ADB:Ribbentrop, Friedrich von

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Artikel „Ribbentrop, Friedrich von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 398–402, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ribbentrop,_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 11:45 Uhr UTC)
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Ribbentrop: Friedrich Wilhelm Christian Johann (v.) R., zuletzt Chefpräsident der Oberrechnungskammer zu Potsdam, der verdienstvolle Generalintendant des preußischen Heeres während der Befreiungskriege, wurde am 6. October 1768 zu Kloster Marienthal bei Helmstedt, wo sein Vater herzoglich braunschweigischer Amtmann war, geboren, und im Collegium Carolinum zu Braunschweig unterrichtet, trat aber, nachdem er seine Universitätsstudien zu Helmstedt vollendet hatte und laut einer von dieser Hochschule am 10. October 1787 ausgefertigten Urkunde nach bestandener Prüfung zum Tabellio, notarius und judex ordinarius bestellt worden war, am 26. August 1788 als Referendarius bei der Kriegs- und Domänenkammer zu Minden in den preußischen Staatsdienst, ward 1790 Assessor bei der Kammer zu Hamm und 1793 Kammer- und Domänenrath, in welcher Eigenschaft er bis zum Jahre 1806 bei den Kammern zu Hamm, Minden und Münster thätig war. Während des letzteren Zeitraumes wurde er von 1798 bis 1800 als Mitglied des Feld-Kriegscommissariats bei der unter dem Oberbefehl des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig zusammengezogenen sogenannten Observationsarmee verwendet, verwaltete 1801–1802 das Feld-Kriegscommissariat beim Corps des General v. Blücher und war von 1802–1803 Mitglied der Organisationscommission im Bisthum Münster. Gelegentlich der Mobilmachung im J. 1805 ward er Director des Feld-Kriegscommissariats bei Blücher’s westfälischem Armeecorps und bekleidete 1806 die nämliche Stellung bei den unter dem General v. Rüchel stehenden Reservetruppen. [399] In dem unglücklichen Feldzuge dieses Jahres gab er die ersten Beweise der Umsicht und Thatkraft, welche ihm während eines Zeitraumes von zehn Jahren so glänzende Erfolge auf dem Gebiete des Heerverpflegungswesens verschafft haben. Nachdem die Doppelschlacht von Jena und Auerstädt verloren gegangen war, lag ihm ob, von Erfurt aus die Commissariatsfahrzeuge und die diesen angeschlossene Kriegskasse nach Magdeburg in Sicherheit zu bringen. Kaum hatte er sich in Marsch gesetzt, so entfloh, vom allgemeinen Schrecken ergriffen, die ihm beigegebene Bedeckung. Die Fahrer hatten große Lust dem Beispiele zu folgen und mit der Bespannung davon zu reiten. Ribbentrop’s energischem Dazwischentreten und seiner geschickten Behandlung der Wagenlenker gelang es, dieselben an der Ausführung dieses Vorhabens zu verhindern, und glücklich brachte er die Ladung nach der Elbfestung. Hier erhielt er Befehl, nebst dem Major von dem Knesebeck und dem Capitain v. Gneisenau, dem Heere nach der Oder voranzugehen und die Verpflegung desselben während des Rückzuges sicher zu stellen. In Stettin erfuhr er die Nachricht von der bei Prenzlau abgeschlossenen Capitulation und übernahm nun, auf Grund einer mit den genannten beiden Officieren getroffenen Vereinbarung, den Auftrag, die sämmtlichen Bestände der Kriegskassen nach Königsberg zu retten. Zum zweiten Male glückte ihm die Lösung der schwierigen Aufgabe, worauf der König ihn zum Rath im Oberkriegscollegium und zum Director des Kriegscommissariats beim Reservecorps ernannte; die letztere Stellung vertauschte er im Frühjahr 1807 mit der gleichen bei dem Blücher’schen Corps in Pommern. Als der Friede von Tilsit geschlossen war, kehrte er nach Preußen zurück und übernahm im Oberkriegscollegium die Bearbeitung der Heeresverpflegungsangelegenheiten. Auf seinen Betrieb ward 1808 ein bleibendes Kriegscommissariat errichtet; an die Spitze desselben trat er selbst mit dem Titel als Staatsrath, desjenigen mit welchem er in der Geschichte der Befreiungskriege meist genannt wird. Unausgesetzt darauf bedacht, das Rüstzeug zum Kampfe für des Vaterlandes Befreiung zu beschaffen, und in steter Verbindung mit den gleichgesinnten Kreisen und Persönlichkeiten arbeitete er auf die Verschmelzung des militärischen Verwaltungsdienstes mit dem Heere selbst hin und bemühte sich die Leistungen des ersteren in vorderster Linie den Bedürfnissen des Krieges anzupassen.

