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ADB:Mutzenbecher, Heinrich

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Artikel „Mutzenbecher, Heinrich“ von August Mutzenbecher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 119–120, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mutzenbecher,_Heinrich&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 17:35 Uhr UTC)
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Mutzenbecher: Esdras Heinrich M.. geb. am 23. März 1744 (nicht am 24. März 1743, wie in verschiedenen biographischen Notizen angegeben ist) zu Hamburg, † am 21. December 1801 zu Oldenburg. Sein Vater war ein angesehener Kaufmann in Hamburg, seine Mutter die älteste Tochter des Professors Sebastian Edzardi. Er besuchte das Johanneum seiner Vaterstadt und machte schon als Primaner die ersten schriftstellerischen Versuche, indem er mit seinem Freunde J. J. Eschenburg eine Wochenschrift „Der Primaner“ schrieb, dessen letztes Heft im J. 1792 J. G. Ehrlich unter dem Titel „Denkmäler philosophischer Schüler. Hamburgs Denkmal. Erstes Stück“ zum Schrecken ihrer Verfasser im Druck hat erscheinen lassen. Ostern 1762 ging er auf das akademische Gymnasium über, wo H. S. Reimarus, J. G. Büsch und J. H. V. Nölting seine Lehrer waren. Als Gymnasiast gründete er mit Eschenburg, P. D. Gieseke u. A. eine litterarische Gesellschaft unter dem Namen der anonymischen, die später auch auf der Universität Göttingen, welche er 1765 bezog, fortbestand und den Anlaß zur Gründung der ihrer Zeit beliebten „Hamburgischen Unterhaltungen“ (1766) gab. Nach Vollendung seiner theologischen Studien, mit denen er zugleich den Besuch philologischer Vorlesungen und physikalischer und geschichtlicher Vorträge verbunden hatte, und nachdem er Mitglied der königlichen deutschen Gesellschaft in Göttingen geworden war, übernahm er (1768) die Stelle eines Hofmeisters bei einem jungen v. Steinberg, mit welchem er zunächst in Celle, dann von 1770–1772 in Braunschweig und seit Michaelis 1772 wieder in Göttingen sich aufhielt. In Braunschmeig kam er durch Eschenburg in nahen Verkehr mit Ebert, C. A. Schmid und den übrigen Lehrern und Hofmeistern des Collegium Carolinum und trat in freundschaftliche Verbindung mit dem Abte Jerusalem, mit welchem er später bis zu dessen Tode in ununterbrochenem Briefwechsel blieb. Von Braunschweig aus machte er das theologische Examen vor dem Consistorium zu Hannover und erlangte die Aufnahme unter die hannoverschen Candidaten. In Göttingen lebte er in gelehrtem und freundschaftlichem Umgange mit seinen früheren Lehrern und beschäftigte sich mit litterarischen Arbeiten, die auch später noch Veranlassung zu einem ausgedehnten Briefwechsel gaben, den er namentlich mit Michaelis, Walch und Heyne bis zu deren Tode fortsetzte. Im J. 1773 wurde er zum zweiten Universitätsprediger in Göttingen ernannt. Nachdem er in der Absicht, sich der akademischen Laufbahn zu widmen, im J. 1774 das Examen vor der theologischen Facultät in Göttingen bestanden und bereits mit den Vorbereitungen zu einer Inauguraldissertation begonnen hatte, wurde er zum Prediger an der deutschen lutherischen Kirche im Haag berufen (1775). Schwer entschloß er sich zur Annahme der Stelle; Jerusalem’s Rath und Zureden waren entscheidend. Nur reichlich vier Jahre blieb er in diesem Amte; im Anfange des Jahres 1780 siedelte er nach Amsterdam über, da ihn die dortige deutsche lutherische Gemeinde zu ihrem Prediger erwählt hatte. Die allgemeine Achtung und Liebe, welche er genoß, sowie die litterarische und freundschaftliche Verbindung mit J. de Bosch, Ruhnken, Valckenaer, Schultens, Wyttenbach u. A., deren Beziehungen zu den deutschen Gelehrten er vielfach vermittelte, machten ihm den Aufenthalt in Holland so angenehm, daß er mehrfache Berufungen nach Deutschland ablehnte. Allein die ausgebrochenen bürgerlichen Unruhen und kirchliche Streitigkeiten in der Amsterdamer Gemeinde veranlaßten ihn doch, im J. 1789 die Stelle eines Generalsuperintendenten und [120] Consistorialraths in Oldenburg anzunehmen. Hier fand er in Kirche und Schule ein reiches Feld erfolgreicher Wirksamkeit. Die Zusammenstellung eines neuen Gesangbuchs, die Ausarbeitung eines „Unterrichts in der christlichen Lehre mit Hinweisung auf Luthers kleinen Catechismus“, die Herausgabe einer „Sammlung von Gebeten und Formularen für gottesdienstliche Handlungen“, die Verbesserung des Schulwesens und die Begründung eines Schullehrerseminars sind als Früchte seiner Thätigkeit zu verzeichnen. Nur reichlich 12 Jahre war es ihm vergönnt, in einflußreicher Stellung zum Wohle seiner neuen Heimath zu arbeiten. Sein Tod fand in den weitesten Kreisen herzliche Theilnahme. – Als Theologe huldigte M. entschieden dem herrschenden Rationalismus. Seine in diesem Geiste verfaßten Schriften für Kirche und Schule sind heute veraltet, haben aber auf die religiöse Erziehung seiner Zeit und der nächsten Generationen keinen geringen Einfluß geübt. Seine Verdienste um die Hebung des Gymnasialunterrichts und um die Ausbildung der Volksschullehrer haben noch in neuester Zeit rühmende Anerkennung gefunden. In der „Geschichte des Großherzoglichen Gymnasiums in Oldenburg“ von Dr. Meinardus (1878) wird von ihm gesagt: „Er hat unserer Schule mit emsiger Treue und herzlicher Hingabe bis zu seinem Tode obgelegen, und was er an Kräften und an Einsicht in die schwierigen und nicht selten verwirrenden Fragen, deren Lösung von ihm vor allen gefordert wurde, aufzubieten hatte, das hat er mit achtungswerthester Selbstlosigkeit in mildem und humanem Sinne zum Dienst der hochwichtigen Sache angewandt.“ Und die „Beiträge zur Geschichte des Großherzoglichen Seminars in Oldenburg“ von Fr. Sander (1877) bemerken: „Die Verdienste, welche er sich um die bessere Vorbildung der Lehrer erworben, leben fort und dürfen am Seminar und in der Schule unseres Landes nicht vergessen werden. Er hat zuerst, gestützt von der menschenfreundlichen Gesinnung seines trefflichen Fürsten, thatkräftig die Hand erhoben, um einem Mangel abzuhelfen, der wie ein Alp auf das geistige Leben des Volkes drückte.“ – Ein Verzeichniß seiner Schriften findet sich in dem „Lexicon der hamburgischen Schriftsteller“ von Schröder, Bd. V, S. 468–470.