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ADB:Sartorius von Waltershausen, Wolfgang Freiherr

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Artikel „Sartorius von Waltershausen, Wolfgang Freiherr“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 394–395, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sartorius_von_Waltershausen,_Wolfgang_Freiherr&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 20:22 Uhr UTC)
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Sartorius: Wolfgang Freiherr S. v. Waltershausen, Sohn des Historikers Georg S., welcher von König Ludwig I. von Baiern in den Freiherrnstand (v. Waltershausen) erhoben wurde, erwarb sich durch seine Arbeiten auf den Gebieten der Mineralogie und Geologie, namentlich in Bezug auf Vulkane einen wohlbegründeten Ruf. Derselbe war am 19. December 1809 in Göttingen geboren. Die berühmten Gelehrten Gauß, Wilh. Weber, Fried. Gottlieb Welcker umstanden schon seine Wiege und Goethe war sein Pathe. Früh seiner Eltern beraubt fand er an Welcker einen väterlichen Freund, der seine Erziehung leitete und schon frühzeitig in die empfängliche Brust des Jünglings eine tiefe Neigung für den Süden einpflanzte. Unter dem Einflusse solcher Gelehrten herangebildet, wendete sich S. den naturwissenschaftlichen Studien zu und wählte, angeregt durch die vortrefflichen Arbeiten des berühmten Berliner Geologen Friedr. Hoffmann zu seinem besonderen Fache das der Mineralogie und Geologie, wobei er sich zugleich als die hauptsächlichste wissenschaftliche Aufgabe seines Lebens die eingehendste Erforschung der Vulkane Italiens zum Ziel setzte. Schon 1834 sehen wir ihn auf einer ersten dreijährigen Reise nach Italien, namentlich nach Sicilien zur Erforschung der Vulkane begriffen. Ueber Gibraltar, Lissabon und England in die Vaterstadt zurückgekehrt, trat er mit seinen ersten Publicationen hervor, welche unter dem Einflusse von Gauß sich auf dem Gebiete des Erdmagnetismus bewegten, nämlich mit den Schriften: „Bestimmung der absoluten Intensität des Erdmagnetismus zu Waltershausen“ (Gauß und Weber, Result. d. magn. Vereins 1837) und „Das Oscillations-Inklinatorium“ (das. 1838). Aufs neue brach er 1838 zu einer zweiten, fünfjährigen Reise nach Italien und Sicilien auf, welche hauptsächlich die kartographische Aufnahme und geologische Erforschung des Aetna zum Zwecke hatte. Das Ergebniß dieser Untersuchung war die Herstellung [395] einer großen, prachtvollen topographischen Karte vom Aetna im Maaßstabe von 1:50 000, „Atlas des Aetna“, 1848–1861 mit 57 Kupfertafeln.

Doch trieb es ihn immer wieder auf Reisen. Von 1843 bis 1846 durchwanderte er Irland, Schottland, die Hebriden (1845), in Gemeinschaft mit dem Chemiker Bunsen (1846) Island und dann Norwegen. Nach seiner Rückkehr lebte S. in Göttingen erst privatim seinen Studien und wurde dann in der Folge zum Professor der Geologie und Director der mineralogisch-paläontologischen Sammlungen der Universität ernannt. In diese Zeit fällt eine Reihe seiner Publicationen als Frucht der bisherigen Reisestudien. Dahin gehören: „Ueber submarine vulkanische Ausbrüche in Val di Noto“ (Gött. Stud. 1846), „Physik.-geogr. Skizzen von Island“ (das. 1847), „Beiträge zur näheren Kenntniß der Dolomite der Walliser Alpen“ (Pogg. Ann. 94, 1855), „Ueber Parastilbit“ (das. 99, 1856), „Fortgesetzte Untersuchungen über einige Körper der Dolomitformation“ (das. 100, 1857), „Ueber d. Meteorstein von Bishopville“ (Liebig’s Ann. 70, 1851), „Ueber Vulkan. Gesteine in Sicilien und Island“, 1853, „Ueber Aetna u. s. Ausbrüche“, 1857. Bezüglich seiner Auffassung der vulkanischen Erscheinungen ist bemerkenswerth, daß er entgegen den neueren Anschauungen, im wesentlichen an der Theorie der Erhebung der Vulkane festhielt indem er versuchte, diese Annahme, welche der Leop. v. Buch’schen Theorie nahe steht, auf eine durchaus von letzterem abweichende Weise zu begründen. Noch dreimal besuchte S. in den Jahren 1861, 1864 und 1869 Sicilien und den Aetna, um durch eingehendste Studien das Material zu einer geologischen Detailkarte im Maaßstabe von 1:15 000 zu gewinnen, an deren Herstellung er mit größter Hingebung arbeitete. Inzwischen beschäftigte ihn auch eine von der holländischen Gesellschaft der Wissenschaften gestellte Frage über Klimaveränderungen, welche er in der gekrönten Schrift „Untersuchungen über Klima der Gegenwart und Vorzeit“ 1865 behandelte. Diese inhaltsreiche Abhandlung faßte namentlich auch die Lösung der Frage über die Ursache der Eiszeit ins Auge. S. kam hierbei unter Zugrundlegung der Wärmetheorie zu dem Ergebniß, daß die Eiszeit einfach durch eine veränderte Reliefform der Erde erklärt werden könnte.

An diese größere Arbeit reiht sich eine Anzahl kleinerer Abhandlungen, wie jene über die Krystallform des Diamants (Gesell. d. Wiss. in Göttingen 1863, 135), „Ueber den Silberkies von Joachimsthal“ (das. 1866 Nr. 2), „Ueber Berechnung der quant. miner. Zusammensetzung der krystall. Gesteine“ 1862 u. s. w. Auch verfaßte derselbe einen warmgehaltenen Nekrolog von Gauß 1856 (Gauß z. Gedächtniß). Leider war es ihm nicht beschieden, zu seinem großen Prachtwerke der Aetnakarte eine ausführliche Erläuterung zu vollenden; er starb mitten in den Vorbereitungen hierzu und nur der aufopfernden Hingebung von A. v. Lasaulx, der selbst eine Reise zur Ergänzung der gemachten Beobachtungen 1878 nach Sicilien unternahm, ist es zu verdanken, daß diese große und ausgezeichnete Arbeit im Geiste des Verfassers zur Publication gelangt ist unter dem Titel: „Der Aetna nach den Manuscripten des verst. Dr. W. Sartorius v. Waltershausen, herausgegeben etc. von Dr. A. v. Lasaulx.“ Am 16. October 1876 erlag S. seinen Leiden.

Poggendorf, Biogr.-lit. Handw. II, 753. – vom Rath, Sitz. d. niederrhein. Ges. v. 5. Juli 1880.