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ADB:Manes, Guido

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Artikel „Manes, Guido“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 185–186, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Manes,_Guido&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 02:27 Uhr UTC)
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Manes: Guido M., Maler, geb. zu Prag 1829, dort † am 4. August 1880, war der dritte Kunstsprosse von Anton M. und auch dessen Liebling wegen seiner Frühreife für künstlerisches Gestalten. Und weil absonderlich findig im Darstellen von Kriegsscenen und soldatesken Episoden, alsbald zum Schlachtenmaler vorbestimmt, der gegebenen Falles mit ins Feld rücken, dann möglicherweise auch untauglich werden könnte für den Gebrauch der rechten Hand, schulte ihn der sorgsame Vater mit aller Beharrlichkeit in der Verwendung beider Hände. Der Erfolg war, daß M. nach wenig Jahren linkshändig vollkommen eingeübt, auch linkshändiger Maler blieb. – Seiner Vorbestimmung entsprach sein [186] erstes Auftreten in der Kunstausstellung von 1844 mit einer Schlachtscene – „Blücher’s Sturz bei Ligny“ – (Carton), die vermöge der lebensvollen Auffassung und als Werk eines fünfzehnjährigen Kunstjüngers, Aufsehen erregte. Inzwischen an die Akademie übergegangen, gewann es aber allgemach den Anschein als wäre seine Phantasie gefesselt worden. Noch brachte er zwar Entwürfe früheren Geistes zur Ausführung, 1845 „Die Einquartierung“, „Der Vorposten“; 1846 „Aus dem Tiroler Aufstande von 1809 – Haspinger führt seine Landsleute gegen die Franzosen“; 1847 „Hofer’s Gefangennehmung“. Von da ab zeigen sich die Schwingen gebunden: die 1849er Ausstellung bringt einen „Bauernhof“; die von 1843 einen „Pferdestall aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges“, – Gemälde, die M. noch während seines Aufenthaltes im akademischen Atelier, unter Director Ruben ausführte. In der nun bemerkbaren Pause bis 1856, bis wohin er im eigenen Atelier lebte, schuf und nicht ausstellte, mochte der mit seiner Individualität innigst verwachsene Humor, endlich aller Bevormundung frei, sich auch seines Pinsels bemächtigt haben. Denn der prädestinirte Schlachtenmaler erschien eben 1856 ganz unerwartet mit einem drolligen „Alterthümler“ und einem hochkomischen „Ausritt“ von Sonntagsreitern; 1857 mit der feinen Charakterisirung eines „Neugierigen Boten“, und der „Delicatessen-Handlung“; 1858 mit einem urwüchsigen „Dudelsackpfeifer“ und einer trefflichen Persiflage: „Kingong, Kaiser von China, schreibt ein Lobgedicht auf den Thee“; 1859 „Der geängstigte Gastwirth“ (beim heranziehenden Gewitter) und „Ein (begriffsstütziger) Knabe an seiner Schulaufgabe“; 1860 „Küchenunglück“. – Mit diesen frischlaunigen, leichtverständlichen Einfällen in ebenso flotter wie ansprechender Ausführung auf der Höhe seines Schaffens, veranschaulichen die weiteren Ausstellungsbilder ein gleichwie gehemmtes Aufflackern, Ursache dessen war ohne Zweifel das eigenartige Verhältniß, in welchem die drei Manes-Kinder zu einander standen. Sämmtlich ehelos, repräsentirte Schwester Amalia die Haushälterin, der sich die beiden Brüder in zärtlichster Anhänglichkeit unterordneten, indeß sie dafür getreulich wie eine Mutter waltete. Leid’ und Freud’ der Einzelnen überging sonach in die Allgemeinheit. Jenes in weiteren Jahren gehemmte fröhliche Schaffen Guido’s resultirte also nur der Sorge um den mehr und mehr leidend gewordenen Bruder Joseph. Es mußte noch gemalt werden, es geschah aber nicht mehr frischlaunig, sondern nach zufällig äußeren Anregungen. Unter diesen entstand „Schloß Rostok bei Prag, mit Staffage aus dem 17. Jahrhundert“; „Hütte bei Kokorschin“; „Goldschmiedwerkstätte“; „Eine Kinder-Küche“; „Pony-Gruppe“. Das bedeutendste Bild dieser Zwischenzeit, 1869 vollendet, ist „Christenlehre“ (Sonntagskatechese) betitelt. Vom Prager Kunstverein angekauft, wurde der Nachstich von Schultheiß den Vereinsmitgliedern als Prämie für 1871 überreicht. Erst nach dem Ableben des Bruders hob sich wieder die Phantasie für einträchtiges Zusammengehen mit dem ebenfalls wiedererwachten Humor. Die Ausstellung von 1872 brachte als Beweise dessen „Ein Mädchen beim Spiegel“; die von 1873 „Erster Schulgang“, nebenbei „Interieur aus Westphalen“; 1875 „Großvater“. Seine letzten Debüts waren – 1877 – ein Porträt, 1879 „Spielende Kinder“. Zwar schon matter in Farbe und Vortrag wie die Gemälde der 60er Jahre, kennzeichnet die der letzten Periode doch noch immer der frühere rege Geist, die gleiche treffliche Individualisirung, durch welche M. sich den besten Genremalern der Neuzeit anreihte, für Prag Vordermann wurde eines bis dahin uncultivirten Faches.

Jahrgänge der Bohemia von 1844–80. Eigene Aufzeichnungen.