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ADB:Schertlin von Burtenbach, Sebastian

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Artikel „Schertlin von Burtenbach, Sebastian“ von Alfred Stern in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 132–137, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schertlin_von_Burtenbach,_Sebastian&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 05:03 Uhr UTC)
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Band 31 (1890), S. 132–137 (Quelle).
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Schertlin: Sebastian S. von Burtenbach, geb. am 12. Februar 1496 zu Schorndorf † am 18. November 1577; vielleicht in Tübingen oberflächlich gebildet, 1518 im Dienste Maximilian’s, 1519 an den Kämpfen gegen den Herzog v. Geldern und Ulrich v. Württemberg betheiligt, 1521 im Kriege gegen Frankreich, wo Georg v. Frundsberg sein Vorbild wurde, 1522 als Hauptmann über zwölf Fähnlein Landsknechte im Türkenkriege, 1523 vom Kurfürsten von Brandenburg nach Berlin berufen und hier wie am Niederrhein bemüht, für den vertriebenen König v. Dänemark Knechte zu werben. Entschlossen ein Kriegsmann zu bleiben, zog er 1524 auf eigene Kosten über die Alpen, half die Franzosen vertreiben und erlebte den Rückzug von Marseille wie den Sieg von Pavia. An Geld und Ehren bereichert, kehrte er in die Heimath zurück, kämpfte aber sofort wieder im Heer des schwäbischen Bundes gegen die Bauern, namentlich bei Königshofen und im Klettgau und wurde mehrmals verwundet. Im Jahre 1526 wegen Betheiligung an einem Zuge gegen Rotenburg von den Reichsstädten des Landsfriedensbruches beschuldigt, zog er mit Georg v. Frundsberg wiederum nach Italien, machte 1527 die Erstürmung von Rom, dann den Feldzug in Neapel mit, erkrankte, kam als Kaufmann verkleidet unter großen Gefahren nach Venedig, von da mit guter Beute an Kleinodien und 15 000 Gulden im Mai 1529 zu Weib und Kindern nach Hause. Sein Ruhm war derart gestiegen, daß die Statthalterschaft von Württemberg und die Herzöge von Baiern ihn gleichzeitig als Hauptmann mit ansehnlichem Jahrgeld in Dienst nahmen. In dieser Eigenschaft eilte er 1529 gegen die Türken nach Wien, bekam aber den Feind nicht zu Gesicht und erlitt finanzielle Einbuße. Unmuthig darüber sagte er 1530 die baierischen und württembergischen Dienste auf, um in diejenigen Augsburgs zu treten. Er zog 1531 mit seiner Familie in diese Stadt, wo er ein Spielgenosse der Welser und Fugger, ein Tafelgenosse des [133] Dompropstes wurde. Mit 500 Knechten der Stadt 1532 nach Reichsaufgebot in’s Lager bei Wien abgerückt und Locotenent des ganzen Reichsfußvolkes nahm er am 19. September rühmlichen Antheil am Ueberfall Kasim Beg’s bei Pottenstein, wegen welcher That er mit dem obersten Feldhauptmann, Pfalzgrafen Friedrich und anderen in der Burg von Karl V. zum Ritter geschlagen wurde. Auch wurde der Sieg in einem Bilde verherrlicht, das hinter dem Altare der Kirche v. Burtenbach aufgestellt ward. Diese zur Markgrafschaft Burgau gehörige Besitzung hatte S. kurz vor dem letzten Türkenkriege gekauft und lebte nun dort ein behagliches Edelmannsleben, als er, enttäuscht wegen der raschen Beendigung