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ADB:Pfyffer von Altishofen, Ludwig

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Artikel „Pfyffer, Ludwig“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 727–737, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfyffer_von_Altishofen,_Ludwig&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 04:32 Uhr UTC)
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Pfyffer: Ludwig P., Schultheiß zu Luzern, geb. 1524, † am 17. März 1594. – Erst 1483 war das Geschlecht der Pfyffer durch Aufnahme des Johannes P., der, von Rothenburg in der Luzerner Landschaft gekommen, in der Stadt ein Tuchgewerbe betrieb, in das Bürgerrecht in Luzern festgewachsen. Aber schon dieser Johannes, der 1508 in den Kleinen Rath kam und erst 1540, 102 Jahre alt, starb, stieg zu einer ansehnlichen Stellung empor. Ein Sohn erster Ehe, Leodegar, der das bedeutend erweiterte Tuchgeschäft antrat, wurde Seckelmeister. Aus der dritten Ehe, welche ganz besonders Reichthum und Ansehen gebracht hatte – mit Margaretha Kiel, der Schwester des 1569 zu Basel verstorbenen Humanisten Ludwig Kiel oder Carinus – hinterließ Johannes vier Söhne, und von diesen wurde Jost (der Aeltere) 1558 Schultheiß, Kaspar, der jüngste, 1585 Mitglied des Kleinen Rathes. Schultheiß Jost hatte gleich 1559 die Stelle des Austheilers der Pensionen von der französischen Botschaft erhalten und war nun, seit 1563 in den französischen Adelsstand erhoben, in seiner einflußreichen Stellung in die Lage gesetzt, theils das Uebergewicht der französischen Interessen, theils die Einwirkung der eigenen Familie in immer ausdrücklicherer Weise in Luzern zu begründen. – Ludwig war ein Sohn des Leodegar, und er betrieb als junger Mann mit seinen Brüdern das vom Großvater und Vater ererbte, durch eigene Geschäftsreisen stets mehr erweiterte Tuchgeschäft. Außerdem wurde er 1548 Mitglied des Großen Raths, verwaltete dann zwei kleinere Vogteien des Landgebietes. Darauf gab er den Handelsbetrieb auf und widmete sich im J. 1553, an dessen Ende er auch in den Kleinen Rath gelangte, dem Kriegsgewerbe, indem er ein erstes Mal als Fähndrich in König Heinrichs II. Dienst nach Frankreich zog. Erst im Herbst 1557 erscheint P. nachweislich wieder, und zwar jetzt als Hauptmann eines Luzerner Fähnleins im Regimente Lucas Ritter’s, in der Picardie: er nahm an der Einnahme von Calais und von Guines, im Januar 1558, Theil. Aber auch in der Heimath stieg er dazwischen zu immer höheren Amtsstellen empor, [728] so 1558 zu der Verwaltung von Willisau, der wichtigsten Luzerner Landvogtei; anderentheils begann er, als Abgeordneter Luzerns bei eidgenössischen Jahrrechnungen oder bei politischen Missionen mitzuwirken. Doch die große Rolle, welche P. dann in Frankreich zu spielen berufen war, setzt nicht vor dem Tode Heinrichs II. ein. Erst unter dessen zweitem Nachfolger, Karl IX., mit dem vollen Ausbruche der französischen Religionskriege, wurde es den Hilfstruppen der katholischen Kantone möglich, in den inneren Kämpfen confessioneller Färbung dem Königshause der Valois sich in so wesentlichem Maße nützlich zu machen. Als Hauptmann des Luzerner Fähnleins beim zweiten Aufbruche des Jahres 1562, Mitte October, kam P. nach Burgund und wurde da gleich, als sich die gesammten Fähnlein nach eidgenössischem Brauche zum Regiment ordneten, zu deren Obersten erwählt, so daß durch ihn die Abtheilung dem schon im Juni abmarschirten Regiment Fröhlich nach Paris zugeführt wurde. Die Vereitelung der vom Prinzen von Condé beabsichtigten Besetzung von Corbeil, 23. November, war die erste glückliche Waffenthat, bei welcher P. ein größres Commando inne hatte. Nach der Vereinigung der Verstärkung mit dem Regimente Fröhlich ging freilich der Befehl an diesen weit älteren, im französischen Dienste schon lange erprobten Solothurner Officier über. Aber schon am 4. December erlag Fröhlich einer kurze Zeit dauernden Krankheit, worauf der Luzerner Tammann den Befehl über das vereinigte Regiment antrat. Am 19. kam es bei Blainville – die Bezeichnung des Ereignisses nach der Stadt Dreux ist weniger genau – zu der blutigen Schlacht, welche durch die tapfere aber verlustreiche Haltung der Schweizer einen günstigen Ausgang für die Königlichen nahm. Auch Tammann war unter den Gefallenen, und nun wurde P. von den Hauptleuten als Statthalter für den obersten Befehl bestellt. Nachher, 1563, betheiligten sich die Schweizer noch an den Belagerungen von Orleans und von Havre, das infolge des Vertrages der Hugenotten mit der Königin Elisabeth durch die Engländer besetzt worden war; aber im December des Jahres wurde das Regiment in Nachwirkung des Friedensschlusses von Amboise entlassen. – Zurückgekehrt wurde P. zur obersten kriegerischen Beamtung seiner Heimath, derjenigen des Pannerherrn, erhoben, und 1566 war er einer der Gesandten gemeiner Eidgenossen auf dem Reichstage zu Augsburg behufs Bestätigung der Freiheiten von Seiten Kaiser Maximilian’s II., wobei dieser den Luzerner Abgeordneten, besonders auch durch Verleihung der Ritterwürde, vorzüglich auszeichnete. Allein Pfyffer’s Interessen waren doch stets voran mit Frankreich verbunden: – er antwortete einem Ansuchen Venedigs, daß er „als ein Kriegsmann auch ein Diener des Köngs sige, dem er dienen welle, und keinem andern Herrn“. Mochte auch die Erneuerung der 1564, fünf Jahre nach Heinrichs II. Tode, zu Ende gegangenen Vereinung, mit Karl IX., sich nicht zum mindesten wegen der längeren Zurückhaltung Luzerns schwieriger gestaltet haben – denn durch die weitgehende Nichterfüllung umfangreicher finanzieller Verpflichtungen der französischen Krone waren in erster Linie die Luzerner Obrigkeit und maßgebende Persönlichkeiten daselbst in Verlegenheit gebracht worden – so wurde doch am 21. Juli 1565 zu Mont St. Marsan in der Gascogne durch Jost P., als das Haupt der eidgenössischen Gesandtschaft an Karl IX., der Vertrag bis auf das siebente Jahr nach des Königs Tode neu beschworen; auch P. hatte, zwar ohne amtlichen Charakter, der Botschaft sich angeschlossen. Und so wie er nach Kräften zu der Erneuerung mitgewirkt, verstand es sich auch von selbst, daß er 1567, als die Verhältnisse in Frankreich den Aufbruch einer neuen Rüstung erforderlich machten, das Regiment befehligte. Mit diesem Aufbruche im Juli 1567 beginnt der wichtigste Abschnitt in Pfyffer’s Leben.