Bereits im J. 1811 wurden preußischerseits Vorbereitungen zur Theilnahme an neuen Kämpfen getroffen; R. ward damals nach Pommern zu Blücher gesandt, dem er seit einer Reihe von Jahren nahestand. Zunächst aber sollte beider Sehnen noch nicht Befriedigung finden. Vielmehr mußte im folgendem Jahre Preußen dem gehaßten Unterdrücker Heeresfolge gegen Rußland leisten und R. erhielt die Bestimmung als General-Kriegscommissär das Corps des Generals v. Grawert zu begleiten, welches dem durch die Ostseeprovinzen gegen Petersburg vordringenden 10. Corps der großen Armee unter dem Marschall Macdonald überwiesen war. Anfangs bekleidete er bei diesem Corps das Amt eines ordonnateur en chef und füllte diesen Posten voll und gewissenhaft aus; die Soldaten und das Land, welches letztere nach Kräften, und soweit nicht der Hauptzweck darunter litt, zu schonen überall sein Bestreben war, standen sich gut dabei. Aber der Wahrspruch der französischen Verpflegungsbeamten lautete: „Richesses sans gloire“; sie wollten Geld verdienen, gleichviel ob auf Kosten der Soldaten oder des Landes; die Oberen sahen den Niederen durch die Finger und erkauften damit deren Schweigen bei ihren eigenen Betrügereien. Damit war R. nicht einverstanden; er hielt seine Hände rein und trat jedem Versuche des Unterschleifes und des Betruges, wo er solchen witterte, entgegen. Er war vielen seiner Untergebenen daher ein Dorn im Auge und den Verdächtigungen derselben gelang es den rechtlich denkenden, ehrlich handelnden Macdonald, dem [400] man vorredete, R. sauge das Land aus und sende geraubtes Vieh nach Preußen, gegen ihn einzunehmen, so daß an seiner Stelle ein Franzose Namens Bergier Generalintendant wurde. Nun ging alles rückwärts, die Soldaten darbten und die Pferde hungerten, die Beamten aber füllten ihre Taschen (Droysen, das Leben York’s, I 386, Berlin 1852). – In größeren Verhältnissen kamen seine seltenen organisatorischen Fähigkeiten in den Feldzügen der Jahre 1813 und 1814 zur Geltung, wo er unter Blücher als General-Kriegscommissarius des schlesischen Heeres wirkte. Je ungünstiger die äußeren Umstände waren, um so glänzender trat sein schöpferisches Talent hervor; seine Sorge für den Unterhalt der Truppen stellte den Erfolg der kühnsten Kriegspläne sicher und ermöglichte häufig die Ausführung von Unternehmungen, welche ohne seine Unterstützung hätten unterbleiben müssen. So bald er konnte, stellte er, überall wohin er kam, die bürgerliche Verwaltung her, um durch diese die Kräfte des Landes für künftige Leistungen zu erhalten. Umsichtig, entschlossen, thatkräftig, voll Geistesgegenwart, scheute er keinerlei persönliche Gefahr. So griff er am Tag der Schlacht an der Katzbach, als in Jauer eine bedenkliche Unordnung unter den zuströmenden Soldaten eingerissen war, rücksichtslos und muthig ein, erklärte sich zum Commandanten der Stadt, sorgte, ohne Beistand einer militärischen Behörde, für die Unterbringung der Verwundeten, das Sammeln und Zurückschaffen der Gefangenen, die Bergung der Siegesbeute und stellte geschickt und rasch geregelte Zustände her; Blücher erkannte dankbar sein Verhalten an. Im J. 1814 hatte ihn dieser in das große Hauptquartier entsendet; mit letzterem befand er sich bei Bar sur Aube, als nach dem Scheitern der Verhandlungen zu Châtillon sur Seine König Friedrich Wilhelm III. ihn beauftragte, wichtige Befehle, die Heranziehung von Verstärkungen zum preußischen Heere betreffend, an Blücher zu überbringen. Unter der Bedeckung russischer Husaren umging er in der Nacht die französischen Truppen und kam glücklich bei Blücher an. Eine schöne Genugthuung brachte seinem Herzen der Tag des Einzuges in Paris, der 31. März 1814; damals nahm er das von den Franzosen 1806 nach Paris entführte Viergespann mit dem Wagen der Siegeskönigin wieder in Besitz und sandte dasselbe in die Heimath zurück.

