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ADB:Nádasdy, Franz Leopold Graf

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Artikel „Nádasdy, Franz Leopold Graf“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 205–208, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:N%C3%A1dasdy,_Franz_Leopold_Graf&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 17:35 Uhr UTC)
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Nádasdy: Franz Leopold Graf N. auf Fogáras, meistentheils nur Graf Nádasdy-Fogáras genannt, k. k. Generalfeldmarschall, Ban von Croatien, Inhaber des k. k. Husarenregiments Nr. 9, Großkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens, geb. am 30. Sept. 1708 zu Radkersburg in Steiermark, † am 22. März 1783 zu Karlstadt in Croatien, hat den Ruf des Namens N. als Feldherr, Reiterführer, militärischer Organisator und Landeschef von Croatien, zu außergewöhnlich großen Ehren gebracht und gilt dieserhalben als der zweite Stifter des seit dem Jahre 1625 in den Grafenstand erhobenen Geschlechts der Nádasdy-Fogáras. Seine Eltern waren Franz IV. Graf N. und Rosa Gräfin N., geborene Gräfin Schrattenbach. Schon 1727 trat N. im Husaren-Regiment Graf Csáky Nr. 9 in kaiserliche Militärdienste und soll er sich 1731 und 1732 in Corsica, 1733 und 1734 in Italien und 1735 am Rhein durch Tapferkeit und Verwendbarkeit derart bemerkbar gemacht haben, daß er bereits im letztgenannten Jahre zum Obristen und Commandanten des Husarenregiments Freiherr Czungenberg Nr. 8 ernannt wurde. Als solcher kämpfte er 1737 und 1738 im Türkenkriege, 1739 übernahm er das Commando des Husarenregiments Graf Csáky Nr. 9. Schon damals war Nádasdy’s Ansehen bei der Truppe ein fest begründetes; seine Husaren nannten ihn nur ihren „Vater“ und er konnte auf ihre Hingebung und Opferwilligkeit unter allen Verhältnissen mit Bestimmtheit rechnen. Deren Zutrauen stützte sich aber vorzugsweise auf sein muthvolles Beispiel, seine Sorgsamkeit und sichere Befehlgebung, welch letztere wieder auf seiner Kriegserfahrung und seltenen Terrain- und Ortskenntniß beruhte, die er sich durch ein stets scharfes Beobachten selbst während der anstrengendsten Märsche erworben hatte. Im J. 1741, in welchem N. zum Generalfeldwachtmeister und Inhaber des Husarenregiments Nr. 9 ernannt wurde, führte er die Vorhut des der Besatzung von Prag zu Hilfe eilenden Herzogs Karl von Lothringen mit Gewandtheit, Raschheit und Energie; am 14. November bemächtigte er sich des [206] befestigten und vertheidigten Ortes Neuhaus in Böhmen, worauf er mit den von Linz und Pilsen gegen Prag rückenden gegnerischen Heeren die für die Operationen erforderliche Fühlung unausgesetzt zu erhalten wußte. Auch 1742 ward ihm wieder der Befehl über die Vorhut anvertraut. Mit dieser folgte er so aufmerksam dem preußischen Heere nach Böhmen, daß er am 15. Mai die für den Verlauf der Schlacht bei Czaslau (Chotusitz) höchst wichtige Meldung erstatten konnte, es habe sich das preußische Heer durch den Marsch eines Theiles desselben von Chrudim gegen Podhoržan (Czaslau) in zwei Theile getrennt. Anerkennung fand ferner sein Verhalten gelegenheitlich einiger Streifzüge längs der fränkischen Grenze und gegen Nürnberg, wenngleich dieselben ohne hervorragende Thaten blieben. Zu solchen ergab sich ihm jedoch 1743 mehrfache Gelegenheit, die er auch trefflich ausnützte, indem er u. a. am 7. Mai bei Pfarrkirchen den französischen Parteigänger La Croix nebst einer großen Anzahl seiner Offiziere und Mannschaften gefangen nahm, am 9. Mai bei Simbach und Braunau unter Bewältigung schwieriger Terrainverhältnisse an der Eroberung des Brückenkopfs mitwirkte, am 24. Mai zwischen Dorfen und Velden durch rechtzeitiges Eingreifen in das Gefecht wesentlich zum gänzlichen und verlustreichen Rückzuge des Gegners beitrug und am 13. Juni Friedberg zur Capitulation zwang, wobei er eine bedeutende Beute machte. Endlich beobachtete N. im September mit großer Zuverlässigkeit