[729] Der „streng ernsthaftige wachtmuntere Herr, der in sinem Rat und Anschlegen nit strudlet, sunders wol besinnt, ylt nit bald mit einer Sach, alles mit gutem Rat, halt gut und scharpf Regiment, halt alt und wolerfarne Kriegslüt in hochen Eren, duldet Spiller und andere unnüze Lüt under sinem Regiment und Lager nit, nam wolerfarne Houptlüt, so ein Uffbruch in der Eidgnoschaft beschah“ – so schildert Haffner, Schreiber beim Solothurner Fähnlein (s. A. D. B. X, 317 u. 318), den Obersten – fand schon vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Aufbruch von Chalons sur Saone, wo der Sammelplatz war, Gelegenheit, sich auf das Glänzendste zu erproben. Denn nur der wohlgelungene Eilmarsch von Chateau Thierry nach Meaux, in der ersten Tageshälfte des 26. Sept., wodurch es den Hugenotten verwehrt wurde, das ungeschützte königliche Hoflager in Meaux zu überrumpeln, und hernach, am 29., die geschlossene Schlachtordnung, innerhalb deren der Hof seinen Rückzug nach Paris bewerkstelligte, durchkreuzten den wohlangelegten Plan der hugenottischen Partei, den Hof in ihre Gewalt zu bringen. Dagegen nahmen die Schweizer, obschon in der Schlachtordnung stehend, am 10. November am Treffen von St. Denis keinen thätigen Antheil, da dasselbe wesentlich als ein Reitergefecht verlief. Obschon nun infolge des Mißerfolges dieses Tages die Hugenotten die Belagerung von Paris aufhoben, wurde doch die Verstärkung des Regiments P., die schon vorher in Aussicht genommen war, bewerkstelligt – während des ereignißlosen Winterfeldzuges stießen am 28. December dreizehn Fähnlein zu Vitry le français zum königlichen Heere –: aber mit dem Frieden von Longjumeau, am 23. März 1568, wurde diese Vermehrung der Soldtruppen wieder entbehrlich, und am 2. April entließ der König, unter großen Lobsprüchen für die während der Kriegsdauer geleisteten Dienste aller Eidgenossen, diese dreizehn Fähnlein. – Im darauf folgenden Herbste – beim abermaligen, dritten, Kriegsausbruche – wurde P. der vom Bruder des Königs, Heinrich, Herzog von Anjou, geführten Armee, für den südwestlichen Kriegsschauplatz jenseits der Loire, zugetheilt; aber erst die zweite Hälfte dieses Winterfeldzuges, in den ersten Monaten des Jahres 1569, brachte eine wichtigere kriegerische Entscheidung. Während der kriegerischen Operationen an der Charente, in denen es galt, den Hugenotten den Weg nach Osten, an die obere Loire, zu verlegen, stießen am 13. März die beiden Armeen bei Jarnac auf einander, und Condé selbst fiel in der für die Hugenotten eine endgültig ungünstige Wendung anbahnenden Schlacht: mochten auch, nach Pfyffer’s eigenen Worten zu schließen, die Eidgenossen nicht zum eigentlichen Handgemenge gekommen sein, so schrieb doch ein dankender Brief des Königs nachher einen Hauptantheil am Siege P. selbst zu. Aber was durch den Erfolg bei Jarnac erzielt schien, ging nun durch die ungenügende Führung der anderen auf dem östlichen Kriegsschauplatz stehenden königlichen Armee, unter dem Herzog von Aumale, für den Moment wieder verloren. Die Stimmung der Schweizer, welche, wie diejenige der königlichen Truppen überhaupt, ungeduldig auf einen durchschlagenden Kampf gerichtet war – P. wünschte in seinem Berichte vom 25. September, aus Chinon, daß Gott und Maria dem jungen Fürsten und ihnen Gnade geben möchten, „damit wir einmal ein Ende machen“ – fand erst am 3. October in der Schlacht von Moncontour Befriedigung. Durch das Eingreifen des Regiments P. in den Reiterkampf, in welchem der Herzog von Anjou in sehr gefährdeter Lage sich befand, dann auch gegen das hugenottische Fußvolk, wurde über Coligny der vollständigste Sieg errungen. Persönliche Angelegenheiten zwangen aber hierauf alsbald P., sich nach Luzern zu begeben, wohin Karl IX. den um seine Sache so verdienten Obersten in zwei Schreiben vom 9. October, an die Eidgenossen und an Luzern, auf das wärmste empfahl. Doch verblieben die [730] beiden eidgenössischen Regimenter überhaupt nur noch bis zum 18. und 20. Februar 1570 im königlichen Dienste, indem sie, desselben müde geworden, einer neugeschaffenen Führung bald überdrüssig, ihre Entlassung verlangten und erhielten. Zwar traten schon im März zwei andere Regimenter – Schorno und Heidt – an ihre Stelle; aber rasch erlahmte der Krieg, und nach dem Frieden von St. Germain en Laye, 8. August, erfolgte auch ihre Abdankung.

