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ADB:Nicetius

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Artikel „Nicetius, der heilige“ von Franz Xaver Kraus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 569–570, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nicetius&oldid=- (Version vom 11. Dezember 2024, 16:03 Uhr UTC)
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Nicetius: der heilige N., Bischof von Trier (c. 527, bez. 534–566), der erste bedeutende Vorsteher dieser Kirche nach der Völkerwanderung, über den wir durch zeitgenössische Berichte zuverlässige und eingehende Nachrichten besitzen. Wir schöpfen dieselben theils aus seinem eigenen Briefwechsel (Hontheim, Hist. dipl. I, 35 ff.), theils aus Gregors von Tours Leben des Heiligen, das dieser nach den Mittheilungen des Abts Aredius von Limoges, eines Lieblingsschülers des N., zusammenstellte (Gregor. Tur. De vitis patr. c. 17, Surius V, 523. Mabillon, Act. SS. ord. Bened. Saec. I, 191, Bibl. max. XI, 953), theils aus den zwei Gedichten des Venantius Fortunatus (ad Nicetium episcopum Treverensem, ed. Leo, MG. 1881 libr. III, n° 11. p. 63 und ib. n° 12 de castello eiusdem super Mosella, p. 64 ff.), endlich aus conciliarischen Verhandlungen und andern Urkunden, welche Ad. Goerz (Mittelrh. Regesten, Cobl. 1876, I, S. 5 bis 10) vereinigt hat. Heimath, Abstammung und Jugendgeschichte des N. sind unbekannt, doch vermuthet Brower (zu Venant. Fortun. p. 74) nicht ohne Grund, daß er ein Verwandter des von Sidonius Apollinaris (Ep. VIII, 6) genannten Nicetius, eines Auvergnaten, war, da N. von König Theoderich aus der Auvergne nach Trier gesandt wurde. Dieser hatte ihn als Abt eines Klosters (zu Limoges?) kennen gelernt und ernannte ihn nach dem Ableben des Aprunculus zum Bischof von Trier, wo indessen das Volk den hl. Gallus gewünscht hatte. Mit königlichem Geleite, dessen Ausschreitungen der Bischof noch auf der Reise zügelte, gelangte er nach Trier, das damals, nach den mehrfachen Zerstörungen des 5. Jahrhunderts, halb in Trümmern gelegen haben muß (527 nach Hontheims’ nicht unwahrscheinlicher Annahme, s. Goertz a. a. O. S. 5). Seine erste Sorge dürfte die Wiederherstellung des Trierer Doms gewesen sein (Venant. Fort.: templa vetusta Dei renovasti in culmine prisco, et floret senior te reparante Domus u. s. f.); die in unserer Zeit von v. Wilmowsky (Dom von Trier. Tr. 1874) angestellten Untersuchungen haben eine umfangreiche fränkische Restauration bez. einen Umbau erwiesen, der nur auf N. zurückzuführen ist. Interessant ist, daß N. ohne Zweifel zu diesem Geschäft sich italienische Künstler kommen ließ, wie aus einem von Verehrung für ihn glühenden Schreiben eines Bischofs Rufus (von Octudurum = Martigny im Wallis, Honth. I, 37 zum J. 549. Bouquet IV, 75 u. s. f.) hervorgeht. Einen anderen bedeutenden Bau des Bischofs beschreibt Venantius in dem zweiten der angeführten Gedichte: es war ein Castell, das in herrlicher Lage, nahe bei einem Orte Namens Mediolanum aus einem von dem winzigen Rhodanus umflossenen Berge, mit weiten Mauern und dreißig Thürmen geschützt, angelegt war. Die Burg war dreistöckig; zu ihren Befestigungen gehörte ein auf einer Ballista angebrachter Thurm, im Innern der Umwallung sah man Canäle, Weinberge und Obstgärten, selbst eine Mühle und eine Bauernwohnung (casa). Der Thurm mit der Ballista diente zugleich als Capelle – sanctorum locus est – eine der classischen Belegstellen für die Fortification kirchlicher Denkmäler im frühen Mittelalter. Die Ansicht Brower’s, welcher dieses Castell in der Ruine Bischofstein an der Untermosel suchte, ist jetzt aufgegeben; mit mehr Recht sucht Schmitt (Kirche des h. Paulin 398) es auf dem von der Dhron umspülten Bergvorsprung bei Emmel, nicht weit von Neumagen, dessen großartige römische Reste in den letzten Jahren durch Dr. Hettner aufgelegt wurden. Als Bischof zeigte sich N. streng in der Aufrechthaltung der Zucht, selbst den Königen Theodebert und Chlotar I. gegenüber, sodaß es den Ränken seiner Gegner gelang, ihn ins Exil zu treiben, aus dem ihn K. Sigebert I. 561 zurückrief (Greg. Tur.). Nicetius’ Thätigkeit war natürlich nicht auf seinen Sprengel beschränkt: wir treffen ihn als Theilnehmer der Synoden zu Clermont am 8. Novbr. 535 (Mansi, Conc. VIII, 363), zu Orléans am 28. Octbr. 549 (ebd. IX, 127), wiederum [570] zu Clermont 549 (ebd. IX, 142), zu Toul am 1. Juni 550, wo er den Vorsitz führte (Hartzheim I, 13) und wo nicht anwesend gewesen zu sein der Bischof Mappinius von Rheims in einem uns aufbewahrten Schreiben ad Nicetium Trevirensem (Bouquet, Recueil IV, 68. Mansi IX, 147. Hontheim I, 38) bedauert; ferner auf der 2. Synode zu Paris, welche König Childebert berufen (Mansi IX, 739). Von seiner Theilnahme an den dogmatischen Streitigkeiten der Zeit zeugen dann ein undatirter Brief des N. an den oströmischen Kaiser Justinian, in welchem er dessen Stellung zu den monophysitischen Händeln bedauert (Bouquet IV, 78. Hontheim V, 47) und ein Schreiben desselben an Clodoswinda, die Gemahlin des Longobardenkönigs Alboin, Tochter Chlotars I., in welchem sie aufgefordert wird, sich zu bemühen, daß ihr Gemahl sich vom Arianismus zur orthodoxen Lehre bekehre (Mansi IX, 769. Bouquet IV, 76. Honth. I, 49). Von anderen Beziehungen melden uns die beiden Briefe des Abts Florian von Romain-Moutier im Waadtland, in deren erstem Nicetius’ Fürsprache bei König Theodebald für das Kloster Lerina am Mittelmeer (insula Lariensis quae Christopolis dicitur) erfleht wird (Bouquet IV, 67. Honth. I, XLI), während der zweite den Schreiber und dessen Bischof Datius von Mailand dem Gebete unsers Heiligen empfiehlt (Bouquet IV, 66. Honth. I, 35). Beide Briefe mögen zwischen 550–561 fallen; der erstere nennt N. zuerst archiepiscopus. Aus Nicetius’ letzten Lebensjahren erfahren wir durch Gregor von Tours, daß die Stadt seinem Gebete die Abwendung einer schrecklichen, in den Trierschen Landen hausenden Pest (pestis inguinaria) zuschrieb (560–565). Endlich erkrankte er an einem leichten Fieber und starb nach dem Trierschen Kalender am 1. October, nach der auch von Hontheim (Prodrom. I, 369) adoptirten Annahme des Martyrol. Roman. am 5. December. Als Todesjahr nehmen Mabillon (Ann. Ben. I, 594) und Hontheim 566 an, während Brower und Masen 563 setzen. Er fand sein Grab in S. Maximin und hatte den hl. Magnerich zum Nachfolger.

Vgl. Clouet, Prov. de Trév. I, 414–451. – Marx, Gesch. des Erzstifts Tr. I, 82–85. II, 377 f. – Rettberg I, 462. – Friedrich II, 181–191. – Steininger, Gesch. d. Trevirer unter d. Herrsch. d. Franken, Trier 1850, S. 13 ff. – Martini im Kirchl. Amtsanzeiger für die Diöcese Trier, 1855, S. 71–74. – Mandernach, Die Schriften des hl. Nicetius, Bischofs v. Tr., Mainz 1850. – F. Kayser, Leben und Schriften des h. N., Tr. 1873.