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ADB:Schmid von Schwarzenhorn, Johann Rudolf Freiherr

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Artikel „Schmid von Schwarzenhorn, Freiherr Johann Rudolf“ von Theodor Vetter in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 695–699, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmid_von_Schwarzenhorn,_Johann_Rudolf_Freiherr&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:17 Uhr UTC)
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Schmid: Freiherr Johann Rudolf S. von Schwarzenhorn stammt aus Stein am Rhein, das sich seit 1484 durch ein ewiges Bündniß Zürich und der Eidgenossenschaft angeschlossen hatte. Das Haus „zum schwarzen Horn“, in welchem er im April 1590 geboren wurde (er wurde am 21. April getauft), steht heute noch, obwol seines ehemaligen Schmuckes an Wandmalereien [696] beraubt. Es liegt auf der Südseite des Marktplatzes. Die Familie S. gehörte zur Aristokratie der Stadt; sie hatte unter Karl V. Adel und Wappen erhalten. Schmid’s Vater war Felix S., ein begüterter und angesehener Mann, dem seine Mitbürger die Aemter eines Stadthauptmanns und Säckelmeisters übertragen hatten. Er war in vierter Ehe verheirathet mit Elisabetha Hürus, der Tochter eines Constanzer Patriciers, welche ihm sechs Söhne und zwei Töchter gebar. Johann Rudolf war der vierte dieser Söhne; Graf Rudolf von Sulz, Landgraf im Klettgau, war sein Pathe. Von diesem übernahm der Vater ein Bergwerk im Klettgau, auf welchem er sein Vermögen einbüßte und wo er im J. 1598 starb. Im Hause zum schwarzen Horn zogen Noth und Kummer ein. Johann Rudolf wurde zur Schule geschickt; bald aber wurde es offenbar, daß er besondere Anlagen zum Zeichnen besitze, worin er es ohne Unterricht sehr weit gebracht haben soll. Mutter und Verwandte bestimmten ihn daher für den Beruf eines Malers oder Goldschmieds. Ob hiezu Schritte gethan wurden, ist unbekannt, da die theilweise sehr abenteuerlichen Geschichten über Schmid’s Jugend sich vielfach widersprechen. Ein unerwartetes Ereigniß brachte ihn in seinem zwölften Jahre auf andere Bahnen. Ein österreichischer Officier, welcher ihn hatte zeichnen sehen, erwirkte sich die Erlaubniß, den talentvollen Knaben mit sich nehmen zu dürfen. Die Beiden begaben sich zunächst nach Verona, wo S. in der Malerei und in den schönen Wissenschaften unterrichtet wurde. Er lernte die italienische Sprache vollkommen und soll sich auch mit Poesie beschäftigt haben. Nach vierjährigem Aufenthalte zogen Beschützer und Schützling nach Dalmatien, von wo der Türkenkrieg sie nach Ungarn rief. Vor einer Schlacht setzte der Officier seinen jungen Freund zum Erben ein; aber S., dessen Wohlthäter wirklich fiel, konnte sich des Vermächtnisses nicht erfreuen: er gerieth in die Gewalt der Türken und wurde als Gefangener nach Constantinopel gebracht. Als Sklave eines Vornehmen konnte sich S. durch seine Kenntnisse bald eine bessere Lage verschaffen; er wurde als Dolmetscher verwendet und lernte in dieser Eigenschaft 1624 den kaiserlichen Botschafter Cäsar Gallen kennen, der ihn schätzte und seinem Nachfolger, dem Freiherrn v. Kurz empfahl. Dieser bewirkte den Loskauf des Gefangenen, welcher nun in Wien als Kenner des Türkischen gute Dienste leisten konnte. S. wurde wiederholt zu Botschaften an die türkischen Statthalter in Ofen und Temesvar verwendet und im J. 1627 hatte er sogar eine Mission an den Sultan Murad IV. selbst, welcher den Frieden gebrochen hatte. Zwei Jahre darauf erfolgte seine Ernennung zum kaiserlichen Rathe und Residenten bei der ottomanischen Pforte. Am 24. Juli 1629 hatte Herr v. Kufstein, welcher reiche Geschenke nach Constantinopel überbracht hatte und dem der Abschluß eines 25jährigen Friedens gelungen war, seine Abschiedsaudienz beim Sultan, indem er ihm Johann Rudolf S. an Stelle des abberufenen Sebastian Lustrier vorstellte. 