des Feldzuges, aber ruhmbedeckt heimgekehrt war. Er beschäftigte sich mit Holzcultur, Fischzucht, Förderung des Wohlstandes seiner Gutsgemeinde und focht zwischen durch kleine Fehden mit dem umwohnenden Adel, namentlich mit Hans Adam v. Stein aus, wobei gelegentlich Ulrich v. Württemberg und Philipp v. Hessen die Vermittler machten. Die Verbindung mit diesen und der in Augsburg eintretende Umschwung führten ihn dem Protestantismus zu, was die Trennung alter freundschaftlicher Verhältnisse und die Feindschaft der Herzöge von Baiern, seiner Lehnsherren, zur Folge hatte. Den Interessen des schmalkaldischen Bundes wurde er noch entschiedener gewonnen, als ihn neben Augsburg auch Ulrich v. Württemberg und Landgraf Philipp förmlich in Dienst nahmen, was ihn freilich nicht hinderte, 1536 als Hauptmann unter Karl’s V. Fahnen sich bei dem unglücklichen Angriff auf Frankreich einzustellen. Neue Händel mit der Familie v. Stein, die nach Schertlin’s Rückkehr stattfanden, führten zur vorübergehenden Gefangennahme seiner Feinde, erweckten ihm aber noch mehr Widersacher unter katholischen Fürsten und Adeligen des Reiches. Auch König Ferdinand gehörte dazu. Um so fester schloß er sich an das eifrigste Haupt des schmalkaldischen Bundes, den Landgrafen Philipp. Er wurde 1538 von ihm in Aussicht genommen, um, im Falle von Rüstungen der Gegenpartei, Meutereien unter den baierischen Knechten anzustiften, hatte zahlreiche Kundschafter unter sich, war 1539 die Seele der Verhandlungen in Ulm, wo über militärische Maßregeln des Bundes berathen wurde. Die Mißgunst Ferdinand’s brachte ihn 1541 um das erhoffte Commando im Türkenkriege. Dagegen nahm Landgraf Philipp 1542 seine Hilfe bei dem Zuge gegen Heinrich von Braunschweig in Anspruch. Philipp sah es ungerne, daß S. von Karl V. umworben wurde, der den gewandten Kriegsmann gegen hohen Lohn ganz für sich zu gewinnen suchte. Er konnte es jedoch nicht hindern, daß S. 1544 in Speier vom Kaiser zum Großmarschall, Musterherrn und Brandschatzmeister ernannt, den Zug durch die Champagne mitmachte, wobei sein wichtigstes Geschäft die Austheilung des Proviantes bildete. Der Abschluß des Friedens von Crespy vereitelte die Hoffnungen, die S. an den Wiedereintritt in kaiserliche Dienste geknüpft haben mochte. Landgraf Phillip schenkte ihm wieder sein volles Vertrauen und ließ 1545 durch ihn 2000 Knechte anwerben, die, von seinem Sohne, Hans Sebastian geführt, bei der Besiegung des wieder in seinem Herzogthume erschienenen Heinrich v. Braunschweig mitwirkten. Mit dem Landgrafen ganz einig in dem Gedanken, daß man sich für den drohenden Krieg mit dem Kaiser rüsten müsse, und von Augsburg als Diplomat wie als Militär geschätzt suchte er Ende 1545, auf dem Wege zum Schmalkaldischen Bundestag in Frankfurt, den Kurfürsten von der Pfalz dem Bunde anzunähern. Er eilte nach Kassel, um Philipp Bericht zu erstatten, von da nach Heidelberg zurück und hatte die Genugthuung, eine Zusammenkunft beider Fürsten in Frankfurt zustande zu bringen, deren politisches Ergebniß allerdings unbedeutend war. Für Schertlin’s Leben war jedoch diese Reise ein Wendepunkt geworden. Er war entschlossen alle Brücken zur Vergangenheit anzubrechen.

