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ADB:Otto III. (Herzog von Niederbayern)

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Artikel „Otto III. (Herzog von Niederbayern)“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 651–654, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Otto_III._(Herzog_von_Niederbayern)&oldid=- (Version vom 2. Dezember 2024, 02:18 Uhr UTC)
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Otto III., Herzog von Niederbaiern, König von Ungarn, als Sohn H. Heinrich’s XIII. von Niederbaiern und der Elisabeth von Ungarn (angeblich 11. Februar 1261) geboren, regierte in Niederbaiern von 1290 bis zu seinem Tode (9. Sept. 1312). Nach einer Bestimmung seines Vaters fiel ihm die ersten vier Jahre die Alleinregierung zu; seine jüngeren Brüder, wiewol schon vorher volljährig, traten erst im Sommer 1294 als Mitregenten ein. Im Beginn seiner Regierung drohte ein Krieg mit dem vom Papst Nicolaus neu ernannten Erzbischofe Konrad von Salzburg. Das Domcapitel hatte Otto’s Bruder Stephan gewählt, und um diesem das Stift zu verschaffen, verbündete sich O. (27. Febr. 1291) mit Propst, Capitel und Ministerialen von Salzburg. Bald aber zogen er und Erzbischof Konrad vor, ihre Kräfte gemeinsam gegen Oesterreich zu wenden und schlossen am 14. October unter Vermittlung des Bischofs Heinrich von Regensburg Frieden. O. hatte sich in Wien im Januar 1279 mit Katharina, Tochter des Königs Rudolf I., vermählt, die nach wenigen Jahren ihren zwei einzigen Kindern im Tode folgte, so daß seine verwandtschaftlichen Bande mit Habsburg wieder gänzlich gelöst waren. Wegen Katharinen’s Mitgift war schon damals zwischen den Nachbarn Krieg ausgebrochen und es scheint, daß die Bedingungen des Friedensvertrages, der diesen beendete, [652] O. nicht befriedigten. Als nun der steierische Adel gegen Herzog Albrecht von Oesterreich sich erhob – nach einem Berichte soll er sogar dem Herzoge O. als seinem Herrn gehuldigt haben – brach O. im Verein mit Erzbischof Konrad vor Lichtmeß 1292 trotz grimmiger Winterskälte über Rottenmann in Steiermark ein, aber Albrecht’s unerwarteter Uebergang über den Semmering zwang ihn zu einem nicht ohne namhafte Verluste ausgeführten Rückzuge. Im Spätherbst und Winter belagerte O. vier Monate lang die Burg Neuburg am Inn, die ihm für die Mitgift seiner Gemahlin verpfändet, nach dem Schiedspruche von 1283 aber an Oesterreich zurückgestellt worden war. Der Friede von Linz (25. Mai 1293) stellte zwischen Baiern und Oesterreich den Besitzstand vor dem Kriege, keineswegs aber ein freundnachbarliches Verhältniß her; vielmehr zieht sich die Feindschaft gegen Oesterreich mit geringen Unterbrechungen wie ein rother Faden durch Otto’s ganze Regierung. Auf das Hilfsgesuch seines Salzburger Verbündeten führte er 1296 wieder eine Truppenmacht, dabei 600 Panzerreiter, nach der Steiermark und diesmal mit besserem militärischem Erfolge. Albrecht wurde gezwungen sich von Radstadt, dessen Belagerung er begonnen hatte, zurückzuziehen. In dem Frieden zu Passau (27. Febr. 1298) verstand sich der Habsburger zur Zahlung einer Abfindungssumme von 2000 Mark an O., ein ungenügender Ersatz für die Kosten der langwierigen Kriegsführung. Als der Kampf zwischen Habsburg und Nassau um die deutsche Krone entbrannte, verdankte es Albrecht wahrscheinlich dem Passauer Frieden, daß O., der sich eng an König Adolf angeschlossen hatte, ihm den Durchzug durch Niederbaiern nicht verwehrte. O. führte seine Streitmacht dem Könige Adolf zuhilfe an den Rhein. Unterwegs am 17. April 1298 von Graf Albert von Hohenberg, einem eifrigen habsburgischen Parteigänger, bei Oberndorf am Neckar überfallen, erwarb er sich großes Ansehen durch einen glänzenden Sieg; der Graf von Hohenberg selbst und mehrere Hundert seiner Leute blieben auf dem Platze. In der Entscheidungsschlacht bei Göllheim aber, wo die Baiern im Heere des Nassauers das erste Treffen bildeten, konnte O. die Niederlage nicht abwenden und trug selbst drei