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ADB:Quitzow

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Artikel „Quitzow“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 60–62, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Quitzow&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 03:05 Uhr UTC)
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Quitzow, eine seit dem Ausgange des 13. Jahrhunderts urkundlich nachweisbare märkische Adelsfamilie, welche von dem Dorfe Quitzow bei Perleberg in der Priegnitz ihren Namen führte und hauptsächlich in der Priegnitz begütert war. Indem während des 14. Jahrhunderts mehrere Mitglieder der Familie den Verfall des landesfürstlichen Regimentes in der Mark Brandenburg ausnutzten, gelang es ihnen durch rücksichtslose Theilnahme an Kampf und Fehden die nöthigen Mittel zu erwerben, um ihre Besitzungen durch Kauf bedeutend zu erweitern, so daß sie zuletzt zu den wohlhabendsten Adelsfamilien des Landes zählten. Aber auch in den vielfachen Kriegen gegen auswärtige Feinde hatten sie sich durch Kriegstüchtigkeit hervorgethan und genossen großes Ansehn. Am bekanntesten sind zwei von den vier Söhnen Kuno’s v. Quitzow auf Kleetzke geworden, Dietrich und Johann, die Hauptgegner des ersten hohenzollerischen Kurfürsten von Brandenburg. Seitdem im J. 1400 die Quitzow von dem Erzbischof von Magdeburg, dem alten Feinde der Marken, die Stadt Sandow an der Elbe als Pfandbesitz und Johann durch seine Heirat mit einer Tochter Lippold’s v. Bredow das feste Schloß Plaue an der Havel erhalten hatten, traten sie von den beiden wichtigen Punkten aus als offene Feinde der Marken auf, gelegentlich freilich auch die erzbischöflichen Lande mit ihren Raubeinfällen nicht verschonend. Im Herbst 1402 wurde Dietrich von den Märkern überfallen und gefangen genommen und bald darauf eine Schar seiner Verbündeten, die ihn befreien wollte, aufs Haupt geschlagen, wodurch wenigstens für einige Zeit Ruhe entstand. Als im folgenden Herbst der wieder einmal in der Mark weilende Jobst eine neue Statthalterschaft einsetzte, diese aber in dem neuerstandenen Kampfe gegen die Pommern das Land nicht zu schützen vermochte, faßten die zumeist bedrohten Städte des Barnim, allen voran Berlin und Köln, den Entschluß zu energischer Selbsthülfe. Ohne den Widerspruch der havelländischen Stände zu beachten erhoben sie Johann v. Q. zum Hauptmann der Mittelmark und beriefen den inzwischen seiner Haft entledigten Dietrich zum obersten Anführer, und es gelang den Brüdern in der That die Feinde aus dem Lande zu treiben und dem östlichen Theile der Mark den Frieden zu sichern. Aber die Q. hatten die ihnen angebotene Stellung nicht sowol des allgemeinen Besten wegen, als vielmehr um der Erweiterung der eigenen Macht willen übernommen. So begeistert sie auch eine Weile in der Hauptstadt betrachtet und aufgenommen wurden, die Interessen der Städte und Ritter stießen, sobald sie nicht dem äußern Feinde gegenüber standen, doch wieder hart aneinander. Obwol Jobst verschiedene Versuche machte den Quitzow die Hauptmannschaft zu nehmen, wußten sie sich doch eine geraume Zeit ihre Stellung zu wahren, indem sie sich wol hüteten als Aufrührer zu erscheinen; wo sie von ihm sprachen, war er ihr „gnädiger Herr“. Die Märker aber sahen die angemaßte, aber sichern Schutz gewährende Hauptmannschaft der Quitzow zum guten Theile lieber als die vom Landesherrn eingesetzten, aber kraftlosen Statthalter. Wie gegen Pommern, so führten die Quitzow in den folgenden Jahren auch gegen Magdeburg, Mecklenburg und andere äußere Feinde, mit welchen die inneren Unruhestifter und ihre eigenen Widersacher sich gern vereinigten, die Vertheidigung mit fester Hand; auch das Havelland hatte sich öfter ihres Schutzes zu erfreuen. Natürlich vergaßen die Quitzow dabei ihrer gewohnten Art nach auch den eigenen Vortheil nicht. Als Jobst im Herbst 1408 seine Mark besuchte, waren sie bereits eine [61] Kriegsmacht, mit welcher er rechnen mußte, eine Geldmacht, die er nicht von sich stoßen durfte. Eine ganze Reihe von Verpfändungen fürstlicher Schlösser und Besitzungen an sie hat er während seines Aufenthaltes ausgeführt, und vielleicht hätte er ihnen jetzt sogar die Statthalterschaft übertragen, wenn nicht die Klagen der meisten benachbarten Fürsten gegen sie einen solchen Schritt doch als unpolitisch hätten erscheinen lassen; dazu waren manche Beschwerden aus dem Lande selbst über ihre eigenmächtigen Zugriffe zu gewichtig; auch