Im Frühling 1546 führte er auf seinem Gute Burtenbach den evangelischen [134] Cultus ein, warb von allen Seiten her Söldner und ließ sich durch ein Gebot König Ferdinand’s, bei Verlust der kaiserlichen Gnade seine Rüstungen abzustellen, nicht irre machen. Sobald der Ausbruch des Krieges entschieden war, wurde er zum Obersten der gesammten Kriegsmacht der oberländischen Bundesstädte ernannt und drang auf schleunigen Angriff gegen die kaiserlichen Musterplätze. Am 9. Juli zog er siegreich in Füssen ein, wo er den katholischen Gottesdienst abschaffte. Den folgenden Tag gelang ihm die Ueberrumpelung der Ehrenberger Klause durch seinen Locotenenten Schankwitz von Ulm. Es steht dahin, ob er wirklich den Plan gehabt hat, den Marsch auf Innsbruck anzutreten, das Trienter Concil zu zersprengen, den Paß zu sperren, wie er sich dessen später rühmte und wie das Gerücht verbreitete. Immerhin wäre es mit der ihm untergebenen Truppenmacht ein zu gewagter Streich gewesen, wenn man nicht etwa die Tiroler zu einer Erhebung gebracht hätte. Jedenfalls war es nachher leicht, die Verantwortlichkeit für die Unterlassung der Expedition auf die städtischen Kriegsräthe abzuschieben, die ihn zurückriefen. Bei seinem Abzug nahm er alle geistlichen Besitzungen für die evangelischen Stände in Huldigung, plünderte die Klöster und erpreßte von den geistlichen Herren Contributionen. Er vergaß dabei sein eigenes Interesse nicht, zog in Burtenbach, wie in der ganzen Markgrafschaft Burgau „Pfaffengüter“ ein und erhielt von der Stadt Augsburg das von ihm besetzte Schloß Zusameck als Pfleger auf Lebenszeit zugesprochen. Mit den württembergischen Truppen vereinigt zog er Ende Juli dem Kurfürsten von Sachsen und dem Landgrafen nach Donauwörth entgegen, nahm unterwegs Dillingen ein und machte neue Beute. Im Lager gab es Streitigkeiten mit Ulrich von Württemberg, der Ansprüche auf einige der eroberten Gebiete machte. Mußte dies S. unmuthig stimmen, so noch mehr die Art der Kriegführung. Zwar gelang ihm die Einnahme der Brücke von Marxheim und die erfolgreiche Umzingelung des Städtchens Rain. Dagegen konnte er einen Handstreich auf Ingolstadt nicht ausführen, sah seinen Rath, sich entweder gegen Landshut oder gegen München zu wenden, verworfen und musste widerwillig den Zug auf dem linken Donauufer durch das Bisthum Eichstädt mitmachen. Als die Ankunft des Kaisers bei Ingolstadt die Schmalkaldener zurückrief, drang S. umsonst auf energischen Angriff und gerieth bei den Streitigkeiten über die zu treffenden militärischen Maßregeln selbst mit dem Landgrafen Philipp in heftigen Wortwechsel. Der Anfang September angetretene Rückzug der Schmalkaldener gab S. gleichfalls zu vielfachem Tadel Anlaß. Er wurde des Zusammenwirkens mit den Fürsten immer überdrüssiger, war besonders auf Rettung Augsburgs, wie der übrigen oberländischen Städte bedacht und befürwortete eine Stellung am Lech. Auch damit drang er jedoch nicht durch. Er musste mit der Hauptmacht bis Nördlingen zurückweichen. Als hier im October dringende Hilfsgesuche Augsburgs eintrafen, erhielt er Erlaubniß mit einer kleinen Truppe aufzubrechen, gelangte in der Nacht des 12. Octobers glücklich durch das kaiserliche Heer vor Lauingen, und in das Städtchen, sprach in seinem Schlosse Burtenbach vor und kam am 13. Oct. nach Augsburg. Hier richtete er die