15 Jahre lang bekleidete S. zum Theil unter recht schwierigen Verhältnissen das wichtige Amt, „ungescheut einiger Leib- und Lebensgefahr, und mit sonderbarer gebrauchter guter Dexterität, Bescheidenheit, Behutsamkeit und Vorsichtigkeit“, wie in einem kaiserlichen Schreiben gerühmt wird. Auf seinen Wunsch erfolgte 1644 oder 1645 seine Enthebung, worauf er nach Wien zurückkehrte. Die wichtigen Dienste, die S. geleistet hatte, fanden ihre besondere Anerkennung darin, daß ihm Ferdinand III. unterm 5. Mai 1647 den Adelsbrief seiner Familie erneuerte, und ihm und seinen Nachkommen gestattete, „sie mögen sich nennen eintweder Schmidt zum Schwarzenhorn oder aber auch, so es ihnen beliebt, mit Auslassung des Namens Schmidt, allein die von Schwarzenhorn“. Dem alten Familienwappen wurde der römische Reichsadler mit Schwert nebst dem türkischen Greifen mit Mond und Säbel hinzugefügt. Inzwischen war S. auch zum Hofkriegsrath und „Waldmeister im [697] Erzherzogthum Oesterreich unter der Enz“ ernannt worden. Doch schon das Jahr 1649 sieht ihn abermals in diplomatischem Dienste. Mohamed IV. hatte den Thron bestiegen und es war bei der damaligen Weltlage für Oesterreich äußerst wichtig, aufs neue in gute Beziehungen zur Pforte zu treten. Niemand war geeigneter die Unterhandlungen zu führen, als Freiherr S. von Schwarzenhorn. Ende März 1649 verließ er Wien und erreichte – wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten – am 1. Juli in Constantinopel die Unterzeichnung einer Urkunde, welche den Frieden auf 221/2 Jahre verlängerte. Innerhalb zehn Monaten sollte der Vertrag auch in Wien unterschrieben und nebst Ehrengeschenken im Werthe von nicht über 40 000 Gulden an die Pforte zurückgebracht werden. Nebenbei hatte es S. auch durchzusetzen gewußt, daß in dem Kriege zwischen der Pforte und Venedig, zu dessen friedlichem Abschlusse namentlich Frankreich seine Vermittelung sehr dringend angetragen hatte, auch Spaniens Vorschläge angehört wurden. Freilich wurden dieselben später entschieden abgelehnt, als sich herausstellte, daß Spanien dabei höchst eigennützige Ziele im Auge habe. Dem gewandten Diplomaten wurde in Wien bei seiner Rückkehr am 19. September 1649 ein glänzender Empfang bereitet; und abermals wurde er im folgenden Jahre durch ein höchst schmeichelhaftes kaiserliches Schreiben dazu berufen, die Ratification und die Ehrengeschenke nach Constantinopel zu bringen. Im April 1650 begann S. die Vorbereitungen zur Reise, indem er sich sein Gefolge selbst auswählte; und nach vollendeter Besorgung der reichen Geschenke für den Sultan und dessen Minister und verschiedenen Abschiedsfeierlichkeiten verließ er Sonntags, den 30. October in 13 Schiffen mit 160 Personen die Stadt Wien. – Der Gesandte scheint sich seiner Aufgabe abermals mit großem Geschick entledigt zu haben; denn als er am 20. Mai 1651 zurückkehrte, wurde er als Erretter eines großen Theiles der kaiserlichen Erblande gepriesen.