den Rhein von Hüningen bis Rheinweiler und entwarf schon damals den als sehr gelungen befundenen Plan für die Uebersetzung dieses Stromes. Der auf Grund desselben vorgenommene Uebergang erfolgte am 1. Juli 1744 nächst Schröck bei gleichzeitigem Ueberfalle des feindlichen Lagers, worauf N. ungesäumt gegen Lauterburg und Weißenburg vordrang, ersteres am 4. Juli zur Capitulation nöthigte, letzteres am 5. Juli besetzte, jedoch gegen die ihn angreifeude bedeutende Uebermacht nur bis zum Abend halten konnte. Gleichwol war Nádasdy’s Rückzug aus Weißenburg ein ehrenvoller, denn er vollführte denselben erst nach hartnäckigem Kampfe in bester Ordnung und da er bei den Lauterburger Linien gleich wieder Stand hielt, so bewies N. erneut, daß er sich den taktischen Verhältnissen ebenso leicht anzuschmiegen verstand, wie den strategischen Anordnungen, in welcher Hinsicht er zu den denkwürdigsten Reiterführern gehört. Ueberdies wußte N. jede seiner Handlungen durch Bestimmtheit und Energie zu fördern; durch ihn wurde Elsaß-Zabern am 5. August sicheren Anlaufes erstürmt und unter seiner Leitung der Train und die Proviantmagazine während des allgemeinen Rückzuges nach Böhmen vor Schaden bewahrt. Seine hierbei bethätigte Gewandtheit und Geistesgegenwart trugen nun wesentlich dazu bei, daß N. 1745, in welchem Jahre er zum Feldmarschalllieutenant vorrückte, wieder ein Corps leichter Truppen zugewiesen erhielt. Mit diesen streifte N. anfänglich in Oberschlesien, später führte er dieselben ausdauernd und in guter Ordnung namentlich am 4. Juni bei Hohenfriedberg (Striegau), dann am 6. Juni als Nachhut-Commandant bei Reich-Hennersdorf, ferner am 4. Juli gelegenheitlich des Ueberfalls von Opocno und endlich am 30. September bei Soor (Trautenau), in welcher Schlacht N. die preußische linke Flanke umging, in das gegnerische Lager einbrach und dortselbst das Gepäck des Königs, der Prinzen und Generale, 1 Haubitze, mehrere Munitionswagen etc. erbeutete, und 400 Gefangene machte. Auch im J. 1746 stand N. wieder im Felde und verwerthete nunmehr auf italienischem Boden seine vielfache Erfahrung, sein großes Kriegsgeschick, sowie seine mächtige Einflußnahme auf die Truppe. Kühn und von rascher Erkenntniß der jeweiligen Kampfesverhältnisse zeugend war sein Verhalten am 27. März bei Guastalla, denn nachdem N. den dortigen Brückenkopf erstürmt und den Gegner bis Gualtieri verfolgt hatte, warf sich derselbe mit neugewecktem Ungestüm gegen die bei [207] letztgenanntem Orte postirte, 3000 Mann zählende Vorhut Castellar’s und trieb auch diese bis in die Nähe Brescello’s zurück. Als tüchtige Leistungen Nádasdy’s in Italien gelten ferner 1746 seine Erstürmung des Castells von Grossolengo am 15. Mai, seine lebhafte und sichere Betheiligung an der Schlacht bei Piacenza am 16. Juni, die umsichtige Beobachtung Piacenza’s und der Straße gegen Parma, Cremona und Settimo während des Treffens am Tidone (Rottofreno) am 10. August, die Nöthigung Piacenza’s zur Capitulation am 11. August, wodurch 7000 Mann, 70 metallene Stücke, 27 Mörser etc. in seine Gewalt kamen, ferner seine erfolgreiche Mitwirkung an den Operationen gegen Genua und schließlich im J. 1747 die gut durchgeführte Einschließung dieser Seefeste. Wie N. von 1748 bis 1755 verwendet gewesen, ist nicht genau bekannt; 1754 avancirte er zum General der Cavallerie, 1756 erfolgte seine Ernennung zum Ban von Croatien, in welchem Lande ihm als ehemaligem siegreichen Befehlshaber verschiedener croatischer Regimenter sogleich das vollste Vertrauen entgegengebracht wurde. Unterstützt von diesem sowie von seinem organisatorischen Talente formirte nun N. beim Ausbruche des siebenjährigen Krieges ein Corps croatischer Nationaltruppen und marschirte mit diesen 1757 anfänglich nach Mähren und Schlesien und dann zur Armee Daun’s in Böhmen, deren Bewegungen er anfangs Juni durch wiederholtes, standhaftes Scharmützeln mit dem Feinde bestens zu decken suchte. Zu seinen bedeutendsten