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ADB:Ruprecht (Pfalzgraf bei Rhein)

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Artikel „Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 726–729, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ruprecht_(Pfalzgraf_bei_Rhein)&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 16:32 Uhr UTC)
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Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, geb. am 14. Mai 1481 in Heidelberg, wurde als dritter Sohn des Kurfürsten Philipp von der Pfalz und der Margarethe von Baiern-Landshut, für den geistlichen Stand bestimmt. Schon dem Knaben verstand der Vater, fette Pfründen zu erwirken. 1491 wird er als Pfarrer von Hofheim und Würzburger Domherr, das Jahr darauf auch als Domherr von Freising, 1493 als Propst bei St. Maria ad Gradus in Mainz genannt. Sogar zum Bischof von Freising war er bereits gewählt (1. Aug. 1495), als Administrator dieses Sprengels bestellt und seit 24. Juni 1496 inthronisirt, als ein unheilvoller Entschluß seines Landshuter Oheims ihn auf die Bahn zurückführte, die allerdings seiner Begabung und Neigung besser entsprach. Denn wie die Zukunft zeigte, war R. ein Ritter von echtem Schrot und Korn, voll von Ehrgeiz und feurigem Muth, recht nach dem Herzen des kampflustigen Adels. Von Vaterliebe und zugleich von glühendem Haß gegen Herzog Albrecht IV. von Baiern-München, seinen erbberechtigten Vetter getrieben, beschloß der führerlose[1] Herzog Georg der Reiche von Baiern-Landshut, seine älteste Tochter Elisabeth mit einem pfälzischen Prinzen zu vermählen und ihr, was nur unter Verletzung der Hausverträge möglich und ohne die Zustimmung des königlichen Lehnsherrn nichtig war, seine Lande zuzuwenden. Sein Testament, das am 19. Sept. 1496 ausgestellt wurde, bezeichnete Ludwig, Ruprecht oder Friedrich, den ersten, dritten oder vierten Sohn seines Schwagers Philipp als Elisabeth’s künftigen Gemahl. Die Wahl fiel dann auf Ruprecht, vielleicht weil man rechnete, daß einer Vereinigung der Kurpfalz mit Niederbaiern unter einem Fürsten der König wie andere Mächte noch entschiedener widerstreben würden. Indessen gelang es Georg auch nicht, König Maximilian für die schnöde Rechtsverletzung [727] zu gewinnen, die in Ruprecht’s Erbfolge lag. Am 3. December 1498 verzichtete R., der die höheren Weihen noch nicht empfangen hatte, auf seine geistlichen Würden (auf den Freisinger Stuhl ward dann sein älterer Bruder Philipp, eine zum Kirchenfürsten weit besser geeignete Persönlichkeit, berufen) und bald darauf (10. Febr. 1499) feierte er zu Heidelberg seine Vermählung mit Elisabeth. Daß der Papst sich gewinnen ließ, den Dispens zu dieser Ehe zwischen Geschwisterkindern zu gewähren, erregte großes Aergerniß; solche Verbindungen, meinten die Zeitgenossen, seien stets die Quelle von Unheil, verstießen ebensowohl wider die Natur wie gegen die christliche Ordnung. Georg ging nicht auf den Rath seines Kanzlers Kolberge[2] ein, R. sogleich nach Landshut zu berufen, adoptirte jedoch (1501) seinen Schwiegersohn, um dessen Anrechte auf die Erbfolge zu verstärken, und ertheilte für den Fall seines Todes einigen Vertrauten Vollmacht und Auftrag, Stadt und Schloß Landshut sogleich an R. und Elisabeth zu übergeben und die Beamten für diese in Pflicht zu nehmen. Erst als er im Herbst 1503 ernstlich erkrankte, berief er R. als seinen Statthalter nach Baiern, und am 24. October zog derselbe in Ingolstadt ein, während zugleich der König Georg’s Unterthanen