schwere Wunden davon. Diese unglückliche Schlacht und Adolf’s Fall zwangen ihn, seinen alten habsburgischen Gegner als König anzuerkennen. Die Versöhnung zwischen beiden Fürsten soll auf dem Hoftage zu Ulm im Februar 1300 erfolgt sein. Im Sommer 1301 unterstützte O. den König im Kriege gegen den Erzbischof von Mainz; er nahm an der Belagerung Bingens theil und trug nach dessen Uebergabe viel dazu bei, den Vertheidigern milde Behandlung zu erwirken. Dem Könige Wenzel II. von Böhmen hatte O. im Sommer 1300 eine kleine Kriegshilfe zuzuführen versprochen, wofür er eine Anweisung auf 5000 Mark empfing. 1302 und 1304 aber schloß er mit König Albrecht’s Söhnen, den österreichischen Herzogen Rudolf und Friedrich, Bündnisse gegen Wenzel und im Herbst 1304 zog er mit Albrecht gegen ihn zu Felde; er soll es gewesen sein, der dem Könige damals den Sturm auf das wohlbesetzte Kuttenberg widerrieth. Im kommenden Winter aber vollzogen die niederbaierischen Herzoge, von den Oesterreichern für ihre Kriegsleistungen nicht entschädigt und von König Wenzel durch glänzende Anerbietungen gewonnen, wiederum einen Parteiwechsel und traten auf die böhmische Seite über. O. empfing von Wenzel mehrere tausend Mark, die Bestallung als sein oberster Kriegshauptmann und wahrscheinlich den Verzicht auf seine ungarischen Ansprüche. Schon vor einigen Jahren, als nach dem söhnelosen Tode des letzten Arpaden, Königs Andreas, ungarische Große den niederbaierischen Herzogen, von mütterlicher Seite Enkeln König Bela’s IV. von Ungarn, die Königskrone ihres Reiches anboten, war die verführerische Lockung der ungarischen Herrschaft O. nahe getreten. Damals hatten die Niederbaiern abgelehnt, worauf [653] sich die Ungarn an König Wenzel von Böhmen gewendet und dieser für seinen Sohn angenommen hatte. Nun aber verzichtete der jüngere Wenzel zu Otto’s Gunsten, während gleichzeitig aus Ungarn Nachrichten einliefen, daß der vom Papste aufgedrungene Gegenkönig Karl Robert von Anjou von Tag zu Tag an Ansehen verliere. Von einer starken ungarischen Partei gerufen, im Besitz der Krone, die ihm der junge Wenzel abgetreten hatte und die nach den Anschauungen der Zeit schon ein gewisses Uebergewicht verlieh, reiste denn O. im September 1305 auf Umwegen und als Kaufmann verkleidet nach Ungarn. Als die Reisenden bei Fischamend über die Donau fahren wollten, bemerkten sie, daß sie das kostbarste Stück ihres Gepäcks, die Krone, verloren hatten. Einer von Otto’s Begleitern kehrte um und war so glücklich, sie in einem Sumpfe, in den sie aus dem Wagen herabgefallen war, wieder zu finden. Am 6. December 1305 ward O. unter dem Namen Bela V. zu Stuhlweissenburg gekrönt. Seine Lage schien sich anfangs nicht ungünstig zu gestalten: die Eifersucht der Habsburger wurde durch einen Versuch, den dieselben damals auf Böhmen machten, abgelenkt, Karl Robert mit seinem Anhange von O. nach Dalmatien zurückgedrängt. Bald aber zeigte sich, daß die mächtigen ungarischen Großen O. theils gar nicht, theils nur soweit, als ihnen gefiel, gehorchen wollten, und daß seine Macht nicht ausreichte, diesen widerspenstigen Adel zu unterwerfen. Als um Georgi 1307 Otto’s baierische Begleiter, vom Nationalhaß der Ungarn vertrieben, in die Heimat zurückkehrten, konnten sie über die Lage ihres Herrn wenig Gutes berichten. Eben damals aber war durch Verrath schon ein jähes Ende über diese Fremdherrschaft hereingebrochen. In Siebenbürgen hatte der Vajda Ladislaus Apor die Macht an sich gerissen. Diesen suchte O. durch persönliches Entgegenkommen zu gewinnen und nachdem er seine Huldigung erlangt hatte, hielt er um die Hand seiner Tochter an. Seine Hochzeit zu feiern, reiste er im Frühling 1307 zum zweiten Male nach Siebenbürgen; da nahm ihn der Fürst, dessen Schwiegersohn er werden wollte, verrätherisch fest und hielt ihn auf dem Schlosse Weissenburg gefangen. Es wird behauptet und klingt nicht unwahrscheinlich, daß ihn König Albrecht bestochen habe. Mit Hilfe Emerich Zerény’s gelang O. die Flucht und