Während des Krieges vom J. 1815 war er wiederum Generalintendant der preußischen Feldarmee. Als Paris genommen war, ertheilte ihm Blücher den Auftrag, dafür zu sorgen, daß die von den Franzosen während der napoleonische Kriege geraubten Kunstschätze, welche man im vorangegangenen Jahre in thörichter Schonung ihnen gelassen hatte, an Preußen zurückgegeben würden (Schwartz, Leben des Generals von Clausewitz, II 143, Berlin 1878). Die jetzigen Besitzer ließen sich sehr widerwillig dazu herbei und die Ausführung des Befehls kostete viele Mühe; sie gelang R. indessen in den meisten Fällen; Braunschweig, Hessen bedienten sich seines Beistandes zu dem nämlichen Zweck. Nicht mindere Schwierigkeiten machte es ihm, Befriedigung derjenigen Ansprüche zu erlangen, welche er in Gestalt von Ausschreibungen an Geld und anderen Heeresbedürfnissen zu machen hatte. Sein Geschick und die Bestimmtheit der Sprache, welche er führte, sicherten ihm auch hier den Erfolg. Ein Beispiel dafür ist ein Brief, welchen er am 10. Juli 1815 an den Präfecten das Seinedepartements richtete, der sich dagegen sperrte, eine von Blücher der Stadt Paris auferlegte Kriegssteuer von 100 Millionen Francs zu bezahlen (Journal des Nieder- und Mittelrheins, Aachen, 25. Juli 1815; auch abgedruckt in Pertz, Leben Gneisenaus, fortgesetzt von H. Delbrück, IV, Berlin 1880). Mit ebensoviel Höflichkeit als Bestimmtheit erklärte er, daß, wenn nicht noch am nämlichen Tage ein Abkommen zu Stande käme, der Präfect und eine Anzahl angesehener Einwohner nach Graudenz abgeführt werden würden, ohne daß die weiteren seinerseits zur Erfüllung seines Auftrages anzuordnenden Maßregeln dadurch eine Einschränkung [401] erleiden würden. Das fruchtete. Die Pariser rächten sich durch Spöttereien. Namentlich Ribbentrop’s Name gab den Stoff dazu her: „Riz-pain-trop“ sprach der Wortwitz denselben aus; Otez deux tiers (Ribben-), il en restera encore trop (trop) lautete ein aufgegebenes Räthsel. Als man ihn gelegentlich mit einer Zusendung von 60 000 Francs bestechen wollte, übergab er das Geld der Kriegskasse zur Verwendung für Verwundete und Kranke und schickte den Spendern jener Summe den Empfangschein der Behörde. Die nämliche Rechtlichkeit und Lauterkeit bewährte er in vielen anderen Fällen; er stand einer Reihe von Aemtern vor, welche Millionen durch seine Hand gehen ließen, verwaltete ganze Provinzen in Feindes- und Freundesland und starb, obgleich er immer eingeschränkt gelebt hatte, ohne Hinterlassung eines nennenswerthen Vermögens.