abmahnte, R. die begehrte Huldigung zu leisten. Nach Georg’s Tode (1. Dec.) verweigerte die Landschaft sowohl R. als dem rechtmäßigen Erben Albrecht IV. die Huldigung, wies die Entscheidung des Streites dem Könige zu und ernannte eine Regentschaft, die am 3. Januar 1504 auch R. anerkannte, indem er zugleich versprach, keine weiteren Plätze im Lande zu besetzen. So schlecht es um die rechtliche Begründung der pfälzischen Sache stand, so ward durch die treulose und selbstsüchtige Politik König Maximilian’s R. gleichwohl Aussicht auf einen Theil des Landshuter Erbes eröffnet. Der König fand die Gelegenheit, Wittelsbach zu schwächen und Baiern zu zertrümmern, allzu lockend, und wiewohl Albrecht IV. sein Schwager war und er dessen Recht auf das Erbe vorher anerkannt hatte, versprach er nun R. in zwei Urkunden aus Memmingen (6. Januar) ein Drittel des erledigten Fürstenthums und die Hälfte aller Vorräthe, nur ohne Gold und Silber. R. aber, vom kecken Uebermuth der Jugend beseelt und vertrauend auf die magnetische Kraft des von den Landshuter Herzögen aufgespeicherten Burghauser Schatzes, der Ritter und Söldner in Menge unter seine Fahne führte, wies das für ihn so günstige Angebot zurück. Bei den zu Augsburg im Februar geführten Unterhandlungen ließ er seine Sache durch den bambergischen Domherrn Leonhard von Egloffstein führen. Dieser berief sich auf die Testirfreiheit des römischen Privatrechts und auf die vom Naturrecht geforderte Gleichberechtigung von Söhnen und Töchtern, während Albrecht’s Vertreter mit Recht betonten, daß hier nur bairischer Rechtsgebrauch entscheiden könne. Der König beanspruchte für sich selbst das sogenannte „Interesse“, eine schöne Reihe bairischer Aemter, und hätte im übrigen den Handel gern so gelenkt, daß das Landshuter Land zwischen den Münchener Herzögen und den Pfälzern getheilt wurde. Er soll in Augsburg einmal eine nächtliche Zusammenkunft mit R. gehabt und ihn gewarnt haben, durch seine Hartnäckigkeit nicht sich und sein Haus ins Unglück zu stürzen. R. aber wollte sich weder mit einem Theil des Erbes abspeisen lassen, noch verstand er sich zum Verzicht auf den vom Könige beanspruchten Beuteantheil, in den Albrecht, dem Zwang der Verhältnisse weichend, mit blutendem Herzen zuletzt willigte. Schnöder Vertragsbruch von Seite der pfälzischen Partei eröffnete dann die Feindseligkeiten. Während R. in Aichach weilte, ließ seine Gemahlin (17. April) von der Trausnitz aus durch die Hauptleute Rosenberg und Wißpeck das zu Füßen des Schlosses liegende Landshut, dessen Bürgerschaft keinen Widerstand wagte, besetzen. In gleicher Weise wurde Burghausen überrumpelt, und von Landshut ausziehend, bemächtigten sich dann die pfälzischen Hauptleute eines großen Theils der niederbairischen [728] Städte. Erbittert ließ jetzt der König (23. April) auf dem Augsburger Rathhause die rechtliche Entscheidung verkünden, wonach die Münchener Herzöge als die nächsten Agnaten mit Georg’s Reichslehen belehnt wurden. Ueber Ruprecht und seine Anhänger wurde (4. Mai) als Landfriedensbrecher und Rebellen gegen Kaiser und Reich die Acht verhängt. Die Pfälzer standen in dem nun ausbrechenden Landshuter Erbfolgekriege einer furchtbaren Coalition gegenüber: Albrecht hatte, zum Theil durch schwere Opfer, den König, den Schwäbischen Bund, Württemberg, den Landgrafen von Hessen, den Markgrafen von Brandenburg, den Pfalzgrafen von Veldenz, Stadt Nürnberg, als Bundesgenossen gewonnen, während die Pfälzer nur den Bischof von Würzburg, den Landgrafen von