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ADB:Schott, Johannes

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Artikel „Schott, Johannes“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 402–404, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schott,_Johannes&oldid=- (Version vom 17. November 2024, 23:39 Uhr UTC)
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Schott, Johann
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Schott: Johannes S., ein namhafter Buchdrucker in Straßburg aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, geboren am 19. Juni 1477, † um 1550. (Er war nämlich nicht nur 1545, wie man gewöhnlich liest, noch am Leben, sondern jedenfalls noch 1546 in Thätigkeit, da ein Druck sicher bezeugt ist – des Alb. Krantz „Chronica Daniae, Suetiae, Norvagiae“ –, welcher auf dem Titelblatt neben Schott’s Namen die genannte Jahrzahl trägt. Da am Schluß desselben Drucks 1548 steht, so ist er vielleicht auch in diesem Jahr noch am Leben gewesen und wenn man berücksichtigt, daß es gerade für jene Zeit mehr als für irgend welche andere an bibliographischen Zusammenstellungen fehlt, so ist es vielleicht nur Zufall, daß keine Drucke von S. bekannt sind, die noch über das Jahr 1546 bezw. 1548 herabführen.) Als Sohn des reichen Buchdruckers und Patriciers Martin S. (s. d.) konnte er nach einander die Universitäten Freiburg i. Br., Heidelberg und Basel besuchen, inscrib. an der ersten 1490 als dreizehnjähriger Knabe, was damals wohl möglich war, an der zweiten 1492, an der dritten 1497. Vermöge der humanistischen Bildung, die er sich hier holte, war er später auch litterarisch thätig. Es soll wenigstens das „Enchiridion poëticum“, das 1514 in seiner Officin gedruckt wurde, von ihm auch verfaßt worden sein. Jedenfalls aber zeigt sich seine wissenschaftliche Bildung in den zahlreichen Vorreden, mit welchen er die Erzeugnisse seiner Presse versah, und sie kam ihm in seiner Druckerthätigkeit namentlich auch insofern zu statten, als er mit den Gelehrten auf gleichem Fuße verkehren und zu einer Reihe derselben nähere Beziehungen unterhalten konnte. In diese Druckerthätigkeit trat er nach dem Tode seines Vaters ein (der erste bekannte Druck von ihm stammt aus dem Jahre 1500) und er setzte sie ununterbrochen bis zu der oben angedeuteten Grenze seiner Wirksamkeit, also nahezu ein halbes Jahrhundert lang fort. Dunkel ist dabei nur der Zeitraum von 1503–1508, indem wir aus demselben überhaupt nur drei Drucke mit Schott’s Namen kennen, alle drei Ausgaben der „Margarita philosophica“ des Gregor Reysch, deren erste, von 1503, Freiburg, nicht Straßburg, als Druckort nennt, während die zweite, von 1504, durch Pellikan in Basel corrigirt, die dritte aber 1508 von Mich. Furter und S. gemeinsam in Basel herausgegeben wurde. Es läge nahe, hierbei an eine zeitweilige Verlegung der Druckerei in die genannten Nachbarstädte zu denken, wenn man nicht von des Meisters Anwesenheit in Straßburg urkundliche Nachricht aus dem Jahre 1504 hätte. Vielleicht handelte es sich dabei nur um eine Abzweigung des Geschäfts. Wenn unser Drucker zwar nicht mit der staunenswerthen Thatkraft seines Berufsgenossen Matthias Schürer, aber mit viel Eifer und Umsicht so manches Jahrzehnt hindurch seine Kunst geübt hat, so lag für ihn ein besonderer Sporn in dem Umstand, daß er des Glaubens lebte – zum mindesten verbreitete er denselben –, kein anderer als sein