ADB:Matthias, Hermann

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Artikel „Matthias, Hermann Werrecorensis“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 671–672, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Matthias,_Hermann&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 08:51 Uhr UTC)
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Matthias: Hermann Werrecorensis, auch Hermann M. genannt, ein Musiker des 16. Jahrhunderts, über dessen Vaterland oder Geburtsort, den er selbst mit Werrecoren bezeichnet, man noch vollkommen im Dunkeln ist. Die deutschen Historiker rechnen ihn zu den Deutschen, die niederländischen zu den ihrigen. Da er mehrfach in alten Drucken auch nur mit „Mathias“ gezeichnet ist, so ist eine Verwechselung mit Matthaeus le Maistre vorgekommen (selbst bei Otto Kade). Das Verdienst, die beiden Componisten gehörig getrennt und seine Auseinandersetzungen mit Beweisen belegt zu haben, gebührt Frz. Xav. Haberl in Regensburg (in den Monatsheften für Musikgeschichte, Bd. III und IV). Die Wirkungszeit des M. fällt in die Jahre 1538 bis etwa 1555. Aus den uns erhaltenen Drucken läßt sich mit Sicherheit nachweisen, daß [672] er die Schlacht von Pavia (1525) selbst miterlebt hat, denn das musikalische Schlachtgemälde, welches er componirte, und welches 1544 zum ersten Male im Druck erschien, trägt die Notiz „qui et ipse in acie quaeque miserrima vidit“. In Italien fand er dann auch die Stätte seiner Wirksamkeit, denn die spätere italienische Ausgabe desselben Schlachtgemäldes, hier „Bataglia Taliana“ genannt, nennt ihn „M(aestro) Mathias Fiamengo Maestro di Capella del Domo di Milano“. Doch nicht gleich gelangte er zu diesem höchsten Posten, denn die Dedication zu Schöffer’s Cantiones 5 voc. selectissimae von 1539 bezeichnet ihn um diese Zeit nur als „negocii musici primariae Ecclesiae Mediolani magister“, worunter man wohl einen Gesanglehrer des Knabenchores zu verstehen hat. Noch 1555 befindet er sich in Mailand in demselben Wirkungskreise, doch von da an entzieht er sich allen weiteren Nachforschungen. Die damaligen Notendrucker und Verleger aller Länder haben noch bis zum J. 1564 seine Compositionen in ihren Sammelwerken veröffentlicht; man findet ein Verzeichniß derselben in meiner Bibliographie der Musiksammelwerke des 16. und 17. Jahrhunderts (Berlin 1877, p. 711). Franzosen, Deutsche, Italiener und Niederländer bereicherten ihre Drucke mit seinen Werken. – Mir liegen nur einige wenige Sätze von seinen Compositionen in Partitur vor, darunter zwei von Georg Forster veröffentlichte Lieder zu 5 Stimmen aus dem Jahre 1556, doch ist der deutsche Text: „Mein herz und gmüt, das tobt und wüt“, beiden Gesängen offenbar von Forster untergelegt; der ursprüngliche war vielleicht italienisch. Sämmtliche Tonsätze aber sind von großer Schönheit. Es herrscht eine solche klare und erhabene Ruhe darin, der Gesang zieht so sanft und doch voller Würde vorüber, daß man erstaunt ist über diese Fülle von Schönheit. Besonders überraschend ist die melodische Führung der Oberstimme, denn in damaliger Zeit gab man keiner Stimme den Vorrang und der Cantus firmus im Tenor gab wohl die Grundmotive an, trat aber sonst in keiner Weise hervor. Dies letztere lag auch gar nicht in der Absicht des Componisten, wie man heute fälschlich oft glaubt und bei Aufführungen den Cantus firmus durch Verstärkung der Stimme hervorzudrängen sucht. Zu einer vollen Würdigung dieses Meisters bedarf es noch vieler Vorstudien. Auch Ambros sagt nur Weniges von ihm, doch sagt auch er über ihn: „die melodische und ausdrucksvolle Führung der Stimmen läßt ihn als sehr begabten Tonsetzer erkennen“.