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ADB:Pichler, Antonio

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Artikel „Pichler, Antonio“ von Albert Ilg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 104–106, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pichler,_Antonio&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 15:33 Uhr UTC)
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Pichler: Antonio, eig. Johann Anton P., Edelsteinschneider, geb. in Brixen in Tirol am 12. April 1697, Sohn eines Arztes, stand zuerst in Nizza in Handelsgeschäften, gab aber alsbald seinem künstlerischen Drange Folge und lernte zunächst in Neapel bei einem Goldschmied in Metall schneiden und graviren. Davon nahm er den Uebergang zur Steinschneidekunst und galt bald als der gesuchteste Verfertiger von Intaglio’s in jener Stadt, auch der König beschäftigte ihn. Nach kurzem Aufenthalt in der Heimath, wo er sich verheirathete, reiste er wieder nach Neapel, wo nun sein berühmter Sohn Giovanni geboren wurde. Noch einmal kam er nach Brixen, um dann fortan im Süden zu verbleiben. 1743 übersiedelte er nach Rom, wo ihn reiche Thätigkeit und Ehren aller Art erwarteten. Er starb daselbst am 14. September 1779. Sein Vorbild war die Antike, deren schönste Arbeiten er und zwar äußerst präcis copirte, nach eigener Erfindung arbeitete er weniger. Er signirte ΠΙΧΛΕΡ. Hauptwerke: Diana Montana, Aesculap (nach einem Fragment des Aulos ergänzt), Centaur (einst im Besitz Metastasio’s), Homer, das Bacchanal, Perseus, Cäsar, Sabina u. a. – Der ältere Sohn, Giovanni (Johann Anton), zu Neapel am 1. Januar 1734 geboren, war des Vaters Lehrling, der ihn in Rom dann aber dem Maler Corvi übergab, um im Zeichnen Vervollkommnung zu erlangen. Giovanni, welcher bemerkte, daß seinem Vater zum höchsten Ruhme nur die Selbständigkeit im Erfinden gemangelt hatte, suchte daher aus allen Kräften sich die dem schaffenden Künstler erforderlichen Fähigkeiten anzueignen, studirte Anatomie und Perspective, arbeitete in plastischen Materialien und vertiefte sich in die Meisterwerke der Alten, sowie des Raphael. Schon mit 16 Jahren schnitt er in Onyx. Eine schon von Antonio begonnene Sammlung Abgüsse der berühmtesten Schnitte hat er reichlich vermehrt, sie ging dann in der Zahl von 1400 Nummern auf den jüngeren Bruder Luigi über. Auch versuchte er sich in Glasmalerei und Mosaiktechnik. Seine herrlichen Intaglien wurden häufig betrügerischerweise für Antiken verhandelt. Um diese Zeit war P. sehr in Versuchung, sein Fach zu verlassen und sich der religiösen Malerei zu widmen. Es entstanden so auch mehrere Altarbilder (S. Thomas von Villanova in Bracciano), als der Künstler aber 1763 nach Rom zurückkehrte, wo er sich vermählte, begann er wieder seine frühere Thätigkeit. 1769 portraitirte er Kaiser Joseph II. bei seiner Anwesenheit in Rom, der sich lebhaft für den genialen Meister interessirte und ihn nach Wien mitnehmen wollte. P. folgte dem ehrenvollen Antrag nicht, der Kaiser aber ernannte ihn von Wien aus zum Ritter, zu seinem Hofedelsteinschneider und Mitglied der deutschen Garde. Seine Absicht, nach London zu übersiedeln, scheiterte an dem Widerstand seiner Familie; wieder von Mailand, wohin er die Seinen bereits geführt hatte, heimgekommen schnitt er 1775 den Kopf des Papstes Pius VI. Sein Ruhm und die Aufträge von den vornehmsten Personen wuchsen von Jahr zu Jahr. Er begann nun ein Werk für das Elementarstudium des Zeichnens nach den Werken Raphaels, welches aber nur auf 12 Blätter gedieh. Von seinen eigenen Steinschnitten sammelte er Glasabdrücke, im J. 1790 waren es 220 Pasten. Die Blattern, an welchen einige der Seinen erkrankt waren, machten seinem Leben am 25. Januar [105] 1791 ein zu frühes Ende. Seine Büste wurde im Pantheon aufgestellt (jetzt im Capitol). Giovanni’s Vorzüge bestehen in der hohen Correctheit und Anmuth der Arbeit, in dem vollen Verständniß des classischen Stiles, der schönen Politur seiner Steine, worin er die Alten erreichte, in seiner Meisterschaft im Porträtiren, Reinheit und Schärfe. Einige seiner Intaglien soll selbst Winckelmann für Antiken gehalten haben. Hauptwerke sind der Borghesische Fechter, drei Leda, Nemesis, Galathea, der gefesselte Amor, die