die Berliner selbst waren mit den Quitzow, deren Burgen das Stadtgebiet bereits fast ganz umzingelten, wegen des Schloßes zu Köpenik und des dortigen Zolles in bittern Streit gerathen und wirkten beim Markgrafen durch ihr Geld. Der Markgraf ernannte schließlich einen Gegner der Familie, den Herzog von Pommern-Stettin, zu seinem Stellvertreter. Sobald der Markgraf das Land verlassen hatte, wußten die Quitzow, ohne jede Furcht vor den Statthaltern und Hauptleuten, die Städte und ihre anderen Gegner aufs Aeußerste einzuschüchtern, so daß die Stadtbürger „kaum ohne Gefahr ihres Leibes haben dürfen spazieren gehen vor den Städten“. Mit dem Rathe von Berlin band Dietrich v. Q. um einer Geldfrage willen an und übte, da man seine Forderung als unbegründet zurückwies, im September 1410 eine Gewaltthat gegen die Stadt aus. Statt zu Gericht zu gehen bahnte der Markgraf, der gerade um die Kaiserwürde warb, lahme Vermittelungen an; auch alle Versuche der Stände und des Statthalters blieben fruchtlos, so daß die Fehde auszubrechen drohte, als Markgraf Jobst starb. Da sein Nachfolger in der Mark, der König Sigismund, den märkischen Abgesandten, welche zur Huldigung nach Ofen gekommen waren, vor ihrer Heimreise erklärte, daß er seinen neuen Hauptmann in der Mark, dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg, als eine seiner ersten Hauptaufgaben die Einlösung der verpfändeten markgräflichen Besitzungen und unter diesen wiederum die Einlösung von Köpenik anbefohlen hätte, und sofort die entsprechenden Mandate erließ, so war dadurch die Fehde zwischen Berlin und den Quitzow gegenstandslos geworden und unterblieb. Unter denjenigen aus dem Adel der Mark, welche dem Burggrafen die Anerkennung seiner Hauptmannschaft verweigerten, standen die Quitzow fast obenan und übten einen gewaltigen Einfluß gegen ihn aus, denn gerade ihre Macht und Bedeutung mußte durch die Durchführung jener Einlösung stark zusammenschmelzen: Johann wollte „die Schlösser behalten, auch wenn es ein ganzes Jahr Nürnberger regnete“. Da es aber dem Burggrafen hier durch festes Auftreten, dort durch nachgiebiges Entgegenkommen gelang die Reihen des widerspänstigen Adels mehr und mehr zu lichten, so erschienen im April 1413 unter anderen auch die Quitzow zur Huldigung in Berlin, wobei sie zwar mehrere Pfandbesitzungen herausgaben, aber wegen anderer freilich auch wichtige und einträgliche Zugeständnisse erhielten. Zunächst leisteten die beiden Brüder sogar zu einer Unternehmung gegen frühere Gesinnungsgenossen auf Befehl des Burggrafen bewaffneten Zuzug, aber sie achteten trotzdem das Landfriedensgesetz so wenig, daß sie vom burggräflichen Lager fort zur Plünderung ins Magdeburgische zogen und auch weiterhin das Erzstift befehdeten und Beute eintrieben. Nachdem der Burggraf mit Pommern Frieden geschlossen, im Lande selbst gerüstet, auch auswärtige Bundesgenossen (Sachsen, Magdeburg und Meißen) gewonnen hatte, begann im Februar 1414 der Kampf gegen die treubrüchigen Vasallen, deren wenig ernst gemeintes Unterwerfungserbieten abgewiesen wurde. Noch vor Ablauf des Monats waren die fünf Plätze, welche gleichzeitig angegriffen wurden, theils ganz, theils fast ohne Widerstand – nur gegen Plaue kamen die schweren Steinbüchsen zur Anwendung – in den Händen der Angreifer, auch Johann v. Q. wurde gefangen genommen, während Dietrich flüchtig wurde. Ein richterlicher Spruch erkannte den Friedbrechern alle ihre [62] Habe ab. Im August 1416 entließ zwar der Erzbischof, der wieder mit der Mark in Feindschaft gekommen war, Johann v. Q. seiner Haft, aber er hatte davon nicht den erhofften Vortheil, da die beiden Brüder auf eigene Faust die Marken heimsuchten; als Dietrich im Februar 1417 gestorben war, setzte Johann das Treiben weiter fort. Erst 1421 einigte auch er sich mit dem Kurfürsten Friedrich I., als dieser um zum böhmischen Zuge zu rüsten nach der Mark gekommen war und, vielleicht in der Hoffnung den kriegstüchtigen Mann für die Heerfahrt zu gewinnen, die Bürgschaft angesehener Herren annahm. Im Juli verschrieb der Kurfürst an Johann und seine zwei Brudersöhne für ihre verwirkten Besitzungen die Burg Lenzen gegen einen bedeutenden Pfandschilling. –

Riedel, Gesch. des Preuß. Königshauses II (1861). – Heidemann, Die Mark Brandenburg unter Jobst von Mähren (1881). – Im entgegengesetzten Sinne, das Verfahren der Q. durchaus rechtfertigend, G. W. v. Raumer in der Einleitung zu seinem Codex diplom. Brandenb. continuatus, II (1831).