In der Heimath war man indessen nicht ohne Kunde von den großartigen Erfolgen des Mitbürgers geblieben. Im Juli 1651 machten sich drei junge Bürger von Stein auf, den berühmten Mann in Wien zu besuchen. Es waren drei Neffen Schmid’s, alle drei mit Namen Felix S.. dazu auf gleichen Pferden und gleich ausgerüstet. Sie wurden von ihrem Oheim freundlich empfangen, vier Wochen lang als Gäste behalten und mit neuen Pferden und schönen Geschenken entlassen. Aus einem Schreiben, das S. seinen Neffen für den Rath der Stadt Stein mitgab, vernimmt man, daß er verheirathet war (mit Helena Feldner von Feldeck), zwei kleine Töchter hatte und gerade damals weitere Nachkommenschaft erwartete. Drei männliche Nachkommen starben alle in frühester Jugend, so daß der Freiherr von Schwarzenhorn sich nach einem Erben seiner Titel und Würden umsah. Er wählte sich hierzu den Sohn eines Bruders, Hans Heinrich S. zum schwarzen Horn, damals Mitglied des Rathes und Stadthauptmann in Stein. Durch ein neues Diplom Leopold’s I. vom 5. Aug. 1658 ließ er diesen Neffen zu seinem Nachfolger im Adel bestätigen; gleichzeitig wurde seinem Wappen ein dritter offener Helm beigefügt „mit einer bis auf die Gürtel herfürsteigenden Diana, welche von vornen ob der Stirn den Halbmond, am Rücken hervorsehenden Bogen, Köcher und Pfeil, in der rechten Hand das schwarze Horn als blasendt an Mund, in der linken Hand aber den Oliva-Ast haltend“. Aus dem Horne kommen die Worte: Junctum aquilae mirare draconem. – Dasselbe Schreiben (vom 20. December 1659), welches dem Hans Heinrich S. seine Erhebung verkündete, verhieß auch der Vaterstadt Geschenke: des Freiherrn Ebenbild, sowie „zu ewiger Gedächtniß ein curiöses Trinkgeschirr, desgleichen in der Christenheit keines zu finden seyn wird“. Wirklich kam am [698] Sonntag, den 17. October 1660 Ferdinand Freiherr v. Rehling, der Gemahl der zweiten Tochter Schmid’s, Polyxena (die ältere, Maria Anna, hatte Johann Maximilian à Seau, kaiserlichen Hofkammerrath, geheirathet), nach Stein und überbrachte dem Rathe ein großes Bildniß des Freiherrn v. Schwarzenhorn, „in denen Kleidern, wie im Jahr 1651 als Kaiser Ferdinandi III. gevollmächtigter Abgesandter vor dem Sultan Mehemet ich erschienen“; es war von Nicolaus v. Hoi gemalt und schmückt noch heute die Steiner Rathsstube. Das zweite Geschenk, „das curiöse Trinkgeschirr“, ist ein Becher von etwa 80 cm Höhe aus Silber mit starker Vergoldung. Drei Sultane tragen das Gefäß, auf dessen Außenseite dargestellt ist, wie S. v. Schwarzenhorn zur Audienz vor dem Sultan erscheint. Auf dem Deckel thronen die Gestalten der drei Kaiser, unter denen er gedient; im Innern findet sich das freiherrliche Wappen, sowie dasjenige seiner Gemahlin. Freie Stellen der Außenseite zeigen ein Gedicht – Schmid’s eigenes Werk –, das den wunderbaren Lebenslauf des Gebers skizzirt und in den Versen gipfelt: „Ich komm ins Vaterland durch meine Vers im Geist | Und zeig an Dienst, die ich der Christenheit geleist. | Dem weisen Rath zu Stein, wo ich die Milch gesogen, | Verehr ich dies Geschirr; mich hat dazu bewogen | Die Lieb, von der dieß soll ein ewigs Zeichen seyn, | Und bleiben bey der Stadt, so lang da rinnt der Rhein.“ – Das Prachtstück hat seither, seiner Bestimmung gemäß, die festliche Tafel oft geschmückt. – Ein Freund des Freiherrn v. Schwarzenhorn, Johann Wilhelm Freiherr v. Stubenberg, seit 1648 unter dem Namen der „Unglückselige“ Mitglied der Weimarer Fruchtbringenden Gesellschaft, begleitete die Geschenke ebenfalls mit einem poetischen Gruße an die Stadt, welche ihrerseits durch Verse Johann Wilhelm Simler’s von Zürich antworten ließ (Simler, Teutsche Gedichte. 4. Aufl. Zürich 1688. Anhang S. 43).

