Zum Inhalt springen

ADB:Maximilian (Kaiser von Mexiko)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Maximilian I., Kaiser von Mexico“ von Johann Baptist von Hoffinger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 70–72, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maximilian_(Kaiser_von_Mexiko)&oldid=- (Version vom 10. November 2024, 21:55 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Maximilian Franz
Band 21 (1885), S. 70–72 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Maximilian I. (Mexiko) in der Wikipedia
Maximilian I. in Wikidata
GND-Nummer 118579363
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|21|70|72|Maximilian I., Kaiser von Mexico|Johann Baptist von Hoffinger|ADB:Maximilian (Kaiser von Mexiko)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118579363}}    

Maximilian I., Kaiser von Mexico, als Erzherzog von Oesterreich: „Ferdinand Maximilian“, in der Familie jedoch „Max“ genannt, war der am 6. Juli 1832 in Schönbrunn geborene zweite Sohn des damaligen präsumtiven Thronfolgers, Erzherzogs Franz Karl und seiner Gemahlin Sophie, geb. königl. Prinzessin von Baiern. Die früh zu Tage getretene geistige Lebendigkeit des Prinzen machte ihn zum besonderen Liebling seiner ebenso geistvollen als energischen Mutter, welche seine Erziehung leitete, sorgfältig bemüht, dabei die in fürstlichen Kreisen gewöhnlichen pädagogischen Irrthümer zu vermeiden. Der Knabe lernte gern und leicht, zeigte auch dichterische und manche andere künstlerische Begabung, wodurch, sowie durch seinen scharfen treffenden Witz er bald die Bewunderung vieler, freilich aber in letzterer Beziehung auch die Abneigung so manches davon Verletzten erntete. Mit Vorliebe befaßte er sich mit den Naturwissenschaften und galt, namentlich im botanischen Fache, schon in sehr jungen Jahren als Fachmann. Aber auch Geschichte, besonders die seines Hauses, fesselte ihn und führte ihn zu politischen Studien; namentlich die ritterliche Gestalt seines großen Ahnherrn Maximilian I. und die Staatsklugheit des fünften Karl, „in dessen Reiche die Sonne nicht unterging“, zog ihn mächtig an und erfüllte seine üppige Phantasie mit Bildern neuer Größe, als deren Vorbedingung er eine kluge, nach allen Seiten ausblickende staatsmännische Thätigkeit erkannte und daher auch anstrebte. Mit diesen Reminiscenzen und Idealen hängt auch wohl zusammen, daß er zunächst das Seewesen als seinen besonderen Beruf wählte; es war als wollte er seinem Vaterlande den jeder Großmacht unentbehrlichen Antheil an der Herrschaft über das Meer sichern. In der That wurde er durch seine diesbezügliche Thätigkeit der eigentliche Schöpfer der österreichischen Marine; die Siege Tegetthoff’s, eines seiner liebsten und jedenfalls des genialsten seiner Offiziere, bei Helgoland und Lissa, wurden nur durch Maximilian’s Vorarbeiten möglich. Als im Jahre 1857 die Zeit gekommen schien, im lombardisch-venetianischen Königreich die Ausnahmszustände zu beseitigen und zur Civilverwaltung zurückzukehren, ernannte der Kaiser seinen Bruder M., dessen Thatendurst ihm wohl bekannt war, zum General-Gouverneur dieses Landes; wenn er als solcher nicht Erfolg hatte und die Katastrophe von 1859 nicht abzuwenden vermochte, so dürfte dies weniger den von ihm begangenen Mißgriffen, zu denen besonders die Abschwächung der behördlichen Autorität durch einen, in Thatsachen nicht ausreichend begründeten, tadelnden und, in der irrigen Meinung damit Unbefangenheit zu beweisen, veröffentlichten Erlaß an die Beamten zu rechnen ist, als vielmehr der Kürze der ihm gegönnten Zeit, auswärtigen Einflüssen und namentlich dem Umstande zugeschrieben werden, daß von Anfang an, wie auch der gewesene Minister Graf Hartig (Bd. X, 655 f.) in seiner Denkschrift über die künftige Organisation des Königreichs offen eingesteht, die Wiener Regierung auch hier das Centralisationssystem auf die Spitze getrieben hatte und davon auch 1857 nicht abwich, ja zu dieser Zeit ohne wirkliche momentane Gefahr kaum mehr wesentlich abweichen konnte. Als nun der bekannte Neujahrsgruß die Pandorabüchse geöffnet und damit die bald darauf eingetretene Katastrophe herbeigeführt hatte, zog sich der Erzherzog, der durch die, im vergeblichen Bemühen damit den Italienern zu imponiren, in Mailand geführte luxuriöse Hofhaltung auch in seinem Vermögen wesentlich gelitten hatte, mißmuthig und hoffnungsarm in sein feenhaftes Schloß Miramare und auf seine Marinegeschäfte zurück. Diese allein konnten jedoch seinem [71] rastlosen Thatentrieb und seiner Phantasie nicht genügen; vergebens suchte er sich in Begleitung seiner ebenso ehrgeizigen Gemahlin, der reichgebildeten Prinzessin Charlotte von Belgien, durch neue Reisen, die er, nachdem er sich auf den canarischen Inseln von der Prinzessin getrennt hatte, diesmal bis in die südamerikanische Tropenwelt ausdehnte, zu zerstreuen; er fühlte sich unglücklich. Diese Stimmung machte sich Napoleon III., welcher in Mexico französische Geldforderungen betrieb und zugleich durch „Reorganisirung der lateinischen Race“ einen neuen Nimbus anstrebte, dabei aber nach und nach in die Enge gerathen war, zu nutze; kannte er doch des Erzherzogs Empfänglichkeit für ihm dargebrachte Bewunderung, sowie seine Schwärmerei für Karl V. und für den fernen Westen nur zu gut! Nun hatte er den Mann gefunden, der statt seiner die gefährliche Action fortführen sollte! Napoleon spiegelte dem Prinzen vor, dort öffne sich ihm ein neuer Wirkungskreis; gerade er, der Nachkomme Karl’s, könne dem von Bürgerkrieg zerfleischten Lande Retter und Regenerator werden! M. ging begeistert auf den Gedanken ein, vorausgesetzt, daß ihn das mexicanische Volk selbst berufen werde, eine Bedingung, deren Erfüllung dem Taschenspieler des allgemeinen Stimmrechtes nicht schwer fallen konnte. Eine Deputation von Notabeln überbrachte dem Erzherzog das Plebiscit und schon im April 1864 verließ dieser – gegen den Rath seiner Familie und seiner Freunde – nachdem er all seinen Rechten in Oesterreich entsagt hatte, mit seiner Gemahlin das Vaterland. Die Enttäuschung erfolgte bereits bei seiner Ankunft in Veracruz am 28. Mai 1864; der neue Kaiser aber, seines edlen Willens sich vollbewußt, hoffte durch rastlose Bethätigung desselben das Volk doch zu gewinnen. Allein gerade die Schritte, die dazu führen konnten und sollten: die Emancipation von französischem Einfluß, die Opposition gegen die übermäßigen Ansprüche der Franzosen und die Zurückweisung des herrschsüchtigen mexicanischen Clerus, beraubten ihn der Unterstützung derer, die ihn gerufen hatten, während zur erfolgreichen Durchführung seiner Reformpläne ein Menschenalter erforderlich gewesen wäre. So vereinsamte das edle Fürstenpaar immer mehr. Das Ende des nordamerikanischen Bürgerkrieges verschlimmerte Napoleon’s bedenkliche Lage, aus der er sich durch Preisgebung Maximilian’s zu retten suchte. Vergeblich ging die Kaiserin selbst nach Europa, den Verführer ihres Gemahls an sein Wort zu mahnen; mit der dem Neffen nach seinem Vorbilde eignen Kälte wies er sie von sich ab und stieß sie in die Nacht des Wahnsinns. M. aber mußte inzwischen seine Stellung mit Waffengewalt zu retten suchen, er und die immer kleiner werdende Schaar seiner Getreuen wehrten sich heldenmüthig wider die für ihre Unabhängigkeit kämpfenden Republikaner; allein noch ehe deren Uebermacht den Kaiser erdrückt hatte, fiel derselbe durch Verrath in die Hände seiner Feinde. Präsident Juarez stellte ihn vor ein Kriegsgericht, welches – nur den strengen nationalen Standpunkt sich vor Augen haltend – ihn als Usurpator zum Tode verurtheilte. Am 19. Juni 1867 hauchte M. auf der Höhe von Queretaro von mehreren Kugeln des Executionspelotons durchbohrt, seine edle Seele aus, noch im Tode ein Held, weil seine Schuld: das Verlassen des Vaterlandes um einer ihm nicht gebührenden Krone willen, auf einem edlen Irrthum beruhte und er sie mit dem Tode büßte.

