ADB:Schmidt-Phiseldeck, Christoph von

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Artikel „Schmidt, Christoph (v.), gen. Phiseldeck“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 19–20, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmidt-Phiseldeck,_Christoph_von&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 06:11 Uhr UTC)
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Schmidt: Christoph (v.) S. gen. Phiseldeck wurde am 9. Mai 1740 zu Nordheim geboren, wo sein Vater Konrad Christoph Wiegman S. das Amt eines Stadtkämmerers versah. Da Letzterer schon starb, als der Knabe kaum drei Jahre alt war, so fiel dessen Erziehung hauptsächlich der Mutter Clara Friederike S., einer Tochter des hannoverschen Hauptmanns Joh. Christoph Rumann, zur Last, die jedoch von ihrem Bruder, dem Oberamtmann Joh. Lev. Christ. Rumann in Calenberg, hierbei hülfreich unterstützt wurde. Eine Zeit lang erhielt S. Unterricht bei dem Pastor Reidemeister in Wilkenburg; im 14. Jahre kam er auf die Schule zu Nordheim. Im J. 1757 bezog er die Universität Göttingen, wo er insbesondere bei Böhmer, Pütter, Becmann u. A. sich der Rechtswissenschaft widmete, aber auch geschichtliche, sprachliche, philosophische etc. Studien trieb. Auf Büsching’s Empfehlung wurde er Hauslehrer bei den Söhnen des russischen Geheimraths Grafen Münnich, die damals in der Verbannung zu Wologda lebten, wohin S. im August 1759 aufbrach. Nachdem er hier über zwei Jahre verweilt hatte, zog er 1762 mit der Familie des Grafen nach St. Petersburg, wo er sich etwa noch ein halbes Jahr aufhielt. Dann kehrte er nach Göttingen zurück, wo sich seine Mutter inzwischen mit Joh. Ernst Appuhn, Senior des geistlichen Ministeriums daselbst, verheirathet hatte. Er nahm hier seine juristischen Studien wieder auf und übte sich daneben auch bei dem Advocaten Arenhold in Hannover in der Praxis. Gegen die Mitte des Jahres 1764 erwarb er sich in Göttingen den juristischen Doctorgrad mit einer Abhandlung: „De variis legum positivarum speciebus earum interpretatione et ad facta occurrentia adplicatione“ (Gött. 1764). Dann wandte er sich nach Helmstedt, wo ihm von Michaelis desselben Jahres ab gestattet wurde, über juristische Gegenstände und über Naturrecht und Statistik Vorlesungen zu halten. Dieselben fanden solchen Anklang, daß die Studenten die Regierung baten, ihrem Lehrer eine außerordentliche Professur zu verleihen. Dennoch wollte er schon nach dem ersten Semester Helmstedt verlassen, um anderwärts sein in Rußland erlerntes Geheimniß der Juchtenfabrikation zu verwerthen. Man war bereit, ihn dort zum außerordentlichen Professor zu ernennen, übertrug ihm aber gleich darauf unterm 15. April 1765 die durch Baudiß’ Tod [20] erledigte ordentliche Professur des Staatsrechts und der Geschichte am Collegium Carolinum zu Braunschweig; der Plan der Anlage einer Juchtenfabrik, zu dem der solchen Projecten sehr geneigte Geheimrath Schrader von Schliestedt sich sogleich bereit zeigte, scheint nicht zur Ausführung gebracht worden zu sein. Die Vorlesungen Schmidt’s fanden auch aus den gebildeten Kreisen der Stadt lebhaften Zuspruch; eine Zeit lang hat er auch dem Herzoge Leopold Unterricht ertheilt. Im Anfange seines Braunschweiger Aufenthalts war er daneben