Durch eine gegen den Oheim Pfyffers, den Schultheißen Jost, aber auch gegen den Einfluß der Familie P. überhaupt gerichtete innere Bewegung in Luzern war P. bewogen worden, seine glänzende kriegerische Laufbahn zu verlassen. Nach seiner Wahl zum Schultheißen, 1559, war es Jost gelungen, die Rivalität der nach Zahl und Parteistellung wichtigsten Luzerner Geschlechter durch eine engere Verbindung von sechs der angesehensten Männer beider Parteien, der französisch gesinnten und der in kaiserlich-spanischen Interessen stehenden, zu beseitigen, durch eine Verbindung, welche mit Recht mit dem Stato der großen Familien zu Florenz unter Cosimo und Lorenzo Medici’s Führung in Parallele gesetzt worden ist. Jost und sein Neffe, eben Ludwig P., vertraten die P.; die Gegenpartei war voran durch den Schultheißen Niklaus Amlehn dargestellt, den Schwager des in den Länderkantonen hervorragend einflußreichen Nidwaldners Melchior Lussi (s. A. D. B. XIX, 657–660). Doch mußte jede Trübung der auswärtigen Beziehungen, zwischen Frankreich und Spanien, z. B. 1564, den Bestund dieser Verbindung gefährden, und der Bruch zwischen Jost P. und Amlehn entstand im Winter 1568 auf 1569 wegen der Frage über die von Spanien gewünschte Bewilligung von Soldtruppen zum Schutze der Freigrafschaft Burgund, einer Sache, in der sich P. – nach Amlehn’s nachher eingereichten Klagartikeln – so gezeigt habe, „daß er ein Geschworner des Königs (Karl IX.) ist und ihm des Königs Ehre lieber, als üwer, M. H., Wohlstand“. Dazu unterlag Amlehn gegenüber Jost P. für 1569 in der Schultheißen-Wahl. Doch nun bereitete Amlehn den Angriff vor, zuerst schon dadurch, daß die Verfügung über die Austheilung der französischen Pensionen P. entzogen und vollständig in die Hand der ordentlichen Behörden gelegt wurde, dann durch die Ausarbeitung der am 15. Juni 1569 eingereichten 43 Klagartikel. Schon am 24. Juni wurde bei der regelmäßigen Aemterbesetzung Schultheiß Jost P. suspendirt, dagegen gegen den Pannerherrn, den noch in Frankreich abwesenden Ludwig P., die Suspension nicht ausgesprochen, in richtiger Erkenntniß, wie gegenüber den Vermittelungsversuchen der vier Orte ausgesprochen wurde, daß der fremde Kriegsdienst und seine Disciplin nicht gestört werden dürften. Aber nachdem nun gegen Jost P., der sich nach seiner Erklärung wegen Krankheit nach Baden begeben hatte, am 12. September ein seine bürgerliche Stellung vernichtendes Urtheil ergangen war, stand für Ludwig P. zuviel auf dem Spiele, als daß er länger hätte fern bleiben dürfen; denn gegen ihn war das Urtheil „bis uff sin Heimkunft“ verschoben. So kehrte er denn aus Frankreich zurück und trat am 7. November vor den Rath, und am 18., nachdem er seine Vertheidigung vorgebracht, wurde ihm zwar eine Buße auferlegt, doch der Sitz im Rath und das Panner gelassen. – Doch während des folgenden Jahres 1570 wandten sich die Dinge vollends zu Gunsten Pfyffer’s. Ein wenn auch nicht direct von Amlehn angezettelter, aber doch auch gegen Jost P. sich richtender, allerdings rasch beschwichtigter Aufstand auf der Landschaft, der Rothenburger Aufruhr vom 21. Februar 1570, zeigte die gefährliche Tragweite der durch innere Zwietracht erzielten Schwächung der obrigkeitlichen Autorität; Amlehn selbst hatte, indem er bei der Schultheißenwahl für 1570 unterlag, nur einen halben Sieg davongetragen, und seine Anhänger traten von ihm zurück. So kamen die P. von Neuem zum Uebergewicht, und auf Weihnachten 1570 wurde [731] P. als Schultheiß für 1571 als Haupt des heimischen Staatswesens erhoben. Auch Jost P. konnte, als ihn der Rath wieder in seine Ehren eingesetzt, Ende 1571 zurückkehren, und nachher wandte sich bis zum Herbst 1573 das Blatt so völlig gegen Amlehn, daß dieser flüchtig werden und die Verurtheilung über sich ergehen lassen mußte. Allein auch nachdem für ihn eine Milderung eingetreten, die Rückkehr ermöglicht worden war, kam er nie wieder zu einer öffentlichen Stellung, während Jost P. schon 1573 wieder in den Kleinen Rath gewählt worden war. Freilich blieb fortan Ludwig P. an der Spitze der Familie, die nun immer mehr nach dieser Herstellung des Ansehens zu eigentlicher Superiorität in Luzern gelangte. Ludwig P. kaufte auch 1571 vom Deutschorden die Gerichtsherrschaft Altishofen in der Luzerner Vogtei Willisau an, nach welcher sich der von ihm abstammende Zweig der P. fortan benannte. Aber andererseits verstand es P. auch, die Streitigkeiten innerhalb der an der Regierung betheiligten Familien zurückzudämmen, indem er in den inneren und äußeren Fragen eine confessionelle Politik ausschließlicher Art thatkräftig in die Hand nahm und so ein gemeinsames Interesse in das Leben rief. Von 1570 an beginnt für ihn in den katholischen Kantonen überhaupt jene maßgebende Stellung, die ihm den Namen des „Schweizer-Königs“ in der Tradition geschaffen hat.