S. des Erzherzogs eigene Schriften: „Mein erster Ausflug. Wanderungen in Griechenland“ Leipzig 1868, dann „Aus meinem Leben. Reiseskizzen, Aphorismen, Gedichte“ 7 Bände, Leipzig 1867, beide Werke für den Handel bestimmte Wiederabdrücke der von dem Verfasser seinerzeit nur als Manuscript für Freunde veranstalteten 1. Auflage, aus welcher nur einige scharfe Ausfälle auf hohe Zeitgenossen weggelassen wurden; ferner: Gräfin Paula Kollonitz, eine Reise nach Mexico im Jahre 1864. 2. Auflage, Wien [72] 1867. – Felix Prz. zu Salm-Salm, Queretaro, 2 Bände, Stuttgart 1869. – Prinzessin Fel. zu Salm-Salm, Zehn Jahre aus meinem Leben, 2. Bd. „Mexico“, Stuttgart 1875. – Dr. Basch: Erinnerungen aus Mexico. Geschichte der letzten 10 Monate des Kaiserreiches. 2 Bände, Leipzig 1868. – v. Montlong, Authentische Enthüllungen über die letzten Ereignisse in Mexico. Auf Befehl weiland S. M. des Kaisers Max. nach Documenten, Stuttgart 1868. – M. R. Palacio u. R. M. de la Torre, Denkschrift über den Proceß des Erzh. Ferdin. Maximilian von Oestr., deutsch von C. G. Paschen, Hamburg 1868. – E. Grf. Keratry, Kaiser Max’ Erhebung und Fall, Leipzig 1867. – Clem. Duvernois, über die franz. Intervention in Mexico, Stuttgart 1870. – Oesterr. Ehrenhalle V. Separat-Abdruck aus dem „östr. Volks- und Wirthschaftskalender für 1869“, Wien 1868.