Zum Inhalt springen

ADB:Rüdiger, Johann Andreas

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rüdiger, Joh. Andreas“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 467–468, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%BCdiger,_Johann_Andreas&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 06:11 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 29 (1889), S. 467–468 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Andreas Rüdiger in der Wikipedia
Andreas Rüdiger in Wikidata
GND-Nummer 121618226
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|467|468|Rüdiger, Joh. Andreas|Carl von Prantl|ADB:Rüdiger, Johann Andreas}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=121618226}}    

Rüdiger: Joh. Andreas R. (auch Ridiger), geboren in Rochlitz am 1. November 1673, † am 6. Juni 1731 in Leipzig, Sohn eines Schulvorstandes, besuchte das Gymnasium zu Gera und bezog 1692 die Universität Halle, wo er eine Hauslehrerstelle bei Professor Christ. Thomasius erhielt und auch in die Philosophie desselben eingeführt wurde. Nachdem er wegen Krankheit auf ein Jahr nach Gera zurückgekehrt war, begab er sich 1696 nach Jena, wo er Theologie studirte und durch Privatunterricht in Geschichte und Geographie sich den Unterhalt erwarb. Im J. 1697 ging er nach Leipzig, wo er in ähnlicher Weise sein Leben fristend, zunächst juristische Vorlesungen hörte, dann aber dritthalb Jahre Medicin studirte. Die philosophische Magisterwürde erlangte er (1700) durch die Abhandlung „De usu et abusu terminorum technicorum in philosophia“, woraus als Habilitationsschrift „De virtutibus intellectualibus“ (1701) folgte, und Doctor der Medicin wurde er mittelst der Dissertation „De regressu sanguinis per venas mechanico“ (1703). Als er 1702 durch einen Diebstahl all seine Fahrnisse verlor, verfiel er in Hypochondrie, und sonstige körperliche Leiden nöthigten ihn, die ärztliche Praxis aufzugeben; von 1707 bis Ostern 1712 lebte er in Halle, wo er seit 1709 wieder prakticirte. Nach Leipzig zurückgekehrt, nahm er seine Lehrthätigkeit wieder auf, mußte aber dieselbe seit 1720 infolge andauernden heftigen Hustens möglichst beschränken; zwei reiche Studirende gaben ihm die Mittel zu einer übrigens sorgenfreien Existenz. Er schrieb: „Disputatio de eo, quod omnes ideae oriantur a sensione“ (1703); „De novis ratiocinandi adminiculis“ (1704), dann folgte sein Hauptwerk „Philosophia synthetica methodo mathematicae aemula comprehensa“ (1707), wovon er eine Umarbeitung unter dem Titel „Institutiones eruditionis“ (1711) und hiervon wieder eine veränderte Auflage (1717) gab, sowie auch noch seine „Philosophia pragmatica“ (1723) nur als eine Neubearbeitung des gleichen Inhalts zu bezeichnen ist. Außerdem erschienen: „De nexu systematis mundani“ (1708); „De sensu veri et falsi“ (1709); „Physica divina“ (1716); „Anweisung zur Zufriedenheit“ (1721); „Die Klugheit zu leben und zu herrschen“ (1722); „Erörterung von Moralität der Streitschriften“ (1723); „Wolffens Meinung von dem Wesen der Seele und Rüdiger’s Gegenmeinung“ (1727). Der Medicin gehört außer einer Abhandlung „De pituita“ die nach seinem Tode herausgegebene ausführliche Schrift „De diaeta humanae naturae“ (1736) an. – Er war ein Gegner der Leibniz-Wolff’schen Philosophie und bekämpfte nicht nur die Anwendung der mathematischen Methode, sondern auch die prästabilirte Harmonie, indem er zu den Vertretern des „influxus physicus“ gehörte; auch die Seele galt ihm als ein ausgedehntes Wesen, und indem er annahm, daß alle Vorstellungen und Ideen sinnlichen Ursprungs seien, erfaßte er die Erfahrung als Grundlage aller Wissenschaft. In der Naturphilosophie suchte er eine Vermittlung zwischen der mechanischen Erklärung des Descartes und der mystischen Auffassung des R. Fludd, neigte sich aber mehr zu letzterer Richtung, während er im Gebiete der praktischen Philosophie überwiegend seinem Lehrer Thomasius folgte.

[468] Gottl. Stolle, Anleitung zur Historie der Gelahrtheit, 4. Aufl. (1736), S. 475; auch der erwähnten Ausgabe „De diaeta humanae naturae“ ist eine Vita Ridigeri vorgedruckt. Ueber seine Philosophie s. J. Ed. Erdmann, Gesch. der neueren Philos. II, 2, S. 453 ff. und Ed. Zeller, Die deutsche Philos. seit Leibniz, 2. Aufl. S. 225.