nach abenteuerlichen Schicksalen – eine Zeit lang befand er sich im Gewahrsam des russischen Großfürsten – gelangte er im Februar 1308 in die Heimath zurück, bitter enttäuscht gleich anderen Wittelsbachern, die später fremde Kronen annahmen, aber als Bräutigam: unterwegs hatte er sich in Schlesien mit Elisabeth, Tochter des Herzogs Heinrich von Glogau verlobt. Am 18. Mai 1309 feierte er zu Straubing seine Hochzeit. Gleich nach seiner Rückkehr hatte er den Krieg gegen Oesterreich wieder aufgenommen, einen gegen Herzog Friedrich in dessen eigenem Lande ausgebrochenen Aufstand unterstützt und nach mehr als dreimonatlicher Belagerung im Februar 1310 die Burg Neuburg, nachdem die Mauern durch Untergrabung zum Sturz gebracht waren, endlich in seine Gewalt gebracht, während ein Angriff auf die Burg Wernstein scheiterte. Im November schlugen die niederbaierischen Herzoge Friedrichs Heer am Inn in die Flucht und machten reiche Beute. Ein edler Zug wird hier von O. überliefert: als eine Schaar österreichischer Adeliger, die auf dem Inn zu Schiff entfliehen wollten, von baierischen Bogenschützen vom Ufer her bedroht, vor sich nur Tod oder Gefangenschaft sehend, sich flehend an den Herzog wandte, der zu Pferd am Ufer hielt, antwortete er: „Wer seinem Herrn treu dient, ist werth auch von anderen geehrt zu werden“, und gewährte den Bedrängten freien Abzug. Der Friede von Salzburg (2. Febr. 1311) ließ Schärding in baierischen, Wernstein und Neuburg in österreichischen Händen. Im Frühjahr 1311 betheiligte sich O. dann an der großen Friedensversammlung zu Passau. Neben und zwischen den österreichischen Kriegen hatte sich O. auch auf andere Waffenunternehmungen [654] eingelassen, 1294 auf eine Fehde mit dem Grafen Albrecht von Hals, 1297 auf eine Heerfahrt nach Flandern und Krieg mit der Stadt Regensburg. Zudem waren die Kosten für drei Hofhaltungen nebeneinander aufzubringen. O. wie seine Brüder befanden sich daher in der Regel in drückender Geldnoth, die sich besonders mißlich fühlbar machte, als die Herzoge im Frühjahr 1295 wegen Schulden in Regensburg Einlager halten, d. h. Zwangsaufenthalt nehmen mußten. Die auf Einschränkungen abzielenden Hofordnungen von 1293 und 1294, die Verpfändung mehrerer Gerichte an das Bisthum Regensburg, der Verkauf des Gasteiner Ländchens an Salzburg (1297), wol auch die Vermiethung von Truppen an den Böhmenkönig, waren Folgen dieser unaufhörlichen Geldverlegenheiten. Als dann später gar die ungarische Unternehmung die finanzielle Zerrüttung vollendete, sah sich der Herzog genöthigt, durch ein wichtiges politisches Zugeständniß von den Ständen seines Landes die Bewilligung einer außerordentlich hohen Nothsteuer zu erlangen. Durch die sogenannte Ottonische oder Große Handfeste vom 15. Juni 1311, eine Urkunde, welche für Niederbaiern den wichtigsten Schritt in der Entwicklung des landständischen Wesens bezeichnet, opferte der Herzog, um von seinen Unterthanen eine einmalige, aber ergiebige Geldhilfe zu erlangen, die Quelle einer regelmäßig wiederkehrenden Einnahme, indem er seinen Ständen, Adel, Geistlichkeit und Städten, die niedere Gerichtsbarkeit und dem Clerus überdies die Testirfreiheit bewilligte. Zugleich schlossen damals die Stände eine vom Herzoge selbst als rechtsbeständig anerkannte Eidgenossenschaft zu Hilfe gegen jeden Rechtsbruch des Herzogs und seiner Beamten. O. starb zu Landshut am 9. Sept. 1312, nachdem er auf dem Sterbebette seiner Bürgerschaft von Landshut und Straubing auf die Seele gebunden hatte, daß Ludwig von Oberbaiern, der spätere römische König, die Vormundschaft über die von ihm und seinem Bruder Stephan hinterlassenen unmündigen Söhne führen sollte. Merkwürdig ist, daß er erst im Juni 1300 zugleich mit seinem Bruder Stephan und mit 170 Rittern zu Landshut vom Erzbischofe Konrad von Salzburg den Ritterschlag empfangen hat.

Böhmer, Wittelsbach. Regesten. – Lorenz, deutsche Gesch. II. – Feßler-Klein, Gesch. v. Ungarn, 2. Aufl., Bd. II. – Riezler, Gesch. Baierns, II.