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ADB:Primislaus I.

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Artikel „Przemyslaw I., Herzog von Teschen“ von Jakob Caro in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 682–684, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Primislaus_I.&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 04:13 Uhr UTC)
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Przemyslaw I. (Přimislaw, Přemek, Přimko), Herzog von Teschen, kaiserlicher Hofrichter und deutscher Reichsvicar unter König Wenzel, diente in seiner Jugend am Hofe Kaiser Karl’s IV., in dessen Umgebung ihn zahlreiche Urkunden nennen. Da er noch bei Lebzeiten seines Vaters Kasimir selbständige Regierungsacte in seinem Teschen’schen Erblande vollzieht, wird er wohl nicht mehr ganz jung [683] gewesen sein, als er 1358 zur Regierung gelangte. Obschon dieselbe für sein Erbland von großer Bedeutung war, denn P. erwarb demselben die Burg und das Land Siewierz (1359), ferner die halbe Stadt Beuthen, Peiskretscham und Gleiwitz mit ihren Zugehörungen, alsdann die halbe Stadt Groß-Glogau, Steinau und Guhrau, weshalb sein Titel sich zu dem eines Herzogs von Teschen und Groß-Glogau erweiterte, erlangte ferner durch Schenkung König Wenzel’s (1383) die bald wieder aufgegebene Herrschaft über Falkenberg und Ober-Glogau, und vereinigte endlich gegen den Ausgang seiner Jahre das beinahe 80 Jahre von Teschen getrennt gewesene Herzogthum Auschwitz mit demselben wieder, obschon also P. seiner Erbherrschaft einen Umfang verschaffte, wie ihn weder vor ihm noch nach ihm ein Herzog von Teschen besaß, so liegt doch das Uebergewicht seines Werthes in der Rolle, die ihm am deutschen Kaiserhofe zugefallen war. Namentlich von der Zeit an, da sein älterer Bruder Wladislaw wahrscheinlich bei der Vertheidigung des Kaisers im Pisaner Aufruhr (1355) gefallen war, trat P. merklich in den Vordergrund, und es gab wohl kaum irgend eine andere Persönlichkeit in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, welche mit der Politik der beiden Kaiser aus luxemburgischem Hause so vertraut und verbunden war, wie P. von Teschen. Da Karl IV. ihn zum kaiserlichen Hofrichter ernannte und sein Name in den auf die Gesetzgebung der goldenen Bulle bezüglichen Urkunden häufig vorkommt, so ist wohl kaum zuviel gesagt, wenn man ihn einen Mitarbeiter an der für Deutschland so überaus wichtigen Constitution nennt. Aber auch weiterhin, wenn man aus den Urkunden der beiden Kaiser diejenigen ausscheidet, in welchen P. nicht bloß als Zeuge, sondern als der die „Relation“ vertretende Kanzleibeamte auftritt, so findet man, daß hervorragende Handlungen der Monarchen auf den Herzog zurückzuführen sind. Daß er in einer Reihe von wichtigen Legationen der directe Geschäftsführer war, ist noch unmittelbarer bezeugt. In den bedrohlichen Störungen des Verhältnisses zwischen Karl IV. und Ludwig von Ungarn macht er nicht bloß den ausdrücklich als „vorzüglicher und geschäftsgewandter Diplomat“ gepriesenen Vermittler, sondern er ist geradezu der Autor jener dynastischen Verbindung der Häuser Anjou, Luxemburg und Oesterreich, welche in der sogenannten Heinburger Hochzeit (1375) ihren Ausdruck fand und für die osteuropäischen Monarchieen für die Folge so schicksalsbestimmend wurde. Die Erbverträge zwischen den Luxemburgern und Habsburgern (1364) zeigen ebenso seinen Namen, wie die Urkunde über Einverleibung der Mark Brandenburg (1374) in das böhmische Kronland. Noch wichtiger wird seine