Zum Inhalt springen

ADB:Martin von Weiher

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Martin von Weyher, Bischof von Camin“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 476–478, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Martin_von_Weiher&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 11:28 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Martin
Nächster>>>
Brenner, Martin
Band 20 (1884), S. 476–478 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Martin Weiher in der Wikipedia
Martin Weiher in Wikidata
GND-Nummer 137353995
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|20|476|478|Martin von Weyher, Bischof von Camin|Gottfried von Bülow|ADB:Martin von Weiher}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137353995}}    

Martin von Weyher, Bischof von Camin vom 1. August 1549 bis 8. Juni 1556, zweiter Sohn des Claus von Weyher auf Leba und der Sophie v. Ramel, entstammte einem zur Zeit des deutschen Ordens in Hinterpommern und Polen reich begüterten, im Besitze ansehnlicher Aemter und Ehren befindlichen Adelsgeschlechte, das in dem entlegenen nordöstlichen Winkel Pommerns fast die Stellung kleiner Dynasten einnahm. Zum geistlichen Stande bestimmt, erhielt M. seine Vorbildung auf der Schule zu Stolp. Ob daselbst, wie behauptet wird, der Harlemer Cornelius Brusinus sein Lehrer gewesen, ist nicht festzustellen; es macht dagegen sich geltend, daß letzterer am 11. Octbr. 1533, und M. nur ein halbes Jahr nachher am 1. Mai 1534 in Wittenberg immatriculirt wurde. Spätere Beziehungen beider zu einander sind nicht bekannt; Brusinus, Melanchthon’s Famulus in Wittenberg, wurde von diesem als Lehrer nach Stolp empfohlen, vermochte sich aber nicht zu halten und ging an die Universität Greifswald, unter deren Professoren er von 1542–1548 genannt wird. Vielleicht hängt es aber doch mit seinem Aufenthalt in Stolp zusammen, daß um diese Zeit der Besuch der Wittenberger Universität von dort aus ein sehr lebhafter war. Zugleich mit M. studirte Johann Freder der Aeltere, nachmals bekannt durch seinen Streit mit Knipstro um die Superintendentur von Rügen. Den Häuptern der Reformation trat M. in Wittenberg nahe, eine Zeitlang wohnte er in Luther’s Hause und mit Melanchthon hat er noch später Briefe gewechselt. Vom Herzog Barnim von Pommern 1535 durch Verleihung einer Pfründe unterstützt, begab er sich auf Reisen, setzte seine Studien in Bologna fort und kehrte dann mit vielem Wissen ausgerüstet nach Pommern zurück, wo er in das Domstift zu Camin eintrat. 1549 kommt er urkundlich im Besitze des Cantorats vor. – Mit der auf dem Treptower Landtage 1534 beschlossenen Einführung der Reformation in Pommern war die Existenz eines katholischen Bischofs von Camin unmöglich geworden. und während noch bei Lebzeiten des Bischofs Erasmus von Manteufel katholisches und evangelisches Kirchenregiment neben einander existirte, waren nach dessen Tode (1544) die Herzoge Barnim XI. [477] und Philipp I. eifrig auf die Wahl eines evangelischen Bischofs bedacht. Nachdem Bugenhagen trotz wiederholten Ansuchens abgelehnt hatte, verfiel man auf den bisherigen herzoglichen Kanzler und Hauptmann zu Bütow, Bartholomäus Swawe; ein Schritt, der nicht dazu beitrug, den wegen der Theilnahme Pommerns an der schmalkaldischen Bewegung gewaltig erzürnten Kaiser Karl V. zu besänftigen, denn Bartholomäus war verheirathet. Voll Zorn befahl der Kaiser den Ständen des Stifts Camin, diesem Bischof keinen Gehorsam zu leisten, vielmehr nach Augsburg zu kommen und ihm, dem Kaiser, zu huldigen, bis sie mit einem qualificirten Bischof versehen seien. In Rom waren die Bemühungen des Capitels zur Erlangung der päpstlichen