Großvater Mentelin sei der Erfinder der Buchdruckerkunst (vgl. hierüber den Art. Mentelin A. D. B. XXI, 371). Es ist denn auch eine stattliche Reihe von Drucken, welche seine Presse aufzuweisen hat. Gegen 130 derselben sind uns bekannt geworden; die wirkliche [403] Zahl beläuft sich aber sicher auf mehr als 150. Die humanistische Litteratur ist darunter, wie zu erwarten, ziemlich stark vertreten, zumal anfangs; Classikerausgaben wie Schriften der italienischen und der deutschen Humanisten (unter diesen insbesondere Hutten’s) begegnen uns dabei. Als Luther auftrat, stellte er seine Presse auch in den Dienst von dessen Sache und in mehr als einem Druck erscheint er als der überzeugte und eifrige Anhänger der Reformation, der auch persönliche Beziehungen mit Wittenberg unterhielt. Neben den humanistischen und theologischen Werken sind aber unter den Erzeugnissen seiner Presse noch die medicinischen zu nennen, die insbesondere in der späteren Zeit in den Vordergrund treten und von denen manche, wie aus der großen Zahl der neuen Auflagen und der fremden Nachdrucke ersichtlich ist, die weiteste Verbreitung gefunden haben. Bei dieser Litteraturgattung namentlich tritt uns eine Eigenthümlichkeit entgegen, welche auch sonst für die Schott’sche Presse bezeichnend ist: der bildliche Schmuck. Getreu der vom Vater überkommenen Tradition und dieselbe noch mehr zur Geltung bringend, hat S. eine große Zahl seiner Drucke mit Holzschnitten reich verziert. Meister wie Hans Baldung Grün, Hans Wächtlin und andere gingen ihm dabei zum Theil an die Hand, auch gelang es dem geschickten Formschneider seiner Officin zum ersten Male, mit Anwendung von drei Platten Helldunkelbilder herzustellen (vgl. Nagler, Monogrammisten II, 350). Unter den illustrirten Drucken Schott’s mögen die „Margarita philosophica“, diese viel gebrauchte Encyclopädie der sog. freien Wissenschaften, mit ihren interessanten Darstellungen, und das „Gebetbuch“ des Otto Brunfels mit seiner reichen Verzierung hervorgehoben werden; mehr aber noch verdienen die (lateinische) „Ptolemäusausgabe“ von 1513 (und 1520), sowie Gersdorff’s „Feldtbuch der Wundtarzney“ (1517 und weiterhin) und Brunfels’ „Kräuterbuch“ (1530 und später) Erwähnung, die, wie Muther mit Recht bemerkt, zum Besten gehören, was die Straßburger Typographie hervorgebracht hat. Aber wichtiger als der ästhetische ist der historische Werth mancher dieser Holzschnittdrucke. A. E. v. Nordenskiöld nennt die 20 Karten, welche der Ptolemäusausgabe von 1513 außer den Ptolemäischen (als Supplement) beigegeben sind, den ersten modernen Atlas und einzelne unter diesen Karten und zwar nicht bloß die „Charta marina“ und die „Tabulae Terrae novae“, die schon bisher der Gegenstand eindringendster Forschung gewesen sind, sondern namentlich auch die beiden von Afrika verdienen nach dem schwedischen Forschungsreisenden die höchste Beachtung, da sie offenbar auf genaue portugiesische Aufnahmen zurückgehen. In Brunfels’ „Kräuterbuch“ sodann finden wir zum ersten Male die hergebrachte Art der Pflanzendarstellung, die aus der Phantasie schöpfte, verlassen und eine bis ins einzelne naturgetreue Nachbildung des Objects in bahnbrechender Weise zur Geltung gebracht. Ebenso war es auch S., der das erste Situsbild (Darstellung der Lage der Eingeweide im menschlichen Körper) veröffentlichte, welches auf wirklicher Autopsie beruhte. In der „Margarita philosophica“ versteckt, hatte es noch beschränkte Wirkung. Als aber derselbe Meister im J. 1517 ein ebensolches Bild und gleichzeitig eine Darstellung des menschlichen Skeletts als Flugblatt herausgab, „wurden diese Bilder für das Volk und für die Gebildeten zu einer wahren Revelation; sie gingen in alle Welt, um als Wandtafeln zu dienen; alsobald wurden sie vervielfältigt, umgestaltet, in viele Bücher jener Zeit eingeschaltet, auch aus manchem Exemplar wieder herausgeschnitten und eingerahmt“ (Wieger). Gegenüber dem geschichtlichen Werth dieser Schott’schen Holzschnitte verschwindet die Bedeutung seiner Druckerzeichen; doch müssen sie angeführt werden, da manche seiner Drucke nur daran zu erkennen sind. Des Vaters Druckerzeichen (s. Martin S.) hat er anfangs ebenfalls noch verwandt, natürlich mit den Buchstaben J. S. statt M. S. Gewöhnlich aber finden wir [404] seine Initialen in anderer Umgebung, sei es auf schwarzer Leiste mit Wappenschildern, sei es in einem großen schwarzen quadratischen Feld, von einem Kreis umgeben, von einem dreifachen Kreuz überragt und von Spruchbändern umflattert, oder endlich auch und dies am häufigsten in einem länglichen Schild mit weißem Grund. In letzterem Falle bilden die Initialen ein Monogramm oder es fehlt auch das J., beide Male aber schließt sich ein Kreuz nach oben an. Kunstvoller ist ein Signet, das sich namentlich auf späteren Drucken findet: eine aus den Wolken ragende Hand, die mit dem aufrecht gehaltenen Scepter einen gewappneten Reiter sammt dem Roß an den Boden drückt, während oben auf dem Scepter drei Störche friedlich nisten. Kennzeichnend für die Schott’schen Drucke ist endlich zum Theil auch die Wohnungsangabe; sie lautet seit 1519: in Thomae loco (im Dummenloch) oder in Thomae loci pomerio (im Haus zum Baumgarten im Dummenloch), seit 1522: im Thiergarten (der einstigen Druckerwerkstätte Mentelin’s). – Noch sei erwähnt, daß nach Kapp zu Ende des 16. Jahrhunderts noch einmal ein Drucker Johannes S. in Straßburg vorkommt. Ob derselbe mit dem hier besprochenen verwandt, die Officin also etwa noch länger bei der Familie gewesen ist oder nicht, muß unentschieden bleiben. Sein Druckerwappen jedenfalls gibt keinen Anhaltspunkt.

Vgl. C. Schmidt, Zur Geschichte der ältesten Bibliotheken und der ersten Buchdrucker zu Straßburg, S. 121–126. – Centralblatt für Bibliothekswesen III, 1886, S. 262, IV, 1887, S. 293–296. – Geschichte des deutschen Buchhandels I von Kapp (s. Register). – Kristeller, Die Straßburger Bücher-Illustration 1888, S. 14, 69 ff., 130 ff. – Die Werke von Muther und Butsch über die Bücherillustration der Gothik bezw. Renaissance (s. Register). – Petermann’s geogr. Mitteilungen XXX, 1890, S. 273 f. (Nordenskiöld’s Facsimile-Atlas bespr. v. Wieser). – Wieger, Geschichte der Medicin und ihrer Lehranstalten in Straßburg, 1885, S. 16 ff. – Schott’s Drucke sind verzeichnet bei Hain Nr. 3359, 6759, 12 130, 14 525, weiter bei Panzer, Annales typogr. vol VI, IX, XI und Annalen der ä. deutschen Litt. Nr. 1280, 1623 (1624), 1798, 1799, 2084, 2156, 2263 und Zusätze 882, ferner bei Weller, Repert. typogr., s. Register und Nr. 1406, 1792, 1793, 1827, 2103, 2377, 2528, 2613 (auch 2373 gehört S. zu) und bei Hirsch, Librorum … millenarius I-IV (s. Register). Einzelne Ergänzungen geben Weigel-Kuczynski, Thesaurus libellorum etc. (Nr. 357, 1103), Wieger a. a. O. 26, Kapp a. a. O. 331 und besonders Kristeller a. a. O. 130 bis 136.