Zweimal versuchte sein Heimathland Braunschweig ihn wiederzugewinnen. Zum ersten Male geschah es im Anfange des Jahres 1806, wo Herzog Karl Wilhelm Ferdinand ihm die Stellung als Kammer- und Klosterrathsdirector zu Braunschweig mit einem Jahresgehalte von 2000 Thaler, freier Wohnung und Feuerung anbieten ließ. Er war damals geneigt dem Rufe Folge zu leisten und bat um den Abschied; der König aber lehnte das Gesuch „wegen seiner besonderen Brauchbarkeit, Umsicht, Thätigkeit, Localkenntnisse und Geschäftsroutine“ ab, erhöhte sein Gehalt von 1200 auf 2000 Thaler, bestätigte ihn in seiner Stellung als Director des Feld-Kriegscommissariats bei Blücher und fügte günstige Verheißungen für Ribbentrop’s fernere Dienstlaufbahn hinzu (Cabinetsordres vom 6. und 11. September 1806). Im November 1813 richtete Herzog Friedrich Wilhelm, mit dem R. seit einer Reihe von Jahren in näherer Verbindung gestanden hatte, ein ähnliches Erbieten an ihn. In einem eigenhändigen vertraulichen Schreiben aus London vom 27. d. M. sprach er ihm seinen großen Dank für erwiesene Dienste aus, nahm Ribbentrop’s Mitwirkung zur Erfüllung fernerer Wünsche in Anspruch und forderte denselben zum Uebertritt in braunschweigische Dienste mit dem Hinzufügen auf, daß die Art und Weise, in welcher dies geschehen würde, ganz von Ribbentrop’s Ermessen abhängen solle. R. mochte aus den ihm liebgewordenen Verhältnissen nicht scheiden, im Feldzuge des Jahres 1815 aber bethätigte er seine Anhänglichkeit an sein engeres Vaterland dadurch, daß er den braunschweigischen Truppen, welche sich in arger Geldverlegenheit befanden, auf seine alleinige Verantwortung 10 000 Thaler aus preußischen Kassen vorschoß. Nach Friedensschluß blieb er, als Generalintendant der Armee, noch zwanzig Jahre lang an der Spitze der Leitung der ökonomischen Angelegenheiten im Kriegsministerium zu Berlin, 1817 ward er Mitglied des Staatsraths und am 6. Februar 1823 wegen seiner dem Könige „geleisteten guten und ausgezeichneten Dienste“ geadelt, am 12. Januar 1835 aber zum Chefpräsidenten der Oberrechnungskammer in Potsdam ernannt. Nachdem er als solcher am 26. August 1838 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum gefeiert hatte (Vossische Zeitung vom 28. August 1838) und am 4. Mai 1839 auf eigenen Antrag wegen seines geschwächten Gesundheitszustandes vom 1. Juli jenes Jahres an in den Ruhestand versetzt worden war, starb er zu Potsdam am 7. Februar 1841.

Als Schriftsteller ist R. zuerst mit einer „Verfassung des preußischen Cantonwesens“, Minden 1798, hervorgetreten, einer geschichtlichen Abhandlung, in welcher er die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht empfahl; in den Jahren 1814–1818 gab er eine zu dreizehn Bänden angewachsene „Sammlung von Vorschriften u. s. w., welche auf die preußische Militärökonomie Bezug haben“, und 1818–1819 ein „Archiv für die Verwaltung des Haushalts bei den europäischen Kriegsheeren“ heraus; ein Verzeichniß seiner bis 1825 veröffentlichten Werke [402] ist in „Gelehrtes Berlin im J. 1825“, Berlin 1826, gegeben. Es folgten später noch mehrere auf die Militärverwaltung bezügliche Schriften, von denen „Vorschriften über den Dienst der Krankenpflege im Felde“, Berlin 1832 2 Bände, die umfangreichsten sind. „Einige Nachrichten über das Lagern der Truppen unter Zelten“, Berlin 1823, wurden in das Türkische übersetzt.

Als Quelle sind, außer den oben genannten, namentlich die vom gegenwärtigen Chefpräsidenten der Oberrechnungskammer, Wirklichen Geheimen Rath Herrn v. Stünzner Exc., auf Grund der Acten dieser Behörde gütigst gemachten Mittheilungen benutzt worden.