Zum Inhalt springen

ADB:Schwörer, Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schwörer, Friedrich“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 474–475, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schw%C3%B6rer,_Friedrich&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 12:26 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Schwoy, Franz Josef
Band 33 (1891), S. 474–475 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Schwörer in der Wikipedia
Friedrich Schwörer in Wikidata
GND-Nummer 139426973
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|33|474|475|Schwörer, Friedrich|Hyacinth Holland|ADB:Schwörer, Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=139426973}}    

Schwörer: Friedrich S., Historienmaler, geboren 1833 zu Weil in Baden, kam 1847 nach München auf die Akademie zu Professor Philipp Foltz, malte im streng historischen Style seines Lehrers einige wohl-componirte Bilder, wie „Simson’s Gefangennehmung“ und „Des Sängers Fluch“, dazwischen auch etliche Genrestücke („Die Eifersucht“; „Schwäbische Landleute vor einem Friseurladen“) und die schönen großen Fresken im Baierischen Nationalmuseum, darstellend den „Sieg des Herzog Berthold I. über die Ungarn auf der Walserhaide am Traunflusse 943“ und den „Tod des Pfalzgrafen Arnulf bei der Vertheidigung von Regensburg 954“. Dazu kam die Scene, wie „Max Emanuel nach langjähriger Trennung seine Familie im Schlosse Lichtenberg am Lech wiederfindet 1715“. Ein längerer Aufenthalt in Paris und insbesondere die Bekanntschaft mit Cogniet wirkten vortheilhaft auf Schwörer’s Colorit, brachten ihn aber doch in einen seiner echt deutschen Natur nicht förderlichen Dualismus. Zu seinen besten Erzeugnissen gehört ein großer Carton mit den Koryphäen der deutschen Wissenschaft von 1740–1840 (photographirt in Bruckmann’s Verlag) als Seitenstück der von Lindenschmit u. A. gezeichneten sog. Ruhmeshallen, welche mehr oder minder auf Kaulbach’s Reformationsbild zurückdatiren. „Jede einzelne dieser hundert Gestalten ist nicht bloß in den Zügen des Kopfes, in der ganzen Haltung und Bewegung eine scharf individualisirte Persönlichkeit, die geistige Durchdringung und klare Auffassung der einzelnen Charaktere ist wahrhaft bewundernswerth; auch die Gruppirung dieser Massen zeugt vom feinsten künstlerischen Takt. Alles bewegt sich ungezwungen und man vergißt den Künstler vollständig über seinem Werk, das man einen Reichstag deutscher Professoren nennen möchte. Selbst die Schwierigkeiten des modernen Costüms sind auf das glücklichste überwunden. Als Schauplatz dient dem Künstler die Freitreppe einer Universität, zu beiden Seiten im Halbkreis aufsteigend bietet sie gleichsam fünf verschiedene Bühnen für die Gruppen. Für die allgemeine Anordnung ging der Maler von dem Gedanken aus, daß die deutsche Wissenschaft sich in einem großen Doppelstrome auf dem Gebiete des Geistes und der Natur bewege, er breitet ihn links und rechts vor dem Beschauer aus und verbindet denselben in der Mitte durch Kant und Humboldt, ähnlich wie Raphael in der „Philosophie“ die Mitte durch Aristoteles und Plato – den Realisten und den Idealisten – markirt und in ihnen zwei Ströme vereinigt. So sind denn die berühmtesten Vertreter der Geschichte und Philologie gruppirt, die Philosophen, Pädagogen, Juristen, Naturforscher (Astronomen, Geologen, Chemiker), Heilkünstler u. s. w. In der Mitte des Hintergrundes sprudelt der noch unerschöpfte Born der Weisheit.“ Damit hatte der junge Künstler sich als selbständiger Denker und Historiker bewährt und mit einem Schlag unter die bedeutendsten seines Faches erhoben (vgl. Nr. 338 „Baier. Ztg.“ vom 7. December 1864). Einen anderen gewaltigen Stoff gestaltete S. (1867) zu einer Cartonzeichnung „Nebukadnezar’s Eintritt in das Todtenreich“, wie derselbe von den theilweise durch ihn vorausgegangenen Fürsten und Kriegern mit wildem Hohn empfangen wird – eine ganz Danteske Idee. Das Trotzig-Scheue in der grandiosen Gestalt des Ankommenden, das Furchtbare, Oede und infernalisch-Trostlose der ganzen Scene zeigt eine innere Verwandtschaft mit Delacroix. Daß der Künstler seinen Geist auch bei mehr idyllischen Stoffen („Badende Kinder“ u. dgl.) ausruhen ließ, war leicht erklärlich; ein schönes ideales Porträt Beethoven’s (gestochen von Barfus 1869) entstand gleichfalls um diese Zeit, in welcher er auch eine Verehrung Shakespeare’s [475] durch die in Photographie und Stich vervielfältigten Compositionen zu „Cymbeline“, „Wie es Euch gefällt“ und dem „Sommernachtstraum“ (Leipzig bei Brockhaus) zum Ausdruck brachte. Ebenso lieferte er alle Illustrationen zu der Prachtausgabe von Schiller’s „Tell“ (München bei Bruckmann). Entschieden glücklich betheiligte sich S. an dem Freskencyklus im alten Concilsaale zu Constanz mit einem großen Bilde, darstellend „Die Belehnung des Burggrafen von Nürnberg mit der Mark Brandenburg“. Auch schuf er für die protestantische Kirche daselbst ein schönes Altarbild. Dann warf er sich mit aller Kraft auf ein großes Geschichtsgemälde: „Die letzte Stunde der Cimbernschlacht“, welches auf der internationalen Kunstausstellung zu München 1883 erschien: Dasselbe bietet mit einem ungeheueren Aufwande von Studien eine Menge von tragischen Einzelnheiten. Nur ein von materiellen Sorgen nicht beeinträchtigter Künstler kann ohne Auftrag oder Bestellung solch’ ein jahrelange Mühen mit unübersehbarem Aufwand von Arbeitskraft und Kosten verursachendes Thema wagen. S. war mit Glücksgütern gesegnet und erwarb ein beinahe in Mitten der Stadt gelegenes, durch vier Straßen begrenztes Häuserconglomerat, also nach altrömischen Begriffen eine vollständige „insula“, deren Ertrag ihm die ausgiebigen Mittel gewährte, seine ehrgeizigen Pläne als Künstler durchzuführen und ausgiebig zu gestalten. Diese neidenswerthe Wirksamkeit endete am 25. März 1891 plötzlich ein Schlaganfall.

Vgl. H. A. Müller, Biogr. Künstler-Lexikon 1882, S. 484. – Pecht, Gesch. der Münchener Kunst 1888, S. 240 und dessen „Kunst für Alle“ 1891, S. 222.