ADB:Maximilian Heinrich

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Artikel „Maximilian Heinrich, Kurfürst von Köln“ von Max Lossen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 53–56, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maximilian_Heinrich&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 02:15 Uhr UTC)
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Maximilian Heinrich, Kurfürst von Köln, ist der dritte bairische Prinz, welcher als Landesherr und Bischof die Hochstifter Köln, Lüttich, Hildesheim und Münster in einer Hand vereinigte und dadurch Macht und Gelegenheit gehabt hätte, in den Reichshändeln maßgebenden Einfluß zu üben; aber weder seinem Großonkel Kurfürst Ernst an Schärfe des Verstandes, noch seinem Oheim Kurfürst Ferdinand an Energie des Willens vergleichbar, verdient M. H. kaum, daß die Geschichte seiner Stifter an seinen Namen geknüpft werde. – M. H., ein Enkel des regierenden Herzogs Wilhelm V. von Baiern, von dessen jüngstem mit der Landgräfin Mechtilde von Leuchtenberg verheiratheten Sohn Herzog Albrecht, war geboren (zu München ?) am 8. October 1621. Schon in frühester Jugend wurde er zum geistlichen Stande bestimmt und für denselben im Geiste und unter der Leitung der Jesuiten erzogen, um dereinst seinem Oheim Kurfürst Ferdinand in dessen zahlreichen geistlichen Würden zu folgen. Zur Fortsetzung der Studien, und vor allem wohl, um bei Zeiten Domherr zu werden und die Gemüther der Mitcapitularen für sich zu gewinnen, wurde M. H. i. J. 1637 nach Köln geschickt. In seinem Gefolge befand sich auch Franz Egon Graf von Fürstenberg, welcher nachmals auf M. Heinrichs Geschicke verhängnißvollen Einfluß geübt hat. – Schon i. J. 1642 wählte das Kölner Domcapitel M. H. zum Coadjutor seines Oheims. 1649, als Kurfürst Ferdinand in heftigem, bald zum offenen Kriege führenden Streit mit seiner Stadt Lüttich und einem Theil des Lütticher Domcapitels lag, wurde M. H. auch für Lüttich von der Majorität des Capitels erst zum Domdechant, sodann (19. October 1649) zum Coadjutor gewählt. Vor ihm, als Stellvertreter seines Oheims, mußte sich die stolze Stadt demüthigen und sich die Abänderung ihrer demokratischen Verfassung gefallen lassen. Zur Besiegelung seines Sieges ließ nachher M. H. eine starke, die Stadt beherrschende Citadelle erbauen. – Schon im folgenden Jahre (am 13. September 1650) starb Kurfürst Ferdinand zu Arnsberg; sein bisheriger Coadjutor folgte ihm als Kurfürst und Erzbischof von Köln, Bischof von Lüttich und Bischof von Hildesheim, während ihm in Münster damals noch ein anderer, Christoph Bernhard von Galen, vorgezogen wurde. – Ein Jahr nach seiner Inauguration ließ sich M. H. zum Priester weihen (September 1651); am Feste S. Michaelis feierte er zu Bonn seine Primiz; am 8. October wurde er von dem päpstlichen Nuntius Fabio Chigi zum Bischof consecrirt. Als er am Dreikönigsfest des Jahres 1652, zum ersten Mal bekleidet mit dem jüngst von Rom erhaltenen erzbischöflichen Pallium, im Dom zu Köln das Hochamt feierte, legte ein berühmter Convertit, Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels nebst seiner Gemahlin Maria von Solms vor ihm das römisch-katholische Glaubensbekenntniß ab. – Im J. 1653 nahm M. H. am Regensburger Reichstag und am Augsburger Kurfürstentag Theil und half auf letzterem mit zur Wahl des römischen Königs Ferdinand IV., welchen sodann, zum Verdruß und unter dem Protest des Kölners, der Mainzer Erzbischof salbte und krönte. Dafür hatte M. H. bei der Rückkunft an den