Zum Inhalt springen

ADB:Schott, Heinrich Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schott, Heinrich Wilhelm“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 399–402, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schott,_Heinrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 14:33 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Schott, Johannes
Band 32 (1891), S. 399–402 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Wilhelm Schott in der Wikipedia
Heinrich Wilhelm Schott in Wikidata
GND-Nummer 104197099
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|32|399|402|Schott, Heinrich Wilhelm|Ernst Wunschmann|ADB:Schott, Heinrich Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104197099}}    

Schott: Heinrich Wilhelm S., Botaniker, geboren zu Brünn am 7. Januar 1794, † in Schönbrunn bei Wien am 5. März 1865. Als siebenjähriger Knabe kam S. nach Wien, wohin sein Vater als Obergärtner des Universitätsgartens durch den Freiherrn Joseph v. Jacquin berufen wurde, besuchte hier das Gymnasium und trat 1809 in den Dienst seines Vaters als Gartengehülfe ein. Während seiner vierjährigen Dienstzeit machte sich S. nicht nur mit dem technischen Betriebe der Gärtnerei vollkommen vertraut, sondern erwarb [400] sich auch nicht gewöhnliche wissenschaftliche Kenntnisse, so daß er schon 1815 die Stelle eines Hofgärtners am kaiserlichen Garten der österreichischen Flora im Belvedere erhielt. Auch diese Stellung benutzte er auf das vortheilhafteste für seine weitere Ausbildung und so konnte er 2 Jahre später einem ehrenvollen Rufe als botanischer Begleiter jenes großen Expeditionscorps Folge leisten, das die naturhistorische Erforschung Brasiliens zum Zweck hatte. Auf Anregung des Grafen Kaspar v. Sternberg und unter den Auspicien des Kaisers Franz I. von Oesterreich wurde diese Expedition im J. 1817 ausgerüstet im Anschluß an die Flottille, welche die neuvermählte österreichische Prinzessin Leopoldine ihrem Gemahl, dem damaligen Kronprinzen von Portugal, späteren Kaiser von Brasilien Dom Pedro d’Alcantara zuführen sollte. Die österreichischen Fachgenossen Schott’s auf jener Reise waren der Botaniker Joh. Christian Mikan, der Zoologe Johann Natterer, der später auch für die Botanik eintretende Mineraloge Joh. Emanuel Pohl und der Pflanzenzeichner Joh. Buchberger. Mit der österreichischen Expedition war auch Giuseppe Raddi nach Rio de Janeiro gekommen und von bairischer Seite hatten sich ihr angeschlossen der Münchener Director des botanischen Gartens Philipp v. Martius und der Zoologe und Akademiker Joh. v. Spix. S. hatte den besonderen Auftrag erhalten, lebende Pflanzen, Früchte und Sämereien für die kaiserlichen Gärten zu sammeln. Mit großem Erfolge entledigte er sich während seines nahezu vierjährigen Aufenthaltes in Brasilien dieses Auftrages und schickte eine Ausbeute nach Wien, die aus 76 Kisten mit lebenden Pflanzen, aus einem Herbarium von mehr als 6000 Exemplaren, aus gegen 800 Arten Sämereien, verschiedenen Holzarten und Pflanzen und Früchten in Weingeist bestand. In Anerkennung dieser erfolgreichen Thätigkeit rückte S. 1821 zum Adjuncten des hochbetagten Hofgarten-Directors Boos auf und erhielt 1828 eine selbständige Stelle als kaiserlicher Hofgärtner, nachdem ihm ein Jahr vorher die Umgestaltung der Anlagen des holländisch-botanischen Hofgartens übertragen worden war. 1845 erfolgte seine Ernennung zum Hofgarten-Director. In dieser amtlichen Stellung hat S. durch Ausführung neuer, zweckentsprechender Bauten von Gewächshäusern die kaiserlichen Gärten bei Wien auf eine vom In- und Auslande bewunderte hohe Stufe der Vollendung geführt. Daneben aber fand der rastlos an sich weiterarbeitende Mann noch die Zeit zur Veröffentlichung umfangreicher wissenschaftlicher Arbeiten, denen auch die gelehrte Welt ihre Anerkennung nicht versagte, wie die Verleihung zahlreicher Mitglieds- und Ehrenmitgliedsdiplome von wissenschaftlichen Corporationen beweist. Die Universität Jena hatte ihn 1858 hon. causa zum Dr. phil. promovirt. Wenn trotzdem Schott’s selbständige Publicationen nicht die Verbreitung erfahren haben, die sie verdienten und dadurch ihrem Verfasser nicht einen den Opfern entsprechenden Lohn gewährten, so trug er zum Theil selbst die Schuld daran, insofern er infolge einer unbezwingbaren Abneigung gegen geschäftliche Unterhandlungen mit Buchhändlern es unterließ, seine Werke auf dem gewöhnlichen Wege in Umlauf zu setzen. Harte Jugenderziehung, Widerwärtigkeiten in den amtlichen Stellungen, vor allem aber ein langjähriges und stetig zunehmendes Herzleiden hatten den Charakter dieses im übrigen vortrefflichen Mannes verbittert und ihn veranlaßt, sich, abschließend von jedem Verkehr, mehr und mehr auf sich selbst zurückzuziehen. Seine Arbeiten litten indessen nicht unter seinen seelischen Verstimmungen und es gewährte ihm eine aufrichtige Freude, als es ihm bei Eintritt einer verhängnißvollen Wendung