ADB:Riebling, Johann
Heinrich der Friedemacher von Luther sich einen Prediger und Superintendenten für Parchim 1537 erbat, auf dessen Empfehlung 1539 dorthin, wo er später die Tochter des ersten dortigen evangelischen Pastors Lönnies heirathete und am 25. November 1554 starb. Bei der eigenthümlichen Stellung der Reformationsfrage im Lande durch die Nichtübereinstimmung der beiden Herzoge war R. zu vorsichtigem Auftreten gezwungen; die Stellung eines Superintendenten war nicht gesetzlich festgestellt, eine Kirchenordnung bestand noch nicht. Noch seltsamer gestaltete sich das Verhältniß zu dem von Herzog Heinrich’s Sohne Magnus verwalteten Bisthume Schwerin. So ist R. der Vater der mecklenburgischen Kirchenordnungen geworden. Eine solche neben einem Katechismus und einer Kirchenagende zu verfassen, erhielt er sofort den Auftrag. Die beiden ersteren wurden alsbald fertig und auf herzogliche Kosten durch Ludwig Dietz 1540 in plattdeutscher Sprache gedruckt. Der Rostocker Pastor Heinrich [508] Techens scheint dabei geholfen zu haben. Die erstere ist fast ein Abdruck des ersten Theils der Nürnbergischen Kirchenordnung von Andr. Osiander und Joh. Brenz von 1533, und zwar von der 1534 in Magdeburg durch Mich. Lotther erschienenen niedersächsischen Ausgabe. Der Katechismus von 1540 ist ebenfalls eine Bearbeitung der als 2. Theil jener Nürnbergischen Kirchenordnung hochdeutsch 1533 und plattdeutsch 1534 erschienenen Kinderlehre. Wie diese brachte er daher als 5. Abschnitt das Amt der Schlüssel, entgegen den ursprünglichen Absichten Luther’s, in die mecklenburgische Kirche. Die Kirchenordnung enthält einen ersten Theil von der Lehre, einen zweiten von den Ceremonien. Auch die Kirchenagende wurde fertiggestellt: „Ordeninghe der Misse, wo de vann denn Kerckheren unde Seelsorgern ym lande tho Meckelnborch, jm Fürstendom Wenden, Swerin, Rostock unnd Stargharde schal geholden werden“. Nach dem Titel ist sie von 1540, nach dem Schlusse aber erst am 16. Juni 1545 fertig gesetzt. Man hat vielleicht erst die Resultate der Kirchenvisitationen erwarten wollen, welche nun die Jahre 1540–44 durch das ganze Land, auch das Bisthum Schwerin, erfolgten. R. leitete sie als Theologe, erst später nahm Nossiophagus (Kückenbieter, A. D. B. XXIV, 27) daran Theil; sie wurden auf das schonendste gegen katholisch gebliebene Priester ausgeführt, scharf aber gegen „Sacramentirer“, mochten es Zwinglianer oder täuferisch Angehauchte sein. So mußte Never (A. D. B. XXIII, 564) in Wismar vom Amte weichen. 1549 wurde R. mit dem neuernannten Güstrower Dompropst G. Omcke (A. D. B. XXIV, 346) vom Herzog Heinrich und dem seinem Vater Albrecht nun gefolgten jungen Johann Albrecht zum Sternberger Landtage entsandt, der wesentlich wegen des Interim berufen war. Beide riethen den Ständen dringend die Ablehnung an, die denn auch um so eher erfolgte, als überhaupt nicht einmal ein officieller ständischer Beschluß über Annahme der Augsburger Confession bisher gefaßt war. Schon in den Vorbereitungen zu der sog. Fürstenverschwörung, der Auflehnung mit Moritz von Sachsen gegen den Kaiser, hatte sich 1551 Johann Albrecht im Einverständnisse mit Heinrich dahin entschieden, eine neue durchgreifende und erschöpfende Kirchenordnung zu schaffen; die zur Entwerfung eingesetzte Commission bestand unter D. Johannes Aurifaber aus Riebling, Kückenbieter und dem Feldprediger Ernst Rothmann. Aurifaber hatte die kursächsische Kirchenordnung zu Grunde gelegt, deshalb wurde auch die neue mecklenburgische nun in hochdeutscher Sprache verfaßt und nach Melanchthon’s Approbation 1552 in Wittenberg bei Hans Luft (in 2 Ausgaben) gedruckt, auch 1554 dort neu aufgelegt, da die Exemplare durch die neuen allgemeinen Kirchenvisitationen von 1552–54 erschöpft waren. Diese Visitationen durch Aurifaber, R., Omcke und Simon Leupold, die nach der Instruction vom 12. November 1552 viel strenger gehandhabt wurden, bezeichnen die letzte Thätigkeit Riebling’s. An der als nothwendig erkannten Uebertragung der Kirchenordnung ins Plattdeutsche hatte er nicht mehr Theil; sie gelangte erst 1557 bei Ludwig Dietz zum Druck.
Riebling: Johannes R., der erste lutherische Superintendent im Mecklenburgischen, war um 1494 in Hamburg geboren, hatte in Wittenberg studirt und war dort Magister geworden. 1529 wurde er Prediger zu St. Katharinen in Braunschweig und ging, als Herzog- Schröder, Evang. Meckl. I, 331 etc., II, 33 etc. – Rudloff, Gesch. III. – Krey, Beitr. I, 145 – Wiechmann, Meckl.-Altnieders. Litt. I (S. Reg. in Bd. III von Hofmeister). – J. Wigger, Kirchengesch. Mecklenb. 114–127.