Herculanensischen Tänzerinnen, die Vestalin Tuscia, Arethusa mit wunderbaren Haaren, Antinoos, Mithridates, Lysimachos, Lucius Verus, ein kleiner Genius nach dem Original im Vatican und Nymphen, eine Herme schmückend. Auch er zeichnete seine Arbeiten gleich dem Vater. – Luigi, ein Spätling der Familie aus der zweiten Ehe Antonio’s, ist in Rom am 31. Januar 1773 geboren. Im sechsten Jahre schon des Vaters verlustig, wurde ihm der ältere Bruder die Stütze der Jugend und zugleich Lehrmeister seines Faches. Seine Ausbildung war eine vorzügliche, der Maler Domenico de Angelis unterrichtete ihn im Zeichnen, seit 1786 unterwies ihn Giovanni im Modelliren und ließ ihn von 1788 an sich im Tiefschnitt versuchen, ganz vorzüglich eignete sich der Schüler aber auch die Technik des Cameo an. Ebenfalls von der Blatternkrankheit befallen, entging Luigi mit Mühe dem Tode; nach dem Hingang Giovanni’s begann er fleißig im Vatican und Capitol seine Studien zu machen, dann reiste er nach Wien, ging von da nach Mähren und arbeitete an diesen Orten fleißig. So entstand ein Camee mit dem Bildniß der Gräfin Schönborn, für den Grafen Lamberg eine sehr schöne Venus u. a. Gegen Ende 1797 kam er nach Rom zurück, wo auch er, wie schon Vater und Bruder viel mit der List und Betrügerei von Händlern zu kämpfen hatte, auch beraubten ihn die traurigen Ereignisse jener Tage, bei dem Einzuge der Franzosen 1798, seines ganzen, in römischen Staatsnoten bestehenden Vermögens. Obwol ihm nun die ganze Sorge für die Familie zur Last fiel, halfen ihm sein Renommée und anerkannte Tüchtigkeit glücklich über alle Schwierigkeiten hinweg. Im J. 1800 verheirathete er sich mit einer Römerin. Viel arbeitete er für das Ausland, so für die Kaiserin Josephine die schöne Gemme Terminus, ferner das Bildniß Pius’ VII. für Napoleon. Man suchte ihn nach Paris zu gewinnen, aber er haßte die Franzosen als die Räuber der italienischen Kunstschätze und blieb. Da er auch nach Wien viel gearbeitet hatte, begab er sich 1808 dorthin, wo ihn Sinzendorf, Stadion u. a. Vornehme sehr auszeichneten, auch wurde er dem Kaiser Franz vorgestellt. Wieder in Rom führte er ein großes Haus, in dem celebre Persönlichkeiten, darunter sein liebster Freund Canova, einsprachen und besonders Musik, die er sehr liebte, getrieben wurde. Er leitete auch die Künstlerfeste mit seinem stets regen Humor und fruchtbaren Erfindungsgeiste. 1812 ernannte ihn die Akademie von Wien zu ihrem Ehrenmitglied, auch jene von S. Luca in Rom. Sechs Jahre darauf berief ihn Metternich als Professor der Graveurkunst nach Wien, wo er die schönsten Gemmen des kaiserlichen Cabinetts in Glasflüssen darzustellen den Auftrag erhielt, eine Arbeit, die, mit den größten Schwierigkeiten verbunden, endlich vortrefflich gelang. So kamen 500 Pasten zu Stande, welche allerorts den größten Beifall fanden, als die Collectionen an den Kaiser von Rußland, den Papst u. a. als Geschenke abgegangen waren. Luigi fertigte nun das Porträt des Kaisers Franz in Carneol, das er selbst nach Rom zu dem Papst brachte, der ihn mit besonderen Ehren empfing. Wieder in Wien wurde er vom Grafen Tatischtew reichlich beschäftigt, außerdem porträtirte er den Kaiser, die Kaiserin von Oesterreich, viele Erzherzoge, das russische Kaiserpaar, den König von Sardinien, Papst Gregor XVI. und zahlreiche Vornehme. Es wurde geradezu Mode, von ihm in Stein geschnitten zu werden. Mehrmals Italien besuchend, empfing er dort stets neue [106] Ehren, Orden etc. Er starb in Rom am 13. März 1854. Von seinen zahllosen Werken seien nur der farnesische Hercules, das Christushaupt, der ägyptische Apollo, der Theseus, Palamedes, Paris, Euterpe, Hercules mit dem Löwen, Psyche, Tag und Nacht nach Thorwaldsen erwähnt. Vielleicht das vollkommenste leistete er in seiner Iris. – Auch Antonio’s Sohn Giuseppe und Giovanni’s Sohn Giacomo, haben Gemmen geschnitten, meist Copien nach antiken Originalen.

Die älteren Arbeiten über die Familie P., sowie Nagler’s und Wurzbach’s sehr fehlerhafte Artikel sind in dem hier zu Grunde gelegten, vortrefflichen Schriftchen: „Die drei Meister der Gemmoglyptik Antonio, Giovanni und Luigi Pichler, eine biographisch-kunstgeschichtliche Darstellung von Dr. Hermann Rollett, Wien 1874“, richtig gestellt.