Leuchtenberg und Böhmen auf ihrer Seite hatten, aus ihrer Anlehnung an Frankreich aber keine Frucht zogen, da diese Macht sich kurz vorher mit Maximilian ausgesöhnt hatte. Als entscheidend für den Ausgang des Krieges wird man jedoch den Entgang der französischen Hülfe, die im günstigsten Falle wohl nur den pfälzischen Widerstand verlängert haben würde, nicht betrachten dürfen. Mit welchem Selbstvertrauen R. gleichwohl den Kampf aufnahm, zeigen Verse, die er sich in schwarzem Email in ein goldenes Ritterband schmelzen ließ. „Ich will bleiben Pfalzgraf von Rhein“ – hieß es hier u. A. – „und widerstehen allen Feinden mein; … eine neue Münze vermag ich, der ganze Bund steht wider mich, da widerstreit’ ich ritterlich.“ Während sein Vater den Kampf in der Pfalz leitete, übernahm er den Oberbefehl in Baiern. Die reichen Landshuter Geldmittel, die schon sein Schwiegervater vorsorglich zur Anwerbung fremder Ritter benützt hatte, gestatteten ihm, den Gegnern ein ziemlich ebenbürtiges Heer entgegenzustellen. Nachdem er dasselbe in Amberg gesammelt hatte, brach er gegen die Donau auf, wo am 1. Mai Neuburg, am 4. Rain in seine Gewalt fiel. Sodann verwüstete er die Striche gegen Landshut hin und vereinigte sich mit seinem Hauptmann Rosenberg. Erding widerstand seinem Angriff, Wasserburg gewann er wahrscheinlich durch Bestechung. Am 24. Juni führte er seine Hauptmacht, 2000 Mann zu Pferd, 8000 zu Fuß, gegen Albrecht, der Landau a. d. Isar belagerte. Zu dem erwarteten Entscheidungskampfe kam es jedoch nicht, da sich weder die Baiern aus ihren Schanzen hervorlocken ließen, noch R. sich entschließen mochte, in einem Sturm Alles zu wagen. Dem Grafen von Schaumburg, der ihm zum Angriff rieth, soll R. gewehrt haben mit den Worten: er solle ihm sein gutes Kriegsvolk nicht verderben, daß so schwer zu ersetzen sei. Landaus Verlust konnte R. nicht verhindern. Er nahm dann, als Albrecht vor Landshut vorüberrückte, vor der Stadt zwischen Altdorf und Seligenthal eine feste Stellung, um die Vorüberziehenden zu beunruhigen, doch wurden seine Truppen am 13. Juli in zwei Scharmützeln zurückgeworfen. Ein Versuch Ruprecht’s, Albrecht’s Lager bei Isareck zu überfallen, scheiterte an der Wachsamkeit der Vorposten. Gegen Ende des Monats leiteten Ruprecht’s Brüder Unterhandlungen wegen eines Waffenstillstands ein, doch R. wollte nichts davon wissen, wiewohl der König, Württemberg und Hessen mittlerweile in der Pfalz schon bedeutende Erfolge errungen hatten. Nur der Tod sollte der Beharrlichkeit und Energie, mit der er eine schlechte Sache verfocht, ein Ende setzen; von der Ruhr ergriffen, die unter seinen Truppen wüthete, starb er am 20. August 1504 in Landshut, nachdem ihm im Frühsommer seine zwei ältesten Söhne, Zwillinge, im Tode vorangegangen waren. Wenige Wochen nach ihm (in der Nacht vom 14. auf 15. Sept.) starb auch seine Gemahlin Elisabeth, eine Frau von männlichem Geiste. Für ihre zwei Knaben, Otto Heinrich und Philipp, wurde nach Beendigung des noch lange fortwüthenden Krieges durch den Kölner Spruch die sogenannte „junge Pfalz“ begründet, die etwas weniger von bairischem Lande umfaßt, als Maximilian vor dem Kriege R. angeboten hatte.

[729] Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz, I. – Häutle, Genealogie des Hauses Wittelsbach. – Würdinger, Kriegsgeschichte von Baiern, II. – Riezler, Geschichte Baierns, III.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 726. Z. 11 v. u. l.: söhnelose. [Bd. 45, S. 670]
  2. S. 727. Z. 10 v. o. l.: Kolberger. [Bd. 45, S. 670]