ADB:Neune
Rudolf v. Rotenburg überliefert, ferner ein anderes lockeres Liedchen von zwei Strophen etwa im Ton der leichtfertigen deutschen Erotika in den Carmina Burana, mit alterthümlichem Strophenbau und einem unreinen Reim, das dann unter der Ueberschrift Der Kol von Niussen von der fünften Hand der Sammlung wiederholt wird und dort unter Zotenliedern gröbsten Kalibers steht. Diese drei Gedichte enthält auch die Heidelberger Handschrift Nr. 357, die älteste deutsche Liedersammlung, unter der einfachen Ueberschrift Niune, außerdem aber noch 53 Strophen, von denen 44 durch die Pariser Handschrift für 12 verschiedene andere Dichter bezeugt sind. Es bleiben nur neun Strophen, die allein von der Heidelberger Handschrift erhalten sind: ein zweistrophiges Minnelied, das die Walther’sche Lyrik voraussetzt, eine lange Frauenstrophe von künstlichem Bau und vielleicht nur Fragment eines mehrstrophigen Liedes, im Uebrigen lauter selbständige Gedichte aus je einer Strophe bestehend, schon dadurch, aber auch durch Vers- und Strophenart sich als viel älter erweisend; einige gehören sicher noch dem 12. Jahrhundert an, vor allem eine kurze Frauenstrophe mit consonantisch unreinem Reim, welche zwischen 1160 und 1170 gedichtet sein mag. An eine einheitliche Verfasserschaft des unter Neune Ueberlieferten ist daher nicht zu denken und wir haben überhaupt kaum das Recht, einen Minnesänger dieses Namens anzunehmen, vielmehr wird ein Spielmann so geheißen haben, dessen Liederbuch, welches sein buntes Repertoire von Erzeugnissen berühmter und unberühmter Dichter, höfischer und spielmännischer, älterer und jüngerer Poesie enthielt, Aufnahme gefunden hat in der Heidelberger Handschrift, die auch sonst in Bezug auf die Autorbezeichnung ganz unzuverlässig ist. Dieser Spielmann ist vielleicht ein Oesterreicher gewesen: dafür spricht seine Umgebung in der Pariser Handschrift, die innerhalb der einzelnen Stände die Dichter landschaftlich ordnet, und die Verwechslung mit dem Kol von Neussen, dessen Name nach Oesterreich weist.
Neune. Unter dem Namen Her Niuniu gibt die Pariser Minnesingerhandschrift hinter bairisch-österreichischen Sängern und noch von der ersten Hand einen Leich und ein fünfstrophiges Lied, die sie beide vorher schon unter- Abgedruckt sind die fraglichen Strophen von Fr. Pfeiffer in seiner Ausgabe der Heidelberger Liederhandschrift, Stuttgart 1844 (Publication des Litterar. Vereins, Nr. IX), S. 118–136, dazu vgl. v. d. Hagen, Minnesinger, Bd. I S. 79b ff. (Nr. IV). 89b (Nr. XVI); Bd. II S. 171a–172b; Bd. III S. 331–332. 684a. 713a; Bd. IV S. 484–485. 646a und Apfelstedt, Zur Pariser Liederhandschrift, Germania Bd. 26 (1881) S. 225. 226. 227 f.