kurze Zeit an der Herausgabe der „Gelehrten Beyträge zu den Braunschw. Anzeigen“ betheiligt. Da er seiner schwachen Gesundheit halber eine ruhigere Thätigkeit wünschte, so wurde er unterm 2. August 1779 zum zweiten Archivar am herzoglichen Landeshauptarchive zu Wolfenbüttel ernannt, wo er nach Sigm. Ludw. Woltereck’s Tode († 11. Juni 1796) zum ersten Archivar aufrückte. Er erhielt anfangs den Titel eines Raths, später (5. April 1784) den eines Hofraths. Neben seinen Dienstgeschäften, der Ordnung des Archivs, um die er sich sehr verdient gemacht hat, u. s. w. widmete er sich stillen wissenschaftlichen Arbeiten. Für einige Zeit, wie nach Lessing’s Tode und während des Aufenthalts Langer’s in Lausanne (1784–86, 1787 und 1788), war ihm auch die Aufsicht über die herzogliche Bibliothek übertragen. Unterm 24. April 1789 wurde er vom Kaiser Joseph II. auf sein Gesuch, das er im Interesse seines in russischen Militärdiensten stehenden Sohnes Ferdinand gestellt hatte, in den erblichen Adelstand erhoben. Früher ein heiterer Gesellschafter, neigte er mit den Jahren, insbesondere nach dem Verluste eines hoffnungsvollen 22jährigen Sohnes († Juli 1797) und einer Tochter immer mehr zur Hypochondrie und zog sich mit der Zeit ganz auf seine amtliche Thätigkeit zurück. Er starb an Entkräftung am 9. September 1801. S. ist zwei Mal verheirathet gewesen: zuerst (18. Juni 1767) mit einer Tochter des Helmstedter Professors Crell, Marie Katharine Luise, die kränklich war und am 11. Febr. 1785 an der Auszehrung starb, dann (18. Octbr. 1785) mit Christine Aug. Elisabeth Meyners, der Tochter des verstorbenen Nassau-Weilburgschen Kammerdirectors Heinr. Gebh. Meyners. Ihn überlebten sieben Kinder, von denen man Justus v. S. und Konrad Friedrich v. S. unten nachsehe. – Schmidt’s früheste wissenschaftliche Arbeiten sind in Erinnerung an seinen Aufenthalt in Rußland, „die frohesten Jahre seines Lebens“, der russischen Geschichte gewidmet. Er schrieb „Briefe über Rußland“ (1770), „Versuch einer neuen Einleitung in die russische Geschichte“, die bis zum Tode Peter’s I. reichte und anonym als „Materialien zur russischen Geschichte …“ (Th. I, II, III, 1. Abth.) fortgesetzt wurde, aber unvollendet blieb, und Anderes der Art. Dann beschäftigte er sich besonders mit geschichtlichen Hülfswissenschaften und deutscher Reichsgeschichte. Als Frucht dieser Studien ist seine völlige Umarbeitung des Hederich’schen „Handbuchs der vornehmsten historischen Wissenschaften“ (1782) zu betrachten, seine „Historischen Miscellaneen“ I, II (1783–84), seine „Hermäa“ (1786) und sein „Repertorium der Geschichte und Staatsverfassung von Teutschland nach Anleitung der Häberlin’schen ausführlichen Reichshistorie“ (Halle 1789–94), in 8 Abtheilungen bis zum Jahre 1597 reichend, ein fleißiges und eigentlich für sich bestehendes Werk, dem auch manche aus Handschriften geschöpfte Mittheilungen eingefügt sind. Daneben hat S. auch geschichtliche Werke aus dem Französischen übersetzt und für die Lemgoer auserlesene Bibliothek, die Allgemeine Deutsche Bibliothek und Allgemeine Literaturzeitung Recensionen geschrieben.

Vgl. Allgem. Lit. Zeit. 1801, Intelligenzbl. Nr. 213. – Braunschw. Mag. 1802, Stück 4, Sp. 49–62. – Lebenslauf in Schmidt’s Doctor-Dissertation.