Muthlosen wieder auf, suchte die kaiserlichen Proviant- und Truppenzüge abzuschneiden, sah aber, bei der Auflösung des schmalkaldischen Lagers zu Giengen seine letzte Hoffnung auf Erfolg schwinden. Sein am 3. Januar 1547 dem Rathe der Dreizehn überreichtes, heroisches Gutachten, in dem er sich für die Vertheidigung der Stadt auf Leben und Tod aussprach, konnte den Lauf der Unterhandlungen, die mit dem Kaiser angeknüpft waren, nicht aufhalten. Am 29. Januar 1547 mußte er sich entschließen die Stadt zu verlassen, nachdem er mit ihr einen Vertrag betreffend die provisorische Uebernahme Burtenbachs abgeschlossen hatte. Unter mannigfachen Gefahren gelangte er mit seinem Sohne Hans Sebastian und 18 Schützen nach Constanz. Er hatte in dieser [135] Stadt, aus der seine Frau, Barbara v. Stende, stammte, viele Freunde, ermuthigte sie sich gegen den Kaiser zu wehren, stand aber gleichzeitig in eifriger Verbindung mit Bullinger wie anderen angesehenen Männern in Zürich und wurde von Franz von Frankreich umworben. Inzwischen sah er nicht nur seine Hoffnung getäuscht durch seine Augsburger Bekannten mit dem Kaiser ausgesöhnt zu werden, sondern gerieth mit Augsburg selbst wegen der finanziellen Auseinandersetzung hinsichtlich seiner Güter in bittere Streitigkeiten. Auf die Dauer auch in Constanz nicht mehr sicher, suchte er im November 1547 ein Asyl in Basel, wo ihn Wochen lang ein heftiges Fieber niederwarf. Im April 1548 widerstand er den französischen Anerbietungen nicht länger, begab sich mit seinem Sohne Hans Sebastian selbst zum König Heinrich II. und wurde von ihm, um nöthigen Falles eine Truppe anzuwerben und zu führen, in Dienst genommen. Nach Basel zurückgekehrt, machte er sich durch seine Rathschläge in Sachen der Festungswerke den städtischen Behörden nützlich und baute auf ihren Schutz, fand sich aber durch das kaiserliche Achts-Decret vom 3. August schwer betroffen. Nicht nur, daß seine Güter confiscirt wurden und ein Mordgeselle ihm auflauerte, der sich das versprochene Blutgeld verdienen wollte: Karl V. ließ auch wiederholt und dringend von der Eidgenossenschaft seine Ausweisung fordern. Umgekehrt verlangte der König von Frankreich, daß S. als sein Diener auf schweizer Boden geduldet würde. Es kam darüber zu häufigen Verhandlungen auf den Tagsatzungen, bei denen namentlich Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden erklärten, daß sie sich mit S. „nicht beladen wollen“. Am 10. April 1550 wurde ihm erlaubt, auf der Tagsatzung zu Baden sich persönlich zu verantworten. Noch hoffte er, daß ihm Asyl auf schweizer Boden gewährt bleiben würde. Aber am 6. October 1550 gab die Mehrheit der Orte auf der Tagsatzung zu Baden[1] dem Gesandten des französischen Königs die Antwort, er möge doch sie „sich lieber sein lassen als eine solch einige Person“. Auch der Rath von Basel kündigte S. nun das Asyl auf und gab ihm zu verstehen, es sei wünschenswert, daß er seinen Wohnsitz in Frankreich aufschlage. Umsonst berief er sich darauf, wie er Bullinger berichtete, daß er mit obrigkeitlicher Bewilligung für 2000 Gulden Haus und Hof in Basel „gekauft“, in drei Jahren ob 10 000 Gulden verzehrt, christlich und still gelebt, „um das Wort Gottes und Rettung Vaterlands vertrieben sei“. Er mußte sich fügen. Der Entschluß kam ihn schwer an, da er, wie er Bullinger wissen