in seiner Krankheit noch gelungen war, die Bestimmung der Aroideen, seiner Lieblingspflanzen, zu vollenden, welche Dr. Welwitsch in Nieder-Guinea gesammelt und ihm mitgetheilt hatte. Diese in Seemann’s Journal 1864 niedergelegte Aufzählung war seine letzte Arbeit. Es entwickelte sich plötzlich ein acutes Lungenödem, welches seinem thätigen Leben [401] im Alter von 71 Jahren ein Ziel setzte. – Schott’s wissenschaftliche Thätigkeit bewegt sich auf dem Gebiet der beschreibenden Botanik und umfaßt mit besonderer Vorliebe die Familie der Araceen. Sie begann 1832 mit der im Verein mit seinem genialen Freunde Stephan Endlicher bewirkten Herausgabe der „Meletemata botanica“, eines im Buchhandel nicht erschienenen und nur in einigen fünfzig Exemplaren aufgelegten Foliobandes mit 5 Tafeln, worin die bis dahin nur sehr unvollständig bekannten Balanophoreen mit großer Sachkenntniß und Sicherheit in der morphologischen Deutung der Organe behandelt werden. Daran schlossen sich 2 Jahre später die „Fragmenta botanica“ mit 7 Tafeln, welche die Rutaceen umfassen und fast gleichzeitig die „Genera Filicum“, eine durch Gediegenheit des Textes, wie durch Sorgfalt der Zeichnungen gleich ausgezeichnete Arbeit, von welcher leider nur 4 Hefte mit 20 Tafeln erschienen. Ihre Fortsetzung unterblieb infolge einer ungerechtfertigten Empfindlichkeit gegenüber einer Kritik, die auf einem andern Standpunkt hinsichtlich der Auffassung des generischen Werthes der Pflanzencharaktere, die Schott’sche Artbegrenzung als zu enggefaßt getadelt hatte und ferner infolge des fast um die nämliche Zeit erschienenen „Tentamen Pteridographiae“ von Presl. Dafür warf sich S. nun mit besonderem Eifer auf das Studium der Araceen, die schon in Brasilien seine Aufmerksamkeit gefesselt hatten. Nachdem er hier bereits eine große Zahl von Arten der verschiedenen Gattungen lebend beobachtet und gesammelt hatte, verschaffte er sich später in seiner Eigenschaft als Gartendirector alles nur mögliche Material, lebend wie getrocknet, aus allen Theilen der Erde, ließ, was ihm neu oder wissenschaftlich interessant erschien, mit großem Kostenaufwande abbilden, entwarf selbst zahlreiche Analysen von Blüthentheilen und schuf so eine Sammlung von 3282 theils gemalten, theils gezeichneten Abbildungen von Aroideenformen in Foliotafeln, wobei er selbst 105 genera und 1138 species untersucht und bearbeitet hatte von einer Pflanzenfamilie, in welcher Linné nur 5 Gattungen unterschied. Einen Theil dieses kostbaren Materials verwerthete S. für seine Publicationen. In den Jahren 1853 und 1855 erschienen 2 Hefte in Folio mit 20 sehr sauber lithographirten Tafeln unter dem Titel: „Aroideae“. Diesen folgten 1858 seine „Genera Aroidearum exposita“ mit 98 colorirten Tafeln und in die Zwischenzeit fallen 2 kleinere Arbeiten: „Araceen Betreffendes“, 2 Hefte in Octav 1855 und „Synopsis Aroidearum complectens enumerationem systematicam generum et specierum hujus ordinis“, als erste Hälfte 1856 herausgekommen. Daneben füllen zahlreiche kleinere, bis 1859 sich fortsetzende Abhandlungen, Notizen und Beschreibungen neuer Aroideen-Formen die Blätter der Jahrgänge des österreichischen botanischen Wochenblattes von 1852–1865 und den würdigen Abschluß seiner Thätigkeit auf dem behandelten Gebiet bildet 1860 sein: „Prodromus Systematis Aroidearum“, ein Quellenwerk ersten Ranges, welches dauernden Werth behält. Nach Schott’s Tode wurde das handschriftliche Material über die Aroideen, welches nicht veröffentlicht worden war und den größten Theil der Sammlung ausmacht, für das kaiserliche botanische Hofcabinet in Wien vom Staate angekauft. Ein anderer Theil seines Nachlasses gelangte später noch zur Veröffentlichung in den von Peyritsch herausgegebenen: „Aroideae Maximilianae“, die einen Abschnitt eines vom Ritter v. Wawra 1866 publicirten Reisewerks ausmachen über die botanischen Ergebnisse einer vom Erzherzog Maximilian 1859–1860 nach Brasilien unternommenen Reise, auf welcher Wawra und der unter Schott’s Leitung herangebildete Hofgärtner Maly die botanischen Mitglieder des Reisestabes bildeten. Von den übrigen Pflanzengattungen erregten Schott’s Interesse namentlich die Ranunkeln und Primeln, denen er kleinere selbständige Arbeiten widmete, worin er ebenfalls seine Tendenz [402] zu scharfer Individualisirung nicht verleugnete, so daß er oft Unterschiede der Formen auffand, die von andern Forschern als unwesentlich gar keine Beachtung gefunden. Es erschienen 1852: „Skizzen österreichischer Ranunkeln sectionis Allophanes“ – „Wilde Blendlinge österreichischer Primeln“ – 1861: „Die Sippen der österreichischen Primeln“ und gemeinsam mit C. F. Nyman und Th. Kotschy 1864: „Analecta botanica.“ Ueber die sonstigen Veröffentlichungen in Zeitschriften vergl.: Catalogue of sc. pap. Vol. V, 1871 und Vol. VIII, 1879.

Fenzl, Lebensskizze Schott’s. Wien 1865. – Oesterreichische botanische Zeitung 1865. – Pritzel, thes. lit. bot.