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ADB:Rudolf (Bischof von Lüttich)

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Artikel „Rudolf von Zähringen, Bischof von Lüttich“ von Alexander Cartellieri in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 584–585, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolf_(Bischof_von_L%C3%BCttich)&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 19:08 Uhr UTC)
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Rudolf von Zähringen, Bischof von Lüttich, war der dritte Sohn Herzogs Konrad’s († 1152) von Zähringen und Clementia’s († 1158), der ältesten Tochter des Grafen Gottfried von Namur. Seine Geburt fällt wohl in die Jahre zwischen 1125 und 1130. Von seiner Jugend ist nichts bekannt. Seine erste urkundliche Erwähnung gehört ins Jahr 1152. Nach der Ermordung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Seelenhofen durch die aufständischen Bürger (24. Juni 1160) trat R. in’s politische Leben ein. Wohl in der Hoffnung, daß ein Mitglied des hochangesehenen Geschlechtes sie am ehesten vor den Folgen ihres Frevels schützen könnte, zwangen die Mainzer die Geistlichkeit, R. zu wählen, waren auch damit einverstanden, daß er den Kirchenschatz zu Gelde machte, da er ganz mittellos war. Aber er vermochte weder den Kaiser noch den Papst für sich zu gewinnen. Jener trug Bedenken, die Macht der Zähringer so wesentlich zu vermehren, wobei zu beachten ist, daß Herzog Heinrich der Löwe von Sachsen und Baiern Rudolf’s Schwester Clementia zur ersten Frau hatte. Papst Victor erklärte die Wahl auf der Synode zu Lodi (20. Juni 1161) für nichtig. Es nützte gar nichts, daß R. kirchenpolitisch zur Gegenpartei überging und durch seinen Bruder Herzog Berthold IV. auf König Ludwig VII. und durch diesen wieder auf Papst Alexander III. einzuwirken suchte. R. theilte auch längere Zeit die Verbannung Alexander’s ohne daß darüber Näheres bekannt wäre. Als sich allmählich die Beziehungen zwischen Staufern und Zähringern besserten, kam auch R. wieder für einen Bischofsstuhl in Betracht. Am 9./10. August 1167 starb Bischof Alexander von Lüttich. Rudolf’s Mutterbruder, Graf Heinrich von Namur und Lützelburg, sowie Graf Balduin IV. von Hennegau, Gemahl einer Schwester seiner Mutter, setzten die Wahl ihres Verwandten durch und es erfolgte weder von kaiserlicher noch von päpstlicher Seite Widerspruch. Der genaue Zeitpunkt, der Wahl ist nicht überliefert, dürfte aber vor den 1. December fallen. In weltlichen Angelegenheiten spielte R. keine stark hervortretende Rolle. 1168 nahm er an einer kaiserlichen Gesandtschaft nach England Theil. Sehr bald wurden seine Beziehungen zu Friedrich I. bestimmt durch die Namurer Erbschaft. Es war anzunehmen, daß der schon erwähnte Graf Heinrich kinderlos sterben würde, und den Ansprüchen der Zähringer standen die der Hennegauer gegenüber. Sobald der Kaiser seine Gunst dem hennegauischen Grafen Balduin V., seit 1180 Schwiegervater des Königs Philipp II. August von Frankreich, zuwandte, weil er in ihm den geeignetsten Vertreter des deutschen Reichsinteresses an der Westmark sah, trieb er damit den Lütticher in das gegnerische Lager. R. gehörte daher zu den Anhängern des Kölner Erzbischofs Philipp, als dieser sich dem Kaiser widersetzte, näherte sich aber bald darauf Friedrich wieder und wohnte in dessen Gefolge der bedeutsamen Besprechung mit Philipp August zwischen Ipsch und Mouzon (December 1187) bei. Der Schlüssel zu der schwankenden Haltung Rudolf’s in den Angelegenheiten des Reichs liegt wohl in seiner Persönlichkeit und in seinem rein äußerlichen Verhältniß zum kirchlichen Amt. Er besaß einen scharfen Verstand und war in weltlichen Dingen recht erfahren, aber sein großer Fehler war der Starrsinn, der ihn fremden Rath verachten und immer versuchen ließ, den