P. suchte in diesen Jahren in und für Luzern, unter bestimmter Festhaltung der auf den Tridentiner Beschlüssen beruhenden kirchlichen Reform, als ein aufrichtiger Verehrer der päpstlichen Oberleitung der Kirche und daneben doch entschieden für die Behauptung der Rechte der Obrigkeit thätig, eine Reihe klar erfaßter Gedanken durchzuführen. Die katholische Jugend sollte einer der protestantischen Erziehung ebenbürtigen höheren Bildung theilhaft werden, und so stand P. an der Spitze der eifrigen Bestrebungen der vornehmsten Luzerner Familien, voran seines eignen Geschlechtes, ein Collegium der Jesuiten zu gründen. 1574 kamen die ersten Jesuiten; 1577 wurde der Vertrag förmlich abgeschlossen; bis zu seinem Lebensende blieb P. ein freigebiger Gönner und wandte bei 30 000 Gulden an das Collegium. Daneben beschäftigte ihn auf dem Boden der Kirchenpolitik ein allerdings nicht zur Vollendung gebrachtes Project einer Neugestaltung der staatskirchlichen Verhältnisse. Durch die Betreibung dieses sogenannten Jurisdictionsgeschäfts gedachte P. die factische Lösung des Luzerner Gebietes von der Constanzer Diöcese, die Errichtung eines apostolischen Vicariates, einer eigenen, unmittelbar unter Rom stehenden geistlichen Autorität zu erreichen. Durch diese Verhandlungen kam es wenigstens seit 1579, vollends seit 1586, durch die Sendung zuerst Santonio’s, dann Paravicini’s zur Gestaltung einer ständigen Nuntiatur mit dem Sitze in Luzern. Mochte nun auch diese Lösung dem ursprünglichen Begehren Luzerns nicht entsprechen, P. selbst anfänglich gerade von Paravicini sich zurückhalten, so ergab sich doch bald zwischen dem Nuntius und dem Schultheißen ein enger Verkehr.

Ganz besonders jedoch trat seit dem Tode Karls IX., während der Regierung des letzten Königs vom Hause Valois, Heinrichs III., eine Aenderung in den Beziehungen Pfyffer’s, der Luzerner Politik überhaupt gegenüber Frankreich ein. Bei der Beglückwünschungsbotschaft der gesammten Eidgenossenschaft an den neuen König, 1575, war zwar P. Haupt und Sprecher der katholischen Orte, und 1576 ging er wieder selbst an der Spitze eines Truppencorps nach Frankreich. Denn wie es 1572, nach der Bartholomäusnacht, Karls IX. erste Handlung gewesen war, in einer neuen schweizerischen Rüstung zuverlässige, allein auf seinen Dienst verpflichtete Truppen heranzuziehen, welche von den Parteien im Reiche unabhängig wären, so wollte auch Heinrich III., mochte auch bei der wachsenden Vernachlässigung der finanziellen Ordnung die Summe der nicht befriedigten Forderungen aus den aufeinander folgenden Aufbrüchen stets [732] mehr ansteigen, solche fremde Söldner, auf welche sich im Augenblick der Gefahr die königliche Regierung stützen konnte. Der fünfte Religionskrieg – in den Februar 1576 fiel der Aufbruch der von P. geführten Mannschaft von 6000 – drohte, da unter dem Pfalzgrafen Johann Casimir Berner Truppen auf feindlicher Seite standen, Bewaffnete beider Confessionen aus der Schweiz auf fremdem Boden zusammenstoßen zu lassen; allein der am 6. Mai geschlossene Friede (Paix Monsieur) – über den P. entrüstet nach Hause schrieb: „Wir hetten mögen lyden, daß Ir Mr. ee den Krieg an die Hand hette genon, denn den Fryden“ –, führte bis zum 6. September die Entlassung des Regiments herbei. Aber eben diese Politik des französischen Königs, welche in P. Zweifel an der warmen Gesinnung Heinrichs III. für die katholische Sache wach werden ließ, bedingte die nach und nach zu Tage tretende Veränderung der Auffassung des Luzerner Staatsmannes. Dazu kam, daß P. als Beauftragter der Eidgenossen während dieses Aufenthaltes in Frankreich zwei Male am Hofe in ziemlich unumwundener Weise die großen Rückstände betonen und für den Fall der Nichterfüllung mit der Lösung der Vereinung drohen mußte. Freilich lag andererseits in dieser großen Schuld – rückständiger Sold, nicht bezahlte vertragsmäßige Pensionen, unter Bürgschaft erhobene königliche Anleihen – eine Aufforderung, an dem Bunde mit Frankreich festzuhalten, weil ein Bruch für eidgenössische Orte und für Privatpersonen die allerbedenklichsten, zerrüttendsten ökonomischen Folgen nach sich gezogen hätte. Immerhin war P. jetzt gewillt, nach anderen äußeren Stützen für die von ihm beabsichtigte Haltung der Politik seines Staatswesens sich umzusehen. – Alle diese Fragen wirkten schon gleich in der nächsten Zeit nach dem Friedensschluß vom Mai 1576. Während in Frankreich die katholischen Interessen durch die Bildung der Ligue eine der Dynastie selbst entgegentretende Organisation gewannen, stellte sich für die katholische Schweiz Savoyen infolge der Haltung des französischen Hofes gegenüber diesem Staate in den Vordergrund. Hatte Herzog Emanuel Philibert schon längst gewünscht, die älteren Beziehungen zu den Eidgenossen durch ein Bündniß