Anerkennung für Bartholomäus begreiflicher Weise ebenso erfolglos, wohl aber erkannte der zu diesem Zweck dorthin gesandte M., daß gegen eine Bewerbung um den bischöflichen Stuhl seinerseits im Vatican keine Schwierigkeiten erhoben werden würden. Er erlag der Versuchung, ließ die aussichtslose Sache seines Vorgesetzten fallen und betrieb mit Hülfe des Bischofs von Arras, seines Studiengenossen von Bologna her, seine eigene Wahl. Die politische Lage Pommerns forderte ein vorsichtiges Auftreten von Seiten der Herzoge; um nicht noch mehr zu verlieren, zeigten sie sich nachgiebig in dieser Angelegenheit und auch Bischof Bartholomäus, dessen Regierung übrigens nicht ohne Segen für das Bisthum gewesen ist, that in richtiger Erkenntniß den durch die Umstände gebotenen Schritt, indem er freiwillig abdankte und in seine frühere Stellung als Hauptmann des Amtes Bütow zurücktrat. Nach Beseitigung mancher Schwierigkeiten wurde M. vom Capitel zum Bischof gewählt und durch ein päpstliches Breve vom 13. Octbr. 1551 unter Ignorirung des Bartholomäus als rechtmäßiger Nachfolger des Erasmus von Manteufel bestätigt. Eine Bischofsweihe nach katholischer Weise hat jedoch nicht stattgefunden, vielmehr ist M. von evangelischen Predigern und mit evangelischen Ceremonien am 24. Octbr. 1558 in sein Amt eingeführt worden. Die unlautere Art, wie er zu seiner Würde gelangte, ist scharf getadelt von seinem Zeitgenossen Bartholomäus Sastrow, die schiefe Stellung aber, in die er sich dadurch selbst brachte, hat er sein Lebtag behalten. Zuerst seinen Landesherrn gegenüber. Die Vorgänge nach der Schlacht von Mühlberg, das Bestreben des Kaisers, zwischen dem Bisthum Camin und dem Reiche ein innigeres Verhältniß zu schaffen, erweckten in M. selbstherrliche Gedanken, so daß er seine durch die Statuten fixirte Stellung als herzoglicher Rath vergessend, den Fürsten als ebenbürtig entgegentreten zu können glaubte. Nur in der Begriffsverwirrung der Zeit, in der Aussicht auf das Concil zu Trident waren solche Dinge möglich, sie überdauerten die geschichtliche Wendung des Jahres 1552. Noch weniger weiß man, wohin man in confessioneller Beziehung M. zu setzen hat. Vom Papst als Bischof bestätigt, führte er sein Amt doch im lutherischen Sinne nach der pommerschen Kirchenordnung und correspondirte mit Melanchthon über Punkte der Lehre. Dennoch finden sich in seinen Kirchenvisitationsprotokollen wiederum Verfügungen, welche es verbieten, gegen den Papst und die Heiligen zu predigen. Auf Mehrung der Stiftsgüter und Verbesserung der geistlichen Einnahmen war er sehr bedacht, auch seine Gelehrsamkeit wird gerühmt. Er war ein Freund des Gesanges, namentlich der Kirchenmusik, seine Kränklichkeit behinderte ihn aber mehrfach in Ausübung seines Berufes. Er litt an der Wassersucht und an kranker Leber, so daß er beim Volke als der „gele“ Bischof bekannt war. Nach seinem am 8. Juni 1556 in Cörlin erfolgten Tode durfte das Land nicht von Neuem der Gefahr ausgesetzt werden, die ein fremder, katholischen und fürstbischöflichen Gelüsten geneigter Kirchenfürst über dasselbe gebracht haben würde, man einigte sich daher bald dahin, das Bisthum, dessen Territorium wie ein Keil zwischen die getrennten herzoglichen Gebiete sich einschob, [478] mit letzterem untrennbar zu verbinden, indem man einen Sprossen des herzoglichen Hauses auf den bischöflichen Stuhl setzte. M. war der letzte Bischof von Camin aus geistlichem Stande, ihm folgte am 29. August 1556 Johann Friedrich, ältester Sohn des Herzogs Philipp I. von Pommern.

Barthold, Gesch. von Rügen und Pommern; Cramer, Gesch. d. Lande Lauenburg und Bütow; Barth. Sastrow’s Selbstbiographie; Akten des kgl. Staatsarchivs zu Stettin.