Zum Inhalt springen

ADB:Ritsert, Ernst Ludwig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ritsert, Ernst Ludwig“ von Binder. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 664–666, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ritsert,_Ernst_Ludwig&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 23:34 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Ritter
Band 28 (1889), S. 664–666 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand November 2019, suchen)
Ernst Ludwig Ritsert in Wikidata
GND-Nummer 116570385
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|28|664|666|Ritsert, Ernst Ludwig|Binder.|ADB:Ritsert, Ernst Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116570385}}    

Ritsert: Ernst Ludwig R., evangelischer Geistlicher und Schulmann, geboren am 26. December 1800 zu Darmstadt, † ebendaselbst am 8. September 1843. Den ersten Unterricht empfing R. von seinem Vater, der Lehrer an der Garnisonsschule in Darmstadt war, sowie von dem verdienten Desaga. 1809 trat er in die erste Classe des Darmstädter Gymnasiums ein, das damals unter der trefflichen Leitung des Directors Joh. Georg Zimmermann stand; mit glänzendem Erfolg absolvirte R. hier seine Gymnasialstudien und ging dann 1818 auf die Universität Gießen, wo er seiner Neigung folgend Theologie und Philologie studirte; in diesen beiden Wissenschaften waren besonders die Professoren Schmidt, Dieffenbach und Rumpff seine Lehrer. 1820 verließ er Gießen; nach einem kurzen Aufenthalte im elterlichen Hause ging er im Sommer 1821 zur Fortsetzung seiner Studien nach Göttingen, wo bei den damals besonders günstigen Verhältnissen dieser Universität sein strebsamer Geist reiche Anregung fand; hier hörte er die theologischen Vorlesungen bei dem älteren Planck und Eichhorn, philologsche und archäologische bei Dissen und K. O. Müller, Geschichte bei Heeren und Saalfeld, und Mathematik bei Thibaut; dabei wurden [665] auch naturwissenschaftliche und kunsthistorische Studien gepflegt. 1822 unterzog sich R. zu Gießen der Facultätsprüfung, die er mit Auszeichnung bestand. Nach seiner im Herbst desselben Jahres mit gleichem Erfolg bestandenen Definitorialprüfung stand dem nunmehrigen Predigtamtscandiaten der Weg der geistlichen Laufbahn offen; R. wählte jedoch dieselbe nicht zu seiner Lebensaufgabe, sondern wandte sich seiner von Jugend an gehegten Neigung folgend, dem Lehrberufe zu. Schon unmittelbar nach seinem Facultätsexamen hatte er zu Darmstadt zugleich mit einem seiner Studiengenossen eine Privatschule für Mädchen gegründet. Nach seiner Definitorialprüfung errichtete er im Verein mit zwei andern ihm befreundeten Privatlehrern daselbst eine größere Lehr- und Erziehungsanstalt für Knaben vom 6. bis 16. Lebensjahre. Diese Anstalt, geleitet mit pädagogischem Verständniß und getragen von dem Geiste frischer Schaffungskraft und einträchtigen Zusammenwirkens, hatte ein fröhliches Gedeihen, und das damalige Wirken an diesem Institute blieb R. in seinem ganzen späteren Leben eine seiner liebsten Erinnerungen. Mehrfache an ihn unter glänzenden Bedingungen ergangene Aufforderungen zur Annahme anderweitiger Lehrstellen schlug R. aus Anhänglichkeit an den ihm theuer gewordenen Wirkungskreis aus. Nach achtjähriger Thätigkeit an dieser Anstalt ließ sich R. endlich durch seine Eltern, die eine sichere öffentliche Anstellung des Sohnes wünschten, und dann auch durch die nöthig gewordene Rücksicht auf seine durch andauernde und anstrengende Arbeit sehr angegriffene Gesundheit zum Rücktritt von diesem Institut bewegen. An Ostern 1829 erhielt derselbe dann eine Lehrstelle an der ersten Stadtmädchenschule zu Darmstadt und im folgenden Herbst trat er in gleicher Eigenschaft an die daselbst neu errichtete erste höhere Töchterschule über, wo er mit segensreichem Erfolge und stets steigender Anerkennung bis zu seinem in den besten Mannesjahren erfolgten Tode in pflichtgetreuer Hingebung an seinen Beruf wirkte. – 1830 wurde R. als Freiprediger ordinirt; von sonstigen äußeren Auszeichnungen ist zu erwähnen, daß ihm 1838 seitens der theologischen Facultät der Universität Gießen die Würde eines Licentiaten der Theolgie und 1843 von der Regierung der Charakter eines Schulinspectors verliehen wurde.

Trotz einer anstrengenden und mit gewissenhafter Sorgfalt geübten Wirksamkeit fand R. noch Zeit und Anregung zu wissenschaftlicher und litterarischer Thätigkeit. Außer zahlreichen Recensionen und Aufsätzen zumeist pädagogischen oder historischen Inhalts, die in der Allgem. Kirchen- und Schulzeitung sowie in andern periodischen Blättern von ihm erschienen, ist hier noch zu nennen seine 1833 veröffentlichte Schrift „Der Orden der Trappisten“. Zugleich mit dem Darmstädter Gymnasiallehrer Dr. K. Wagner besorgte R. die Herausgabe von Dr. Friedr. L. Wagner’s „Handbuch des Wissenswürdigsten für Bürger- und Volksschulen“, Darmstdt 1838; sodann folgte seine „Deutsche Sprachlehre mit zahlreichen Uebungsaufgaben für höhere und niedere Volksschulen“, Darmstadt 1839, wovon in demselben Jahr noch eine zweite Abtheilung und „Die Lehre vom deutschen Style“ als dritte Abtheilung erschien; ferner besorgte R. die Herausgabe von Joh. Friedr. Christoph Welker’s „Liturgischen Beiträgen“ nebst einem homiletischen Anhang und begleitete dieselben mit einem Vorwort und schätzbaren Mittheilungen über Welker’s Leben und Wirken, Darmstadt 1842, welch letztere auch besonders im Druck erschienen.

Eine in die Wand des Lehrgebäudes der höheren Töchterschule zu Darmstadt eingefügte Marmortafel bezeichnet in einfacher Inschrift die Stätte des segensreichen Wirkens des in treuer Pflichterfüllung zu frühe geschiedenen Mannes. Aus den Mitteln einer dem Andenken Ritsert’s gewidmeten Stiftung wird heute noch der besten Schülerin der letzgenannten Anstalt alljährlich am Weihnachtsfeste [666] eine Prämie verliehen. Ritsert’s Persönlichkeit, wie solche sich in seinem Nekrolog dargestellt, war begründet in einer idealen Lebens- und Berufsauffassung, die erhaben über dem Reiz menschlicher Anerkennung die Empfindung treuer Pflichterfüllung als höchsten Lohn hinnimmt. Geistig außerordentlich regsam und dabei von beharrlichem Willen, strebte er den von ihm als richtig erkannten Zielen seines Berufes nach, ohne jedoch von einseitiger persönlicher Anschauung sich beengen zu lassen. In seinem Wesen war die anspruchsloseste Bescheidenheit mit hingebendem Wohlwollen vereint gegen alle, die ihm näher traten.

Vgl. Ritsert’s Nekrolog. Allgem. Kirchenzeitung, Jahrg. 1849, Nr. 176 und 177. – K. G. Hergang, Pädag. Real-Encycl., II. Bd., S. 526, 527.
Binder.