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ADB:Reinsberg-Düringsfeld, Ida von

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Artikel „Reinsberg-Düringsfeld, Ida von“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 102–104, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reinsberg-D%C3%BCringsfeld,_Ida_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 04:51 Uhr UTC)
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Band 28 (1889), S. 102–104 (Quelle).
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Reinsberg-Düringsfeld: Ida v. R.-D., lyrische und Romandichterin, und in Gemeinschaft mit ihrem Gemahl, dem Freiherrn Otto v. Reinsberg, für Culturgeschichte und Sprachforschung thätig, wurde am 12. November 1815 zu Militsch in Schlesien geboren und war die Tochter des Husarenmajors Schmidt, welcher in Anerkennung seiner Verdienste in den Kriegen von 1812–15, unter dem Namen „v. Düringsfeld“, geadelt wurde. Ihre Jugend verlebte sie auf den von ihrer Mutter, einer Tochter des Generals v. Gröben, gekauften Gütern Ostrawe und Pluskau, sowie in den benachbarten Städten Ostrowo und Breslau, wo sie Unterricht in den romanischen und slavischen Sprachen sowie in der Musik empfing. Auch zeigte sie schon früh eine poetische Begabung, welche von ihrer Tante, Frau v. Wurmb und deren Bruder, dem Oberstlieutenant v. Platen, begünstigt und durch Einführung in gediegene Litteratur gefördert wurde. Ihre ersten lyrischen Dichtungen erschienen (1830 ff.) in der von Theodor Hell redigirten Abendzeitung, wodurch ermuthigt, sie (1835) eine größere Sammlung unter dem Namen „Thekla“ herausgab. Bald darauf nach Dresden übersiedelnd, widmete sie sich dort der Erlernung der englischen Sprache und bildete ihr musikalisches Talent durch Gesangunterricht weiter aus. Auch wurde sie dort mit Tiedge und dem Maler Prof. Moritz Retzsch bekannt, welche beide einen wesentlichen Einfluß auf ihre poetische und künstlerische Entwicklung ausübten. Auf diese Art vielseitig gefördert, verwerthete sie ihre Studien der spanischen Litteratur zu epischen Dichtungen, welche unter dem Namen „Der Stern von Andalusien“, 1838 erschienen, und einen Romanzencyclus enthalten, dessen Stoffe aus der spanischen und arabischen Geschichte entnommen sind. Weniger aus eigenem Antrieb, als durch den Rath ihrer Umgebung bestimmt, veröffentlichte I. v. D. in den Jahren 1842–45 eine Reihe von Novellen und Romanen, deren erster „Schloß Goczin“, 1842 ihren dichterischen Ruf begründete. Derselbe, sowie die folgenden: Marie, In der Heimat, Haraldsburg, Magdalene, Hugo, Graf Chala und Hedwig beruhen weniger auf eigener selbständiger Erfindung, als auf einer, sei es bewußten oder unbewußten Nachahmung der Gräfin Hahn, insofern sie nach ihren Gegenständen und Gedanken, sowie nach ihrer Sprache den Kreisen der Aristokratie entnommen sind, jedoch mit dem Unterschiede, daß die Gräfin Hahn wirkliche Erlebnisse schildert, und bei ihrem höheren Alter eine vielseitige Erfahrung und einen weiteren Gesichtskreis besitzt, während I. v. D. dieser Vorzüge entbehrt, und deren Mangel durch gelehrte Excurse und gemachte Tragik zu ergänzen sucht. Beide Dichterinnen unterscheiden sich auch durch die gänzlich abweichende Entwicklung ihres wirklichen Lebens. Während die Gräfin Hahn durch eine unglückliche Ehe zur poetischen