mit möglichst vielen Orten zu befestigen, so mußte die durch den Schultheißen P. selbst schon im Herbst 1575 an den in Luzern residirenden herzoglichen Gesandten gerichtete vertrauliche Anfrage, wessen man sich im Falle eines Kriegsausbruches von Savoyen zu versehen habe, ihn hierin bestärken. Der Herzog begann demnach 1576 über ein Defensivbündniß mit der gesammten Eidgenossenschaft, nicht bloß den katholischen Orten, zu verhandeln, begnügte sich aber bald, da die Unmöglichkeit hiervon ersichtlich war, mit der Gewinnung der sechs katholischen Orte – der fünf Orte und Freiburgs –, so daß nach der Aufrichtung des Bundesvertrages, vom 8. Mai 1577, zu Turin im Herbst des darauf folgenden Jahres die feierliche Beschwörung erfolgen konnte. Nicht wenig hatte zur Beschleunigung der Sache der zudringliche und anmaßende Ton der französischen Botschaft beigetragen, welche sich sehr ernsthaft bemüht hatte, diese Frankreich unerwünschte Annäherung zu durchkreuzen. Solche Verletzung des Selbstgefühls war, vollends für die demokratischen Orte, nur geeignet gewesen, den Zusammenschluß der fünf Orte und nun auch schon der Stadt Freiburg um die von P. geleitete Politik Luzerns zu befördern. Freilich geschah darauf hin ein französischer Gegenschachzug in dem am 9. Mai 1579 abgeschlossenen Vertrage, durch welchen die Krone Frankreich die ehemals französischen, durch Eroberung an Bern übergegangenen Besitzungen, sowie insbesondere die Stadt Genf in den ewigen Frieden aufnahm, sich zur Garantie der staatlichen Verhältnisse dieser Gebiete verpflichtete. Aber solche Annäherung des katholischen Königs an Bern beantworteten hinwieder die katholischen Orte durch ihr Bündniß mit dem Bischofe von Basel, und abermals war P. der erste der Gesandten, welche am 13. Januar [733] 1580 zu Pruntrut an dieser deutlich gegen die vier reformirten Städte, voran gegen Bern und Basel, berechneten feierlichen Beschwörung sich betheiligten. – Dergestalt hatte die der confessionell-katholischen Politik verdächtig gewordene Haltung König Heinrichs III. zur bedenklichen Verschärfung der confessionellen Gegensätze in der Eidgenossenschaft selbst beigetragen. Allerdings ein Erlöschen der Vereinung mit Frankreich konnte auch von Luzern und von seinen die katholischen Interessen betonenden nächsten Gesinnungsgenossen, schon um der bereits erwähnten materiellen Fragen willen, nicht begehrt werden.

Diese Fragen wurden durch den 1580 eingetretenen Wechsel der Regierung in Savoyen insoweit gefährlich, als der neue Herzog Karl Emanuel zwar gegenüber Bern die bundesgenössischen Beziehungen aufrecht zu erhalten suchte, dagegen die Ansprüche auf Genf wieder hervorholte. Beunruhigt durch neue Zölle an der Grenze Savoyens und die Eingriffe herzoglicher Beamter in die Genfer Jurisdiction, wandte sich Genf 1582 klagend an Bern, welches nun, durch Rüstungen des Herzogs aufgeregt, gleichfalls Argwohn faßte; aber außerdem scheinen auch gewisse Kreise in Bern selbst sich mit dem Plane getragen zu haben, offensiv vorzugehen und durch die Wiedereroberung der 1564 zurückgegebenen Gebiete von Gex und Chablais Genf endgültig zu sichern. Der Herzog seinerseits ersuchte im Juni 1582 die fünf Orte um Bewilligung eines Truppenaufbruches, und unter ausdrücklicher Billigung Pfyffer’s gingen die fünf Fähnlein alsbald nach Piemont ab. Zwischen den confessionellen Gruppen in der Eidgenossenschaft schien es zum Kriege kommen zu sollen, bis durch eine entgegenkommende Erklärung vom 22. Juli der Herzog seine Truppen von der Grenze zurückzuziehen sich erbot und die Vermittlung der unparteiischen Orte die unmittelbare Gefahr beseitigte. Zwar dauerte es bis 1584, ehe ein sicherer Abschluß erfolgte, allerdings mit Ausnahme der Anstände zwischen Savoyen und Genf; auch die Fähnlein der katholischen Orte, welche im Juni 1582 einige Zeit nur eine Stunde von Genf entfernt gelagert hatten, waren schon am Ende des Jahres wieder entlassen worden. – Die diplomatischen Beziehungen Frankreichs hatten von Anfang an für Vermeidung von Feindseligkeiten im Innern der Eidgenossenschaft gewirkt; denn Heinrich III. wünschte die Vereinung mit den Eidgenossen zu erneuern. Allerdings war gerade P. sehr ungehalten über die Haltung der französischen Regierung und hatte der außerordentlichen französischen Botschaft herbe Vorwürfe gemacht, daß der König „diese faule Stadt Genf und ein so gottloses Gesinde“ in seinen Schirm genommen habe; denn man wußte auch sonst von P., daß er in Genf ein ganz besonderes Hinderniß für die katholischen Interessen erblickte. Aber die Botschaft arbeitete unermüdlich dafür, den Boden, welchen Savoyen in diesen letzten Jahren in der Schweiz gewonnen hatte, wieder einzuengen, dagegen für sich den Kreis der Bundesgenossen in derselben, gegenüber dem Vertrage von 