Rhein die Genugthuung, die zweite Gemahlin des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neuburg, Herzogs von Jülich und Berg, Elisabeth Amalie von Hessen zu Düsseldorf in den Schooß der römisch-katholischen Kirche [54] aufzunehmen. – König Ferdinand IV. starb schon vor seinem Vater Kaiser Ferdinand III., und nun begann um die Wahl des Nachfolgers ein langes Intriguenspiel, in welchem sich M. H. zuerst offen vom Hause Oesterreich trennte und an Frankreich anschloß. Schließlich stimmte jedoch auch er zu, daß der junge Erzherzog Leopold, Kaiser Ferdinands jüngster Sohn, zum römischen König gewählt wurde (18. Juli 1658). Diesmal blieb ihm die Ehre überlassen, den König, unter Assistenz des Mainzer Kurfürsten, zu salben und zu krönen. – Ein Jahr zuvor war M. H. auch in den Besitz der Abtei Stablo gelangt, welche er jedoch nach einigen Jahren (1667) seinem Freund, dem Straßburger Bischof Franz Egon von Fürstenberg abtrat. – 1662 publicirte M. H. das Decret Papst Alexanders VII., durch welches verboten wird, die Lehre von der unbefleckten Empfängniß Mariä zu bekämpfen. In demselben Jahre hielt er zu Köln eine Diöcesansynode, deren von dem Weihbischof Georg Paul Stravius bearbeitete und nachher gedruckte Satzungen (Decreta et Statuta dioecesane Synodi Coloniensis. Col. Agr. 1662 u. 1667. 2°) theilweise heute noch in der Erzdiöcese Köln in Kraft sind. – Gleich nach Erzh. Leopolds Wahl zum römischen König hatten die drei geistlichen Kurfürsten und einige andere deutsche Fürsten zur Aufrechterhaltung des westfälischen Friedens sowie der dem neuen Kaiser enge Schranken ziehenden Wahlcapitulation einen Bund, die Rheinische Allianz, geschlossen, welchem nicht nur Schweden für seine deutschen Fürstenthümer, sondern auch König Ludwig XIV. beitrat. Diese wiederholt erneuerte Allianz gab Anlaß, den Kölner Kurfürsten mehr und mehr dem Hause Oesterreich zu entfremden und ihn in Abhängigkeit von Frankreich zu bringen. Die dem französischen König ganz ergebenen Brüder Franz und Wilhelm von Fürstenberg wußten den sonst zaghaften und geistig trägen, aber auf seine kurfürstliche und erzbischöfliche Würde stolzen Fürsten zu überzeugen, daß er mit Frankreichs Hilfe wieder in den Besitz der ihm von den niederländischen Generalstaaten widerrechtlich vorenthaltenen kurkölnischen Stadt und Festung Rheinberg gelangen und dadurch zugleich die katholische Religion im Niederstift befestigen werde. – Zunächst schlossen in den Jahren 1666 und 1667 die Kurfürsten von Köln und Mainz, der Pfalzgraf von Neuburg und der Bischof von Münster mit Frankreich und unter einander eine Reihe von Bündnissen, durch welche sie sich verpflichteten, den Franzosen bei ihrem Kriege gegen die spanischen Niederlande freie Hand zu lassen. Nachdem Spanien im sogen. Devolutionskrieg unterlegen, aber, Dank der Einmischung der Tripelallianz, im Aachener Frieden von 1668 ziemlich gnädig davon gekommen war, richtete Ludwig XIV. seine Waffen gegen die Generalstaaten, welche er durch Offensivbündnisse mit England und mit den Hochstiftern Köln und Münster (1671 72) zu umspannen wußte und gründlich zu demüthigen gedachte. Die beiden geistlichen Herren öffneten den Franzosen ihre Länder und festen Plätze (der Kölner besonders Neuß, Kaiserswerth und Dorsten) und stellten gegen französische Subsidien starke Hilfsheere. Anfangs erfochten sie wirklich einige Erfolge, welche den Kölner Kurfürsten bis nach Deventer und Zwolle führten. Aber während M. H. durch französische Großmuth Rheinberg wiedererlangte, verlor