Zum Inhalt springen

ADB:Pommeresch, Johann

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Pommeresch, Johann“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 403–406, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pommeresch,_Johann&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 19:41 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 26 (1888), S. 403–406 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Pommeresch in der Wikipedia
Johann Pommeresche in Wikidata
GND-Nummer 104346752
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|26|403|406|Pommeresch, Johann|Johann August Ritter von Eisenhart|ADB:Pommeresch, Johann}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104346752}}    

Pommeresch: Johann P., Rechtsgelehrter, geb. zu Greifswalde am 29. Juni 1624, † zu Lübeck am 24. Januar 1689. Johann verlor schon frühzeitig seinen Vater Heinrich, der Advocat am Wolgaster Hofgerichte, zuletzt Generalauditor der schwedisch-pommerischen Armee war, und am 2. August 1630 das Zeitliche segnete. Die Mutter, Emerentia Levenstohn, eine Greifswalder Kaufmannstochter von schottischer Abkunft, übergab den Sohn ihrem Schwager, Andreas Helwig, Rector am Gymnasium zu Stralsund, welcher die reichen Fähigkeiten des Knaben rasch zu entwickeln verstand; Peter Lauremberg, Polyhistor der Rostocker Hochschule, fand an dem Knaben solches Gefallen, daß er ihn sofort zu sich nahm und nicht blos zu Hause unterrichtete, sondern sogar an den öffentlichen Vorträgen und Disputationen theilnehmen ließ, wobei die Studenten das reife Urtheil des jungen Zuhörers bewunderten. Als Lauremberg 1639 mit Tod abgegangen, kam Johann wieder nach Greifswalde unter die Leitung seines Vetters, des Universitätsprofessors Franz Stypmann, der wie ein zweiter Vater für ihn sorgte. P., der später Stypmann’s Nachfolger wurde, hat selbst in der [404] nach des Letzteren Tode verfaßten Oratio parentalis (Lugd. Batav. 1650. 4°) jener theilnahmsvollen Sorgfalt Worte des wärmsten Dankes gezollt. Nach dem Besuche des Greifswalder Gymnasiums, bezog er die Universitäten Rostock und Greifswalde, um dort die Rechte zu studiren, worauf er 1647 in Danzig bei einigen angesehenen Familien die Stelle eines Hofmeisters übernahm. 1649 ging er nach Holland und verweilte längere Zeit in Leiden, wo er mit mehreren Professoren in freundschaftlichster Weise verkehrte. Eben im Begriffe nach Frankreich abzureisen, erhielt er am 22. März 1650 von Wrangel, dem Statthalter von Schwedisch-Pommern an Stypmanns Stelle einen Ruf als außerordentlicher Professor nach Greifswalde, traf infolge dessen im August 1650 dort ein, und las im nächsten Jahre Rechtsalterthümer und Tyrocinium juris universi. Mit Rücksicht auf letzteres Colleg hatte er kurz vorher für die Zuhörer ein praktisches Hilfsbuch verfaßt, das er „Examen Institutionum Justin. et annotationes in easdem“ benannte. Es erschien 1649 zu Danzig, 1661 und 1666 zu Jena in 12°, dann wesentlich vermehrt und neu bearbeitet in zwei Theilen unter dem Titel: „Tyrocinium juris primum atque plenius supra IV Institut. Justin. libros, in duas partes distinctum“ 1672, 77 und 84 gleichfalls zu Jena. Der erste Theil ist ein bündiger Institutionen-Commentar nach der Institutionen-Ordnung, wobei jedem Titel eine Reihe von Fragen (Examen) zur Beantwortung durch die Schüler angefügt ist. Der zweite Theil enthält die von P. bereicherte Synopsis juris von J. Fehr nebst 365 auserlesenen Quaestionen aus dem Civil- und canonischen Rechte. Die Vorrede verbreitet sich in eingehender Weise über den dem ganzen Werke zu Grunde liegenden Plan und die beobachtete Methode. Jacob Georg, Pommeresch’s jüngster Sohn (Secretär und Erzieher bei Friedrich Christian Freiherr von Kielmannsegge in Hamburg) veranstaltete 1690 zu Leipzig eine neue, zweckmäßiger eingetheilte Ausgabe – mit Zusätzen (additionibus juris practici Caesarei et Saxonici) von Joh. Christ. Noßwitz – welche Ausgabe 1695, 1699 und 1702 drei weitere Auflagen erlebte, und hat somit das Werk im Laufe von fünfzig Jahren in vorschiedener Gestalt zehnmal die Presse verlassen. Als extraordinarius vertheidigte P. am 6. Februar 1651 seine Disputation „de restitutione spoliatorum“ (Gryphisw. 