1564, welcher jetzt eben 1582 zu Ende ging, zu erweitern. Auch die katholischen Orte durften sich übrigens nicht allzu sehr zurückhaltend zeigen, damit nicht ein einseitiger Abschluß Frankreichs mit den reformirten Orten daraus erwachse. So kam, mit dem 22. Juli als Datum, die Vereinung zu Stande, und obschon sich Luzern mit seiner thatkräftigeren Fassung der Bedingungen zurückgewiesen gesehen hatte, war doch P. der Wortführer der Gesandtschaft der elf Orte und der Zugewandten, welche am 2. December den Bund in Paris beschwur. Ganz besonders hatte die französische Diplomatie noch darin gesiegt, daß jetzt auch Bern, freilich in einem besonderen Vertrag, der Vereinung beitrat. Doch erregte gerade dieser Umstand andererseits den Verdacht der katholischen Orte gegen Frankreich in noch stärkerem Grade.

[734] Vom December 1582 an nahm P. durchaus gegen Heinrichs III. Politik in der Schweiz Stellung, und das durfte er wagen, da er, mochte er dem Könige noch so verhaßt sein und durch dessen Gesandten noch so sehr angefeindet werden, seiner Stellung als Leiter der Politik Luzerns völlig sicher war und die anderen katholischen Orte, außer Solothurn, wo Frankreich im Einflusse blieb, sich immer näher an Luzern anschlossen. – Zuerst 1585 stellte sich P. entschieden auf die Seite der französischen Ligue gegen den König, und es gelang ihm, die inneren Orte, wenn auch Schwyz und Unterwalden sich anfangs zurückhielten, mit sich zu ziehen. Während die Mehrheit der mit Heinrich III. verbündeten Orte einen Truppenaufbruch bewilligte und diesen Mitte Mai abgehen ließ, brachte P., indem er seinen ganzen Einfluß einsetzte, die fünf Orte zur Erklärung, daß zur Beschirmung des alten katholischen Glaubens eine eigene Rüstung nach Frankreich nöthig sei, und er selbst übernahm die Führung der 7–8000 Mann, welche am 24. Juni, auf weitem Umwege über den St. Gotthard, den Marsch antraten. Aber es kam zu keinem kriegerischen Zusammenstoß; denn was P. gehofft und hatte erreichen wollen, geschah, nämlich, „daß Ir. M. sich mit den Fürsten verglichen würde und Alles Ein Sach werde“, durch den Abschluß des Tractates von Nemours, 7. Juli, zwischen Heinrich III. und den Fürsten der Ligue, aber doch in anderer Weise, als es in Pfyffer’s Willen gelegen hatte. Denn während er erwartete, mit den durch ihn nach Frankreich gebrachten Truppen an einem Kriege gegen die Hugenotten theilnehmen zu können, bestand nun der König darauf, daß diese für die Ligue geschehene Rüstung alsbald entlassen werde. So war P. von diesem seinem letzten Zuge nach Frankreich schon im September wieder zurückgekehrt. Aber diese ausgeprägt katholische Kundgebung Luzerns hatte nicht bloß den König noch heftiger, wie bisher, gegen P. gereizt, sondern auch, entsprechend dem allgemein bestehenden Gegensatze, die Gefahr eines confessionellen Krieges in der Eidgenossenschaft selbst abermals erhöht, und außerdem war der Boden geebnet für den weiteren 1586 folgenden Schritt des Abschlusses des goldenen (oder, wahrscheinlich erst seit 1655, so geheißenen borromeischen) Bundes. Es war schon länger ein leitender politischer Gedanke Pfyffer’s gewesen, die Städte Freiburg und Solothurn enger mit den fünf Orten zu verbinden, sie von der älteren Verbindlichkeit gegenüber Bern zu lösen, und das geschah nun am 5. Oct. 1586 im Abschluß des goldenen Bundes. Die paciscirenden sieben Orte stellten als Zweck desselben die Aufrechthaltung und Vertheidigung des katholischen Glaubens voran, und so waren jene zwei Städte dem System der fünf Orte gewonnen, ganz besonders auch Solothurn – denn die Genfer Fragen standen auch hier wieder in oberster Erwägung – dem Schirmvertrage für Genf thatsächlich entzogen. Die kirchliche Confraternität war – ein von den Jesuiten, auf die P. so viel hielt, besonders stark betonter Gedanke – auf eine wichtige politische Verbindung angewandt. Doch erst die Anlehnung an eine auswärtige große Macht konnte diesem Vertheidigungsbündniß volle Bedeutung verleihen, und der von P. vertretene Wunsch der Lösung der katholisch-schweizerischen Politik von König Heinrich III. fand erst seinen ganzen Ausdruck in dem Bunde mit König Philipp II. von Spanien, vom folgenden Jahre 1587, dessen Abschluß zunächst allerdings nur ein folgendes Glied in der Kette der seit 1426 mit den Herzogen von Mailand abgeschlossenen eidgenössischen Capitulate bildete. Luzern war bei dieser Angelegenheit entschieden voran gegangen, und P. hatte im März zu Luzern vor der versammelten Gemeinde sehr beredt das Bündniß zur Annahme empfohlen. Es war die Bestätigung der gänzlichen Abwendung von Frankreich, daß P. an der Spitze der sechs katholischen Orte – Solothurn schloß sich hier aus – am 16. Mai des nächsten [735] Jahres 1588 den Schwur auf den spanischen Bund im Dome von Mailand ablegte.