Verdiensten zählt aber zweifellos sein Wirken in der Schlacht bei Kolin am 18. Juni; von ihm wurde nämlich an diesem Tage die Absicht König Friedrich II. gegen den rechten Flügel des kaiserlichen Heeres rechtzeitig erkannt und die übermächtige gegnerische Cavallerie unter Zieten theils im directen Kampfe, theils dadurch benachtheiligt und moralisch erschüttert, daß er dieselbe mittelst freiwilliger Rückzüge in das Feuer der Infanterie und Artillerie lockte; er war es ferner, welcher unausgesetzt die Flanke und den Rücken der kaiserlichen Armee schützte und endlich durch eine nachdrücklich vollzogene Umgehung des Feindes die Entscheidung der Schlacht herbeiführte. Und so wurde denn auch N. gleich dem Oberfeldherrn Feldmarschall Daun mit dem Großkreuze des zur Erinnerung an die Schlacht bei Kolin gestifteten Militär-Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet. Bald hierauf folgte N., klug manövrirend, den von Prag über Leitmeritz abziehenden preußischen Belagerungstruppen und überfiel im weiteren Verlaufe des Feldzuges beim Orte Moys nächst Görlitz (Treffen bei Moysberg oder Holzberg) am 7. September, nach einem vorsichtig geleiteten Nachtmarsche den General Winterfeld mit solchem Erfolge, daß derselbe nicht Stand halten konnte. Ehrendes Gedenken gebührt ferner Nádasdy’s gelungener Berennung von Schweidnitz am 26. October und der muthvoll bewirkten Erstürmung dieser Festung in der Nacht vom 11. zum 12. November. Endlich hat sich N. auch bei Breslau am 22. November und bei Leuthen am 5. December tadellos und verdienstvoll gehalten, denn in ersterem Kampfe war die von ihm bezogene Stellung gegen Flanke und Rücken des Feindes eine wohlgewählte und scheiterte sein Hauptangriff nur aus Ursache der ihm zur Verfügung gestandenen geringen Truppenzahl, bezüglich der Schlacht bei Leuthen dagegen wird von den neueren Geschichtsforschern und selbst vom Gegner zugestanden, „daß N. mit seinen Reitern über Zieten hergefallen, bevor dieser sich zur Attaque hatte formiren können“ und daß die Cavallerie des österreichischen linken Flügels, um das Sammeln ihrer fortwährend in der Flanke angegriffenen Infanterie zu decken, sich den Preußen entgegen geworfen, dabei eine starke Kanonade aus den schweren Kanonen des Generals Wedell „wahrhaft musterhaft“ ausgehalten, dadurch auch den Abzug der österreichischen Infanterie einigermaßen gesichert habe. N., seit Anfang 1758 zum Generalfeldmarschall erhoben, wurde nun wieder nach Croatien beordert, wo er die bis [208] dahin noch nicht festgeordnete Organisirung der Grenzregimenter bestimmten Normen unterzog, dem im Felde stehenden Heere die dringend nothwendige Ergänzung an Mannschaften und ganzen Truppenkörpern möglichst rasch nachschickte und in den unteren Donauländern mehrfache Verbesserungen und Neueinrichtungen vornahm. Seine letzte Thätigkeit war die Führung des Armeecommandos in Galizien zur Zeit des baierischen Erbfolgekrieges 1778/79. N., welcher sich zu den hohen Würden eines Generalfeldmarschalls und Bans von Croatien ausschließlich durch seine eigenen Verdienste emporgeschwungen, besaß bedeutende geistige Fähigkeiten, die besten Mannestugenden und eine nicht geringe wissenschaftliche Ausbildung; seinen edel angelegten Charakter kennzeichneten Uneigennützigkeit, Gerechtigkeitssinn und Wohlwollen und galt ihm als höchstes Ziel, dem Regentenhause und dem Vaterlande allzeit hingebungsvoll zu dienen. Als Organisator hat sich N. vorzugsweise im Militärgrenzgebiete hervorgethan; als Reiterführer und Feldherr wußte er manchen schwankenden Kampf günstig zu entscheiden, in vielen Fällen die Folgen unglücklicher Gefechte abzuschwächen und ist er den besten Cavalleriegeneralen seiner Zeit bei jeder Gelegenheit ehrenvoll, manchmal siegreich entgegengestanden. Noch heute läßt sich Nádasdy’s Wirksamkeit als Befehlshaber von Reitertrupps und Reitermassen in jedweder Beziehung als Muster hinstellen.

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