Schmid’s Sehnsucht, seine Heimath noch einmal zu sehen, wurde im J. 1664 erfüllt. Der Krieg zwischen Oesterreich und der Pforte war aufs neue ausgebrochen, und der Kaiser wandte sich nach allen Seiten, um Unterstützung zu erhalten. Der Freiherr v. Schwarzenhorn wurde an die Eidgenossenschaft abgeschickt. Mit einem Schreiben an den Vorort Zürich (dat. Ravensburg, 22. Februar 1664) bittet er um Einberufung einer außerordentlichen Tagsatzung. Am 27. Februar traf er mit seiner Gemahlin, seinem Schwiegersohne, dem Freiherrn v. Rehling, und Gefolge in Stein ein und wurde glänzend empfangen. Er wohnte im väterlichen Hause. Am 2./12. März erschien er in Baden im Aargau vor der Tagsatzung und erlangte von ihr die Zusage einer Lieferung von 1000 Centnern Pulver. Da er nach Augsburg eilen mußte, erhielt er den willkommenen Beschluß (der überdies durch ein Versehen der Post verspätet worden war) erst im Juni; sein Dankschreiben aus Augsburg ist vom 19. Juni 1664 datirt. Die Verhältnisse im Osten hatten sich indessen immer ernster gestaltet, bis der Sieg Montecuculi’s bei St. Gotthard an der Raab am 1. Aug. 1664 eine günstige Wendung herbeiführte. Bei den nun folgenden Verhandlungen, welche mit dem Abschlusse eines 20jährigen Friedens endigten, soll auch S. einflußreichen Antheil genommen haben. Ueber seine letzten Jahre fehlen genauere Nachrichten. Er starb am 12. April 1667 und wurde in der Schottenkirche beigesetzt. Florentius Schilling hielt ihm die Leichenrede, in welcher er die unschätzbaren Verdienste des großen Diplomaten preist. S. hatte der katholischen Kirche angehört (s. Todten-Gerüst, d. i. wolgegründte Ehren-Gedächtnuß hochadelicher Cavalliern etc. S. 422–440. Sultzbach 1676).

Johann Rudolf S. v. Schwarzenhorn war seit 1657 auch Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft und hieß „Der Verdienende“. Aus dem Schreiben, welches das Haupt des Ordens, Herzog Wilhelm zu Sachsen, am 9. Februar 1657 an ihn richtet, vernehmen wir indessen nur von einem „Sonnet [699] oder Klinggedicht“, welches S. an den Herzog geschickt hatte, als dessen Sohn Friedrich im Spätjahr 1656 gestorben war. Dann kennen wir also noch das Gedicht, das auf den Becher eingravirt ist; und endlich meldet Florentius Schilling in seiner Leichenpredigt, der verstorbene Freiherr habe einst die Güte gehabt, zu einer Sammlung von Leichenpredigten auf adeliche Personen, die der Redner unter dem Titel „Bittersüß“ oder „Je länger je lieber“ veröffentlichen wollte, einige einleitende Verse zu schreiben. Es sind acht ziemlich inhaltlose Zeilen. Ueber S. als Künstler weiß Joh. Kasp. Füeßlin zu melden, es befinden sich im Nachlasse des Malers Franz Stampart „ohngefähr 50 Stücke von seltenen Prospecten in und außer Constantinopel, alte zerfallene Gebäude, aller Gattung türkischer Kleidertrachten; alles mit der Feder gezeichnet und getuscht; etliche sehr fleißig ausgeführt, andere nur entworffen.“

Joh. Kaspar Füeßlin’s Geschichte der besten Künstler in der Schweitz, I, 82–154. Zürich 1769. – Leonhard Meister, Helvetiens berühmte Männer, Bd. III, Heft 5, S. 47–52. Zürich 1793 (Auszug aus Füeßlin). – Die Geschichtswerke von Krones, Hammer-Purgstall, Zinkeisen. – Amtliche Sammlung der älteren eidgenössischen Abschiede, Bd. VI, Abtheilung 1, S. 611. – Adelsdiplom von Leopold I. dat. Frankfurt a. M. 5. August 1658 (in Stein a./Rh.). – Handschriftliches in den Archiven von Stein a./Rh. und Zürich.