er im Rücken seine eigene Residenzstadt Bonn, welche von kaiserlichen, mit den Spaniern und Holländern verbündeten Truppen im November 1673 erobert und bis zum Nimweger Frieden (1678) in der Hand behalten wurde. – Freund und Feind plünderten und brandschatzten nunmehr ungestraft in dem armen Erzstift; auch im Stift Lüttich, welches stets seine Neutralität wahren wollte, diente jeder Beutezug der einen Partei für die andere als willkommener Vorwand, um entsprechend hohe Contributionen zu erpressen. Nicht viel besser erging es dem Stift Hildesheim. – Der tief bekümmerte hilflose Kurfürst hatte sich nach der Einnahme von Bonn nach Köln geflüchtet, wo er bis zum Nimweger Frieden aus Noth, danach aber auch noch freiwillig bis zum Jahre 1684 in [55] der Benediktinerabtei St. Pantaleon wie ein Mönch lebte und in kirchlichen Andachtsübungen, daneben auch in der Alchimie seinen Trost suchte. (Elector Coloniae subsistebat calamitatem suam celebrandis sacris solatus, et spe per Gallos omnia abunde pensatum iri, schreibt Pufendorf, De reb. gest. Frider. Wilh. lib. XII § 8; und der Venetianer Francesco Michiele berichtet i. J. 1678 (bei Fiedler II, S. 195): Colonia, che non hà havuto mai altro pensiere che quello di distillare le sue fortune et il suo ingegno in un corigiollo d’alchimia, non hà mai formato riflesso di politica, se più convenga stare appoggiato al fianco de’ Francesi ò a quello dell’ Imperio: s’è lasciato diriggere dal parere de’ suoi consiglieri all’ hora quando suscitò la Lega contro gl’Olandesi; al presente sorpreso dalla forza e dalla necessità stà tranquillo nella sua habitatione, sperimentando i secreti della natura, senza perturbarsi abenche con la forza gli venghi sforzato il domicilio stesso, ch’è la città di Bona, dall’ armi imperiali.) – Mit der Stadt Köln war Kurfürst M. H. schon gleich im Anfang seiner Regierung (1653), infolge von Eingriffen des Magistrats in seine hohe Gerichtsbarkeit, in Streitigkeiten gerathen, welche so weit führten, daß der Kurfürst sogar die Reichsunmittelbarkeit der Stadt bestritt. Diese fand aber einen Rückhalt am Kaiser, so daß sich M. H. schließlich (i. J. 1672) damit begnügen mußte, seine Ansprüche der Entscheidung des Reichskammergerichts anheimzugeben. Doch erneuerte sich späterhin der Zwist und hat beiden Parteien zu umständlichen, theilweise auch gedruckten Streitschriften Anlaß gegeben. – Aehnliche nie zum Austrag gelangte Streitigkeiten schwebten Jahrzehnte lang auch zwischen der Stadt Neuß und dem Kurfürsten. – Mehr Erfolg hatte M. H. in seinen Zerwürfnissen mit der Stadt Lüttich. Hier hatte das Volk mit Hilfe der Franzosen, welche sich im J. 1675 der von M. H. erbauten Citadelle und einiger anderer festen Plätze im Stift bemächtigt hatten, die verhaßte Zwingburg demolirt und die im J. 1649 abgeänderte Zunftverfassung eigenmächtig wiederhergestellt. Aber nachher ließ Ludwig XIV. die auf ihn hoffenden Bürger im Stich, während der Kaiser sich entschieden für den Landesfürsten erklärte. Im J. 1684 mußte sich die Stadt vollends unterwerfen und wieder zu der nur wenig veränderten Verfassung von 1649 zurückkehren. – Schon zu Lebzeiten des Bischofs Christoph Bernhard von Galen hatte M. H. sich auch um die Nachfolge im Stift Münster bemüht (1667); damals war ihm Ferdinand von Fürstenberg vorgezogen worden; nach dessen Tod wurde M. H. wirklich auch noch zum Bischof von Münster erwählt (1. September 1683); doch wird von seiner Regierung in diesem Stift nicht viel nennenswerthes berichtet, als daß er aus