ließ, der französischen Sprache nicht mächtig war und es ihn drückte, „zuvörderst das liebe Wort Gottes zu verlassen“, Worte, die wohl besonders tiefen Eindruck auf den Adressaten machen sollten. Allein da er auch von den Zürichern nicht erwarten durfte, sie würden ihn „etwan in ein Winkelin stoßen, bis Gott vom Himmel Besserung schickt“, begab er sich im März 1551 mit seinen zwei Söhnen an den Hof Heinrich’s II., wo er bis zum 20. Februar 1552 verweilte. Hier nahm er den lebhaftesten Antheil an der Ausbildung des gegen Karl V. gerichteten Fürstenbundes und trug dazu bei, seine Anlehnung an die begehrliche französische Macht zu vermitteln. Ohne nationalen Sinn, in der späteren Bedeutung des Wortes, wie er war, fand er sich dadurch nicht gehindert sich den „getreuen Eckardt“ zu nennen, der dazu berufen sei, „der teutschen Nation zu verwarnen“. Er entwickelte den Plan, ein deutsches Heer mit französischem Gelde zu sammeln, das unter seiner Führung im Oberland eindringen, die Alpenpässe besetzen, die süddeutschen Reichsstädte gewinnen und den Kaiser zur Ergebung zwingen sollte. Gelänge es nicht ihn zu überraschen, sollte ein Reichstag berufen werden, um ihn abzusetzen. Daneben vernachlässigte S. auch seine Privatinteressen nicht, indem er um von der Stadt Augsburg Erfüllung seiner Ansprüche zu erzwingen, einen Arrestbefehl gegen alle Augsburger Kaufleute, die in Frankreich Handel trieben, auszuwirken suchte. Als nach dem [136] Abschlusse des Vertrages von Chambord der Krieg begann, erreichte S. allerdings von Augsburg einen ihm günstigen Vertrag. Jene hochfliegenden militärisch-politischen Pläne dagegen blieben unausgeführt. Auch die Sammlung und Werbung von Knechten, die S. für Frankreich auf schweizer Boden vornahm, stieß auf Schwierigkeiten. Zwar konnte er im März 1552 mit einem Kredenzbriefe des französischen Königs versehen, persönlich vor den Räthen von Bern und Solothurn erschienen, um die Erlaubniß zur Sammlung von Knechten auf ihren Gebieten zu erbitten. Bern verkaufte ihm sogar tausend Spieße, Zürich und Basel gewährten freien Durchzug. Aber es fehlte nicht an Beschwerden Karl’s V. und an Widerspruch der fünf alten Orte, zumal unter den von S. Angeworbenen auch Schweizer waren. Er mußte versprechen, mit seinem Kriegsvolk weder Sundgau, noch Elsaß oder Burgund angreifen zu wollen, zog, ohne die erhoffte Brandschatzung dieser Gebiete haben vornehmen zu können, mit dem Heere Heinrich’s II. vor Metz, beteiligte sich bei den Operationen im Elsaß, den Räubereien im Luxemburgischen, den Kämpfen in der Picardie. In Abbeville erkrankt, erhielt er die Erlaubniß, sich für ein paar Monate vom französischen Heere entfernen zu dürfen und schlug vom Februar bis August 1553 seine Wohnung wieder in Basel auf. Diese Trennung von Heinrich II. war ihm um so lieber, da er wünschen mußte, sich eine Thüre zum Uebergang auf die andere Seite offen zu halten. Allerdings hat er noch im Juni 1552 den Kurfürsten Moritz davor gewarnt, sich mit den Habsburgern zu verständigen. Allein diese Verständigung war mit Ausschluß Frankreichs dennoch in Passau erfolgt. Zugleich brach Markgraf Albrecht von Brandenburg, Schertlin’s Kampfgefährte und Vertrauter, mit den Franzosen, um sich zu Karl V. zu schlagen. Auch S. hatte, wegen Verkürzung des Soldes, Beschwerden gegen Frankreich. Zwar suchte