eigenen Kopf durchzusetzen. Da er in seinen politischen Unternehmungen kein Glück hatte, sah er seine bischöfliche Würde als bloße Gelegenheit zur Bereicherung an und gab sich schnöder Habsucht hin. In vornehmer Blasirtheit duldete er es, daß ein Fleischer Udelin geistliche Pfründen auf dem Markte zu Lüttich an den [585] Meistbietenden verkaufte. Die Simonie war jedoch nicht das einzige Laster, das die Lütticher Diöcese befleckte. Zahlreiche Welt- und Klostergeistliche lebten in offenkundigem Konkubinat. Die Mißbräuche waren so himmelschreiend, daß ein kühner Volksprediger, Lambert le Bègue, auf den die Beginen zurückzuführen sind, mit seinem scharfen Verdammungsurtheil großen Beifall fand: Der Klage der geschädigten Geistlichen nachgebend ließ ihn R. verhaften, aber Lambert erreichte es, vor den Papst gestellt zu werden und erhielt von diesem die Erlaubniß, weiter zu predigen. Für den Bischof war es sicher sehr bequem, daß der unerschrockene Sittenverbesserer 1187(?) starb. Aus der sonstigen Wirksamkeit Rudolf’s in Lüttich ist wenig überliefert. Daß er an der Erhebung der Gebeine der heiligen Trudo und Eucherius (1169) und an der des heiligen Domitian (1173) den seiner Würde entsprechenden Antheil nahm, bedeutet nicht viel. Sein nicht datirter Erlaß gegen Kirchenraub und Brandstiftung (Martène et Durand, Thesaurus 1, 492) wäre mit anderen ähnlichen zu vergleichen, um richtig eingeschätzt zu werden. In einer Fehde gegen den Grafen von Looz (1180) wurden von den bischöflichen Kriegern sechzehn Kirchen eingeäschert! Rudolf’s Brief an die Aebtissin Hildegard von Bingen, die ihm in seinen inneren Nöthen helfen sollte, brachte ihm eine ganz allgemein gehaltene Antwort. Da bot ihm, wie so vielen, der bevorstehende Kreuzzug willkommene Gelegenheit, sein Gewissen zu beruhigen. Der Cardinal Heinrich von Albano, in dem sich die ideale Kreuzzugsbegeisterung verkörperte, kam im März 1188 selbst nach Lüttich, predigte gewaltig gegen die Simonie und bewog zahlreiche Pfründner, dem zu Unrecht erworbenen Gute zu entsagen. R. hätte bei seinem schroffen Wesen den Cardinal kaum gewähren lassen, wenn ihn nicht Graf Balduin V. von Hennegau begütigt hätte. Der Bischof gab infolgedessen seine Einwilligung zu dem, was er doch nicht hindern konnte, und nahm auf dem berühmten „Hoftage Christi“, am 27. März 1188, zu Mainz das Kreuz. In der Begleitung des Kaisers wird er während des Zuges noch einige Male genannt, gelangte auch anscheinend in das Lager vor Akkon, aber von seinen Thaten weiß man nichts. Auf der Heimreise begriffen, rastete er in dem ihm gehörigen Dorfe Herdern im Breisgau und starb hier, aber nicht an Gift, wie später behauptet wurde, am 5. August 1191. Beigesetzt wurde er in der Familiengruft zu St. Peter auf dem Schwarzwalde. R. war weder eine hervorragende, noch eine anziehende Persönlichkeit: man erkennt an ihm so recht deutlich den Widerspruch, der in der geistlich-weltlichen Stellung eines reichsfürstlichen Bischofs aus großem Hause lag. Bedeutendes hat er nicht geleistet, nur durch seine Verfolgung Lambert’s dazu beigetragen, das Aufkommen einer Reformbewegung in der Lütticher Gegend zu hindern oder wenigstens zu verlangsamen.

Die wichtigsten Quellen sind Gislebert von Mons; Vita b. Odiliae in den Analect. Boll. 13 (1894), 197 ff.; Gilg von Orval; die Lütticher Annalen des Lambertus Parvus; die Abtschronik von Saint-Trond; Alberich von Troisfontaines. Regesten hat E. Schoolmeesters im Bulletin de la Soc. d’art et d’hist. de Liège 1 (1881) veröffentlicht. Sie blieben August Guntermann in seiner Freiburger Dissertation: Rudolf von Zähringen; Bischof von Lüttich, Bühl 1899; unbekannt. Nachweise über Lambert le Bègue s. in der Realencyclop. f. prot. Theol. Bd. 11 (1902) von Herm. Haupt. Vgl. auch U. Chevalier, Bio-Bibliographie 2, 4039.