Thätigkeit erstarkte und ihren tiefen Schmerz in derselben aussprach, schloß I. v. D. am 20. October 1845 eine überaus glückliche Ehe mit dem Freiherrn Otto v. Reinsberg (aus einem alten ritterschaftlichen Geschlecht der Schweiz), welcher anfangs die militärische Laufbahn ergriffen hatte, dann aber, nachdem er als Rittmeister verabschiedet war, sich culturgeschichtlichen und sprachlichen Studien widmete, an welchen in der Folge auch seine Gattin theilnahm. Dieses gemeinschaftliche Wirken hatte auf Beide einen überaus günstigen Einfluß, insofern Reinsberg durch die poetische Anlage seiner Lebensgefährtin einen idealeren Aufschwung, I. v. D. aber durch seine wissenschaftliche Methode und die mit ihm unternommenen Reisen nach Böhmen, Italien und Dalmatien, sowie nach [103] Belgien und der Schweiz eine reifere Erfahrung, und für die von ihr geschilderten Personen und Handlungen einen geographischen und historischen Hintergrund empfing. Deshalb zeigen ihre späteren Schriften eine mehr realistische Richtung und einfachere Sprache, sowie eine größere Vielseitigkeit, indem sie die auf ihren Reisen gesammelten Eindrücke theils mit den Gestalten ihrer poetischen Erfindung harmonisch verwebt, theils in culturgeschichtlichen Studien verarbeitet. Das erste in dieser Weise abgefaßte Werk „Margarete von Valois“, 1847, ging aus einem sorgfältigen Studium französischer Memoiren hervor; auf den italienischen Reiseerfahrungen beruhen „Antonio Foscarini“, 1850, „Am Canal Grande“, 1848 und „Aus Italien“, 1851; in der Schweiz spielen: „Eine Pension am Genfer See“, 1851, „Esther“, 1852, „Clotilde“, 1855, und „Aus der Schweiz“, 1850. Nach einem längeren Aufenthalte in den Niederlanden, wo sie auch mit dem König Leopold von Belgien bekannt wurde und in Briefwechsel trat, entstanden: „Nico Veliki“, 1856–64, „Norbert Dujardin“, 1861, „Hendrik“, 1862. „Von der Schelde bis zur Maas“, 1861, und die ebenso lebensvolle wie gemüthsreiche Erzählung „Der Bildhauer von Mecheln“, welche in der (1873) veröffentlichten Novellensammlung „Prismen“ erschien. Dalmatien ist geschildert in den Novellen „Die rothe Mütze“ und „Milena“, 1863, sowie in der Studie „Aus Dalmatien“, 1867; Böhmen und Oesterreich in den Novellen: „Ignota“ und „Auf Goyen“ (1873 in den Prismen erschienen), sowie in der in Westermann’s Monatsheften veröffentlichten Erzählung „Der Stoblwirth“, endlich in den gemeinsam mit ihrem Gatten verfaßten Studien: „Aus Kärnten“, 1857, „Aus Meran“, 1868, und „Culturgeschichtliche Skizzen aus Meran“, 1874. Zwei in den Prismen erschienene Novellen: „Vier Treppen hoch“ und „In einem kleinen Bade“, sowie ein größerer Roman: „Die Literaten“, 1863, behandeln das Leben in Leipzig und dessen Umgegend, und sprechen zugleich ein ungünstiges Urtheil über mehrere namhafte Schriftsteller aus, durch welches sie sich manche Feindschaft und heftige Entgegnungen zuzog. Ihre glückliche Ehe hatte jedoch noch einen andern günstigen Erfolg, insofern ihr schon früher geübtes lyrisches Talent nicht nur an Tiefe und großartiger Auffassung der Stoffe, sondern auch durch die auf ihren Reisen gesammelten Eindrücke an Lebhaftigkeit des Colorits gewann. Dasselbe gelangte in doppelter Weise zur Darstellung, einerseits in eigenen selbstschöpferischen Poesien, namentlich in der unter dem Namen „Für Dich“, 1851 veröffentlichten