Zum Inhalt springen

ADB:Panofka, Heinrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Panofka, Heinrich“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 124–125, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Panofka,_Heinrich&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 11:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Panofka, Theodor
Band 25 (1887), S. 124–125 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Panofka in der Wikipedia
Heinrich Panofka in Wikidata
GND-Nummer 116023236
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|25|124|125|Panofka, Heinrich|Robert Eitner|ADB:Panofka, Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116023236}}    

Panofka: Heinrich P., Violinist, Gesanglehrer, Musikschriftsteller und Componist, geboren am 2. October 1807 in Breslau, wurde von seinem Vater, der sich in wohlhabenden Verhältnissen befand, zur juristischen Laufbahn bestimmt, erhielt aber bereits als Knabe Violinunterricht und machte so rapide Fortschritte, daß er schon im Alter von zehn Jahren sich öffentlich hören ließ. Obgleich der Vater das gesteckte Ziel nicht aus den Augen ließ, sorgte er doch dafür, daß sein Sohn auch musikalisch durch die besten Lehrer in allen Fächern der Kunst ausgebildet wurde. Nachdem P. 1824 die Breslauer Universität auf Wunsch des Vaters bezog, um Jura zu studiren, stimmte er doch den Willen desselben endlich zu seinen Gunsten um und ging nach Wien, um bei dem damals berühmten Violinisten Mayseder Unterricht zu nehmen und bei Hoffmann die Composition zu studiren. Im Jahre 1827 trat er dann mit brillantem Erfolge in Wien auf und errang sich dadurch den Ruf eines bedeutenden Virtuosen, den er dann in München und Berlin auszubeuten suchte. Doch seine geistigen Anlagen wiesen ihn weder auf die Bahn eines Virtuosen, noch auf diejenige eines Componisten und als er 1831 durch den Tod seines Vaters in den Besitz eines ausreichenden Vermögens gelangte, vernachlässigte er beide Fächer und wandte sich mehr der wissenschaftlichen Seite der Kunst zu. Die Bekanntschaft mit A. B. Marx in Berlin mochte wol das Interesse für diese Seite der Kunst in ihm erweckt haben und die Aufforderung desselben an seiner Musikzeitung mitzuarbeiten erfaßte er mit großem Eifer. 1832 überredete ihn zwar sein Freund Wenzelaus Hauck, ein tüchtiger Pianist, zu einer Concerttour durch Deutschland, doch das Wanderleben als Virtuose sagte ihm so wenig zu, daß er es bereits im Jahre 1833 aufgab und wieder nach Berlin zurückkehrte, wo er in dem Hause seines Bruders eine zweite Heimath fand. Als dieser aber 1834 starb, wandte er sich nach Paris. Hier lernte er den Gesanglehrer Bordogni kennen und sein Interesse wandte sich nun ausschließlich dem Gesangfache zu. Der Umgang mit den sich damals in Paris aufhaltenden ersten Gesangsgrößen, wie Rubini, Lablache, Donzelli, David, den Sängerinnen Fodor, Sontag u. a. nahm ihn dermaßen gefangen, daß sein ganzes Streben der Ausbildung der menschlichen Stimme sich zuwandte. Auch setzte er alle Hebel in Paris in Bewegung, um dort ähnliche Gesangvereine wie die in Deutschland zu gründen, wobei ihm besonders die Berliner Singakademie als nachahmungswerth vor Augen stand. Theils allein, theils mit dem Fürsten von Moskowa (Sohn des Marschalls Ney) versuchte er ein Gesangsinstitut zu [125] gründen, doch waren alle Bestrebungen in dieser unruhigen politischen Zeit in Paris etwas Dauerndes zu schaffen, vergeblich. Einige Gesangsaufführungen setzte er allerdings durch, doch bestand sein Programm so ausschließlich aus Compositionen des 16. und 17. Jahrhunderts, daß die Pariserinnen an den ferneren Uebungen wohl den Geschmack verloren haben mögen. P. schien die Pariser Luft nicht mehr zu behagen, er nahm daher das Anerbieten des Directors der italienischen Oper in London, Herrn Lumley, die Direction des Chores zu übernehmen im Jahre 1848 an. In London war damals die Elite europäischer Sänger versammelt, so Jenny Lind, Fraschini, Coletti, Staudigl, Gardoni u. a. und P. empfing hier von neuem Anregung die Kunst des Gesanges zu studiren. Eine Reihe von Gesangsstudienwerken, die er in dieser Zeit herausgab, geben Zeugniß von seinen Beschäftigungen, darunter die in London bei Ewer & Co. erschienene „Practical singing tutor“, ferner die Vorschule: „Abécédaire vocal“, die „24 vocalises progressives“ und die „12 vocalises d’artiste“; andere Solfeggien für Contralto, für Baß, „Erholung und Studien“, „86 nouveaux exercises“ u. a. Nach dem Staatsstreich von 1852 kehrte P. doch wieder nach Paris zurück und gab im Jahre 1855 oder 56 sein am weitesten bekannt gewordenes und geschätztes Werk: „L’art de chanter“ heraus (Paris bei Brandus). Diese Gesangschule wurde ins Italienische (Mailand bei Ricordi) und ins Deutsche übersetzt (Leipzig bei Rieter-Biedermann) und herausgegeben und rief anfänglich unter den Fachmännern eine lebhafte Opposition hervor, da dies Werk, wie Aug. Gathy in der Neuen Zeitschrift für Musik schreibt, durch die kecken Neuerungen großes Aufsehen erregte und bei vielen in unkritischer Gewohnheit beharrenden Nachbetern des Hergebrachten, ja durch die Zeit gleichsam Geheiligten, eine gewaltige Entrüstung hervorrief. Als sich aber die ersten Institute, wie das Pariser Conservatoire, die Akademie der schönen Künste, Autoritäten wie Fétis, Roger, Tamburini dafür erklärten, so gewann das Werk immer mehr Boden und legte den Grund zu der heutigen Gesanglehre auf physiologischen Studien. Seit 1866 soll P. in Florenz gelebt haben. Das Datum seines Todes ist nicht bekannt geworden.[1] Außer den Gesangschulwerken gab er auch eine Anzahl Violincompositionen heraus, die aber mehr in die frühere Zeit seines Lebens fallen. Als opus 48 berichtet die Leipziger Musikzeitung über eine „Grande Sonate dramatique pour Violon et Piano“ (Wien bei Haslinger), von der sie aber wenig erbaut ist. Erfindung und Ausarbeitung zeigen so wenig Originelles, bewegen sich nur in ausgetretenen Wegen, daß der Eindruck wenig anregend ist. In späteren Jahren wandte er sich der geistlichen Gesangmusik zu, von denen auch einige in Paris erschienen, in Deutschland aber nicht bekannt geworden sind. Mit besonderer Vorliebe beschäftigte er sich mit den musikalischen Tagesfragen und seine zahlreichen Artikel waren in den Musikzeitungsredactionen gern gesehene Gäste. Die Neue Zeitschrift für Musik, von Rob. Schumann 1834 gegründet, zählte ihn vom ersten Jahrgang ab zu ihren Mitarbeitern, ebenso stand er mit französischen Musikzeitungen und mit dem Tageblatte Temps in lebhafter Verbindung.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 125. Z. 23 v. u.: Panofka ist erst am 18. November 1887 in Karlsruhe gestorben. [Bd. 28, S. 808]