demselben, ebenso wie aus dem Erzstift Köln im J. 1685 dem Kaiser zum Türkenkrieg Hilfsvölker gesendet habe, welche sich u. a. bei der Einnahme von Waghäusel auszeichneten. – Sein Stift Hildesheim hat M. H. kaum ein oder das andere Mal vorübergehend besucht. – M. H.’s letzte Regierungsjahre wurden getrübt durch allerlei Intriguen über die Nachfolge in seinen Stiftern. Lange sträubte sich der abergläubische Mann gegen den Vorschlag einer Coadjutorie, weil er fürchtete, dann alsbald sterben zu müssen. Zuletzt wußte ihn jedoch der seit dem Tode seines Bruders Franz († 1682) in Köln und Lüttich allmächtige Straßburger Bischof Wilhelm von Fürstenberg zu bewegen, beim Domcapitel und beim Papste sich mit allem Eifer für seine Nachfolge zu bemühen. Französischem Geld und Einfluß gelang es bei der Mehrheit des Capitels Wilhelm’s Wahl zum Coadjutor durchzusetzen (7. Januar 1688), aber Papst Innocenz XI. verweigerte ihm hernach die Confirmation. – Nach mehrmonatlichem schwerem Krankenlager starb M. H. zu Bonn am 3. Juni 1688; sein Leib wurde vor der von ihm prunkvoll ausgeschmückten Dreikönigencapelle des Kölner Domes bestattet, die Eingeweide in die von M. H. gestiftete, noch im Bau begriffene Bonner Jesuitenkirche, das Herz nach Altötting verbracht. – In Lüttich und in [56] Köln folgten heftige Wahlstreitigkeiten, in welchen Wilhelm von Fürstenberg schließlich den kürzeren zog; in Köln erst, nachdem der Papst seine mit einfacher, statt mit zwei Drittel Majorität erfolgte Postulation für nichtig erklärt, dagegen den mit nur 9 Stimmen (von 24) gewählten bairischen Prinzen Joseph Clemens als rechtmäßigen Erzbischof anerkannt hatte (vgl. die Artikel Franz E. u. Wilh. E. von Fürstenberg von Ennen u. Joseph Clemens von Heigel. A. D. B. Bd. VII u. XIV). M. H.’s Lob- und Leichenredner wissen viel von seinem kirchlichen Eifer, seiner Frömmigkeit, Keuschheit und Mäßigkeit zu rühmen; über seine Schwächen, den Mangel an Einsicht und Thatkraft, die Abhängigkeit vom Urtheil anderer, und namentlich von untergeordneten Personen, gehen sie mit höfischem Schweigen hinweg; schonend deutet ein anderer Zeitgenosse, der Kölner Karthäuserpater Michael Mörckens, mehr an als er sagt: „Ein Fürst, der fürwahr mit den Tugenden des Privatmannes wohl geziert war, denn Frömmigkeit, kirchlicher Eifer, Mäßigkeit und Keuschheit waren ihm also zu eigen, daß hierin dieser eine alle übertroffen hat; größer wäre er gewesen, wenn er sein Land mehr nach eigenem als nach fremdem Antrieb regiert hätte.“

Quellen: P. Petrus Gazen S. J., Triumph- und Ehrenwagen … Maximiliani Henrici. Köln 1688. 2°. – Franc. Xav. Trips, Idea infulatae virtutis … Maximiliani Henrici. (Bonn) 1688. 2°. – P. Mich. Mörkens, Conatus Chronologicus. Col. Ub. 1745. 4°. – L. Ennen, Frankreich und der Niederrhein. 1. Bd. Köln u. Neuß 1855. Daselbst (S. VII–XII) sind zahlreiche weitere Quellenwerke sowohl für die allgemeine wie für die speciell kölnische und rheinische Geschichte der Zeit genannt, wovon einzelnes hierher gehörige auch im vorstehenden Artikel benutzt ist. – Ein Porträt Maximilian Heinrich’s in der Streitschrift des Lic. Pet. Al. Bossart gegen den Kölner Magistrat: Securis ad radicem posita. Bonn 1687. 2. Aufl. 1729. – Kölnische Münzen Maximilian Heinrich’s sind verzeichnet in Wallraf’s Beschreibung der Kölnischen Münzsammlung des Domherrn v. Merle. Köln 1792. – Für Stift Lüttich benutzte ich besonders den dritten Band zu Foullon’s Historia Leodiensis; für Münster: Herm. Kock, Series Episc. Monast. Münster 1802.