er nach einem kurzen, aber schmerzhaften Krankenlager.

Ausführlich ist sein Leben behandelt und in der zweiten Abtheilung eine Auswahl seiner Schriften beigegeben in dem Buche des Unterzeichneten: Leben und Schriften des Gottlieb Friedrich Machtholf. Heidelberg.