Inzwischen hatte König Heinrich III. 1587 einen großen Erfolg gewonnen, dadurch daß die Invasion der deutschen protestantischen Coalition, an der sich auch eine Rüstung der reformirten schweizerischen Orte betheiligte, eine gänzliche Zurückweisung erfuhr, freilich nicht zum schließlichen Vortheile der Ligue, deren Fürsten den Sieg eigentlich für den König gewonnen hatten. Im Gegentheil spitzte sich 1588 der Gegensatz zwischen Heinrich III. und Herzog Heinrich von Guise stets mehr zu, und am 23. December dieses Jahres wurde der Herzog zu Blois ermordet. P. war, gleich dem Ende 1587 in Luzern eingetroffenen, ihm bald befreundeten Nuntius des Papstes Sixtus V., Paravicini, mit dem Herzog in lebhafter Correspondenz gewesen, so daß diese Gewaltthat in Luzern die heftigste Erregung hervorrief. Jetzt vollends wollte P. von Eröffnungen des französischen Botschafters nichts mehr hören, um so weniger, da ihm selbst sogar im Januar 1589 die Warnung zukam, daß auch gegen sein eigenes Leben ein Anschlag im Gange sei, obschon noch immer mit ihm unterhandelt wurde. Als dann im Februar Sancy in besonderer Mission nach der Schweiz kam, theils um Truppen trotz der Geldverlegenheit des Königs für dessen Dienst zu gewinnen, theils und ganz besonders, um gegen die Begünstiger der Ligue vorzugehen und geradezu Pfyffer’s Einfluß zu zerstören, war P. gezwungen, der Anklage des Botschafters Sillery und dieses außerordentlichen Gesandten öffentlich in einer schriftlichen Verantwortung, am 27. März, entgegenzutreten, durch welche wenigstens die Gesandten der katholischen Orte ganz befriedigt zu sein erklärten. Es gelang ferner P., für die Ligue zwei katholische Schweizer Regimenter aufzubringen, welche Mayenne zueilten, während zu gleicher Zeit Sancy vier reformirte zum König brachte; – da wurde Heinrich III. am 1. August ermordet und dadurch gewannen die französischen Angelegenheiten, weil jetzt König Heinrich von Navarra, Heinrich IV., mit dem Anspruch auf die Nachfolge auftrat, eine ganz neue Gestalt. Denn jener Aufbruch zu Mayenne war in seinen Anfängen auf der Erwartung gegründet gewesen, Papst Sixtus V. werde durch den wegen des Mordes von Blois über Heinrich III. auszusprechenden Bann sich ganz vom Könige lossagen und dergestalt sich unweigerlich für die Ligue erklären, und P. hatte für diesen Fall sogar einmal versprochen, trotz seines höheren Alters nochmals selbst, die Pike auf der Schulter, mit 10 000 Mann ins Feld zu ziehen. Der Papst hatte aber diese Hoffnung nicht erfüllt, und an die Spitze des einen der beiden Regimenter war bei dem Aufbruch Anfang Juni Pfyffer’s jüngster Bruder Rudolf getreten. Nunmehr erst, nach Heinrichs III. Tode, war für die katholische Partei in der Schweiz die Situation eine ganz klare geworden. Gleich Philipp II. sah sie nun in dem seit dem Attentate von Blois, December 1588, allerdings gefangen liegenden Cardinal von Bourbon den König Frankreichs, Karl X., und P. hielt dafür, daß jetzt die Vereinigung der Eidgenossen mit der Krone von Frankreich schlechthin nur für diesen König gelte. – Doch die Dinge nahmen eine ganz entgegengesetzte Wendung. Die Schweizer Regimenter, welche Heinrich III. gedient, anerkannten den König von Navarra als Heinrich’s Nachfolger, und so hatte Heinrich IV. eine gesicherte kriegerische Stellung gegenüber Mayenne, welcher als Generalstatthalter für seinen König Karl X. auftrat, aber durch seine Geldverlegenheit nach allen Seiten gehemmt war. Vollends der entscheidende Sieg Heinrichs IV. bei Ivry, 14. März 1590, führte auch die Capitulation der beiden Mayenne dienenden katholischen Regimenter Pfyffer und Beroldingen, auf dem Schlachtfelde, herbei; aber außerdem war von diesem Tage an Heinrichs IV. Uebergewicht im Felde zugestanden, der Weg zur allgemeinen Anerkennung seiner Kronrechte für ihn aufgeschlossen, zumal da auch sein Oheim [736] und Gegenkönig Karl schon am 3. Mai starb. Im April kamen die nach ihrer Gefangennahme aufgelösten beiden Regimenter in kläglichstem Zustande nach der Schweiz zurück und verbreiteten in den fünf Orten eine höchst aufgeregte Stimmung, da ihre Soldansprüche ungetilgt geblieben waren.