ihn die französische Gesandtschaft in Solothurn noch einmal zu benutzen, um ein Einvernehmen mit Moritz herzustellen. Aber dessen Tod machte allen derartigen Combinationen ein Ende. Mit dem bei Sievershausen geschlagenen Albrecht ließ sich S. nicht mehr ein. Seine Augsburger Freunde, Georg und David Baumgartner, fanden es nunmehr möglich ihm die Rückkehr nach Deutschland zu erwirken. Er entsagte allen Diensten gegen Kaiser und Reich, erhielt dafür Amnestie und empfing seine Lehengüter zurück. Ende 1553 zog er wieder in Burtenbach ein. Hier war von nun an der Hauptschauplatz seiner Thätigkeit, die im ganzen das Bild des behaglichen Daseins eines alten von zahlreichen Freunden und Verwandten umgebenen Landjunkers darbietet. Doch fehlte es auch jetzt nicht ganz an Zänkereien und Fehden mit adligen Nachbarn. Wollte S. die Landwohnung mit der Stadt vertauschen, so stand das Baumgartner’sche Haus in Augsburg, das er gekauft hatte, zu seiner Verfügung. Im öffentlichen Leben trat er nicht mehr hervor, obschon ihn der Rheinische Bund zum Obersten, der Landsbergische zum obersten Locotenenten ernannte, neben Augsburg mehrere Fürsten ihn in Sold hatten und seine Mitwirkung am Türkenkriege einige Male in Aussicht stand. Im Alter beschäftigte ihn die Aufzeichnung seiner Lebensgeschichte, in der manches verschwiegen, anderes zu schön gefärbt ist. Bei der Schilderung des Schmalkaldischen Krieges ist eine ungerechtfertigte, gegen Philipp von Hessen gerichtete Tendenz unverkennbar. S. wurde am 16. März 1577 in seiner Augsburger Wohnung vom Schlage getroffen, erholte sich wieder, starb aber am 18. November desselben Jahres. Sein ältester Sohn Hans Sebastian starb 1596, der zweite Hans Philipp, den der Vater trotz seiner Zugehörigkeit zum Protestantismus unter Alba dienen ließ, fiel 1568 im Kampfe gegen Oranische Truppen. Eine Tochter Ursula, an Hans v. Stammheim verheiratet, starb 1569.

[137] Leben und Thaten des Herrn Sebastian Schertlin v. Burtenbach durch ihn selbst beschrieben. Nach der eigenen Handschrift des Ritters h. v. O. F. H. Schönhuth. Münster 1858 (frühere Ausgabe, Frankfurt und Leipzig 1777). – Sebastian Schertlin von Burtenbach und seine an die Stadt Augsburg geschriebenen Briefe. Mitgetheilt von T. Herberger, Augsburg 1852. – Ladurner, Der Einfall der Schmalkaldener in Tirol 1546 (Archiv f. Gesch. und Alterthumskunde Tirols I, 1864). – A. v. Druffel, Beiträge zur Reichsgeschichte 1546–1551, drei Bände 1873–1882. – A. v. Druffel, Des Viglius van Zwichem Tagebuch des Schmalkaldischen Krieges 1877. – A. v. Druffel, Beitrag zur militärischen Würdigung des Schmalk. Krieges (Sept.-Abdr. aus den Sitzungsber. der hist. Kl. der K. Bair. Ak. d. W. 1882 II, 3). – G. Voigt, Die Geschichtschreibung über den Schmalkaldischen Krieg (Abh. der phil.-hist. Klasse der K. Sächs. Ges. der W. 1874 Nro. VI.) – Basler Chroniken Band I. 1872 s. Reg. Eidgenössische Abschiede Band IV 1d, 1e. – Briefe Schertlin’s in der Simpler’schen Sammlung auf der Stadtbibliothek zu Zürich.[2]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 135. Z. 23 v. o. l.: Freiburg statt Baden. [Bd. 45, S. 671]
  2. S. 137. Z. 16 v. o. vgl.: Stern, Zürich und Schertlin v. B. in dem Sammelbande Turicensia. Zürich 1891. – Lenz, Briefwechsel Landgraf Philipps von Hessen mit Bucer im Register. [Bd. 45, S. 671]