Sammlung, welche 1865 in zweiter Auflage erschien; sowie in „Amimone, ein Alpenmärchen vom Genfersee“, 1852, andererseits in gelungenen Uebersetzungen slavischer und italienischer Volkslieder, welche sie unter der Bezeichnung „Böhmische Rosen“, 1851, und „Lieder aus Toskana“, 1854–59 herausgab. Beide poetischen Schöpfungen erwarben durch den Wohllaut der Sprache, die eigenen Dichtungen durch Wahrheit und Innigkeit der Empfindung, die Uebersetzungen durch treue Wiedergabe des Originals allgemeine Anerkennung. Zu den wissenschaftlichen Arbeiten, welche sie theils selbständig, theils in Gemeinschaft mit ihrem Gatten unternahm, gehören mehrere litteraturgeschichtliche und biographische Darstellungen, u. A. „Byron’s Frauengestalten“. 1845, die Uebersetzung des Manuscripts von Königinhof, 1858, und „Buch denkwürdiger Frauen“, 1863. Mit großem Eifer betheiligte sie sich auch an dem von Reinsberg herausgegebenen Sprüchwörterlexikon, welches 1872 unter dem Titel: „Sprichwörter der Germanischen und Romanischen Sprachen“ erschien, und 2000 Sprüchwörter aus 230 Dialekten enthält. Diesem Musterwerke ging als Vorbereitung ein kleineres Buch voran „Das Sprichwort als Kosmopolit, vom philosophischen, praktischen und humoristischen Standpunkt betrachtet“, 1863, in welchem der Nachweis vorliegt, wie derselbe Gedanke sich unter dem Einfluß der verschiedenen Nationen [104] und Stämme, sowie der Länder, Sitten und Sprachen mannichfaltig gestaltet. Außerdem widmete sich R. mit Vorliebe chronologischen Studien, welche er in einem Handbuche „Katechismus der Kalenderkunde“, 1876, verwerthete. Beide Richtungen veranlaßten eine ausgedehnte Verbindung mit Gelehrten und Zeitschriften, sowie eine umfangreiche Correspondenz und Veröffentlichung von Recensionen und Feuilletons mannichfaltigen Inhalts. Zugleich aber litt die Gesundheit von I. v. D. unter einer so angestrengten Thätigkeit, jedoch blieb sie bis zu ihrem Ende geistig regsam und productiv, wenn ihre Arbeiten auch durch asthmathische Anfälle, welche durch ein Herzleiden entstanden, häufig unterbrochen wurden. Vergebens suchte sie während eines zweimaligen Aufenthalts in Greifswald und Eldena durch Einathmen von Seeluft Heilung zu gewinnen, vielmehr nahmen ihre Beschwerden seit ihrer Rückkehr nach Leipzig zu, ihre letzten Tage verlebte sie in Leisnig, Zerbst und Stuttgart, wo sie am 25. October 1876 plötzlich starb. Ihr Gatte, der seine ganze Thätigkeit ihren gemeinsamen Arbeiten und ihrer sorgsamen Pflege gewidmet hatte, vermochte, da ihnen auch beide Kinder schon früher durch ein trauriges Schicksal entrissen waren, die durch ihren Heimgang entstandene Leere des Daseins nicht zu ertragen und folgte ihr schon am 26. October freiwillig in den Tod.

Persönliche Bekanntschaft und Correspondenz. – Kurze Biographien finden sich in: Männer und Frauen der Zeit. – Didot, Biogr. univ. – Schlesische Prov.-Blätter, VII, 12, 1868. – Menzel, Deutsche Dichtung, III, 449. – Jul. Schmidt, Deutsche Litt., III, 234. – Gottschall, Deutsche Litt. III, 227, 641. – Kurz, Deutsche Litt., IV, 101, 796, mit Porträt. – Schütze, Deutschlands Dichter, 56. – In mehreren Biographien ist irrthümlich das Jahr 1812 als Geburtsjahr angegeben und 1815 zu berichtigen. – Das Wappen d. G. Reinsberg findet sich in der Wappenrolle von Zürich, 1860, Tafel VII, Nr. 146.