1651 in 4°), erlangte am 12. August 1652 den juristischen Doctorgrad und wurde schon einen Monat später (am 17. September) zum ordentlichen Professor ernannt. Während seiner 27jährigen Lehrthätigkeit wurde er öfters zum Rector, zehnmal zum Decan gewählt, und dreimal, 1661, 1670 und 1673, als Abgeordneter der Hochschule nach Stockholm zu König Karl XI. gesandt, um diesem die Wünsche und Anliegen der Universität vorzutragen. P. entfaltete in seinen Vorträgen einen sehr reichhaltigen Lehrstoff; denn er las nicht blos Civilrecht (de regulis juris, Institutionen, Pandekten und controversias juris), sondern auch Lehen- und Kirchenrecht nebst Civilproceß. Als Mitglied der Facultät (in welcher er zuletzt zum Senior und Primarius. Antecessor vorrückte) saß er auch im Spruchcollegium, das zu Beginn seiner Professur außergewöhnlich beschäftigt, im Jahre durchschnittlich über 100 Sentenzen und Responsa erließ, deren Zahl 1653 sogar bis auf 143 stieg. Zu den vorerwähnten akademischen Auszeichnungen gesellten sich auch mehrere von Seiten der Krone. 1660 wurde er zum Assessor, 1668 zum Director des Consistoriums, außerdem zum Generalanwalt der früheren Königin Christine und zum obersten Hofrichter der Provinz ernannt. Gegen das Ende seiner Wirksamkeit auf der Hochschule um 1678 geriethen er, Friedr. Gerdesen und Peter Mazkow, gleichfalls Professoren der Rechte, mit ihrem Facultätsgenossen Konrad Friedlieb, der von sämmtlichen Professoren nicht blos hochgeschätzt, sondern geradezu verehrt wurde, in [405] heftige wissenschaftliche Streitigkeiten, welche leider einen entschieden persönlichen Beigeschmack hatten, und nach damaliger Gepflogenheit zu einem erbitterten Schriftenwechsel führten. An diesem betheiligte sich zur Vertheidigung des Vaters auch der älteste Sohn, Johann Heinrich P., mit drei Streitbriefen „ad incomparabilem antecessorem C. Friedlibium“ (Lübeck 1679 4°), welche Letzterer nach seinem Abgange von der Universität Greifswalde von Hamburg aus (1679 und 1680) scharf erwiderte. Die Titel der Streitschriften und Einzelnheiten dieser gelehrten Fehde (welche indessen für uns keinerlei Interesse mehr bietet), finden sich in J. Molleri Cimbria literata. Th. II, p. 655 und 656. Die kriegerischen Unruhen in Pommern, unter denen namentlich Stadt und Universität Greifswalde schwer litten, machten bei P. den Wunsch nach Ortsveränderung rege. Zwar hatte er einen schon 1676 aus Altorf eingangenen Ruf abgelehnt, nahm dagegen das ihm 1677 angetragene Syndicat von Riga unter ausdrücklichem Vorbehalte der Rückkehr nach gewonnenem Frieden an. Da er jedoch weder vom Dänenkönige noch vom Kurfürsten von Brandenburg die zu einer Seereise nach Riga damals unentbehrlichen Geleitsbriefe zu erlangen vermochte, ließ er den ganzen Plan fallen, und wandte sich 1678 nach Güstrow, wo ihm Herzog Gustav Adolph von Mecklenburg im September desselben Jahres die Stelle eines Justiz- und Kanzleirathes verlieh unter gleichzeitiger Uebertragung des juristischen Unterrichtes seines einzigen Sohnes, des Prinzen Karl. Doch schon im Herbste des folgenden Jahres finden wir P. an der Spitze des Syndicates in Lübeck, welche reich dotirte Stelle ihm von dort angeboten worden war. Vom Herzog ungern entlassen, war ihm auf dem Umzuge von Güstrow nach Lübeck zum Schutze gegen vagabundirende Soldateska eine Abtheilung Reisiger beigegeben worden. Als erster Stadtsyndicus führte er auch Processe gegen Herzog Julius Franz von Sachsen-Lauenburg wegen Rückgabe der Ortschaften Bergerdorp und Ripenborg, aus welchem Anlasse er nicht nur einige in deutscher Sprache verfaßte Streitschriften durch den Druck veröffentlichte (Lübeck 1684 4°), sondern auch zum Reichskammergerichte in Speyer und zu dessen Vorstand, dem Kurfürsten von Trier reiste. 1688 besuchte er noch einmal sein trautes Heimathsland Pommern und begrüßte in Greifswalde seine alten Freunde. Kurze Zeit nach seiner Rückkehr, am 11. Januar 1689, erlitt er während der Gerichtssitzung heftige asthmatische Anfälle, welche sich in den nächsten Tagen steigerten und am 24. desselben Monats seinen Tod herbeiführten. Das in deutscher und lateinischer Sprache geschriebene „Programma funebre“ hat den Lübecker Rector Enoch Swanten zum Verfasser (Lübeck 1689 fol.). P. heirathete im Jahre seiner Ernennung zum Ordinarius, am 4. October 1652, Sophia Eleonore Braunjohann, Protonotarstochter in Lübeck. Nach deren Tode (October 1672) schritt er am 9. November 1674 zur zweiten Ehe mit Anna von Ohnstädt, Wittwe des Greifswalder Bürgermeisters J. Chr. Sturz, welche Ehe kinderlos blieb, während aus der ersten vier Söhne und fünf Töchter hervorgingen.

