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ADB:Pancratius, Michael

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Artikel „Pancratius, Michael“ von Georg Daniel Teutsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 116–117, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pancratius,_Michael&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 03:16 Uhr UTC)
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Pancratius: Michael P., Doctor beider Rechte, † als Bischof der evangelischen Kirche A. B. in Siebenbürgen und Pfarrer in Birthälm am 11. Juli 1690. Die sächsische Nation in Siebenbürgen, die ihren siebenhundertjährigen volksthümlichen Bestand zu einem großen Theil ihrem, selbst in der Zeit, da das Land unter türkischer Oberherrlichkeit stand, nie unterbrochenen innigen geistigen Zusammenhang mit dem deutschen Mutterland verdankt, hat sich zu aller Zeit einer stillen, wenn auch an Zahl nicht sehr großen, doch in einzelnen Persönlichkeiten wiederholt sehr bedeutsamen Einwanderung aus Deutschland zu erfreuen gehabt. Auch P. gehört einem solchen Hause an. Sein Großvater, Georg P., entstammte einer adeligen Familie in Oesterreich, war am Anfang des 17. Jahrhunderts mit den Truppen des kaiserlichen Generals Basta nach Siebenbürgen gekommen und nach dem Abzug dieser hier zurückgeblieben. In Mühlbach, im Sachsenland fand er eine neue Heimath. Sein Sohn Martin P. wurde 1637 Pfarrer in Kelling und hinterließ bei seinem Tode (1644) Michael P. (geb. am 28. September 1631) als dreizehnjährigen Knaben. Diesen nahm die Schule von Heltau in ihre Pflege, aus der er 1648 nach Klausenburg, 1649 nach Preßburg, 1650 nach Tyrnau ging. Von 1652 an hat er Wien, Nürnberg, Wittenberg besucht; eine längere Reise führte ihn später zu zehn weitern Hochschulen; 1659 begleitete er von Hamburg zwei Söhne des Ritters Joachim v. Brockdorf auf die Universität Rostock, promovirte hier 1661 zum Doctor beider Rechte und hielt Vorlesungen über Geschichte und Rhetorik. Da riefen ihn 1667 die evangelischen Stände von Oberungarn an das neu gegründete Gymnasium von Eperies, dessen Erbauung der Graner Erzbischof Georg Szeleptscheny nicht hatte hindern können. Am 18. October hielt P. hier eine der Eröffnungsreden und lehrte in der Folge praktische Philosophie, die Rechte, Geographie und Geschichte. Schon im folgenden Jahr folgte er dem Ruf in das Hermannstädter Rectorat, in das er am 9. Januar 1669 feierlich eingeführt wurde. Nach anderthalb Jahren wurde er zum Pfarrer von Neudorf, 1671 zum Stadtpfarrer von Mediasch gewählt; am 5. November 1686 stellte ihn die geistliche Synode durch die Berufung zum „Bischof“ – die Stelle war zugleich mit der Pfarre von Birthälm verbunden – an die Spitze der evangelischen Kirche. Das war in demselben Jahr, als eben der erste Act in der orientalischen Frage durch die Wiedereroberung Ofens aus der Gewalt der Türken begonnen hatte. Die Schwere der Zeit, in der Siebenbürgen aus der Schutzherrlichkeit des Sultans in die des Hauses Oesterreich nun bald mit raschen Schritten überging, legte dem Land große Lasten auf, die am drückendsten auf die sächsische Nation und ihre Geistlichkeit fielen. Schon im Mai 1686 hatten die Stände auch auf den Clerus des Landes eine außerordentliche Steuer aufgeschlagen, auf den katholischen 100, den unitarischen 600, den reformirten 1000, den evangelischen (sächsischen) 14 000 Thaler. Da ähnliche Forderungen sich jährlich wiederholten, drohte vielen sächsischen Pfarren die Gefahr der Verödung; es ist ein Verdienst von P., der durch gerechte Vertheilung der Last diese zu erleichtern suchte, daß jene den Muth nicht ganz verloren und ein noch größeres, daß er durch ein ernstes, immer wieder auf den Grund der alten Ordnungen zurückweisendes Kirchenregiment, den sittlichen Geist innerhalb der Kirche streng aufrecht zu halten suchte und den centrifugalen Kräften, die bei der Noth des Tages in der Vereinzelung und in der Lockerung der kirchenregimentlichen Einheit das Heil suchten, mit Erfolg Widerstand leistete. Von dem Umfang und der Tiefe seiner kirchenrechtlichen Kenntnisse, auf welchen er hierbei fußte, zeugen die Acten seiner Amtsführung, die, auch culturgeschichtlich höchst lehrreich, in einem Sammelband erhalten sind, und dazu ein umfangreicher Foliant, der nebst einigen Originalien eine sehr große Zahl Abschriften von Urkunden, Synodalverhandlungen und werthvollsten anderweiten kirchenrechtlichen Acten, größtentheils [117] von P. selbst geschrieben, enthält, die umfassendste Sammlung bis zu dieser Zeit, beide Bände mit vielen Stücken, die sich sonst nicht erhalten haben und auch dadurch ein nicht hoch genug zu schätzendes Quellenwerk für das evangelisch-sächsische Kirchenrecht Siebenbürgens bildend. Das gesammte Material wird gegenwärtig in der Handschriftenabtheilung der Bibliothek der evangelischen Landeskirche A. B. in Hermannstadt aufbewahrt.

Johann Seiverts Nachrichten von Siebenbürgischen Gelehrten. Preßburg 1785. – J. S. Klein, Nachrichten von den Lebensumständen evangelischer Prediger in Ungarn. Leipzig 1789, II, 337. – Jos. Trausch, Schriftstellerlexicon der Siebenb. Deutschen. Bd. III. Kronstadt 1871. – G. D. Teutsch, Die Bischöfe der evang. Landeskirche A. B. in Siebenbürgen in: Statistisches Jahrbuch der evang. Landeskirche. A. B. in Siebenb. 1. Jahrgang. Hermannstadt 1863.