Geradezu war auch für die Politik, welche P. seit den letzten Jahren so bestimmt vertreten hatte, dieser Tag von Ivry eine bleibend ungünstige Wendung, und nur durch Verbindung größter Klugheit und Thatkraft vermochte derselbe eine noch bedenklichere Schwächung der durch ihn vertretenen katholischen Gesichtspunkte in der Haltung Luzerns und der inneren Schweiz überhaupt zu vermeiden. Ganz abgesehen davon, daß er selbst erneuerten Anlockungen, die aus Frankreich kamen, wegen Abtrennung von der Ligue, fest widerstand, mußte er steigender Mißstimmung und Entmuthigung entgegenarbeiten. Die unbezahlt gebliebenen Soldforderungen der beiden entlassenen Regimenter riefen Jahre lange Beunruhigungen in den fünf Orten hervor, und da die unbefriedigten Obersten und Hauptleute sich an den päpstlichen Hof glaubten halten zu dürfen, weil Cardinal Gaetano eine Bürgschaft für die Verpflichtungen übernommen habe, so ergaben sich Verwicklungen auch nach dieser Seite hin. P. selbst suchte, z. B. am 10. Mai 1590 durch ein Schreiben, das er mit Umgehung des Nuntius unmittelbar an den Cardinalnepoten Montalto richtete, dafür zu wirken, daß die päpstliche Regierung wenigstens den guten Willen beweise, damit nicht die katholische Partei über dieser Frage sich zerstückele und eine Zuwendung der Stimmung zu Heinrich IV. eintrete. Als dann Papst Gregor XIV., in welchem die Gedanken einer universalen katholischen Politik lebhafter vorwogen, als das bei Sixtus V. der Fall gewesen, selbst einen Truppenaufbruch von 6000 Mann begehrte, zum Zwecke, den französischen katholischen Ständen zur Erwählung eines katholischen Königs behülflich zu sein, da sollte wieder P., von Anfang 1591 an, als Rathgeber des Nuntius dabei helfen, weil über die noch stets nicht bezahlten Soldrückstände die Mißstimmung andauerte. Es waren Jahre, in welchen Pfyffer’s ganzer politischer Einfluß auf dem Spiele stand, gegenüber den steten Versuchen, den „Navarrischen Praktiken“ der Gesandten Heinrichs IV., die 1586 im goldenen Bunde geschlossene Einigung der katholischen Orte zu erschüttern. Daneben fehlte es nicht, daß Pfyffer’s Name überhaupt in allen wichtigen eidgenössischen Ereignissen dieser Zeit mit hineingezogen wurde, so auch bei den Mühlhauser Wirren von 1590, hinsichtlich deren freilich P. im Januar 1591 auf der Tagsatzung zu Baden die Grundlosigkeit der Anschuldigungen glänzend darzulegen vermochte.

Noch einmal gewann P. 1593 einen politischen Sieg, als der Gesandte Philipps II., Pompejus de Cruce, schon längst sein vertrauter Freund, eine Bewilligung von 6000 Mann in den spanischen Dienst verlangte. Je mehr P. die gänzliche Zerschmetterung seiner Hoffnung hinsichtlich Frankreichs, das unabwendbare Ende der Ligue, voraussah, um so mehr wollte er die Verbindung mit Spanien befestigen. Bis Anfang Februar 1594 waren die Bedingungen des Aufbruchs aufgestellt; diesen selbst erlebte P. nicht mehr. Aber er sah auch nicht mehr den völligen Zusammenbruch der Ligue, wie derselbe am 17. März dieses Jahres, mit Heinrichs IV. Einzug in Paris, eintrat. Die letzte Nachricht aus Frankreich, die P. noch erhielt, von dem Uebergang von Lyon an Heinrich IV., traf ihn freilich ebenfalls schwer genug – denn noch kurz vorher hatte er in einer Conferenz mit einem Freiburger Abgeordneten die große Wichtigkeit dieses Platzes für die katholische Sache betont –, aber auch persönlich, da einer seiner Söhne zu den in Lyon stehenden Luzerner Hauptleuten zählte. Er selbst war ganz unentwegt geblieben, standhaft gegenüber Heinrichs IV. fortgesetzten Versuchen, den maßgebenden Luzerner Schultheißen auf seine Seite zu ziehen. – [737] Noch am 14. März wohnte er einer Sitzung des Rathes bei, erkältete sich dann aber Abends auf der Hofbrücke, während einer längeren Unterredung mit dem Gesandten des Herzogs von Savoyen, und zog sich die Krankheit zu, welche ihn – am drittfolgenden Tage noch aus der vollen Kraft wegraffte. Sein Tod wurde allgemein als ein Ereigniß wichtiger Art angesehen, mit sehr ungleichen Empfindungen aufgenommen. Denn nicht der zwar gelehrte und äußerst arbeitsame Stadtschreiber Cysat (s. A. D. B. IV, 669 und 670), mochte er auch Pfyffer’s Vertrauter gewesen sein, sondern ganz allein P. war die belebende Kraft in der katholischen Politik der Eidgenossen zu seiner Zeit. P. hinterließ neben Häusern in der Stadt und Grundbesitz, besonders den Herrschaften Altishofen und Wyher, ein sehr bedeutendes Vermögen (über 230 000 Gulden) an Werthzeichen und Geld, ohne die Ansprüche an die französische Krone und anderen „ungewissen Forderungen“. Von vierzehn Kindern aus zwei Ehen – vier außereheliche anerkannte er mit Aussteuer – überlebten ihn fünf Söhne und eine Tochter.

Vgl. das umfassende Werk von Dr. A. Ph. v. Segesser: Ludwig Pfyffer und seine Zeit; ein Stück französischer und schweizerischer Geschichte im sechszehnten Jahrhundert, Bd. I–III. (Bern 1880–1882).