Unter den Söhnen ist des Erstgeborenen Johann Heinrich P. kurz zu gedenken. 1653 in Greifswalde geboren, studirte er dort unter Anleitung seines Vaters die Rechte, wanderte mit diesem 1679 nach Lübeck, und richtete von dort (wie bereits erwähnt, 1679 u. 1680) drei Streitschriften (zwei epistolae und eine Refutatio) gegen Konrad Friedlieb, der schlagfertig antwortete. 1689 wurde er am Gerichtshofe zu Güstrow von Herzog Gustav Adolph als Geheimsecretär angestellt, reiste nach dessen Tode behufs weiterer juristischer Ausbildung nach Wien (1697), besuchte dortselbst das Leopoldinum und wurde im nächsten Jahre von Friedrich Wilhelm, Herzog zu Mecklenburg-Schwerin unter die Zahl [406] der herzoglichen Hofräthe aufgenommen. Einige Angaben über ihn sind in Fr. Thomas’ appendix Analectorum Güstroviensium (pag. 108) zu finden.

Die zahlreichen Werke des Vaters, Johannes, sind am vollständigsten zusammengestellt in J. Mollers Cimbria literata T. II, pag. 654–55 und Dähnert’s Greifswalder Bibliothek. Die große Mehrzahl der meist in lateinischer Sprache abgefaßten Schriften besteht aus Disputationen, an welche sich einige orationes reihen. Auch der biographische Stoff ist bei Moller a. a. O. am besten bearbeitet, während die Mittheilungen in Vanselow’s gelehrtem Pommern an Unvollständigkeit leiden und häufiger Berichtigung bedürfen. – Siehe auch Kosegarten, Gesch. der Universität Greifswalde.