Stellung bei König Wenzel, von welchem er gleich nach dem Tode Karl’s als Reichsvicar behufs Wahrnehmung der deutschen Interessen der Krone ins Reich gesandt wird. Wie viel von den in den gesunden Tagen Wenzel’s geführten Geschäften auf die Rechnung Przemyslaw’s zu setzen ist, wird sich wohl niemals aussondern lassen, nur so viel ist erweislich, daß P. unter den Mitgliedern des obersten den König umgebenden Rathes den ersten Platz einnahm. Ganz sein Werk und von ihm selbst eingeleitet und verhandelt ist die Vermählung der böhmischen Prinzessin Anna, der Schwester Wenzel’s, mit König Richard II. von England, der seine Verdienste auch mit einer Jahresrente von 500 Pfund Sterling belohnte. Da dieser Vorgang jene mannigfaltigen Verbindungen zwischen Böhmen und England vermittelte, welche den wikleffitischen Lehren in Böhmen den Zugang verschafften, so gewinnt derselbe noch ein über das politisch-dynastische hinausgehendes Interesse. Als sich aber der Geist Wenzel’s trübte und seine unlogische und verworrene Handlungsweise zunächst im böhmischen Kreise Widerstandsparteien (den Herrenbund) hervorrief, an welchem Blutsverwandte des königlichen Hauses sich betheiligten, stand P. in unerschütterter Treue zu seinem Monarchen und schloß sich vielmehr den Bestrebungen des Herzogs Johann von Görlitz zu Gunsten [684] seines Bruders Wenzel an. Aber auch in jenen Auflehnungen der deutschen Reichsfürsten, die zur Absetzung Wenzel’s führten, suchte er für die Stellung desselben nach Kräften einzutreten. Im Mai 1400 erscheint er persönlich in der Frankfurter Fürstenversammlung, um für seinen Herrn das Wort zu führen, freilich ohne Erfolg. Von der Zeit an scheint er den Prager Hof verlassen und sich in sein Erbland zurückgezogen zu haben. Als Wenzel im J. 1402 von seinem Bruder Sigmund wiederum gefangen genommen wurde, stiftete P. im Verein mit dem Bischof von Breslau und einigen schlesischen Herzögen und Communen eine Einung, deren Aufgabe die Befreiung und Wiedereinsetzung des rechtmäßigen Königs und die Wahrung der Sicherheit und des Landfriedens sein sollte. Aus alledem ergibt sich, daß Wenzel wohl kaum einen treueren Anhänger hatte, als diesen P. Dieser hervorragende Charakter der Treue und sein als Hofrichter bewährter Rechtssinn führten ihn wiederholt der Aufgabe zu, Schiedsrichter in den Streitigkeiten der schlesischen Herzöge untereinander und mit der Krone Polen zu sein. Er war zweimal verheirathet, erst mit Katharina, der Tochter Boleslaw’s III. von Brieg, und dann mit Elska, der Tochter Boleslaw’s von Beuthen-Cosel. Von seinen zwei Söhnen Przemyslaw und Boleslaw ist der Aeltere noch bei Lebzeiten des Vaters (1. Jan. 1406) durch Mörderhand gefallen, was der Vater durch eine an Phalaris von Agrigent erinnernde Strafe gerächt haben soll. In der letzten Zeit seines Lebens soll P. sich noch bemüht haben, den zwischen dem deutschen Orden und Polen drohenden Krieg zu verhindern. Die letzten dreißig Jahre mußte er, vom Podagra geplagt, in einer Sänfte stets umhergetragen werden, und erhielt davon den Beinamen „Noszak“. Gestorben ist er im J. 1409 vor dem 23. April.

Vgl. Biermann, Geschichte des Herzogthums Teschen. 1863. – Kasperlik, im Notizenblatt der hist. statist. Section der mährisch-schlesischen Gesellschaft für Ackerbau, Natur- und Landeskunde. 1872. – Grotefend, Stammtafeln der schlesisch. Fürsten. 1875. – Lindner, Gesch. des deutschen Reiches unter König Wenzel. – Palacky, Gesch. Böhmens. – Huber, Regesta Caroli IV. und die deutschen Reichtagsacten.